1 - Aller Anfang ist schwer

Nunzio

"Und warum bist du dann nicht selbst hier!?", sprach ich genervt in mein Handy und hörte meinem Onkel Enzo zu. Er gab mir die letzten Anweisungen dazu, das Geld wieder einzutreiben, welches irgendein Filippo uns schuldete.

"Weil ich im Büro bin und solche Dinge der jüngeren Generation überlasse."

Aufgelegt ... Wie ich es hasste, immer den Laufburschen zu spielen.

"Was ist jetzt?", hörte ich meinen Cousin Eliano, der neben mir auf dem Beifahrersitz saß. Er starrte mir fragend entgegen, während sein Bruder Paolo hinter uns auf der Rückbank damit beschäftigt war, irgendwelche Pillen zu sortieren.

"Wir sollen rein, das Geld eintreiben und ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen wieder raus. Verstanden?"

Er nickte, doch ich wusste bereits, dass es mit ihm sicher nicht ohne viel Aufsehen ablaufen würden. Die beiden Brüder hatten schon genug scheiße gebaut und im Grunde war das hier ihre letzte Chance, sich als nützlich zu erweisen. Nachdem sie nämlich letzte Woche bei meinem Cousin Gino im Club mehreren Frauen Drogen untergemischt hatten, wollte dieser sie sofort hinrichten. Mein Onkel Enzo aber, wollte ihnen noch diese letzte Möglichkeit geben.

"Soll ich warten und Wache halten?"

Paolo starrte mir im Rückspiegel entgegen. Ich schüttelte verneinend den Kopf und reichte beiden Masken, um mir selbst auch eine anzuziehen.

"Wer weiß, was das für ein Typ ist. Zu dritt wird es einfacher."

Ich nahm meine Pistole zur Hand und verstecke sie unter meiner schwarzen Jacke, um als erster auszusteigen und auf den alten Plattenbau zuzulaufen. Diese Gegend hier war wirklich abgefuckt. Man sah den Gebäuden mit ihren maroden Mauern förmlich an, dass hier nicht viel Geld zu holen war. Das hieß wohl, dieser Filippo würde einige Finger verlieren.

"Achja", wandte ich mich an der Tür angekommen noch mal an meine beiden Cousins. "Ich beobachte - ihr redet. Anweisung von Enzo. Vermasselt es nicht!"

"Vertrau mir", grinste Eliano und lud seine Pistole durch. "Ich kriege das hin."

Wers glaubt...

Nachdem ich ihn durch die Maske hindurch nur ungläubig betrachtete, öffnete sich plötzlich die Haustür und eine ältere Dame sah uns erschrocken an.

"Süßes, sonst gibt's Saures", entkam es Eliano lachend, doch ich schubste ihn sofort zur Seite und stellte mich genau vor die Frau. Sie sah mit großen Augen zu mir auf und schien Todesangst zu haben. Das tat mir dann fast schon wieder leid.

"Wir wollen nur einen alten Bekannten ein bisschen Angst einjagen. Keine Sorge", erklärte ich ihr freundlich, doch sie lief eilig an mir vorbei und drehte sich nicht mal mehr um.

"Die war ja noch fit für ihr Alter."

Paolo scherzte und schien das Ganze noch witzig zu finden, doch ich wollte einfach nur das Geld und schnell wieder nach Hause. Alles hier roch vermodert. Kaum vorzustellen, dass dieser Plattenbau tatsächlich bewohnt war.

"Kannst ihr ja ne Pille einschmeißen und Spaß haben."

Tief durchatmend verdrehte ich meine Augen über meine Cousins und lief ihnen voraus die Treppen hoch. Enzo hatte mir zuvor mitgeteilt, wo genau sich die Wohnung befand und es dauerte auch nicht lange, da standen wir in dem dreckigen Flur auch vor der gesuchten Tür.

"Ihr wisst, was zu tun ist?"

"Si", gaben mir beide gleichzeitig zurück und ich zögerte keine Sekunde mehr, um mehrere Male laut an das alte Holz zu klopfen. Ich hörte daraufhin die Stimme eines Mannes von innen, doch er schien nicht freiwillig aufmachen zu wollen. Mit einem Nicken wies ich Paolo an, die Tür einzutreten, was dieser auch augenblicklich tat.

"Guten Abend, Filippo", begrüßte ich den Mann im Sessel, während mir auch eine junge Frau auffiel, die auf der anderen Seite des Raumes stand und erschrocken zu mir sah. Alles hier drinnen müffelte nach Zigarettenrauch, Whisky und ungewaschenen Klamotten. Mir überdrehte sich der Magen und ich war dankbar, nicht so leben zu müssen.

Meine Cousins traten an mir vorbei und stellten sich näher zu Filippo. Ich überließ ab jetzt ihnen das Reden und nahm stattdessen dieses Mädchen wieder ins Visier. Sie schien noch jung - um die 20. Zuerst dachte ich, sie wäre eine Nutte, die Filippo sich gebucht hatte. Doch ich konnte Nutten aus einer Entfernung von 100 Meilen erkennen. Sie war definitiv keine. Also sicher eine Verwandte, denn dieser Widerling sah nicht aus, als würde eine Frau freiwillig bei ihm bleiben.

Als besagter Widerling neben mir plötzlich aufsprang, zückte mein Cousin seine Waffe und schon lief ich auf das Mädchen zu, um sie zu beruhigen. Ich hatte echt keinen Bock, dass die Nachbarn nach dem Eintreten der Türe noch mehr mitbekommen würden.

"Keine sorge", sprach ich zu ihr herab, doch sie starrte mich nur voller Angst an. Sie zitterte und ihre Lippen bebten. Dafür, dass sie blass war, sah sie aber verdammt süß aus. Irgendwie niedlich mit der Stupsnase und den sanften Sommersprossen. "Wo ist dein Zimmer?"

Ich wollte nicht, dass sie zusehen müsste, falls meine Cousins Maßnahmen ergreifen müssten. Ihre ganze Erscheinung schien so unschuldig und auch, wenn wir die scheiß Mafia waren, konnte man solche Dinge trotzdem zu verhindern wissen.

"Was?", stammelte sie unbeholfen und ich begann daraufhin zu grinsen.

"Dein Zimmer?", wiederholte ich mich und sie zeigte an mir vorbei in den kleinen Flur. "Zeig es mir. Meine Cousins wollen sich nur unterhalten."

Sie nickte zwar, doch ich sah ihr ganz genau an, dass es ihr zuwider war. Selbst ich wäre nicht mit einem unbekannten Maskierten irgendwo hin gegangen. Doch ihr blieb ja keine Wahl.

In einem kleinen Zimmer angekommen blieb sie für einen Moment stehen und ich schloss die Tür hinter uns. Erst dann schaute ich mich um und erkannte im Grunde nichts, außer kahlen Wänden und einem Bett.

"Wie heißt du?", fragte ich, da ich allein von dem Anblick ihres Zimmers Mitleid mit ihr bekam. Sie drehte sich zu mir herum und unsere Blicke kreuzten sich.

"Ludovica Grasso."

Ach du scheiße...

Ein amüsiertes Grinsen legte sich auf meine Lippen, da ich die Aussprache ihres Nachnamens einfach nur lächerlich fand. Selbst den gefährlichsten Mafiosi hätte ich nicht ernst genommen, wenn er diesen Namen tragen würde. Sie schien verwundert über mein Lächeln und nahm auf der Bettkante Platz.

"Das ist ein absolut schrecklicher Nachname", erklärte ich und zum ersten Mal, sah ich etwas anderes als Angst in ihren grün-braunen Augen aufblitzen. Sie schien fassungslos und sogar wütend, was auch erklärte, wieso sie ihre Augenbrauen so eng zusammenzog.

"Wie bitte?"

Sie starrte mich fragend an, doch ich wich ihr aus. Vermutlich hätte ich mich sonst noch weiter amüsiert über sie und ihren Namen. Jedoch hatten wir hier einen Job zu erledigen und umso länger meine Cousins brauchten, umso ungeduldiger wurde ich. Mein Blick schweifte an den kahlen Wänden entlang und ich bekam richtig Bock, einen zu trinken, so trostlos wie hier alles wirkte. Kein Wunder, dass es in der Unterschicht so viele Alkis gab.

"Und du?"

Ludovica riss mich aus meinen Gedanken und ich streckte stolz mein Kinn hoch, um dazu noch eine Augenbraue zu heben. Sie würde meinen Namen hören und sofort wissen, wer ich war - eher gesagt, zu welcher Familie ich gehörte. Sicher nicht zu den Grassos ...

"Nunzio", entkam es mir stolz, während sie mich weiterhin betrachtete. "Nunzio Mancini."

Und da war es. Binnen Sekunden änderte sich ihr Ausdruck und ich erkannte nun nur noch blanke Panik in ihren Augen. Das war eben der Unterschied. Über manche Namen machte man sich witzig - andere hatte man zu fürchten. Ihre Lippen waren leicht geöffnet und ihre Hände zitterten. Es war faszinierend, welche Auswirkung nur mein Stammbaum bei ihr hatte. Trotzdem wollte ich keinen Nervenzusammenbruch bei ihr auslösen.

"Alles okay?", fragte ich also sanft nach, doch sie rollte sich schlagartig so unelegant über ihr Bett nach hinten, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Einerseits war ich geschockt, wie unsportlich sie trotz ihrer schlanken Figur war. Andererseits sah es so witzig aus, dass ich schon fragen wollte, ob sie es wiederholen könnte. Ich musste diese Situation auf jedem Fall meinem Bruder Adamo erzählen. Er würde sich ärgern, heute lieber mit irgendeiner Tussi am Strand zu sein.

"Was wollt ihr von meinem Onkel?"

Ludovica sah mich panisch an, doch sie könnte es sowieso nicht bezahlen. Mit was auch? Hier gab es nicht mal ein Bild an den Wänden oder sonst etwas von wert.

"Er schuldet uns Geld, Ludovica. Sehr viel Geld."

"Wie viel?"

"Zu viel, als das du es bezahlen könntest. Zumindest nicht mit deinem Geld", gab ich ihr zurück und musterte dabei ihre Figur. Sie war kein Model, jedoch sah sie sehr jung aus. Männern gefiel dieser Lolita Style.

"Nunzio?", hörte ich im nächsten Moment Eliano und entfernte meine Blicke von Ludovica, um die Tür hinter mir zu öffnen.

"Ja?!"

"Nimm das Mädchen! Wir gehen!"

Das würde Enzo ganz und gar nicht gefallen. Doch woher sollte dieser Filippo auch Geld haben? Da ich die Sache hier schnell beenden wollte, drehte ich mich zu Ludovica herum, da holte sie aber plötzlich ein Taschenmesser aus dem Nachtisch neben sich und hielt es mir tapfer entgegen. Mutig - jedoch auch wirklich naiv... Hatte sie die Pistole in meiner Hand nicht gesehen? Was sollte ihr Käsemesser da anrichten?

"Dein Onkel muss echt viel von dir halten", sprach ich und ging dabei auf sie zu. Ohne dieses kleine Klappmesser zu beachten, steckte ich meine Pistole in meine Jacke und zog anschließend meine Maske aus.

"Fass mich nur einmal an und ich werde-"

Kinderleicht umfasste ich ihre Hüfte und warf sie mir über die Schulter. Sie zappelte und versuchte sich zu befreien. Nachdem ich ihr dann aber etwas fester auf ihren Arsch geschlagen hatte, hörte sie zu meiner Erleichterung auf. Dann fing aber das fluchen an.

"Psssst, pupetta. Du willst lieber keinen Ärger mit mir - also sei ein braves Mädchen", warnte ich sie, da ich keinen Bock hatte, sie würde mir noch ihr Knie ins Gesicht rammen. Sie fing aber erneut an zu zappeln und ich stellte sie noch mal direkt vor mir ab, um sie eindringlich anzusehen. "Ich kann dein bester Freund, doch auch dein schlimmster Alptraum sein! Ach, und noch was. Ich zähle in meiner Familie als der Geduldige, also benimm dich lieber."

"Ich soll mich also einfach so entführen lassen und dabei noch freundlich lächeln?"

"Du lernst schnell", grinste ich sie an und warf sie erneut über meine Schulter, um mit ihr ins Wohnzimmer einzutreten. Meine Cousins standen bereits an der offenen Tür und ich blickte flüchtig zu Filippo, der aber nur Augen für das Mädchen auf meiner Schulter hatte.

"Idiota!", hörte ich sie fluchen, da holte Eliano plötzlich mit dem Griff seiner Waffe aus und schlug sie ihr an die Schläfe.

"Hast du sie noch alle?!", schrie ich ihn an. "Weißt du wie gefährlich das ist?!"

"Na und? Wer ist sie?"

"Wer sie ist?!", wiederholte ich ihn und stellte mich dabei genau vor ihn. "Du solltest froh sein, dass wir wenigstens sie haben! Bei Gino hast du bereits verschissen und wärst du heute mit leeren Händen bei Enzo aufgetaucht, könntest du sofort deine Sachen packen! Halt also deine Fresse und mach nur das, was ich dir sage!"

___

Nachdem wir in der Mancini Villa ankamen, trug ich Ludovica in Ginos Zimmer. Er bewohnte es kaum, da er nur noch im Club schlief und die anderen Räume wurden von Eliano und Paolo benutzt.

"Nunzio? Könntest du kurz kommen?"

Ich sah mir noch kurz Ludovica an, die ich ins Bett gelegt hatte und machte mich dann auf den Weg nach unten zu Enzo. Dieser wollte nur wissen, was bei Filippo los war und ich erklärte ihm alles bis ins kleinste Detail.

"Gino soll morgen früh herkommen und sie sich ansehen", meinte er und schien für einen Moment nachdenklich. "Wie geht es ihm?"

Enzo fragte oft nach Gino, da sie kaum noch ein richtiges Verhältnis hatten. Im Grunde sahen sie sich nur noch, wenn es um die Arbeit ging, deswegen erkundigte er sich öfter bei mir. Was sollte ich ihm aber sagen? Dass er jede Nacht trinkt, bis er sich selbst nicht mehr erkennt oder das er so viel Kokain zieht, dass ich die Lines nicht mal mehr zählen konnte. Es musste definitiv was passieren, damit er sein Leben auf die Reihe kriegen würde - ich wusste ihm aber nicht zu helfen.

"Es geht ihm gut", erwiderte ich Enzo und er lächelte nach einem tiefen Atemzug, um anschließend zur Tür hinter uns zu zeigen.

Ich nickte und verließ sein Büro, wo ich im Hausflur stehend Stimmen von oben hörte. Neugierig lief ich die Stufen nach oben und den Flur entlang, um an Ginos Zimmer angekommen meinen Augen nicht zu trauen.

Eliano war gerade dabei, Ludovicas Shirt anzuheben, während Paolo daneben stand und mit seinem Handy alles filmte. Das war das Ende für die Beiden, denn auch, wenn dieses Mädchen nur eine Hure werden würde, hatten sie nicht das Recht, sie so respektlos zu behandeln. Zumindest nicht vor meinen Augen.

"Raus! Alle beide!", brüllte ich und lief ins Zimmer hinein. Die beiden nahmen mich aber überhaupt nicht ernst. "Hört ihr schlecht?!"

"Bleib locker!", mahnte Eliano mich grinsend, da verging ihm aber das Lachen, als hinter mir Enzo auftauchte.

Ciao Cousins - wir sehen uns wohl nicht so bald wieder.

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Oh Gott! Ich weiß nicht was ich davon halten soll 🙈🙈🙈

Nehmt es mir bitte nicht böse, das ich manche Sätze nicht 1zu1 kopiert habe ❤️

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