Teil X
"Dean ist alles in Ordnung?", die Stimme war direkt neben ihm, einfach aufgetaucht. Er zuckte zusammen und sah zum Beifahrersitz und blickte in die stahlblauen Augen des Engels. "Ja, wieso auch nicht", meinte dieser und Cass Blick wurde weicher. "Wo ist Sam?", fragte er, seine Augen funkelten und Dean wusste, dass es nichts brachte ihn zu belügen. "Weg, er ist gegangen", seine Stimme klang rau und er war nicht gut drauf. Im Auto herrschte Stille, nirgends dröhnte Zeppelin oder Osbourne aus den Boxen, es war einfach nur ruhig. Man konnte den Geräuschen des Motors lauschen, wie Dean den Gang wechselte und mehr Gas gab. "Was meinst du mit weg?", Castiel war verwirrt. "Na weg, alleine auf der Jagd, er will nichts mehr mit mir zu tun haben" Sein Blick richtete sich wieder auf die Straße, dem stählernen Blick von Castiel konnte er nicht lange standhalten. "Was ist passiert? Habt ihr euch wieder gestritten?", der Engel seufzte. Es kam immer öfter vor, dass er sich an die Menschen anpasste, Dean hörte ihn seufzen oder schnauben. Manchmal, aber nur ganz selten tauschte der Engel seine ausdruckslose Maske sogar gegen ein Lächeln ein. Es waren die wohl schönsten Momente in seinem Leben. Er schüttelte den Kopf, warum dachte er das?, seine Gedanken waren wieder bei Sam und dem Cass, der neben ihm auf dem Sitz des Impalas saß. "Wir waren nicht ganz einer Meinung", sagte Dean und schluckte kurz. "Deswegen trennt ihr euch aber nicht gleich", sein Blick ruhte weiter auf Dean, der den Blick nach vorne jedoch bevorzugte. "Anscheinend schon, Cass und jetzt lass gut sein. Wieso bist du hier?", fragte er und der Engel wurde etwas unruhig. "Cass?" "Ich wollte nur wissen wie es dir geht und Sam natürlich", fügte er rasch hinzu. "Mir gehts gut" Cass nickte und Dean überlegte, wieso er plötzlich so zappelig wurde. "Ist bei dir alles in Ordnung?", fragte er stirnrunzelnd und warf ihm einen Seitenblick zu. "Ja, bei mir ist alles okay", Cass nickte. "Wohin fährst du überhaupt?", fragte er. "Ein Fall in Baltimore, anscheinend treibt dort ein Rugaru sein Unwesen, wieso kommst du nicht mit?" Er lächelte Cass aufmunternd an und er nickte. "Sehr gern" Cass lehnte sich im Sitz zurück und schien sich ein wenig zu entspannen. Dean schmunzelte kurz und schaltete dann das Radio an. Schweigend suchte er einen Sender, der ihm zusagte und kurze Zeit später drang 'Bad Moon Rising' aus den Boxen und Dean begann leise mitzusingen. Sie waren einige Tage lang in Baltimore und Dean genoss es irgendwie, obwohl sein Bruder fort war hatte Cass sich ihm angeschlossen und versuchte sich als Jäger, wobei seine Engelsfähigkeiten des Öfteren sehr hilfreich waren. Aber manchmal musste Dean einfach nur grinsen. So kam es, dass sie bei der Befragung der Witwe vor dem Haus standen, sie die Tür öffnete und Cass sagte, "Hallo, Ma'am, meine Name ist Castiel, ich bin ein Engel des Herrn, wir sind auf der Suche nach einem Rugaru...", Dean konnte die Tür überhaupt nicht mehr aufhalten, so schnell wurde sie zugeschlagen. "Was sollte denn das?!", fragte er sauer und drehte sich zu seinem Partner. "Was? Ich hab doch bloß die Wahrheit gesagt" Dean nickte. "Ja, Cass, das hab ich gemerkt, aber wieso?! Du kannst nicht einfach hingehen und jedem die Wahrheit über Monster, Engel und den Teufel auf die Nase binden, die meisten halten dich dann sowieso für völlig blemmblemm", er seufzte. "Lass mich einfach reden, in Ordnung?" Dean klopfte erneut und die Tür öffnete sich nur noch einen spaltbreit. "Was wollen Sie? Gehen Sie sonst rufe ich die Polizei", sagte die leise Stimme aus dem Inneren des Hauses. "Entschuldigen Sie bitte meinen Kollegen, Ma'am, er wollte mir beweisen, dass man es mit der Religion nicht so ernst nehmen sollte und das leider zu einem sehr unpassenden Zeitpunkt. Ich bin Agent Bowie und das ist Agent Smith, wir kommen vom FBI", ratterte Dean die Lüge herunter, die ihm so leicht über die Lippen kamen wie die Essensbestellung einige Stunden später.
"Du hast gelogen", sagte Castiel mit hochgezogenen Augenbrauen und starrte über den Tisch in Bettys Diner zu Dean herüber, wo dieser sich gerade einen doppelten Cheeseburger, mit extra Zwiebeln und Käse, in den Mund schob. "Ja, Cass, das ist es was die Menschen in den meisten Fällen tun, wenn sie etwas wollen", sagte Dean mit vollem Mund und kaute genüsslich auf dem zarten Fleisch des Burgers herum. "Der Burger ist fantastisch...", murmelte er. "Wieso tut ihr das?", Castiels Gesichtsausdruck hatte keine Falte eingebüßt, er sah noch genauso verwirrt aus wie zuvor. Dean überlegte einen Moment, ein wirklicher Grund viel ihm nicht wirklich ein. "Weil es der einzige Weg ist Präsident zu werden", er zuckte mit den Schultern und aß weiter. "Das ergibt keinen Sinn", Castiel schien es aufzugeben. "Manchmal verstehe ich euch Menschen einfach nicht." "Keine Sorge, Cass, du verstehst eine Menge nicht", grinste er und Cass legte den Kopf leicht schräg. "Ich schätze, ich verstehe genug", meinte er und Dean blieb bei Castiels Blick fast der Burger im Hals stecken. Was sollte diese Äußerung denn jetzt bedeuten? Und dieser Blick? Dean schluckte hörbar und sah ihm in die meerblauen Augen. Castiel schmunzelte und sah sich dann im Restaurant um, Dean konnte jedoch kaum die Augen von ihm lassen. Die braunen Haare, die irgendwie in alle Richtungen zu stehen schienen, aber dennoch gut aussahen, die leicht rosanen Lippen, die sich zu Worten bildeten, die Dean nicht verstand und die dunklen Saphire, die ihren Weg in ihn hinein fanden. Dean war verliebt, er war sogar unglaublich verliebt, doch Sams Worte hallten in seinem Hinterkopf wider. Er liebt dich nicht, er ist zu solchen Gefühlen überhaupt nicht fähig! "Du scheinst so abwesend", meinte Cass und sah ihn an. "Ist wirklich alles in Ordnung bei dir?", fragte er und Dean nickte. "Alles bestens" Mehr als gut, fügte er in Gedanken noch hinzu und lächelte. "Woran hast du gerade gedacht? Es war das erste Mal, dass du so.....", Castiel überlegte einen Moment, suchte nach dem richtigen Wort und entschied sich schließlich, "friedlich ausgesehen hast, seitdem Sam weg ist" Seine Gesichtszüge waren weich und Dean konnte bereits einen leichten Ansatz von Grübchen erkennen. An nichts besonderes, wollte er sagen, doch sein Kopf war noch so auf Castiel fixiert, das er stattdessen ein leises, "An dich", flüsterte. Mit einem Schlag wurde Dean bewusst, was er gerade gesagt hatte und sein Kopf wurde rot. Die Wangen verfärbten sich rasend schnell und sein Herz begann in der Brust zu hämmern. Sein Blut floss rasend schnell durch seinen Körper und er rieb sich mit der linken Hand den Nacken. "Äh......" Er wurde jäh unterbrochen, als zwei unglaublich zärtliche Lippen seine trafen und ein Feuerwerk in seinem Körper zündete. Im ersten Moment realisierte er überhaupt nicht, was Castiel gerade tat, zu geschockt, das es überhaupt geschah, doch sein Körper reagierte instinktiv. Seine Lippen erwiderten den Kuss und seine Hände zogen Cass näher zu sich. Castiels Hände ruhten auf beiden Wangen seines Gegenübers und als er sich löste, konnte er Verwunderung, Überraschung und pure Freude in den grünen Augen des Mannes finden, der ihn einfach nur anstarrte. Castiel räusperte sich, fuhr sich einmal durch die Haare, noch so eine menschliche Geste, und meinte dann. "Das hab ich vom Pizzaboten gelernt" Zuerst war Dean vollkommen verwirrt, doch dann kam ihm der Tag in dem Motelzimmer wieder in den Sinn und er wurde nochmal etwas rot, diesmal jedoch mit einem Lächeln im Gesicht. "Cass......", er wusste nicht, was er sagen sollte, seine Unsicherheit wuchs mit jeder Sekunde in der er Castiel anstarrte und sich immer tiefer in seinen Augen verlor. "Wieso hast du mich geküsst?", fragte Dean schließlich und versuchte sich von den hinreißenden paar Augen abzuwenden und fixierte sich auf Cass' Lippen, was es jedoch nicht unbedingt besser machte. Sein Herz hatte sich noch nicht beruhigt und schlug weiter heftig, sodass Dean das Gefühl hatte, Castiel könnte es hören, doch dieser ließ sich nichts anmerken. "Es schien mir das Richtige zu sein", Castiel schien unsicher zu werden. "War es.....war es nicht in Ordnung?", fragte er und fuhr sich wieder durch die Haare, anscheinend war er nervös. "Doch war es, es kam nur so überraschend. Ich meine, du.....", ihm fehlten die Worte, seine Gedanken ließen sich nur schwer in eine Richtung lenken, da sie nur noch um Cass' sanfte Lippen kreisten und wie sie geschmeckt hatten. "Du...." "Was? Ein Engel?", fragte er lächelnd. Da war es, dieses perfekte Abbild eines Lächeln, die strahlenden blauen Augen, die mit Witz und Charme funkelten und das Licht auf ihre ganz eigene Art brechen ließen, so schien es jedenfalls. "Ja....", drang es über Deans Lippen und er starrte ihn immer noch an. "Ich hab keine Gefühle wie ihr Menschen, das stimmt schon, oder vielleicht habe ich sie auch doch", er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nur, dass es sich anders anfühlt wenn ich bei Sam bin, es fühlt sich anders an als bei dir, nicht ganz so vertraut, nicht so....sicher", er kratzte sich an der Schläfe. "Ergibt das überhaupt Sinn was ich hier von mir gebe?", fragte er irritiert, aber Dean war das egal. Mit sanfter Gewalt zog er Cass wieder zu sich heran und küsste ihn erneut. Er hatte lange genug auf diese wunderbaren Kostbarkeiten gewartet, die er nun immer und immer wieder auf seinen Lippen spüren wollte. Er konnte gar nicht genug kriegen. Zuerst war Cass etwas ungeschickt, doch nachdem Dean die Führung übernahm, kam alles wie von selbst. Castiel ließ sich innerlich fallen und er spürte, wie noch andere Gefühle in ihm aufwallten. Die Augen geschlossen, die Lippen aufeinandergepresst und die Arme umeinander geschlungen, saßen sie an dem Tisch im Diner und küssten sich. Der erste Kuss, der erste, der Dean wirklich etwas bedeutete und der einzige, den Dean niemals vergessen würde.
Als Dean schließlich wieder in die Realität zurückgerissen wurde stand er vor der Bar und wurde von einer zierlichen Frau angerempelt, die anscheinend schon etwas zu viel getrunken hatte. Ihre schwarzen Locken umrahmten das viel zu spitze Gesicht und betonten die schmalen roten Lippen, die mit etwas Lipgloss verschmiert waren. "Oh, tut mir leid....", murmelte sie und hob ihre Handtasche vom Boden auf, anscheinend hatte sie sie bei dem Zusammenstoß fallen gelassen. Hastig schob sie alles zurück, die Zigaretten, das kleine rote Gasfeuerzeug und ihren mattgrünen Ledergeldbeutel. "Schon in Ordnung, alles okay bei Ihnen?", fragte Dean und hob die Hände. Dir Frau nickte, richtete sich wieder auf und drückte sich an ihm vorbei und verschwand dann um die nächste Ecke. Ihr Parfüm lag noch eine Weile in der Luft, der leichte Apfelduft setzte sich Dean in die Nase und sah in Gedanken den süßen Apfelwein vor sich, den Sam ihm und Castiel zum ersten Jahrestag geschenkt hatte. Er hatte vorzüglich geschmeckt und seit diesem Tag hatte Dean immer eine Flasche extra für diesen Tag gekauft. Es war ihr kleines Ritual zum Jahrestag geworden, neben den Pancakes zum Frühstück, gab es am Abend den Apfelwein, wenn sie im Wohnzimmer auf der Couch gesessen hatten und in den Armen des anderen irgendwann eingeschlafen waren.
Mit dieser Erinnerung und einem traurigen Lächeln betrat er schließlich die Bar und erkannte Sam am Tresen, wo er lustlos in ein halbvolles Glas Bier starrte.
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