chapter 51

Wir hatten uns für sein Besprechungszimmer entschieden. Gerade brachte ein Bediensteter Kuchen, Gebäck und Kaffee herein und stellte beides vor mich. Ich sah Ramiel mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Du hast noch nicht gefrühstückt." War das Einzige, was er sagte. „Das ist alles ohne tierische Produkte", fügte er hinzu, als ich immer noch zögerte.

Ich setzte gerade dazu an, mich zu bedanken, schwenkte im letzten Moment noch um. „Das ist nett von dir." Er war derjenige gewesen, der mir eingebläut hatte mich bloß nicht zu bedanken, zu entschuldigen oder jemanden um etwas zu bitten, weil es in der Hölle als Schwäche ausgelegt werden könnte.

„Ich habe...", begann Ramiel.
Während ich gleichzeitig, „ich möchte", sagte. Wieder entstand Stille und ich biss von einem Nusshörnchen ab, um Zeit zu gewinnen. Dann trank ich einen Schluck von dem Kaffee und sah überrascht zu Ramiel hoch.
„Azalee hat es mir verraten." Er deutete ein Lächeln an, aber es war gedimmt. „Viona, ich..."

Ich unterbrach ihn. „Ich möchte meine Besties besuchen, wann immer ich will. Ich möchte nicht, dass du ihnen oder irgendjemandem drohst wehzutun. Im Gegenzug werde ich deine Liste weiter abarbeiten. Ich möchte, dass wir gemeinsam herausfinden, wer das bei den Lagerhallen war und wieso sie wussten, dass Ale und ich da sein würden."

„Gemeinsam?", echote er.
„Und ich möchte, dass wir gemeinsam", betonte ich „herausfinden, woher zum Teufel, die das Feuer Amulett haben und wie wir es uns holen können."
Ramiel war erstaunt. „Woher weißt du, dass das eines der drei prophezeiten Insignien war?"

„Vergessen, dass ich auch eins bin?" Die rote Linie in meinem Nacken prickelte. Seine Augen funkelten wieder in ihrem gewohnten Onyx. Dennoch kam er mir nicht wirklich fremd vor. Oder wollte ich das einfach nur glauben? Mein Mund war schneller als mein Hirn und ich fing an zu reden. „Weißt du, ich habe dich seelenlos erlebt. Losgelöst von jeglichen Emotionen. Du warst bereit mich zu töten." Eisige Kälte nahm den Raum ein und mein Atem bildete vor mir Wölkchen. „Alicia..." Damals hatte er mir Angst gemacht. Aber jetzt?

„ist im Zirkel. Für immer", grollte er. „Genau wie ihre Schwester." Es wunderte mich nicht, dass Olivia Alicia folgen musste, nachdem sie Zenda mit dem Dolch attackiert hatte, von dem sie dachte, dass er sie umbringen würde. Ich setzte zum Weiterreden an. „Abgemacht", unterbrach er mich. „Sind wir dann hier fertig?"

Überrumpelt starrte ich ihm hinterher. Ramiel war aufgestanden und verließ das Besprechungszimmer und ich sank gedankenverloren in meinem Stuhl zurück.

Als Ale kam, war der Großteil des Gebäcks vertilgt und ich trank an meinem zweiten Caramel Macchiato. „Er hat ein Sondereinsatzkommando einberufen", verkündete sie zuerst. „Und wir beide sind zwei von vier Befehlshaberinnen dieses Kommandos." Sie trug ihre vollständige Montur. Ihre Braids und die blauen Spitzen sahen genau wie der Rest von ihr absolut göttlich aus. Hinter ihrem Kopf ragte eine Sense hervor.

Ich lachte leise. „Deshalb siehst du heute besonders eindrucksvoll aus."
„Exakt." Sie grinste und sah kritisch zu mir herab. „Jetzt muss ich dieses Wunder nur noch ein zweites Mal vollbringen."
„Hey", rief ich empört und warf ein Stück Kuchen nach ihr.

Sie fing es und steckte es sich in den Mund. „Sehr lecker", befand sie und zog mich dann mit sich. Ich hatte nur Augen für meine Tasse, damit ich keinen Kaffee verschüttete und ließ mich von ihr durch den Goldenen Palast ziehen.

Ale hatte richtig gute Laune. „Ich finde, wir sollten dir zu Ehren ein Fest schmeißen. Allein schon, weil du Zapharias, dieses Krebsgeschwür endlich um die Ecke gebracht hast. Und dann natürlich wegen deiner zahlreichen anderen Verdienste." Ich erwischte mich mit einem dicken Grinsen im Gesicht, als wir an einer Spiegelwand vorbeikamen. Diese überschwängliche Art hatte ich bisher noch nicht oft an Ale gesehen.

„Hat Ramiel dir schon von seinen Partyplänen erzählt? Das wird sowas von einmalig. Glaub mir. Mein Leben lang fiebere ich auf eine Party dieser Art hin und es wird einfach... traumhaft, magisch, bedeutend. Mir fällt das richtige Wort nicht ein. Vielleicht gibt es das auch nicht? Genau, man muss es selbst gesehen haben, um es zu verstehen." Ihren begeisterten Ausführungen konnte ich nicht weiter folgen und so ließ ich einfach zu, dass sie mich hinter sich her zerrte und auf mich einredete.

Wir waren bei ihren Räumlichkeiten angekommen und sie schob mich voran. „Ale", seufzte ich, weil ich nicht einmal die Hälfte von dem verstanden hatte, was sie in den letzten zehn Minuten von sich gegeben hatte. Da stand ein sehr vertrauter, überaus vermisster weißblonder Haarschopf vom Bett auf.

„Azael..." Mir blieb die Luft weg. Dann rannte ich los, sprang auf ihn und riss uns beide von den Füßen.
„Ich will auch", quietschte Ale und sprang ebenfalls aufs Bett. Ich bekam ihren Fuß ins Gesicht und Azael stöhnte, als sie so lange um sich trat, bis sie uns im Arm hatte. „Komm", sagte sie zu jemandem, der in der Tür stand. Sie hatte sich gedreht und die Sense auf ihrem Rücken war genau zwei Fingerbreit von meinem Gesicht entfernt.

„Ale", stöhnte ich genervt und deutete auf die Waffe.
„Hab dich nicht so, Vi. Du besitzt sowas wie Magie", erinnerte sie mich.
„Cael." Azaels Stimme war rau und Ale nutzte den Schwung ihrer Magie, um Cael zu uns aufs Bett zu schubsen.

„Hey ihr." Caels Grinsen konnte süchtig machen.
Mir traten Tränen in die Augen. „Jetzt verstehe ich, warum du unbedingt eine Party schmeißen willst, Ale."

„Wir haben noch fast eine Stunde, bevor die erste Sitzung beginnt." Ihre Tür verschmolz mit der goldenen Wand und ich wusste, dass sie niemanden herein oder heraus lassen würde. „Die gehört uns."

***

Als wir eine Stunde später, alle in Kampfmontur und mit ordentlicher Frisur den Sitzungssaal betraten, konnte man uns nicht ansehen, dass wir die letzte Stunde herumgealbert hatten wie kleine Kinder. Ale hatte meine Haare geflochten und am Hinterkopf zusammengesteckt. Meine neue Montur saß wie angegossen und Ale hatte dafür gesorgt, dass meine Finger nicht mehr ganz so leer waren und mir ein paar neue Ringe angesteckt. In einen davon hatte sie mit ihrer Sense das Wort Nein eingraviert. Mit ihrer Sense, verdammt. Ich hatte zugesehen und trotzdem keine Ahnung, wie sie das gemacht hat.

Auch Cael und Azael konnten ein paar neue Ringe ergattern. Eigentlich hatte Ale das als Spiel aufgebaut mit ein paar Holstäben, die mit dem Ring getroffen werden mussten, damit man ihn behalten durfte. Aber sie hat den Wurf der Ringe nach Lust und Laune verändert, was zu einigen kleineren Schlägereien geführt hatte. Wir hatten uns köstlich amüsiert.

Ramiel saß am Kopfende und jeweils die zwei Plätze rechts und links von ihm waren für uns vorbehalten. Er nickte uns kurz zu als wir eintraten. Ich musterte die anwesenden Dämonen. Mein Herz machte einen Hüpfer, als ich Nakir und Henna erkannte, die mich angrinsten. Es waren noch andere Dämonen da, die ich vom Sehen und Namen her kannte. 

Ramiel begann mit der Erläuterung seiner Pläne. Ich versuchte wirklich dabei zu bleiben und den Ausführungen zu folgen. Aber Ramiel benutzt Wörter wie Legion und Auftragstaktik und erwähnte mehrere Personen, die ich nicht kannte. Und ich musste mir eingestehen, dass ich nicht mit kam. Ich versuchte so zu tun, als wäre alles in Ordnung, aber ich verzweifelte mit jeder Minute mehr. Ale und Azael hingen an Ramiels Lippen, nickten zustimmend und brachten wie die anderen auch berechtigte Einwände und schlaue Kommentare ein oder schlugen Lösungen vor. Cael hielt sich zurück. Er beobachtete mehr. Dennoch wusste ich genau, dass er allem, was Ramiel sagte folgen konnte. Ganz im Gegensatz zu mir.

Ich geriet in Panik als Ramiel eine Frage stellte und ich nicht mitbekommen hatte, an wen er sie gerichtet hatte. Nakir antwortete ihm und er setzte seine Ausführungen weiter fort. Meine Fingernägel bohrten sich unter dem Tisch in meine Haut. Ja, wir hatten in seiner Abwesenheit irgendwie das Haus zusammengehalten und Ale befreit, aber erst jetzt wurde mir klar, wie viel mehr mit der Funktion einer Befehlshaberin einherging und wie wenig ich über diese Dinge wusste.

Alle hier, wirklich alle hatten eine militärische Ausbildung und arbeiteten seit Jahren aktiv. Seit sehr vielen Jahren, bedachte man, dass einige der Anwesenden wahrscheinlich über hundert Jahre alt waren. Ich hingegen war zwanzig und mein Lebenslauf umfasste meinen Job in der Bücherei und ein halbes Studium.

Ramiel warf mir einen kurzen Blick zu und ich richtete mich unwillkürlich auf. Die Auftragsmorde durfte ich in meinem Lebenslauf selbstverständlich nicht vergessen. Sieben tote Engel. Besser als nichts.

Ramiels Ton änderte sich und ich versuchte wieder auf aktives Zuhören zu schalten. „Ich habe diese Einheit selbst zusammengestellt. Die Gruppe, mit der wir es zu tun haben, ist uns nicht bekannt, was die ganze Mission schwierig gestaltet. Aber jede und jeder von euch hat einen Grund hier zu sein. Ich habe auch ausgewählt, weil ich euch und euren Fähigkeiten vertraue."

Wer's glaubt. Ich zog die Augenbrauen hoch und sah zu Ale. Doch wie alle anderen auch, hatte sie ihren Blick auf Ramiel gerichtet. Und ich spürte einfach, wie sehr es ihm lag Andere anzuführen. Er konnte sie überzeugen, für sich gewinnen und motivieren. Gleichzeitig ging er auf sie ein, hörte sie an, ihre Zweifel, ihre Ideen und wägte sie ab. Er war bestimmt ein toller Kronprinz gewesen. Als er noch eine Seele hatte.

Als das Meeting zu Ende war, verließ ich als Erste den Raum. Ich brauchte eine Pause. Meine Gemächer kamen nicht in Frage, weil ich da maximal fünf Minuten meine Ruhe vor der Anderen hätte, also steuerte ich die Bibliothek an. Ich blieb stehen und überlegte, ob ich es einfach mal wagen sollte und durch die Stadt spazieren konnte. Da raste etwas um die Ecke, voll in mich rein. Ich knallte auf den Rücken und mir blieb die Luft weg.

„Chimi", stöhnte ich. „Das hat verdammt wehgetan." Ächzend rappelte ich mich hoch. Chimi schillerte in einem grellen Gelb. „Ohje, das kann ja wohl nichts Gutes bedeuten." Ich wusste nicht genau, was ihre Schuppenfarbe aussagte, aber sie wählte sie immer aus einem bestimmten Grund.

Chimi stupste mich an. Sie wirkte nicht so übermütig wie sonst, obwohl sie sehr unruhig war. Ich setzte mich in die Richtung in Bewegung, die sie mir zeigte. „Was ist los?", setzte ich an. Sie schlängelte sich um meine Mitte und schwoll an, wie sie es schon mal getan hatte. Ich ächzte, doch dann begann sie mit mir zu schweben und ich trug nicht mehr ihr Gewicht, sondern sie meins. Meine Füße berührten wieder den Boden und Chimi zischelte erneut und ruckte mit dem Kopf. Ich hatte sie noch nie so gesehen. War sie ängstlich? Wieder hob sie mich an und setzte mich gleich wieder ab, legte fragend den Kopf schief. „Ja, los. Zeig es mir."

Einen Augenblick später bereute ich meine Worte, denn Chimi raste mit mir durch die Gänge des Schlosses. So schnell, dass ich Wände und andere Dämonen nur verschwommen wahrnahm. Ein Fenster splitterte als Chimi einen Weg ins Freie fand und wir uns ziemlich weit oben außerhalb des Palastes befanden.

„Ach du Scheiße", entfuhr es mir. Meine Beine baumelten in der Luft. Chimi schwoll um meine Hüfte etwas weiter an, dann sauste sie vorwärts. „Oh Gott." Chimi zischte missbilligend, worauf mir ein hohes Kichern entfuhr. „Ist nicht dein Ernst, dass du dich darüber beschwerst..." Der Rest blieb mir im Hals stecken. Chimi stieg tiefer und ich sah eine Arena. Eine sehr gut gefüllte Arena. Worst-Case Szenarien zuckten durch mein Bewusstsein. Chimi, wie sie mich gleich in einer wilden Dämonenherde fallen lassen würde. Tausend Augen auf mich gerichtet. Buhrufe. Scham. Oje.

Und noch immer hielt Chimi zielstrebig auf die Arena zu. „Ähm, können wir vielleicht da vorne landen?" Ich deutete auf den dämonenleeren Vorplatz. Der Kurs änderte sich nicht. „Bitte einfach nicht mitten in der Arena. Bitte irgendwo auf den Tribünen", betete ich und kniff die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen. Wir waren so nah, dass einige Dämonen uns entdeckt hatten.

Jetzt erkannte ich den Vorsprung auf den Chimi zuhielt. Ich öffnete vorsichtig die Augen und Chimi ließ mich betont sanft auf den Füßen aufkommen. „Ich habe nie an dir gezweifelt", brachte ich heraus.

Dann schlug der Lärm über mir ein. Tosender Applaus, Schreie, Pfiffe, Trampeln. Eine Stimme räusperte sich und als ich mich umsah, entdecke ich ein Podium über den Tribünen, auf der es sich einige VIPs gemütlich gemacht hatten. Die Arena war voll und mit einem Fußballstadion zu vergleichen.

„Soeben ist eine besondere Gästin eingetroffen. Bitte begrüßt mit einem herzlichen Applaus Viona Cartwright, Weltenzerstörerin, Todesbringerin und Verlobte unseres verehrten Kronprinzen Ramiel, Fürst des Zorns."

______________

Inzwischen ist Throne of Blood auch 85000 Wörter lang und wie bei Crown of Fire plane ich, dass es insgesamt ungefähr 100 000 werden. Es kommen also noch ungefähr 10-14 Kapitel. Aktuell bin ich wirklich nicht im Modus mich dann von Vio, Ramiel und Co verabschieden zu können, also ist mein Kopf gerade mehr in der Richtung, dass es noch einen dritten Teil geben wird. Was sagst du dazu?🧡

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top