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Die drei reden noch eine Weile, bevor Lumi und Sirius sich in Lumis Bett legen, um schlafen zu gehen. Astraia nimmt dieses Mal die Schlafcouch, die in Lumis großem Zimmer steht. Als die beiden endlich eingeschlafen sind, nimmt Astraia sich Lumis Handy. Sie kennt ihren Code, denn sie benutze immer die einfachsten Daten. Wahrscheinlich würde es ihr Geburtstag sein, wenn sie es nach dem letzten Mal nicht wieder geändert hatte. Lumi ändert ihren Code allerdings nie, weil sie sich den neuen nicht merken konnte und dann immer den alten eingibt. Wenn Lumi ihn allerdings zu dem Datum geändert hatte, an dem die beiden zusammen gekommen sind, würde Astraia ein Problem bekommen.
Sie schleicht sich auf ihren Hausschuhen, die sie von Lumi bekommen hatte, über das Laminat und steckt das Handy von Lumi aus der Steckdose. Sie kriecht zurück unter die Bettdecke und stellt den Bildschirm auf die niedrigste Stufe, damit Sirius und Lumi davon nicht aufwachen würden. Sie versucht es zu entsperren und atmet erleichtert aus, als es beim ersten Mal funktioniert. Sie klickt sich durch die Apps und findet schließlich Instagram. Sie sucht nach ihrem Namen und schaut sich ihre eigenen Bilder an. Insgesamt waren zwölf Bilder von sich und ihren Freunden vorhanden. Sie scrollt nach ganz unten und schaut sich jedes einzelne Bild an. Sie fragt sich, was Yeshua denken würde, wenn er sich ihre Bilder anschauen würde. Das erste Bild ist ein ziemlich altes Bild, welches sie mit Lumi gemacht hatte, als die beiden vierzehn Jahre alt waren. Die beiden liegen auf dem Boden und haben die Beine in die Luft gestreckt. Daran haben sie lustige Erinnerungen, weil sie ein Shooting veranstalten, in dem sie in Einkaufswagen fuhren und auf einem Parkplatz von einem Einkaufsladen sind. Das zweite Bild ist ebenfalls eines, welches mit Lumi in einem Urlaub entstanden ist. Die beiden sind einmal zusammen in Dänemark gewesen. Auf dem Bild stecken die beiden die Zunge heraus und sehen betrunken aus, obwohl sie dies nicht waren. Das dritte Bild ist von dem Spanienaustausch, den sie in der neunten Klasse gemacht hat. Es kommen zwei Videos von Konzerten und noch ein paar Bilder mit Lumi und Sirius. Auf einen der Bilder mit den beiden haben sie Anzüge und schöne Kleider an, denn sie haben ihren mittleren Schulabschluss gemeinsam gemacht. Nun müsste sie bald noch eines davon machen, bei dem sie ihre Abiturzeugnisse in der Hand halten. Es sind ein paar weitere Bilder mit Luz vorhanden. Eines an Weinachten, bei dem sie die eingepackten Pakete in die Luft halten und eines am Strand im Urlaub. Es kommen auch noch ein paar künstlerische Bilder. Sie hat eines, welches auf dem Kopf steht und eines, in dem sie sich und ihre Freundin in einer CD fotografiert hat. Ein paar Fotografiebilder sind ebenfalls auf dem Account vorhanden. Sie hat die Scheiben, auf denen etwas stand, fotografiert. Sich in einer Fotografieausstellung, in dem alles schwarz weiß war und nur sie der Kontrast dazu in knallrot im Mittelpunkt steht.
Sie fragt sich, ob sie für Yeshua nun doch nicht gut genug sei und macht sich tausende von Gedanken, weshalb er abgehauen sein könnte. Danach kann sie nicht widerstehen und klickt auf seinen Account. Lumi hatte ihn zwar nicht abonniert, aber sie meldet ihren Account ebenfalls an, sodass sie auf seinen Account zugreifen kann. Auf seinem Account sind viel weniger Bilder vorhanden. Sie schaut sie sich ebenso an, wie sie eben ihre Bilder angeschaut hat. Sie konnte die Seite eigentlich inzwischen schon auswendig, sie konnte sich aber trotzdem noch nicht satt sehen. Sie scrollte ebenfalls nach ganz unten.
Das erste Bild war ähnlich, wie ihres. Es war ein Bild mit Zlatan. Aber es war noch nicht ganz so alt, vielleicht erst ein halbes Jahr alt. Außerdem hatte er zwei Bilder mit seinem Motorrad hochgeladen. Die restlichen drei Bilder sind von ihm, wie er schauspielert. Zlatan musste die Bilder geschossen haben. Sie schaut sich ihr liebstes von den Bildern bestimmt fünf Minuten an und beginnt schon wieder zu weinen. Sie konnte sich doch nicht so sehr in einem Mensch geirrt haben – schon wieder.
Nach ein paar weiteren Minuten kommt Lumi zu ihr, da sie von dem Schluchzen tatsächlich aufgewacht ist.
„Hast du mein Handy genommen?", fragt diese völlig verschlafen.
„Ja, äh. Tut mir leid", stottert Astraia.
„Ist schon okay. Aber du solltest dir das da nicht anschauen", sagt sie und zeigt auf Yeshuas Profil.
„Es ist wie letztes Mal. Das macht dich nur noch mehr kaputt. Wenn er so ein Arsch ist, dann hat er dich gar nicht verdient"
„Aber-", will sie schon protestieren, doch Lumi nimmt ihr schon das Handy aus der Hand.
„Wenn du ihn schon anschaust, dann zeig mir wenigstens seinen Instagramaccount", erklärt Lumi lachend. Sirius schläft immer noch tief und fest und lässt sich von den beiden Mädchen auch nicht stören. Er braucht nun mal seinen Schönheitsschlaf.
„Wow. Wäre nicht sein Freund etwas für dich?", fragt Lumi, nachdem sie die Fotografie gesehen hat.
„Zlatan? Nein. Habe ich anfangs auch gedacht", lacht Astraia.
„Aber ich will nur Yesh. Das ist mir spätestens jetzt klar"
„Komm, lass uns jetzt schlafen gehen. Oder willst du ihm noch etwas schreiben? Kannst mein Handy ja benutzen"
„Ne, ich kläre das morgen schon selbst mit ihm"
„Vor der Schule?", fragt Lumi.
„Muss ich wohl oder übel in der Schule noch ertragen. Auf dem Markt vielleicht. Oder eben abends, Je nachdem, wie meine Mutter mich weglässt."
„Ich kann doch einspringen. Dann kannst du in Ruhe mit ihm reden"
„Und was ist mit Yeshuas Bude? Er kann doch nicht ständig Verlust machen"
„Entweder er verkauft während eures Gespräches weiterhin, oder wir fragen Zlatan"
„Zlatan ist ja sowieso eigentlich fast immer da. Wir werden sehen"
„Dann lass uns jetzt aber schlafen gehen"
„Und wenn er nicht mit sich reden lässt, dann ist er es nicht wert, okay?", fragt Lumi.
„Okay", erwidert Astraia und die beiden umarmen sich noch einmal. Mitten in der Nacht schreibt sie ihren Eltern noch von Lumis Handy aus, dass sie bei Lumi ist und die beiden sich keine Sorgen machen brauchen. Durch die ganze Aufregung hatte sie dies in den letzten Stunden vergessen.
*
Am Morgen wacht Astraia auf dem Sofa auf. Waffeln mit Erdbeeren und einem Kakao stehen an ihrem Bett. Mit Marhsmallows und Zuckerstange.
„Ich dachte, heute nur das Beste für meine beste Freundin", lächelt Lumi sie an und schmeißt ihr Handy zu Astraia.
„Deine Eltern haben dir geantwortet", sagt sie und verschwindet im Bad. Astraia liest die Nachricht. Sie sollte Luz heute nach der Schule aus dem Kindergarten abholen. Dies passte ihr sogar ganz gut, da sie ja ab nun immer eine Luz-Stunde am Tag einbauen wollte.
„Sag Mal, Lumi. Kannst du mir einen Gefallen tun?", fragt sie ihre Freundin vorsichtig.
„Was denn?", fragt diese grinsend.
„Hast du vielleicht zehn Euro für mich? Ich möchte Luz dieses Weihnachten besonders schön gestalten. Du bekommst es auch sofort zurück, wenn ich wieder arbeite"
Aufgrund der Situation mit dem Weihnachtsmarkt arbeitete Astraia im Dezember nie.
„Geschenkt", sagt sie und drückt ihrer besten Freundin einen Schein in die Hand.
„Schickt mir aber Fotos.", sagt diese und verschwindet schon wieder im Badezimmer.
„Danke"
Astraia setzt sich nun auch auf und isst die Waffeln.
„Luz würde sich riesig freuen, auch mal so ein Frühstück zu bekommen. Können wir morgen früh herkommen und du machst ihr auch so eines?", fragt Astraia. Eigentlich war es als Scherz gemeint, aber sobald sie den Satz zu Ende spricht, kommt Lumi mit einer Brotdose ins Zimmer.
„Was ist da drin?", fragt Astraia.
„Frühstück für Luz. Grüß sie von mir"
„Aber ich sehe sie doch heute gar nicht"
„Dann musst du wohl noch mal nach Hause und ihr das geben. Vielleicht kann ein bestimmter jemand dich ja abholen"
„Was?", fragt Astraia.
In diesem Moment klingelt es an der Tür.
„Kannst du Mal eben aufmachen?", fragt Lumi. Astraia ist noch in ihren Schlafklamotten und hat sich noch nicht einmal die Zähne geputzt. Sie lässt das Ganze Frühstück stehen und geht an die Tür.
„Du hast da was", sagt Yeshua grinsend, der vor ihrer Tür steht.
„Oh mein Gott", kommt es aus Astraia raus.
„Was willst du hier?", sagt sie, dass nächste Mal, als sie Worte findet. Sie hatte bestimmt Mundgeruch und wollte eigentlich gar nicht mit ihm reden. Außerdem war ihr Mund voller Schokolade und er sieht sie schon wieder in einem Schlafanzug. Dieses Leben musste verflucht sein.
„Ich wollte Taxi spielen. Und mit dir reden"
„Lumi? Hast du was damit zu tun?", schreit Astraia durch die Tür.
„Das ist ein Geheimnis", ruft diese zurück. In diesem Moment spielt Astraias Verstand verrückt und ihr Herz macht Saltos. Es scheint nicht an ihr zu liegen, dass er weggelaufen ist. Er würde es ihr allerdings trotzdem erklären müssen.
„Willst du reinkommen?", fragt Astraia, noch immer völlig überfordert.
„Ähm. Ich schätze, du brauchst noch eine Weile. Also, ähm. Ja", sagt er und tritt unsicher in das große Haus.
„Hey", sagt Sirius grinsend, als dieser aus dem Bad kommt.
„Willst du auch eine Waffel?", fragt Astraia. Sie kommt sich total bescheuert vor, weil sie isst und er nichts hat. Er steht einfach nur in der Gegend herum.
„Du kannst dich ruhig setzen", sagt sie mit vollem Mund.
„Ich muss nur eben aufessen, Zähne putzen und mir was anziehen. Dann kann ich mitkommen"
„Okay. Ich warte gerne auf dich", sagt er lächelnd.
Dieser Junge macht sie wahnsinnig. Sie versteht ihn nicht. Sie wünschte in diesem Moment Gedanken lesen zu können.
„Das darfst du aber nicht zu wörtlich nehmen", sagt er lachend, als ihm der Fehler auffällt.
„Keine Sorge. Die nächsten Male komme ich wirklich...", erklärt sie und wird leiser. Nun steht es unausgesprochen zwischen den beiden.
„Es tut mir leid, was gestern passiert ist. Ich kann es dir erklären"
Sie wartet auf eine Erklärung, doch es kommt keine.
„Ich würde es dir gerne erzählen, wenn wir alleine sind", sagt er und sie hat inzwischen aufgegessen. Nun geht sie ins Bad, während Sirius und Lumi sich mit Yeshua beschäftigen. Astraia zieht sich an und kann schließlich auch mit Yeshua mitgehen. Die beiden packen die Brotdose ein und setzen sich auf die Maschine. Astraia hält sich dieses Mal von ganz alleine fest, weil sie nicht weiß, wann sie ihm das nächste Mal so nah sein wird. Ob sie dies jemals wieder sein wird.
Die beiden kommen Zuhause bei ihr an und Astraia sieht Luz schon von weitem. Sie will gerade in das Auto ihrer Mutter einsteigen. Astraia steigt von der Maschine ab. Ihre Mutter dürfte nicht erfahren, dass sie damit fuhr. Mit einem Jungen.
„Warte!", kreischt sie und rennt los. Sie erwischt Luz gerade noch so.
„Musst du nicht zur Schule?", fragt ihre Mutter.
„Ja, aber ich wollte Luz das hier noch geben. Ich habe heute Morgen so ein tolles Frühstück von Lumi gezaubert bekommen. Da wollte ich es dir nicht vorenthalten, wo du Waffeln doch so liebst", sagt sie und hält ihr die Brotdose hin.
„Danke", sagt Luz strahlend und packt die Brotdose ein.
„Sollen wir dich mitnehmen? Du schaffst es doch niemals mehr pünktlich"
„Keine Sorge. Ich werde mitgenommen", lächelt Astraia ihre Mutter an.
„Viel Spaß", wünscht sie Luz noch und verschwindet wieder. Ihre Mutter muss zum Glück in die andere Richtung fahren und abbiegen, sodass sie die beiden nicht sieht.
Sie läuft wieder zu Yeshua, der an der Maschine auf sie wartet.
„Ich muss es dir wohl nach der Schule erklären, denn sonst kommen wir wieder zu spät und das können wir uns nicht noch einmal leisten", erklärt er und die beiden steigen auf, um den Wind in ihren Haaren zu spüren.
„Das habe ich mir sowieso schon gedacht", erklärt sie und steigt ebenfalls auf.
Die beiden kommen an der Schule an und Yeshua steigt von der Maschine. Dieses Mal scheinen sie pünktlich zu kommen, denn alle anderen Schüler schauen die beiden an. Heute Nachmittag wird die Gerüchteküche ihre Runde machen.
„Ist alles okay?", fragt Yeshua sie vorsichtig.
„Ich glaube, es ist mir doch lieber, zu spät zu kommen", erwidert Astraia. Die beiden gehen gemeinsam durch das Schulgebäude und alle scheinen über die beiden zu reden. In New Evans konnte man nichts für sich behalten. Alles musste die Runde machen. Die meisten wussten vor dir, dass du in einer Beziehung bist oder ähnliches. Meist wussten sie es, bevor man selbst es wusste. Alle fangen an zu tuscheln, wenn es etwas Neues gibt.
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