Teil XI
"Es tut mir leid", mit diesen Worten ließ sich Dean Winchester auf den Hocker neben seinen Bruder fallen und starrte auf die Theke vor sich. Die Bar war überfüllt, die meisten Gäste schienen Biker zu sein, die auf einer Spritztour waren und sich in diesem Kaff für eine kleine Rast niedergelassen hatten. Die anderen waren wohl die Dorfbewohner, sie alle trugen ziemlich altmodisch aussehende Klamotten, Holzfällerhemden und weite Jeans, sodass Dean nicht weiter hervorstach.
Sam überraschte es ein wenig, dass sein Bruder sich entschuldigte, immerhin war das ja so gar nicht seine Art, doch er nickte nur. "Es ist ja irgendwie meine Schuld, ich wollte es wissen, ich wollte wissen, wie es dir geht und du hast Recht, ich hab keine Ahnung wie es sich anfühlt ein Kind zu verlieren, aber ich weiß, wie es ist einen Bruder zu verlieren.", sein Blick streifte Dean, der noch immer das dunkle Holz der Bar anstarrte. "Und ich will meinen nicht schon wieder verlieren." "Ich hab einige Sachen gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Natürlich hast du Cass und Lillian auch verloren und ich weiß, dass ich eigentlich genauso für dich da sein sollte wie du für mich da warst, aber das kann ich nicht. Ich hab anscheinend auf voller Länge versagt.", Sam schob ihm sein Bier rüber und legte eine Hand auf seine Schulter. "Lass es uns vergessen, lass uns einfach vergessen, was heute war, was wir gesagt haben und uns zusammen betrinken. Und morgenfrüh kümmern wir uns um diesen Vampir, einverstanden?" Dean sah zu seinem Bruder, die braunen Augen sahen ihn ehrlich und aufrichtig an. Diesmal konnte er kein Mitgefühl in ihnen erkennen und Dean war wirklich dankbar dafür, als er nickte. "Einverstanden!"
Die ersten Runden waren schnell geleert und auch danach schütteten sie sich Shot um shot den Rachen hinunter. Sie redeten nicht viel, die meiste Zeit hing jeder seinen Gedanken nach und sie tranken und schwiegen. Es war jedoch kein unangenehmes Schweigen, sondern viel eher eine stille Abmachung die Gedanken und den Schmerz zur Ruhe kommen zu lassen. Irgendwann forderte Sam Dean zu einem Billardspiel heraus, dem der Ältere nur zu gern zustimmte. Stunden verstrichen und die Nacht schritt voran, der Alkoholpegel stieg ins unermessliche und jeder normale Mensch läge vermutlich schon lange im Koma, doch die Winchesters spielten weiter Billard, auch wenn es für Sam und Dean immer schwieriger wurde die Kugeln zu treffen und zu versenken. Nach einigen vergeblichen Versuchen machten sie sich dann auf den Heimweg. Zum Glück war das schäbige Motel nicht allzu weit entfernt und sie erreichten es noch gerade so. Sie schwankten beide und waren sich gegenseitig mehr Last als Stütze.
Als Dean die Augen öffnete strömte ihm bereits der Geruch nach heißem Kaffee in die Nase und er setzte sich auf. Sein Schädel brummte, doch das war nichts neues, die letzten 4 Monate war er fast tagtäglich mit diesem Gefühl aufgestanden, nicht gerade durch die unbequeme Lage auf der Couch. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass Dean wieder in einem Bett aufwachte, aber nicht in seinem eigenen, nicht in ihrem Bett, das konnte er nicht. Es kostete ihn ja schon immer wieder Überwindung an seinen Kleiderschrank zu gehen, die Türen zu öffnen und Castiels Sachen dort hängen zu sehen. Unberührt und glatt hingen seine Anzüge auf den Bügeln, seine Hosen lagen fein säuberlich gefaltet daneben auf den schmalen Regalbrettern und warteten ungeduldig darauf, dass ihr Besitzer zurück kam und sie anzog. Sam hatte ihm geraten die Kleider in Kisten zu verstauen und wegzuräumen, doch er konnte nicht, denn es fühlte sich nach Abschied an und Dean wollte nicht Abschied nehmen, er wollte, dass alles wieder wie früher wurde und Castiel seine Schrankhälfte wieder zurückforderte. Das der Staub von dem alten Holz gewischt wurde und das in sein Leben der alte Glanz zurückkehrte. "Das Frühstück ist fertig, naja zumindest eingekauft", meinte Sam und stellte eine Tüte mit Brötchen auf den Tisch. Schweigend stand Dean auf, nahm den Kaffee und ließ sich auf den Stuhl am Tisch fallen. "Wie kannst du so hellwach sein?", fragte Dean und stützte den Kopf auf seine Hände. Sam schmunzelte "Tja, das bleibt ein Geheimnis", meinte er und setzte sich ebenfalls. Die Brötchen waren noch warm, Sam musste erst vor kurzem wieder gekommen sein. Er nahm den Zucker und schüttete einiges in den Becher. "Nimmst du auch Kaffee zu deinem Zucker?", fragte Dean und grinste leicht. Es war ein guter Morgen, alles schien etwas einfacher zu sein, er musste Sam jetzt nichts mehrverheimlichen, sie hatten sich gestern zusammen die Kante gegeben und Dean war sich noch nicht einmal sicher, wie sie überhaupt zurück in das Motel gekommen waren, aber es war leichter. Sein Bruder schien ihm de Ausraster von gestern nicht übel zu nehmen und das erleichterte Dean wirklich, denn er wollte nicht auch noch seinen Bruder verlieren. Das würde er nicht verkraften.
"So viel Zucker ist das überhaupt nicht", meinte er und es ertönte nur ein abfälliges Schnauben von Dean. "Du könntest mit diesem Kaffee einen Diabetiker umbringen", sagte er und aß sein Brötchen. Sam schüttelte grinsend den Kopf. Für einen Moment war es wie früher, Dean, der Witze machte und seinen kleinen Bruder aufzog, doch eine Sache fehlte weiterhin. Cass, der Dean zum Lachen brachte und Lillian, die aus ihrem Zimmer gestürmt kam, sich zuerst Dean und dann Cass an den Hals warf und sich spielerisch beschwerte, dass sie schon wieder kein Frühstück im Bett bekommen hatte. Sam und Cass hatten gelacht, während Dean sein kleines Mädchen herumgewirbelt hatte und sich "bei ihrer Hoheit vielmals entschuldigte" Dann lachten sie alle und es wurde zu einem perfekten Morgen. Doch das hier war schon so nah dran, es hätte fast wie Normalität gewirkt, bis Dean ernst wurde und sich an den Fall machen wollte. Anscheinend wollte er möglichst schnell wieder nach Hause. Also berichtete Sam ihm alles was herausgefunden hatte. Nachdenklich musterte Dean seinen Bruder, während er erzählte, doch die meiste Zeit hörte er nicht wirklich zu. Nachdem Sam sagte, dass es ein Vampir war, hatte er so gut wie abgeschaltet. Seine Sinne waren auf ein Minimum reduziert und er zog sich wieder in seine eigene Welt zurück.
"Wie fühlt es sich für dich an?", fragte Dean, Cass lag in seinen Armen und hatte den Kopf auf seine Brust gelegt. "Was meinst du?", seine Stimme war nur ein Nuscheln, da er den Kopf nicht heben wollte. "Das mit uns? Oder das ich hier gerade an eine menschliche Heizung gekuschelt bin?", er grinste und sah zu ihm hoch. "Beides", meinte Dean und strich ihm über den Rücken. "Viel zu warm", antwortete Cass und küsste sanft seine Brust. "Wie kannst du nur so unglaublich warm haben?", fragte er und ließ seinen Finger über Deans Brustmuskeln hinunter zu den Bauchmuskeln gleiten. "Wie könnte ich nicht, wenn so ein heißer Typ auf mir liegt?", lachte er. "Aber ich meinte eher die andere Frage", Dean sah ihn an, eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen, als er Castiels Hände weiter nach unten rutschen spürte. "Ich kenne keinen Ausdruck dafür", sagte Cass ehrlich und blickte in Deans hellgrünen leuchtenden Augen. "Aber ich schätze, ihr Menschen würdet es Liebe nennen", er lächelte. "Ich glaube, ich liebe dich, Dean", murmelte er und seine Lippen liebkosten Deans Körper. "Das ist genug", sagte Dean lächelnd, zog ihn hoch zu sich und küsste seine Lippen, die so sanft waren und nachgaben, das Dean immer mehr wollte. Castiel ließ sich nur allzu bereitwillig nach oben ziehen und schloss die Augen. "Ich liebe dich, Cass", hauchte er und presste die Lippen wieder auf die seines Freundes. Sam hatte also doch Unrecht gehabt, Castiel konnte lieben, er konnte ihn lieben. Mehr brauchte Dean nicht zu wissen, der Rest war egal, für ihn zählten nur diese wenigen Wörter die Cass ihm ins Ohr und gegen die Lippen flüsterte. Drei winzig kleine Wörter, die Dean glücklich machten und ihm das Gefühl gaben gewollt zu sein, nicht umsonst zu existieren. Sie gaben seinem Leben einen Sinn. Und er wusste auch, dass er Cass mit allem zurücklieben würde das er hatte.
Ich liebe dich!
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