Aufgewacht

Nico

Ich wollte meine Augen öffnen, änderte meine Meinung allerdings innerhalb von wenigen Sekunden, als ich das gleißend helle Licht war nahm.
Dejavu.

Sofort kamen mir die schrecklichen Bilder wieder in den Sinn.
Allerdings verdrängte ich diese gleich wieder, als ich entfernt Stimmen wahrnahm, die näher zu kommen schienen.

Die eine Stimme war tiefer und hatte einen rauen, fast rauchigen Klang.
Die andere Stimme dagegen klang weiblich und aufgewühlt, sie kam mir bekannt vor.
Ich hörte eine Tür auf und kurz darauf wieder zugehen und eine weitere weibliche, aber etwas tiefere Stimme stieß dazu. Auch sie war mir bekannt.
Mom!
Und... Sarah...

Ich wollte die Augen öffnen, Sarah wegschieben und meiner Mom sagen, dass es mir gut geht, oder zumindest dass ich lebte und mehr oder weniger wach war, aber meine Augen waren wie zugekleistert. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte meine Lider nicht ein mal zum flackern bringen.
Auch meinen Mund bekam ich nicht auf, nicht ein mal ein Geräusch, knurren oder stöhnen, verließ meinen Rachen.

Also entschied ich beides erstmal geschlossen zu halten und zu lauschen, worüber sie sich unterhalten würden.

"Er ist jetzt erstmal stabil, aber sein Zustand kann sich jederzeit ändern. Er hat eine Gehirn-Erschütterung, einige Hämatome und Blutergüsse und zwei leicht geprellte Rippen. Es wird eine Weile dauern, aber wenn sich sein Zustand nicht plötzlich verschlechtert, wird er wieder ganz gesund. Er hatte wirklich Glück, normalererweise sind die Schäden nach so einem Unfall viel größer. Wenn er aufwachen sollte, rufen sie eine Schwester und vermeiden sie dringend schnelle, große Bewegungen und Stress.", erklärte die raue Männerstimme, die wahrscheinlich zu einem Arzt gehörte.
"Okay,", sagte meine Mom jetzt höflich wie immer, "Vielen Dank für ihre Bemühungen."
"Das ist mein Job, Mam."  , antwortete der Arzt und ich vernahm erneut das Geräusch einer auf und wieder zugehenden Tür.

Eine Hand legte sich um meine, sie war Rau und schon etwas faltig, es war die meiner Mutter. Sie streichelte mit ihrem Daumen leicht über meinen Handrücken und sagte leise, mehr zu sich selbst als zu mir : "Alles wird gut mein Schatz, es wird alles gut."

Ich genoss die Berührung. Es fühlte sich gut an, zu wissen dass jemand da war, der auf einen aufpasste. Es war schön diese Wärme zu spüren. Dieser Moment war irgendwie perfekt und hätte ewig andauern können, wäre da nicht noch meine Exverlobte gewesen.

Sarah, die bis eben noch auf ihrem Handy rumgetippt hatte, was sogar ich hören konnte, da sie den Ton nie leiser stellte, kam nun um mein Bett herum gelaufen und packte meine andere Hand.

Während meine Mutter sie zärtlich und beschützend hielt, hatte ich das Gefühl dass Sarah mir die Hand zerquetschen wollte, so fest wie sie sie drückte. Sie küsste mich auf die Stirn und sagte mit ihrer hellen, fast schon schrillen Stimme :" Baby, es wird alles gut. Ich bin ja da, ich liebe dich, das weißt du."

Wäre ich nicht bewegungsunfähig gewesen, hätte ich jetzt glatt aufgelacht. Hoffentlich würde ich bald wieder Herr meines Körpers sein, dann konnte ich diese Frau ein für alle Mal verjagen!

"Sarah, warum war er überhaupt um diese Uhrzeit und bei diesem Wetter noch unterwegs?", fragte nun mein Vater etwas skeptisch. Er war noch nie ein besonders großer Fan von Sarah gewesen und hatte ihr von Anfang an misstraut.

"Uhm...Äh...also...er hatte sich mit einem Freund getroffen...und..
Ähm...ich glaube er wollte danach noch irgendwo hinfahren, aber ich weiß auch nicht ganz genau wohin...", versuchte sie sich ganz unschuldig rauszureden.

Natürlich wollte sie nicht die Wahrheit sagen, wahrscheinlich hoffte sie dass sich durch den Unfall etwas ändern würde, aber da hatte sie sich getäuscht.

Auf einmal klingelte ihr Handy.
"Oh...das ist ähm...ein alter Freund...da muss ich kurz ran..", sagte sie und verließ den Raum.

"Ein alter Freund"...von wegen.
Aber immerhin war sie jetzt weg, und ich hoffte sie würde so schnell nicht wieder kommen. Ich strengte mich also nochmal gewaltig an um endlich meine Augen zu öffnen...und diesmal klappte es sogar.

"Mum...", kam jetzt auch als raues flüstern über meine Lippen und sofort hatte ich die Aufmerksamkeit meiner Eltern. Mein Vater, der bis eben noch eher im Hintergrund gestanden hatte, stellte sich nun direkt neben meine Mutter.

"Hey mein Schatz. Du bist wach, da fällt mir ein Stein vom Herzen.", sagte meine Mum mit ihrer liebevollen Stimme und lächelte mich erleichtert an.

Auch mein Vater lächelte und flüsterte meiner Mutter etwas ins Ohr
"Ja tut das.", antwortete sie und mein Vater verließ, nachdem er mir nocheinmal zugenickt hatte, den Raum, wahrscheinlich um eine Schwester zu holen.

"Was ist denn überhaupt passiert Nico, warum warst du denn bei diesem Wetter unterwegs?", richtete sich meine Mutter an mich.

"Ich...", bevor ich ihr erklären konnte was wirklich passiert war, wurde die Tür aufgerissen und Sarah kam geradezu hereingestürzt.

" Baby, ich bin ja so froh dass du wach bist...wie geht es dir, geht es dir gut?
brauchst du etwas?", fing sie beinahe hysterisch an zu reden und bevor ich irgendetwas erwidern konnte, hatte sie mir auch schon einen viel zu festen Kuss auf die Wange gedrückt.

Ich hatte Glück, und bevor sie mich noch weiter falsch bemuttern konnte kam mein Vater mit der Schwester herein, die sich sogleich an den Geräten an denen ich angeschlossen war zu schaffen machte.

"Ich würde sie jetzt bitten, draußen zu warten, wir müssen noch einige Untersuchungen und Tests durführen. Wir geben ihnen dann bescheid wenn sie wieder zu ihm können", wieß die Schwester die drei an.
Meine Mutter drückte meine Hand noch einmal sanft und verließ dann mit meinem Vater und Sarah den Raum.

"Wie geht es ihr?", fragte ich die Schwester wenige Minuten später, immernoch mit Kratzinger stimme.

"Wie bitte?"
                          "Wie geht es ihr?"
"Wem?"
                          "Dem Mädchen..."
"Sie meinen das Mädchen, das mit ihnen eingeliefert wurde?", verstand die Krankenschwester mich endlich.

"Ja, wie geht es ihr?", fragte ich erneut.

"Nun ja, darüber darf ich ihnen leider nicht wirklich viel sagen. Sie liegt im Koma, aber ich bin mir sicher sie können sie besuchen, wenn es ihnen wieder besser geht.", antwortete mir die Schwester und beendete damit die kurze Unterhaltung.

Im Koma? Warum lag sie im Koma?
Hatte es sie schlimmer erwischt?
Würde sie durchkommen?

All diese Fragen schwirrten in meinem Kopf herum und ließen mich für kurze Zeit meine eigenen Schmerzen vergessen.
Wenn sie es nicht überlebn würde könnte ich es mir wahrscheinlich nie verzeihen, schließlich war ich der Fahrer, es war meine Schuld.

Ich spürte wie ich durch die beruhigende Stimme der Schwester und die vielen Gedanken immer müder wurde. Ich spürte wie erschöpft ich von dem Drama des heutigen Tages eigentlich war.
Ich spürte meinen Körper schmerzen und erneut fielen mir die Augen zu.
Es war wieder dunkel, aber diesmal machte es mir keine Angst.

           

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