chapter 57

Mauritius war traumhaft schön. Kilometerlange Strände und kristallklares Wasser so weit das Auge reichte. Wir befanden uns jedoch in einem Regenwald. Keine befestigten Wege, freie, wilde Wasserfälle und magisches goldenes Licht, das durch die Baumkronen fiel. Der Wind war warm, die Luft klar und die Geräusche viel zu friedlich, für das was uns bevorstand. Es fühlte sich nicht real an. Es sah nicht real aus.

Ich hatte nur Ramiel, Ale, Cael, Nakir und Henna von meiner Unterredung mit dem Teufel erzählt. Wobei ich die besonders verstörenden Details ausgelassen hatte. Es war praktisch, dass Hennas dämonische Fähigkeit das Erspüren übernatürlicher Energie war. Denn so hatte sie uns hierher geführt hat. Und hier waren wir. Schwer bewaffnet in voller Montur. Mitten im Urwald. Ich hatte Mühe die anderen nicht spöttisch anzusehen. Bei dem Bild, was wir gerade abgaben, amüsierte sich Teufel bestimmt gerade prächtig.

Als wir eine Lichtung betraten, die an einem vollmondförmigen See grenzte, zischte Chimi aufgeregt, aber nicht besonders beunruhigt. Einen Moment später spürte ich es ebenfalls. Da war jemand in unserer Nähe. Blitzschnell fuhr ich herum, woraufhin auch die anderen reagierten. Doch es war niemand zu sehen. Misstrauisch sah ich mich genauer um. Das Gestein neben dem See glänzte und funkelte, obwohl es nicht direkt vom Sonnenlicht getroffen wurde. Als ich nähertrat, begann er zu wabern, wie es heiße Luft manchmal tat. Nur das sich aus diesem Wabern menschliche Umrisse formten.

„Meine Königin." Vor mir stand eine hochgewachsene Frau. Hinter ihr standen vier weitere, zwei auf jeder Seite. In perfektem Abstand. Wie auf ein geheimes Kommando, gingen sie alle auf die Knie. „Wir haben lange auf dich gewartet." Ich sah zu Ramiel, doch er schien ebenso verwirrt zu sein, wie ich und alle anderen. Nur Nakir schien nicht besonders überrascht. Ihre Finger ruhten am Griff ihres Schwertes, doch ihr Blick war neugierig. Die Frauen trugen einen metallenen Brustpanzer und lederne Hosen. Sie alle hatten lange Haare und trugen einen Helm, der ihren Zopf frei ließ.

„Wer seid ihr?"
„Baran", meldete sich die erste zu Wort. Wahrscheinlich ihre Anführerin.
„Samah."
„Priya."
„Shane."
„Nuri."

Mein Blick flog wie ein Ping Pong Ball von rechts nach links. „Ähh." Nuri, die hinten links stand grinste und ich blinzelte irritiert. „Okay und warum seid ihr hier?", versuchte ich es noch einmal.
„Wegen dir." Die fünf knieten noch immer und ich sah hilflos zu Ramiel. Er betrachtete die Rüstung und die zahlreichen Waffen.

„Um uns die Zeit zu vertreiben, haben wir ein Geschenk für dich besorgt."
„Nuri", zischte die Anführerin. Doch Nuri zuckte nur mit den Schultern.

„Ein Geschenk für mich", echote ich und wollte mir am liebsten gegen die Stirn schlagen. War ich hier gerade die Blöde oder wollten die mich irgendwie verarschen. „Könntet ihr einfach Klartext sprechen und aufstehen? Wir warten hier eigentlich auf ein paar ungemütliche Engel."

„Oh." Baran stand auf und die anderen folgten ihr. „Wir haben uns um die Engel gekümmert und das hier für dich." Sie reichte mir ein Tuch, in das etwas eingehüllt war. Chimi, die bisher erstaunlich ruhig gewesen war, zischelte jetzt wieder aufgeregt und visierte das Päckchen an. Ale nickte mir aufmunternd zu. Henna hatte die Stirn konzentriert gerunzelt, sie spürte gerade definitiv der Magie der Kriegerinnen nach.

Ich nahm das Päckchen und schlug das Tuch auf. „Wir dachten, du hättest vielleicht Interesse daran." Nuri grinste und Baran schloss die Augen und schien bis zehn zu zählen. Ich schluckte als ich sah, was da in diesem Tuch eingewickelt war. Als ich es den anderen vorsichtig zeigte, war vor Allem Ale komplett sprachlos.

„Ihr habt das den Engeln abgeknüpft."
Nuri grinste und tippte mit ihren Nägeln gegen ein paar gläserne Phiolen, die an ihren Waffengurt baumelten. „Jep", bestätigte sie. „Wir dachten ihr könntet Verwendung für das zweite von den drei Insignien haben."

„Woher wisst ihr davon?" Henna war vorgetreten. „Eure Magie ist merkwürdig."
Priya lächelte. „Weil ihr sie nicht kennt."
Baran sah mich an, während Henna und Priya lautstark zu diskutieren begannen. „Ihr seid Kriegerinnen."

„Das sind wir." Sie lächelte und ihre Haut funkelte wie ein Edelstein. Ich fühlte mich nicht bedroht. Unerklärlicherweise fühlte ich mich sogar recht sicher. Was mal wieder null Sinn ergab. „Bekomme ich kurz deine Hand?" Mein Blick glitt zu der Doppelaxt auf ihrem Rücken. Ich seufzte. Es ergab keinen Sinn, dass ich mir keiner Gefahr bewusst war. Und dennoch, ich vertraute auf mein Gefühl und legte meine Hand in ihre ausgestreckte. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über den Punkt, an dem mein Puls schlug und malte dort ein Muster. Meine Haut kribbelte angenehm. „Komm zurück, wenn du bereit bist. Oder ruf uns, wenn du uns benötigst."

Ich blinzelte, sah auf mein Handgelenk hinunter auf dem silbernen Schlieren sich zu einem Muster formten. „Okay?" Ich konnte den fragenden Ton nicht unterdrücken, doch er schien Baran nicht zu stören. Sie nickte, als hätte sie bekommen, was sie wollte. Die Kriegerinnen traten gleichzeitig zurück. Wieder begann der Stein hinter ihnen zu schimmern, bis ihre Silhouetten verschwammen und sie sich vor unseren Augen aufzulösen begannen.

„Die fünf haben uns den Tag gerettet. Sie haben unsere Mission erledigt. Ich würde sagen, wir holen die Party von gestern nach." Ale klatschte in die Hände.
„Die hat doch stattgefunden?"
„Aber ohne euch! Das machen wir heute anders. Ich vermisse das Devils Dream, ihr auch?" Mit diesen Worten war Ale verschwunden. Nakir, Henna und Ramiel folgten.

Die silbernen Schlieren formten eine Art Wappen. „Wieso habe ich den Eindruck, dass dir das gefällt?", fragte ich Chimi, als alle anderen verschwunden waren. Die Schlange zischelte das Zeichen an und formte sich als Armband direkt daneben. Alles klar.

Am Abend waren wir tatsächlich gemeinsam auf dem Weg zum Devil's Dream. Der Club sah aus wie immer. Das D von Devil flackerte und machte den Club zu Evil Dream. Äußerst passend. Ich war gespannt und irgendwie vorfreudig, weil ich die Nacht nicht nur mit Ale, Cael und Azael, sondern auch mit Ellie, Alex und Sumi verbringen würde. Im Moment waren die drei jedoch noch damit beschäftigt von dem gestrigen Abend zu schwärmen.

„Diese Drinks!"
„Aber hast du die Leute gesehen?" Sumis Stimme war quietschig. „Alle waren soo heiß! Ich habe den ganzen Abend damit verbracht, die Leute um mich herum anzustarren." Jetzt klang sie verträumt.
„Und die Outfits", schwärmte Alex begeistert. „Und die Zeremonie. Die sexuelle Energie war echt nicht von dieser Welt."

Ich verschluckte mich und begann zu husten. Ellie grinste mich verschmitzt an und klopfte mir auf den Rücken. „Keine falsche Bescheidenheit, Vio. Du warst das Highlight des Abends! Dieses Kleid, dein Verlobter, einfach du." Mein Husten ließ nach, aber mein Gesicht war knallrot. „Gestern vor dem ganzen Fürstentum mit ihrem Kronprinz rummachen? Kein Problem. Am Tag danach mit uns darüber reden und du wirst rot?", zog sie mich weiter auf. Ich nahm einen Schluck von meinem Sekt und brummte unwillig.

„Ramiel hat mir von den Prüfungen erzählt", wechselte ich das Thema und sah zu Ale, die auf dem Vordersitz saß.

„Ach." Die Dämonin machte eine wegwischende Bewegung. „Diese Prüfungen sind reine Formsache. Nichts, worum du dir Gedanken machen musst. Meistens sind es kleine Späße. Ich meine, wie stellst du dir Balthazars Prüfung vor? Eine Prüfung der Faulheit?" Sie lachte und ich entspannte mich augenblicklich.

„So da wären wir." Sie parkte gegenüber vom Devils Dream. „Heute ist die Nacht der Drachen. Deshalb habe ich euch auch gebeten bunte Kleider anzuziehen."

„Ich liebe sie", verkündet Sumi und schoss mehr Selfies, obwohl wir schon eine ganze Menge gemacht hatten. Sumi trug ein lilanes, kurzes Pailettenkleid. Alex ein rotes. Ellie grün. Ale pink und meins war blau. „Wir sehen so gut zusammen aus!" Sumi knipste weiter.

Ellie hatte sich bei mir eingehakt. „Dieses Mal verschwindest du aber nicht die ganze Nacht!"
Ale grinste und schnappte sich meine freie Hand. „Diese Nacht wird Ramiel dich mit uns teilen müssen."

„Hey ihr Puppen." Ich drehte mich um. Hinter uns standen drei Männer, die ich nicht bemerkt hatte. Sie musterten uns und kamen noch näher.
„Abstand halten", befahl Ale. Ihre Stimme hatte sich von einem auf den anderen Moment verändert. Sie klang kalt, berechnend und sehr angsteinflößend. Doch diese Idioten lachten nur.

Einer leckte sich demonstrativ über die Lippen und sah Ale an. „Du bist hübsch für eine N-"
„Stopp." Meine Magie hatte sich um seinen Mund gelegt. „Dieses Wort wirst du nicht aussprechen." Sein Kumpel lachte unsicher und warf ihm einen fragenden Blick zu, weil er nicht widersprach. „Das ist respektlos." Wie sehr ich diese Typen hasste! Auf der anderen Straßenseite gingen Leute vorbei. Niemand kam her oder sah ein zweites Mal zu uns rüber.

„Ach kommt schon", sagte Idiot Nummer drei. „Seid nicht so prüde. Wir geben euch einen aus und dann haben wir Spaß." Ich knirschte mit den Zähnen. Zwei und Drei bemerkten den Blick von Idiot Nummer eins nicht, sonst würden sie nicht so viel Blödsinn faseln. Er war bewegungsunfähig und langsam quollen seine Augen aus ihren Höhlen. Ale und ich standen vor Sumi, Ellie und Alex. Doch jetzt hatte Nummer zwei Alex entdeckt.

„Was haben wir denn da?" Er musterte Alex angewidert. „Was bist du denn? Mann, Frau, oder eher was dazwischen?" Hämisches Lachen folgte. Ich verlor die Geduld.

„Ihr kleinen Drecksäcke." Meine Magie machte alle drei bewegungsunfähig als ich nähertrat. Sie schlängelte sich wie Schlangen um ihre Hälse und drückte zu. „Ihr wisst nicht, wie es ist, Angst zu haben, wenn ihr im Dunkeln nach Hause geht. Wenn ihr im Club tanzt und ihr euer Getränk keine Sekunde aus den Augen lassen dürft."

Ich tätschelte das Jackett von Nummer zwei und griff zielsicher in die Innentasche. Zum Vorschein kamen mehrere kleine Ampullen. „Männer, wie ihr stürzen sich immer auf die vulnerablen Menschen. Schwarze oder People of Colour, homosexuelle oder bisexuelle oder non-binäre oder trans Menschen. Frauen." Ich hatte ihre Aufmerksamkeit. „Um eure vermeintliche Macht auszuleben, die eigentlich nur Schwäche ist." Meine Fingernägel wurden länger und spitzer.

„Aber es gibt einen Grund, warum ihr euch fürchten solltet im Dunkeln rauszugehen. Warum ihr die Straßenseite wechseln solltet, wenn euch jemand entgegen kommt. Warum ihr nicht durch das dunkle Parkhaus laufen solltet." Ich ließ meine Magie dunkler werden und sichtbarer. „Und der bin ich." Sie umspielte meine Schulter, umwaberte meine Fingerspitzen. „Jemandem ausgeliefert zu sein, ist kein schönes Gefühl, oder?" Jetzt begannen sie sich zu winden und lautlos gegen meine Magie anzuschreien. „Das, was ihr hier vorhattet." Meine Nägel trafen klirrend die Phiole. „Das solltet ihr lieber nie wieder versuchen." Ich ließ ihnen so viel Freiraum, dass sie panisch nicken konnten.

„Gut. Ich glaube euch." Nummer drei ließ erleichtert die Schultern sinken. Nummer eins jedoch verfolgte aufmerksam die Bewegungen meiner Magie. „Nur um sicherzugehen." Lächelnd hob meine Magie die Phiolen. „Brav den Mund aufmachen." Sie wehrten sich, was zwecklos war. „Ale, schau in ihren Brieftaschen nach ihren Namen." „Schön schlucken", befahl ich. Die leeren Phiolen schwebten zum nächsten Mülleimer. Direkt neben uns ging ein Pärchen vorbei. Idiot Nummer eins sah sie hilfesuchend an. „Sie können euch nicht sehen. Sie werden euch nicht helfen. Ale könntest du ihnen zeigen, wovor genau sie Angst haben sollten?"

„Gerne." Ihr Lächeln war wölfisch. Sie legte den Kopf in den Nacken und ihre Magie brach aus ihr heraus. Sie formte sich zu samtenen schwarzen Schwingen hinter ihr, zu funkelnden Hörnern aus Onyx auf ihrer Stirn, zu spitzen Reißzähnen und zu pechschwarzen, langen Nägeln, die Krallen glichen. „Hey ihr Puppen." Sie trat näher. „Wollt ihr spielen?" Die Männer zitterten, ihre Augen waren glasig und sie schwankten, einer pinkelte sich in die Hose. Was immer sie in den Phiolen hatten, begann zu wirken. Nummer Zwei schwitzte seinen Anzug durch. Nummer Eins begann zu weinen und zu flehen.

Ales dämonische Gestalt verschwand wieder. Ich hob das Schild auf, das ich um uns gelegt hatte. „Kommt gut nach Hause." Ich wendete mich zum Gehen und zog Ellie und Sumi mit mir. Ale hatte sich bei Alex untergehakt. „Ich wollte euch keine Angst machen." Wir waren beim Club angekommen und niemand hatte ein Wort gesagt.

„Bist du geisteskrank?", kreischte Sumi. „Ah ne, kein gutes Wort", korrigierte sie sich. „Das war krass. So krass. Krass cool. Das Schönste, was ich je gesehen habe. Ich hätte es gerne auf DVD, damit ich es mir immer und immer und immer wieder ansehen kann. Oder Alex, was sagst du?"
„Blu-ray wäre auch okay." Alex grinste.
„Mir würde es sogar als Video reichen", stimmte Ellie zu. Sie sah zu Ale und da war keine Angst in ihrem Blick.

Ale lachte und registrierte meine erleichterte Miene mit einem Grinsen. „Du hast einfach coole Besties."

„Und jetzt tanzen wir!", bestimmte Sumi und schob sich wortlos an dem Türsteher vorbei. Er nickte mir zu. Ich konnte nur grinsen. Sumi war auf Höhenflug. „Ikarus, flieg nicht zu nah an die Sonne", rief ich ihr hinterher. Sie quittierte das mit einer wegwerfenden Handbewegung und hatte einen Augenblick später ein Tablet mit fünf Gläsern in der Hand.

„Auf diese Nacht! Auf uns!"

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Fun fact: im 15. Kapitel in Crown of Fire bedanke ich mich am Anfang dafür, dass CoF 400 Reads erreicht hat und inzwischen hat allein dieses Kapitel über 400 reads 😂🧡 ich danke jeder*m von euch💛

Ich habe heute das wahrscheinliche Ende dieses Teils geschrieben...es kommen noch vier Kapitel🧡 (plus maximal eins)

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