Teil XIV

Das so leuchtende Grün seiner Augen war fahl geworden und schien nicht mehr mehr als ein billiger Abklatsch seines Bruders zu sein. Die toten Augen starrten einfach zu ihm herauf, doch es würde kein Leben mehr in sie zurückkehren. Das Lächeln war noch immer auf Dens Gesicht. Es versetzte Sam einen Stich, wenn er dieses Lächeln sah, sein Bruder hatte in seinen letzten Minuten nur an Cass und Lillian gedacht, aber Sam wusste, dass sein Bruder vermutlich direkt in die Hölle fahren würde, ohne Hoffnung die Beiden je wiederzusehen. Sam schloss die Augen seines Bruders und brachte ihn zurück zum Impala. Jetzt war alles vorbei, er hatte absolut niemanden mehr.

Einige Stunden später stand er am Grab seines Bruders und starrte auf die aufgewühlte Erde nieder. Mit seinem Messer hatte er Deans Namen in die große Eiche daneben geschnitzt, das würde sein Grabstein sein, eine einzelne Eiche, irgendwo auf einer Lichtung, mitten im Wald, mitten im Niemandsland.

Er verbrachte die ganze Nacht an Deans Grab, zusammen mit einer Flasche Scotch leistete er ihm die ganze Nacht Gesellschaft. Das der Morgen hereinbrach bemerkte der junge Winchester gar nicht, denn all seine Gedanken waren bei seinem toten Bruder.

Schmerz.

Das war alles was er fühlte, unglaublicher Schmerz, doch dieser Schmerz war nicht physischer Natur.

"Daddy!"

Da war er wieder, der Schmerz. Mehr brauchten sie nicht. Nur ein Wort. Ein Wort, in einer einzigartigen Stimmlage. Ein Wort und er wurde zu einem seelischen Wrack.

"Daddy, wieso spielst du nicht mit mir?", fragte die Stimme und Dean presste die Lippen aufeinander und schloss die Augen. Sie ist nicht real, sie ist nicht hier, dachte er und versuchte sein wild pochendes Herz zu beruhigen.

Dann herrschte Stille. Verstohlen öffnete Dean die Augen und blickte sich um. Er stand auf einer Straße, naja Gasse traf es wohl eher. Irritiert ließ er seinen Blick schweifen, er kannte diese Gasse, es war eine kleine Seitenstraße, direkt zwischen ihrem alten Haus und dem Spielplatz.

Fast täglich war er mit seiner Tochter diesen Weg entlanggegangen und wenn er mal beschäftigt war oder mit Sammy unterwegs gewesen war, hatte Cass nie gezögert und ist mit Lillian mitgegangen.

Was sollte er hier? Wieso war er hier, wieso war wieder auf der Erde? Seine Gedanken jagten einander, aber er fand einfach keine Antworten. Ein leises Pfeifen drang von der Hauptstraße her in die Gasse und Dean drehte sich um. Nein, das konnte nicht sein. Dieses Pfeifen, dieses leise Gekicher, die Spatzen, die auf den Hausvorsprüngen saßen. Er erinnerte sich an den Klang von Lillians Lachen, an die kleine eingängige Melodie, die Cass immer wieder vor sich hingepfiffen hatte, als sie zusammen waren und dessen Titel er sich immer noch nicht merken konnte. Jedes Detail war perfekt und jetzt wusste Dean auch wo er war. Er war an den Zeitpunkt zurückgekehrt an dem er gestorben war.

Es dauerte keine Minute und ein Mann im Trenchcoat betrat die Gasse. An seiner Hand ein kleines blondes Mädchen, das unaufhörlich kicherte. Cass' Melodie veränderte sich etwas, wurde schneller und fröhlicher und Lillian begann zu hüpfen. Gleich würden sie vor Dean stehen, doch für die Beiden schien er überhaupt nicht zu existieren. Sie schienen ihn überhaupt nicht bemerkt zu haben.

Eine Mülltonne rappelte und Cass fuhr herum. "Dean?", seine Stimme klang verwirrt, aber das legte sich als ein Mann hinter den Tonnen hervortrat. Cass Blick verfinsterte sich und er schob Lillian hinter sich. "Daddy, was ist denn los?", fragte sie leise und sah zu ihrem Vater hoch. "Ich will, dass du wegläufst, verstanden? Ich will, dass du nach Hause läufst! Lauf zu Dean!", er sah zu ihr runter und drückte sie kurz an sich. "Ich liebe dich, Kleines" Dean schluckte, nie hätte er sich träumen lassen beim Tod seines Freundes dabei zu sein, oder seiner Tochter beim Sterben zusehen zu müssen, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.

Lillian hatte genickt und war aus der Gasse gelaufen, ihre Beine hatten sie geradewegs zurück zur Hauptstraße getragen. Dean wollte ihr folgen, sie aufhalten, doch er konnte sich nicht bewegen, es war als würden seine Füße am Boden festkleben. "Süß", sagte der Fremde und ging weiter auf Castiel zu. "Was willst du hier?", fragte Castiel, "Das hier ist nicht dein Zuhause, Gemeniel" Deans Herz rutschte ihm in die Hose, er hatte ihn gekannt! Die Erkenntnis schoss durch Deans Kopf. "Deines genauso wenig, Castiel! Du gehörst nicht auf die Erde, keiner von uns tut das! Im Himmel warten Pflichten auf dich", er klang wütend. "Du weißt, dass ich nicht in den Himmel zurückkehren werde. Ich bin hier glücklich", Castiels Stimme war fest und ließ keinen Funken Zweifel an seinen Worten zu. "Dann lässt du mir keine andere Wahl, es ist deine Schuld, dass immer mehr Engel den Himmel verlassen und ihre Pflichten vernachlässigen. Aber wenn sie von deinem Tod erfahren, werden sie erkennen das die Erde gefährlich ist und sie in den Himmel zurückkehren müssen. Der Himmel wird wieder zu seinem alten Glanz zurückkehren." "Du bist ja vollkommen verrückt geworden, Gemeniel!" Der andere schüttelte nur den Kopf und hing mit erhobener Engelsklinge auf Castiel zu. Cass wich zurück, hilflos sah Dean zu seinem Freund. Er wusste, dass Cass unbewaffnet war, war er immer wenn er mit Lillian unterwegs war. "Gemeniel, das willst di doch nicht wirklich", sagte Cass und wich weiter zurück, doch der Engel kam immer weiter auf ihn zu. Der erste Hieb hing ins Leere, Cass wich aus und sah seinen Engelsbruder an. "Gemeniel!", er konnte es einfach nicht glauben. "Der Himmel muss geschützt werden, die Engel müssen wieder zurückkehren", er holte zu einem weiteren Hieb aus und verletzte Cass an der Schulter. Er schrie auf. Es folgte ein Handgemenge, dem Dean mit angehaltenem Atem folgte. "Cass....", das Wort drang kaum über seine Lippen. Angst und Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen. "Daddy!", ein gellender Schrei von der anderen Straßenseite. "Lillian?!", die Angst lag in Castiels Stimme und Dean rückte ebenfalls herum. Vermutlich wollte Cass Lillian wieder fortschicken, doch dazu kam es nicht. Gemeniels Engelsklinge bohrte sich durch seine Brust und die Gasse wurde von einem hellen gleißenden blauen Licht erfüllt. Deans Herz blieb stehen, Castiels Blick war starr auf Lillian gerichtet. Ihr Schrei mischte sich mit seinem eigenen als er Cass' Namen rief. Sie hatte ihn also sterben sehen, seine kleine süße Lil hatte zusehen müssen wie Castiels Gestalt in sich zusammen sackte und sein Mörder einfach so vor ihren Augen verschwand. Die Tränen kullerten über die Wangen seiner Tochter, die ohne auf den Verkehr zu achten einfach loslief. "Lillian, nein!", Dean schrie es ihr entgegen, er stand auf und wollte ihr entgegenrennen. Wann hatte er sich neben Cass' leblosen Körper gekniet? Es waren nur noch wenige Meter, doch Dean erreichte seine Tochter erst als es zu spät war. "Lilli!", Deans Stimme war pure Angst. Er sah zu seinem kleinen Mädchen, dass mitten auf der Straße lag. Nein, das konnte nicht wahr sein, das war nicht real! Dean schloss die Augen und die Tränen liefen hemmungslos über sein Gesicht. So war das nicht passiert....das konnte einfach nicht wahr sein! Das Gewicht verschwand aus seinen Armen und er öffnete die Augen wieder. "Lil! Lillian!", Dean schrie ihren Namen. Er sah sich um, doch hier war nichts mehr, die Dunkelheit umfing Dean und alles war verschwunden. Cass und Lillian waren tot und Dean wusste nicht mehr, was er glauben sollte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top