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„Kommt mal wieder alle ein bisschen runter." Linda steckte sich einen Kaugummi in den Mund und reichte anschließend die Packung herum. „Das ist doch nichts neues."
„Huh?" Till warf ihr einen erstaunten Blick zu und gab ihr die Kaugummis wieder zurück. „Danke."
„Wenn du mich mal ausreden lassen würdest, könnte ich es dir auch erklären."
Till hob beschwichtigend die Hände.
„Also." Linda zog das Wort theatralisch in die Länge und Till machte eine Handbewegung, die wohl sagen sollte, dass sie endlich mit der Sprache rausrücken sollte. „Sophie hat mir erzählt, dass Günther erfahren hat, dass sowohl die Bürgermeisterin, als auch die Kellers Drohungen bekommen haben sollen. Ich meine gut, Politiker bekommen häufig irgendwelche wilden Sachen zugeschickt und die Kellers sind verdammt reich und arrogant, aber ihnen zu drohen, dass man die jüngste von ihnen umbringen möchte - das geht zu weit. Aber ihr wisst ja, Günther gibt viel von sich, wenn der Tag lang ist." Linda zuckte mit den Schultern und rückte gleichgültig ihre Brille zurecht.
Es herrschte auf einmal eine bedrückende Stille im Raum. Cynthia schaute verwirrt zwischen Till, Linda und Purple umher. Sie hatte nur die Hälfte verstanden, aber das reichte ihr als Grund, dieses Kaff so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Was hatte Klaus sich nur dabei gedacht hierherzuziehen?
„Aber Günther hatte bis jetzt immer recht", warf Purple ein. Ihre Stimme war drei Oktaven höher und Cynthia verabscheute sich dafür, dass sie sich freute nicht die einzigste ängstliche Person in diesem Raum zu sein. „Hast du dir schon mal seine Liebestipps angehört? Die sind schrecklich."
„Deine sind aber auch nicht besser, mein Lieber", säuselte Linda und legte einen Arm um Till.
„Dafür hattest du aber schon ziemlich viele Beziehungen", entgegnete Till, während er vorsichtig Lindas Arm von seiner Schulter nahm.
„Dafür habe ich ganz alleine gesorgt." Till schmunzelte nur. „Schon klar."
„Vielleicht sollten wir wieder unseren alten Club neu gründen und den Drohbriefen nachgehen." Purple, die sowohl wie Cynthia, die Unterhaltung zwischen Linda und Till stillschweigen beobachtet hatte, strahlte auf einmal so viel Freude aus, dass Cynthia lächeln musste. „Ihr erinnert euch doch bestimmt noch an das alte Baumhaus und unser Logo. Wie ich diese Zeiten vermisse." Sie stütze ihren Kopf auf ihren Händen ab und schaute verträumt in die Luft. Ihre Augen strahlten eine friedliche Begeisterung aus, die ansteckend war.
„Könnt ihr euch noch an unseren ersten Fall erinnern? Die Killerschnecken? Und an Vroni die Kuh? Damals war noch alles gut", stimmte auch Linda mit ein.
„Ist es das jetzt nicht mehr?" Till wirkte nicht überzeugt, doch auch er hatte einmal ein glückliches glänzen in den Augen.
Cynthia sah das als Chance, sich nun auch einmal in das Gespräch einzubringen, doch als sie zum Reden ansetzen wollte, verlor sie aufs neue den Mut. Reden war schon immer ein Talent gewesen, das sie selbst gerne besitzen würde. Schon oft hatte sie ihren besten Freund dafür bewundert, wie selbstbewusst und ohne jegliche Angst auf fremde Menschen zugehen konnte. Manchmal hatte Cynthia versucht, ihm nachzuahmen. Selbst ähnliche Sätze hatte sie formuliert, aber nur gelegentlich wurden daraus gute Konversationen. Für Cynthia war es bis heute ein Rätsel, wie sie trotz ihrer fehlende Kommunikationskentnisse nicht völlig einsam war. Ihr Leben in Frankfurt war alles andere als perfekt gewesen, aber dafür war es zumindest ihr Freundeskreis gewesen.
„Es hat aufgehört, als Oscar fast das Baumhaus abgefackelt hat, als er sich eine Zigarette anzünden wollte. Danach waren sie vorbei, die guten Zeiten."
„Du hörst dich an, als wärst du Mitte fünfzig, Linda." Cynthia fiel auf, dass Till fast immer ein Lächeln auf den Lippen trug. „Aber vielleicht hast du recht. Danach hat sich echt vieles verändert."
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