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Heute ist Astraias Familie besonders gestresst, denn heute würde der Weihnachtsbasar stattfinden und es musste, wenn es nach der Nase ihrer Mutter läuft, perfekt werden. Sie kann sich schließlich nicht vor den anderen Müttern blamieren. Astraia soll helfen, doch sie hat die ganze Zeit nur einen Gedanken im Kopf. Yeshua. Sie hält schon den ganzen Morgen über Ausschau nach ihm. Doch heute Morgen war er nicht an seinem Stand, die Bude hatte einen heruntergefahrenen Rollladen, der bis jetzt auch nicht hochgefahren wurde. Auch bei den Vorbereitungen hatte sie ihn noch nicht gesehen.
Ihre Mutter stürzt sich in die Arbeit und vergisst alles andere um sich herum, sodass Astraia sich für einen Moment wegschleichen kann. In einer halben Stunde muss sie allerdings den Stand der Bude aufmachen. Heute Morgen waren sie besonders früh aufgebrochen, obwohl Sonntag ist. Sie waren um sechs schon aufgestanden und um halb sieben hatten die Vorbereitungen begonnen. Ihr Vater musste ihrer Mutter helfen, weshalb heute ihre beiden Freunde Sirius und Lumi mit anpacken sollten und Zuhause in Astraias Küche standen, um Kekse nachzuliefern. Ihre Mutter hatte die beiden abgeknutscht und sich tausend Mal bedankt. Nun kommen sie mit der ersten Ladung Kekse zu Astraia, die allerdings nicht an der Bude auf die beiden wartet, wie es abgemacht war, sondern um Yeshuas Bude herumschleicht. Lumi entdeckt sie nach ein paar Minuten allerdings und ruft ihr zu. Astraia erschreckt sich beinahe zu Tode.
„Ich habe Kekse", ruft Lumi ihr zu. Astraia unterbricht nun ihre Forschertour und begibt sich zu ihrer Freundin.
„Konntest du dich von Sirius losreißen?", fragt Astraia sie grinsend.
„Was?", fragt diese verdutzt.
„Na, ihr seid doch momentan ständig zusammen. Backt er fleißig weiter Kekse?", fragt Astraia. Lumi nickt.
„Wo sollen die Kekse hin? Und was zur Hölle hast du an dem Stand dort drüben gemacht? Bist du etwa der Dieb?", fragt Lumi amüsiert.
„Welcher Dieb?", fragt Astraia. Sie ist mit den Gedanken immer noch bei Yeshua. Sie fragt sich, weshalb er heute nicht aufgetaucht ist und wie er sich die Zeit vertreibt. Heute würde er mit Sicherheit ein grandioses Geschäft machen.
„Der Dieb, der sich hier rumtreibt. Auf dem Markt" , erklärt Lumi.
„Ach der. Warte, woher weißt du davon?", fragt Astraia, da sie ihrer Freundin nichts davon erzählt hatte.
„Es steht in der Zeitung", erklärt diese.
„Wo sollen denn nun die Kekse hin?", fragt Lumi noch einmal, doch Astraia ist schon wieder in ihre Gedanken versunken.
„Was?", fragt sie noch einmal, als Lumi sie noch einmal fragt. Sie wiederholt das Ganze und stellt die Kekse in die Bude hinter Astraia.
„Wo bist du denn mit deinen Gedanken?" fragt Lumi sie.
„Bei Yeshua", erwidert Astraia stumpf.
„Ist da etwa jemand verliebt?", fragt Lumi grinsend.
„Könnt ihr nicht alle mal damit aufhören? Ich will ihn nur suchen, um mich zu entschuldigen. Das habe ich euch doch gestern erzählt und dann kam die Pizza", erklärt Astraia.
„Ja, und?", fragt Lumi.
„Yeshua ist nicht an seinem Stand. Und ich kann ihn auch nirgends finden", grübelt sie laut nach.
„Dann viel Spaß beim Suchen. Aber es ist auch erst acht, vergiss das nicht", erklärt Lumi und ist dann schon wieder verschwunden, um weiterhin Kekse mit Sirius zu backen und sie Astraia anschließend vorbeizubringen. Astraia langweilt sich den restlichen Morgen, denn es ist doch nicht so viel los, wie erwartet. Die einzigen Lichtblicke sind ihre Freunde, die abwechselnd die neuen Kekse bringen und der ein oder andere Kunde, der Mal eine Kekspackung kauft.
„Guten Appetit", ruft sie dann immer hinterher und starrt weiterhin auf die Bude gegenüber von ihr. Als es schließlich zwölf Uhr wird, taucht auf einmal ein Junge, komplett in schwarz gekleidet an Yeshuas Bude auf und Astraia muss dieses Mal sofort an den Dieb denken. Yeshua hatte es nicht verdient, bestohlen zu werden und er selbst ist es offensichtlich nicht, denn dann würde der Junge wie ein Zeitreisender aussehen. Sie würde ihn erkennen, wenn sie ihn sehen würde. Auch von hinten. Glaubt sie zumindest.
„Stehen bleiben", sagt sie und rennt zu dem Jungen, der sich an der Bude von Yeshua zu schaffen macht. Der Junge dreht sich um und sie sieht den Jungen an, der sie neulich umgelaufen hatte.
„Oh, du bist es", sagt sie erschrocken.
„Wer dachtest du denn, wer ich bin? Yeshua?" , fragt er grinsend.
„Nein. Warte, kennst du ihn?", fragt sie.
„Ja, er ist mein bester Freund", erwidert der fremde Junge.
„Und wo ist er?", fragt Astraia.
„Versteckt sich", grinst der Junge.
„Wovor?", fragt sie und weiß es im nächsten Moment. „Vor mir?", fragt sie Zähne knirschend.
Der Junge sieht genauso gut aus, wie das letzte Mal. Das musste man ihm lassen.
„Wie heißt du eigentlich?", fragt sie nun und Yeshua ist wieder nur noch ein Hintergedanke.
„Zlatan", erwidert er. „Und du bist bestimmt Astraia", lächelt er sie an und gibt ihr die Hand. Nun denkt sie wieder an Yeshua. Wenn dies sein bester Freund sein soll, wie konnte er dann Freunde haben, wie die, die Luz Puppe kaputt gemacht haben?
„Weißt du, wo ich ihn vielleicht finden kann?", fragt sie nun und schaut zu ihrer Bude hinüber. Es steht ein Kunde dort und schaut sich die Kekse an.
„Tut mir leid, was kann ich für Sie tun?", fragt sie nun, außer Atem und lächelnd den Kunden.
„Wo waren Sie denn eben?", fragt er.
„Ich musste auf die Toilette und konnte es nicht mehr halten", lügt sie.
„Meine Eltern helfen bei dem Basar, wissen Sie? Kommen sie doch heute Nachmittag auch", lächelt sie ihn an und stellt ihm danach die verschiedenen Kekssorten vor. Er sucht sich eine Tüte aus und verschwindet kurz darauf. Nun ist es wieder ruhig und Astraia geht noch einmal auf Zlatan zu.
„Zlatan. Sorry, Kundschaft. Weißt du, wo ich ihn vielleicht finden kann?", fragt sie.
„Ich glaube nicht, dass er noch großes Interesse an dir hat", erwidert er.
„Bitte. Ich muss mit ihm reden", antwortet sie.
„Und was, wenn er nicht mit dir reden will?", fragt er.
„Ich hab schon verstanden. Ich bin ein Arschloch gewesen, eine Idiotin. Eine Vollidiotin" , erwidert sie. Kurz darauf grinst er sie an und erklärt ihr den Weg zu seinem Lieblingsort, an dem er sich eventuell verstecken könnte.
„Kacke. Ich kann ihn nicht suchen. Ich muss auf den Stand aufpassen. Ich kann nicht einfach weggehen", flucht sie vor sich hin und somit hat sich die Sache mit Yeshua auch schon wieder erledigt. Sie konnte ihre Eltern nicht fragen, denn sie hatten schon genug mit den Vorbereitungen zutun und Lumi und Sirius verstehen nichts vom Geschäft. Es bleibt ihr keine andere Möglichkeit, als ihn heute Abend bei dem Basar zu suchen. Denn von alleine, dass wusste sie nun, würde er noch nicht einmal mehr einen Schritt in ihre Richtung machen. Zum Glück hatte sie ihre Kamera heute Morgen eingesteckt. Momentan hatte sie eher wieder weniger fotografiert, doch da nun weniger los war, konnte sie sich ein wenig die Zeit damit vertreiben. Zumal es in der Weihnachtszeit am schönsten war, zu fotografieren. Die einzelnen Schneeflocken, die vielen Lichter und die fröhlichen Gesichter. Sie kramt den Fotoapparat aus ihrer Tasche heraus und macht ein paar Einstellungen, bevor sie die ersten paar Bilder von den fallenden Schneeflocken macht. Dann zoomt sie an Yeshuas Bude heran und fotografiert Zlatan ein paar Mal, bis sie die vielen Lichter fotografiert und sich unter den wenigen Menschen ein paar Motive heraussucht.
Astraia ist gerade total in ihre Arbeit vertieft, als eine Stimme sie herausreißt.
„Kann ich die Mal sehen?", fragt jemand. Sie kann die Stimme nicht zu ordnen, bis sie erkennt, dass es Zlatan ist, der von Yeshuas Bude herüber gekommen ist.
„Musst du nicht die Stellung halten?", fragt sie ihn.
„Es ist so wenig los, da kann ich auch Mal zu einem schönen Mädchen hinüber gehen. Zumal ich bemerkt habe, dass sie mich fotografiert hat", sagt er lächelnd.
„Oh, tut mir Leid. Ich wusste nicht...", stammelt sie vor sich hin.
„Ist schon okay. Wenn ich die Bilder Mal sehen kann", sagt er. Sie gibt ihm vorsichtig die Kamera. Aus irgendeinem Grund, seitdem sie weiß, dass Zlatan und Yeshua befreundet sind, vertraut sie ihm nicht mehr. Sie weiß selbst nicht weshalb sie solche Vorurteile hatte. Sie muss die Menschen doch erst richtig kennenlernen.
„Die sind richtig gut", erwidert er.
„Verstehst du etwas von Fotografie?", fragt sie. Er lacht.
„Ein bisschen", erwidert er lächelnd. Sofort beginnt Astraia nun ihn vollzuquatschen.
„Was magst du lieber fotografieren? Menschen, Tiere, Natur, was für Motive sind deine Liebsten?", fragt sie aufgeregt. Sie hatte endlich Mal jemanden getroffen, mit dem sie ihr Hobby teilen kann.
„Menschen. Ich fotografiere Yeshua oft. Wenn er Schauspielert ist das wahnsinnig. Du musst es Mal ausprobieren", erwidert Zlatan.
„Yeshua schauspielert?", fragt Astraia nun neugierig.
„Ja", lächelt Zlatan. „Und zwar richtig gut"
„Soll ich dir Mal ein paar meiner Bilder von ihm zeigen?", fragt er.
„Ja, unbedingt", ruft sie, ein bisschen zu laut.
„Ich könnte sie dir aber erst morgen zeigen. Ich habe meine Kamera Zuhause", sagt er und verschwindet nach einer Weile wieder zu seinem Stand, als sich ein paar Kunden der Bude von Yeshua nähern.
Nach ein paar Stunden kommen Astraias Eltern schließlich zurück und geben Luz ab. Sie ist bei der ganzen Aufregung total hibbelig und will sofort auf den Arm genommen werden.
„Wir müssen dann auch gleich wieder los. Es gibt noch so viel vorzubereiten und wir haben nur noch eine Stunde Zeit", sagt Astraias Mutter, während sie Luz übergibt.
„Luz, ich kann dich jetzt nicht auf den Arm nehmen. Du siehst doch, dass ich die Kunden bedienen muss. Du bist doch schon ein großes Mädchen, oder?", fragt Astraia sie, doch Luz ist mit alldem nicht so einverstanden. Sie will jetzt unbedingt auf den Arm genommen werden, sodass sie sogar beginnt zu schreien.
„Okay, Okay. Ist ja gut", sagt Astraia. Luz weiß, wie sie ihren Willen bekommt. Besonders hier auf dem Weihnachtsmarkt.
„Kann man euch behilflich sein?", fragt Zlatan, der nach ihrem letzten Gespräch ein paar Stunden bei seiner Bude geblieben ist. Inzwischen ist es drei Uhr geworden und in einer Stunde würde der Weihnachtsbasar beginnen.
„Weißt du, wie man das kleine Biest zähmt?", fragt Astraia lachend und streicht Luz über den Kopf.
„Zufällig ja. Ich habe auch eine kleine Schwester", erwidert er.
„Wenn das okay ist und Luz das möchte, kann ich sie mit in Yeshuas Bude nehmen", wagt er einen Versuch. Astraia zögert kurz. Eigentlich kennt sie diesen Jungen gar nicht, zumal er Yeshuas Freund ist. Kann sie ihm vertrauen? Andererseits sieht sie Luz die ganze Zeit, denn es ist genau gegenüber.
„Luz, magst du mit Zlatan mitgehen?", fragt Astraia sie. Luz schüttelt den Kopf.
„Dann bekommst du auch ein neues Kleid für deine süßen Puppen da, haben die beiden einen Namen?", fragt Zlatan und schon sprudelt es aus Luz heraus. Zlatan nimmt sie an die Hand, was ziemlich lustig aussieht, denn er ist bestimmt fast zwei Meter groß und Luz ist vielleicht gerade Mal einen Meter groß. Wenn überhaupt. Zlatan dreht sich noch einmal zu Astraia und zeigt grinsend einen Daumen nach oben. Astraia sieht die beiden spielen und kann sich inzwischen um das Geschäft kümmern. Luz scheint es bei dem großen Jungen zu gefallen.
„So Luz, wir müssen jetzt los", sagt Astraia, als die Stunde vorbei ist und der Basar in fünf Minuten beginnt.
„Ich will aber nicht", sagt sie und verschränkt die Arme.
„Warum denn nicht?", fragt Astraia. Luz zieht aus, wie ein kleiner, beleidigter Troll, denn sie sitzt auf dem Brett, auf dem Zlatan die Sachen verkauft und schaut grimmig.
„Ich will bei Zlatan bleiben", erwidert Luz.
„Er wird mitkommen", erwidert Astraia, obwohl sie keine Ahnung hat, ob Zlatan ebenfalls mit zu dem Basar kommen wird.
„Fünf Minuten gebe ich euch noch", sagt Astraia und ruft noch einmal Lumi an, um ihr zu sagen, dass sie jetzt auch zu dem Basar kommen können und die Keksproduktion erst einmal einstellen können.
„Danke!", kreischt Sirius im Hintergrund.
„Meine Hände sind schon ganz wund vom verzieren", ruft er.
„Stell dich nicht so an", erwidert Lumi und wendet sich dann wieder Astraia zu.
„Wie schaffen deine Eltern das einen ganzen Monat lang?", fragt Sirius.
„Wir sind in einer viertel Stunde da", grinst sie und legt auf.
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