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(20.12, 19:03) Yesh: Soll ich dich von deiner Bude abholen, oder wo wollen wir uns in einer halben Stunde treffen?
(20.12, 19:10) Astraia: Hol mich bloß nicht ab! Wir treffen uns in zwanzig Minuten an unserem Ort
Um halb acht sitzt Astraia schon auf der Bank, wo die beiden ihr letztes Date hatten. Sie wollte dieses Mal auf keinen Fall noch einmal einen schlechten Eindruck machen. Dies hatte sie immerhin schon zu genüge getan.
„Du bist ja wirklich gekommen", begrüßt Yeshua sie und ärgert sie ein weiteres Mal.
„Wie lange willst du mir das noch unter die Nase reiben?", fragt sie.
„Ich habe doch gesagt, dein ganzes Leben lang", grinst er.
„Was machen wir heute eigentlich? Ins Café gehen?", fragt Astraia.
„Nein", grinst er.
„Was denn?"
„Du wirst dich freuen. Du darfst noch einmal auf meiner Todesmaschine fahren"
„Also fahren wir irgendwo hin?", fragt sie.
„Sieht so aus, was? Lass dich überraschen", sagt er und reicht ihr ihren Helm. Inzwischen sind die beiden zur Straße gelaufen, wo Yeshua seine Maschine abgestellt hat.
„Du siehst übrigens echt gut aus", lächelt Astraia ihn an.
„Danke", bedankt er sich bei ihr.
„Komm, steige auf", sagt er und setzt sich auf die Maschine. Sie setzt sich hinter ihn. Die beiden hatten dies schon einige Mal getan und trotzdem war Astraia heute viel aufgeregter, als sonst.
„Halte dich ruhig fest", erklärt er und startet die Maschine.
Sie setzt sich hinten drauf und schlingt ihre Arme um ihn. Inzwischen hat es wieder angefangen zu schneien. Sie genießt den Moment, denn sie weiß nicht, wann sie ihm das nächste Mal wieder so nah sein wird. Die beiden hatten sich zur Begrüßung und zum Abschied noch nie umarmt.
„Bitte sag nicht, dass wir Schlittschuhlaufen gehen", jammert sie, als Yeshua die Maschine abstellt und die beiden absteigen.
„Doch, genau das hatte ich mit dir vor", grinst er.
„Ich habe aber doch gar keine Schlittschuhe"
„Kein Ding. Die leihen wir dir aus"
„Aber das ist doch viel zu teuer"
„Keine Sorge. Ich bezahle"
„Nein. Yesh, das will ich nicht"
„Aber wir haben doch ein Date. Und wie du vielleicht schon gemerkt hast, bin ich etwas altmodisch.", lächelt er und bezahlt für die beiden. Das ganze Date über fühlt sich Astraia deshalb schlecht.
„Ich gebe dir das Geld auf jeden Fall zurück", sagt sie, als die beiden sich die Schuhe überziehen und den Rest von ihren Sachen in ein Schließfach schließen.
„Auf keinen Fall! Ich möchte dich gerne einladen"
Astraia grübelt noch eine ganze Weile darüber nach, bis die beiden auf die Eisbahn gehen.
„Ich warne dich vor. Ich kann nicht eislaufen. Ich habe das schon Jahre nicht mehr gemacht", erklärt Astraia ihm.
„Keine Sorge. Ich mache das ständig. Jeden Winter bin ich-", beginnt er, doch bricht mitten im Satz ab.
„Alles okay?", fragt Astraia.
„Ja", gibt er knapp wieder.
„Komm, ich nehme dich an die Hand", sagt er und reicht ihr seine Hand. Sie hat wieder ihre Fäustlinge an. Die hatte ihr Luz letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt.
Nach einer Weile wirkt Yeshua ziemlich abwesend.
„Ich glaube, es war nicht so eine gute Idee, gemeinsam Eislaufen zu gehen", erklärt er ihr nach einer Weile.
„Warum nicht?", fragt sie verdutzt. Doch er antwortet ihr nicht mehr. Er lässt ihre Hand los, sodass sie fast auf den Boden fällt. Sie kann sich gerade noch halten und schafft es irgendwie an den Rand zu fahren. Yeshua ist blitzschnell zum Ausgang gefahren und schaut kein einziges Mal zurück. Er musste von der Eisbahn runter. Er dachte, er wäre schon wieder bereit dazu, doch da hatte er sich gewaltig geirrt.
Sie schafft es irgendwie, sich am Rand entlang zu hangeln und nach gefühlt einer halben Stunde ist sie ebenfalls von der Eisbahn herunter. Sie kann Yeshua allerdings nicht mehr sehen. Er scheint seine Schlittschuhe ausgezogen zu haben und abgehauen zu sein. Sie schaut zu ihrem gemeinsamen Schließfach und tatsächlich ist es offen. Seine Sachen sind weg. Jetzt würde sie ihn ebenfalls aufziehen können. Anscheinend soll es zwischen den beiden einfach nicht sein. Sie zieht sich ebenfalls die Schuhe aus, denn alleine hatte sie auf keinen Fall mehr Lust auf das Fahren in diesen Höllenschuhen. Sie rennt nach oben, um schnell noch die Schuhe abzugeben und schließlich herauszurennen.
Weit und breit sieht sie keinen Yeshua mehr und auch sein Motorrad ist nicht mehr vorhanden. In ihren Gedanken beleidigt sie ihn kurzzeitig, weil sie nicht weiß, wie sie nun nach Hause kommen soll. Doch im nächsten Moment denkt sie darüber nach, wie er sich verhalten hat. Irgendetwas konnte mit ihm nicht stimmen. Und sie konnte ihn nicht fragen, weil er weggelaufen war und sie kein Handy hatte.
Sie kann nun auch niemanden anrufen, um zu fragen, ob derjenige sie abholen kann. Sie hatte kein Geld dabei, weil sie ihr letztes Geld für den Kakao für sich und Luz ausgegeben hatte. Kurzer Hand beginnt sie zu weinen. Sie ist mitten im Nirgendwo, hat kein Handy und weiß nicht, wie sie zurück nach Hause kommt. Ihr Date hatte sie stehen lassen und es ist arschkalt.
Sie versucht sich mit ihren Augen zu orientieren, aber ihr schlechter Orientierungssinn ist auch keine Hilfe dabei. Sie setzt sich erst einmal auf die Mauer vor der Eishalle und versucht sich selbst zu beruhigen, was nur mäßig klappt. Danach fragt sie jemanden, der aus der Eishalle kommt nach Hilfe. Es ist eine junge Familie, die sie mit nach Hause nimmt.
„Es tut mir wahnsinnig Leid, ihnen solche Umstände gemacht zu haben. Danke, dass sie mir geholfen haben", bedankt sie sich bei den Vieren und will schon aus dem Auto aussteigen, um am liebsten gleich wieder in Tränen auszubrechen.
„Das sind doch keine Umstände. Wenn jemand solch etwas mit meinen Töchtern machen würde, würde ich diesen Mann grün und blau prügeln. Wir haben dich gerne mitgenommen", lächelt der Vater sie an.
Sie steigt aus und bleibt noch eine Weile stehen, bis das Auto nur noch ganz klein am Horizont ist. Sie beschließt, nicht nach Hause zu gehen, da sie schon wieder in Tränen ausbricht. Sie war ein Arschloch, aber sie hatte sich doch entschuldigt. Sie konnte es nicht verstehen, weshalb sich Yeshua so an ihr rächen musste. In dem Auto hatte sie sich ein bisschen aufgewärmt, aber ihr war immer noch kalt. Trotzdem macht sie sich nun auf den Weg zu ihrer besten Freundin, um ihr alles zu erzählen. Sie hatte zwar keine Ahnung, ob Lumi überhaupt Zuhause war, aber sie machte sich trotzdem auf den Weg.
Als sie ankommt, weint sie noch immer. Doch es macht niemand auf. Sie versucht es noch einmal und beim dritten Mal kommt endlich ihre Mutter an die Tür.
„Oh, Astraia. Was ist denn mit dir passiert?", fragt diese. Astraia schüttelt einfach nur den Kopf und läuft herein. Sie putzt sich noch nicht einmal die Schuhe ab, weil sie zu durcheinander und traurig ist. Sie läuft strikt auf Lumis Zimmer zu und öffnet die Tür, ohne zu klopfen. Doch als sie den Anblick sieht, der ihr wiederfährt, bestärkt das ihre Tränen nur noch. Lumi und Sirius liegen im Bett und küssen sich.
„Astraia-", kommt es von den beiden, die beide erschrocken zusammengefahren sind und sie mit großen Augen anschauen.
„Es ist nicht so, wie es aussieht", versucht es Lumi. Doch Astraia dreht sich einfach um und läuft wieder heraus.
„Scheiße", flucht Lumi und rennt ihr hinterher.
„Ich muss das Mal eben klären", sagt sie zu Sirius und nimmt sich schnell eine Jacke vom Haken. Sirius bleibt völlig planlos im Bett sitzen und starrt den beiden hinterher.
„Sie hat geweint, oder? Als sie reingekommen ist?", fragt er Lumi noch, bevor diese um die Ecke ist.
„Ja, hat sie. Ich muss mich jetzt um sie kümmern", erklärt sie. Sie läuft Astraia hinterher, die gar nicht mehr aufhört, zu rennen.
„Astraia", schreit sie.
„Astraia, nun bleib doch mal stehen"
„Es ist nicht so, wie es aussieht"
Auf einmal dreht sich Astraia ruckartig um und schreit ihre Freundin an.
„Achso. Nein? Und wie dann?", fragt sie.
„Also.. Ich kann dir das erklären. Warum weinst du?"
„Das interessiert dich doch gar nicht. Du hast doch nur noch Augen für deinen blöden Sirius", sagt sie. Auf einmal kommt eine männliche Stimme, die dagegen antritt.
„Ich bin nicht blöd", erklärt Sirius.
„Nicht hilfreich. Kannst du bitte wieder reingehen?", fragt Lumi ihn.
„Ich liebe dich, aber sie braucht gerade ihre beste Freundin"
Sirius geht tatsächlich, ohne zu wiedersprechen wieder herein.
„Ach, soweit seid ihr also schon? Wieso habt ihr mir davon nichts erzählt?", fragt Astraia. Eigentlich ist sie überhaupt nicht sauer auf die beiden, aber sie musste ihre Wut gerade an jemandem herauslassen.
„Willst du mit reinkommen und wir erzählen dir alles?", fragt sie.
Astraia nickt. Diese Ablenkung konnte sie nun gut gebrauchen. Die beiden gehen Sirius hinterher, der noch nicht weit gekommen war. Sie rennen zu ihm und gehen gemeinsam hinein.
„Kann ich heute bei dir schlafen?", fragt Astraia die beiden.
„Ja, natürlich kannst du das", erklärt Lumi.
Die drei machen sich alle einen Kakao. Den richtig guten, mit richtigen Marshmallows. Und danach beginnen die beiden zu erzählen.
„Irgendwie, ich weiß gar nicht, wann das ganze angefangen hat", erklärt Lumi.
„Irgendwann hat es bei uns beiden einfach Klick gemacht. Du weiß ja, dass ich schon lange in Sirus verliebt war. Wir meinten aber immer beide, dass dies niemals etwas werden kann. Wir haben es dir nicht erzählt, weil wir unsere Freundschaft nicht kaputt machen wollten"
„Und wie lange wolltet ihr das alles", fragt sie und zeigt auf die beiden, die Händchen haltend ganz nah nebeneinander sitzen „vor mir verheimlichen?"
„Wie du siehst hat es ja nicht funktioniert. Wir wollten dir es auf jeden Fall in den nächsten Tagen sagen. Vielleicht an Heiligabend"
„Ich freue mich für euch. Wirklich" , gibt Astraia zu. „Aber ihr hättet es mir ruhig vorher sagen können. Ein bisschen beleidigt bin ich schon", schmollt sie. Es tut nichts besser, als mit seinen besten Freunden zusammen zu sein und rumzualbern.
„Ich schätze Mal, dein Date war nicht gut", beginnt Sirius vorsichtig.
„Sirius! Du bist so ein Trampel!", beschwert sich Lumi sofort bei ihm.
„Is schon okay. Vielleicht ist es gut, wenn ich mit euch darüber rede. Aber vorher brauche ich noch eine heiße Schokolade. Mit extra vielen Marshmallows", verlangt Astraia.
„Bekommst du", grinst Lumi und verschwindet kurz darauf in der Küche, um allen noch einen Kakao zu bringen.
„Was findet ihr schlimmer? Gar nicht erst zu einem Date zu kommen, oder mitten im Date abzuhauen?"
„Kommt drauf an, was derjenige für Gründe hat", grübelt Lumi nach.
„Was ist denn passiert? Das klingt ja nicht gerade nach einem großen Spaß"
„Wir haben uns echt viel zu lange nicht mehr gesehen"
„Also. Yeshua und ich hatten gestern ein Date abgemacht. Ich habe gestern den ganzen Tag mit Luz verbracht und es dann schlichtweg einfach vergessen"
„Oh, das klingt mies", erwidert Lumi.
„Warte ab. Er war der Weihnachtsmann und hat mir Luz Wunsch verraten. Es war nichts Materielles. Sie will mehr Zeit mit uns verbringen, weil wir zu viel arbeiten. Das hat mir das Herz gebrochen. Ich musste einfach einen Luz-Tag einlegen. Wir waren frühstücken und dort haben wir ihn sogar noch gesehen- Er hat Luz sogar eine Schokolade mit Marhsmallows und Zuckerstangen und sowas alles spendiert. Luz und ich waren später in der Arche, um unsere Klamotten zu spenden. Als ich Zuhause war, habe ich das erste Mal wieder auf die Uhr geschaut, als ich uns noch etwas zu trinken gemacht habe. Es war schon zu spät. Ich bin losgelaufen – aber ich kam zu spät. Er war nicht mehr da"
„Also hast du es vermasselt?", fragt Sirius.
„Ja"
„Du bist ja so feinfühlig, Sirius", antwortet Lumi.
„Und was ist dann passiert?", fragt Lumi.
„Er hat mich heute sozusagen zur Rede gestellt. Dann haben wir ein Date ausgemacht, heute in der Eishalle. Es war auch total schön, bis er eben abgehauen ist. Er hat mich einfach stehen gelassen, mitten auf dem Eis. Ich kann doch nicht Eislaufen. Er ist mit seiner Maschine abgehauen und ich wusste nicht wohin. Ich hatte Glück, dass mich eine Familie nach Hause gefahren hat, denn ich hatte kein Geld dabei. Ich könnte schon wieder heulen. Ich konnte ihm ja auch nicht schreiben"
„Warum nicht?", fragt Sirius.
„Ich habe mein beschissenes Handy in der Arche liegen lassen"
„Oh. Das klingt nach einem ganz schön anstrengenden Wochenende"
„Ja, deshalb bin ich froh, dass ich jetzt bei euch bin", sagt sie und die drei umarmen sich.
„Deshalb warst du auch so sauer, als du uns gesehen hast, oder?", fragt Lumi. Astraia nickt vorsichtig.
„Tut mir leid. Nur, bei allen anderen läuft es gerade einfach. Und mein Leben ist eine einzige Katastrophe"
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