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An diesem Samstag kann Astraia seit einer langen Zeit das erste Mal wieder richtig ausschlafen. Beziehungsweise könnte sie es, denn heute muss sie ihrer Mutter ausnahmsweise Mal nicht auf dem Markt helfen, obwohl am Wochenende mehr los ist, als in der Woche. Lumi und Sirius waren so nett und kümmern sich um die Bude ihrer Mutter. Astraia hatte sie darum gebeten, weil sie erst einmal wieder etwas Zeit mit Luz verbringen wollte. Sie hatte den Wunsch der kleinen noch immer nicht richtig verdaut. Außerdem hatte Astraia heute ihr Date mit Yeshua, weshalb Lumi ihr den Gefallen getan hat.

Sie könnte ausschlafen, tut es an diesem Morgen aber nicht, weil sie viel zu aufgeregt ist und weil Luz auf ihr herumturnt und sie und die Sonne begrüßt.

„Astraia, es scheint die Sonne!", freut Luz sich.

„Bist du dir sicher? Wir haben Dezember", erklärt Astraia ihrer kleinen Schwester noch müde.

„Ich kann es dir zeigen", sagt sie und hüpft nun vom Bett herunter, um die Vorhänge aufzuziehen. Es scheint tatsächlich die Sonne, obwohl es noch früh am Morgen ist.

„Das ist eine gute Voraussetzung für unser heutiges Vorhaben", grinst Astraia Luz an, die immer noch am Fenster steht und nach draußen schaut.

„Was machen wir denn heute?", fragt Luz und hüpft nun vor Aufregung herum.

„Wir wollen heute etwas Schönes machen", antwortet Astraia.

„Aber waaas?", fragt Luz.

„Das ist eine Überraschung. Aber wir machen einen Ausflug", grinst sie Luz an.

„Und ich glaube, es könnte dir gefallen. Aber vorher haben wir noch eine Menge zu erledigen"

„Musst du wieder Mama und Papa helfen?", fragt Luz. Es bricht Astraia fast das Herz, wie Luz sie dies fragt. Vor allem nun, da sie weiß, wie ihre kleine Schwester jedes Weihnachten empfindet.

„Lumi und Sirius sind heute für mich eingesprungen. Ich bin also den ganzen Tag für dich da. Wir machen es uns heute richtig schön", erklärt Astraia.

„Deine Freunde sind toll", gibt Luz zurück.

„Okay. Und wir müssen nun raus aus dem Bett", erklärt Astraia, denn Luz hat sich inzwischen wieder zu ihr ins Bett gelegt und die beiden kuscheln.

„Ich will aber noch nicht", schmollt Luz nun.

„Okay, dann bleiben wir noch zehn Minuten kuschelnd liegen. Aber wir wollen doch einen aufregenden Tag haben, oder?", fragt sie und streicht über Luz Haare.

„Ja, aber noch fünf Minuten"

„Okay, noch fünf Minuten", erklärt Astraia und die beiden bleiben noch eine Weile liegen und kuscheln miteinander, bevor die beiden aufstehen.

Nach fünf Minuten stehen die beiden auf und gehen zusammen Zähne putzen. Um dem ganzen Trubel in der Küche zu entkommen, beschließt Astraia heute einmal gemeinsam mit Luz ins Café zu gehen und dort zu frühstücken. Sie glaubt, dass Luz genau das nun braucht. Einen ganzen gemeinsamen Tag mit ihr. Ohne jeglichen Weihnachtsmarkt, ohne jeglichen Stress. Nur die beiden.

Die beiden sind im Wohnzimmer und wollen sich gerade rausschleichen, als ihr Vater die beiden abfängt.

„Guten Morgen, ihr süßen. Wo geht ihr denn hin?", fragt ihr Vater die beiden.

„Wir wollen ins Café. Etwas frühstücken", sagt Luz stolz. Ihr Vater sieht sie eindringlich an.

„Luz, geh du doch schon einmal deine Schuhe anziehen, ja? Ich komme gleich", gibt Astraia zurück und macht einen Schritt auf ihren Vater zu.

„Braucht ihr Geld?", fragt er nun. Auch wenn es bei Ihnen Zuhause um jeden Cent geht und jeder Euro noch einmal umgedreht wird, versuchen ihre Eltern ihnen alles Mögliche zu ermöglichen.

„Nein, Dad. Ich weiß, dass wir das Geld nicht haben. Ich werde es von meinem eigenen Geld bezahlen. Mach dir bitte keine Sorgen, okay? Wir werden klar kommen", erwidert Astraia und streicht ihrem Vater über den Arm.

„Passt auf euch auf", erklärt ihr Vater und lässt die beiden gehen. Luz freut sich richtig auf den Ausflug und hüpft von einem Schneematsch zum nächsten.

„Ich habe einen Bärenhunger. Du auch?", fragt Astraia nach einer Weile.

„Ja", grinst Luz und streicht sich über den Bauch. Nach einer Weile sind die beiden am Café angekommen und setzten sich in eine der gemütlichen Sofaecken.

„Was willst du denn haben?", fragt Astraia ihre kleine Schwester. Vermutlich ist dieses Café auch einfach zu ihrem Lieblings Café geworden, weil man sich hier wenigstens etwas leisten konnte.

„Waffeln", sagt Luz und zeigt stolz auf eines der Bilder.

„Soll ich auch Waffeln nehmen?", fragt Astraia.

„Oder wollen wir Waffeln und-?", fragt Astraia, doch Luz redet dazwischen.

„Waffeln! Und Kakao!"

„Okay, Waffeln und Kakao", lacht Astraia und bestellt die beiden Sachen bei dem Kellner, der gerade einen Tisch nah an ihrem abwischt. Nach ein paar Minuten haben die beiden ihr Essen auf dem Tisch und genießen ein richtig leckeres Frühstück, welches sie schon lange nicht mehr hatten. Bei Ihnen gibt es meistens nur Brot zum Frühstück, noch nicht einmal Toastbrot, wie bei den anderen Familien.

„Hat es dir geschmeckt?", fragt Astraia ihre kleine Schwester, nachdem sie alle Waffeln auf ihrem Teller verputzt hat. Luz nickt und Astraia muss lachen, da Luz einen Kakaobart hat.

„Darf ich mich zu euch setzen?", fragt auf einmal jemand. Es ist Yeshua.

„Wieso bist du nicht auf dem Markt?", fragt Astraia ihn perplex. Mit ihm hatte sie am wenigsten in diesem Moment gerechnet.

„Ich musste noch etwas erledigen", erklärt er. „Darf ich mich nun setzen?", fragt er.

„Das ist mein Tag mit Luz. Da musst du sie fragen", sagt Astraia lächelnd und zieht die Schultern hoch.

„Nur wenn du mir einen Kakao spendierst", sagt Luz bestimmt.

„Luz!", ermahnt Astraia sie.

„Okay. Warte kurz", sagt Yeshua und steht auf, um zwei Minuten später mit einem Kakao zurück zu kommen, auf dem auch noch Marshmallows schwimmen.

In der Zeit, in der er weg ist, versucht Astraia Luz zur Rede zu stellen. Diese weigert sich jedoch, sich bei Yeshua zu entschuldigen. Sie hat sich wohl sein Gesicht gemerkt und weiß, dass sie von ihm auch eine Puppe bekommen hat. Sie weiß, dass sie bei ihm ihren Willen bekommt.

„So einen hatte ich noch nie", sagt Luz und ihre Augen werden riesig. In der Tasse ist der Kakao, aber darauf ist Sahne und viele Marshmallows, die außerdem noch von einer Zuckerstange verziert werden.

„Danke", bedankt sie sich bei ihm.

„Wenigstens das hast du nicht verlernt", sagt Astraia zu ihr.

„Ich muss dann auch wieder los. Euch noch viel Spaß und wir sehen uns heute Abend?", fragt er und verschwindet, bevor sie überhaupt eine Antwort geben kann. Nachdem Luz auch diesen Kakao ausgetrunken hat, muss Astraia bezahlen und ist froh darüber, dass Yeshua wieder rechtzeitig abgehauen ist. Es ist ihr unangenehm, aber sie muss mit den kleinen Münzen zahlen, da sie keine Scheine hat. Sie hat nie mit Scheinen bezahlen können, weil ihre Eltern einfach nicht das Geld dazu hatten, ihnen Scheine zu geben. Astraia bekommt immer nur die Münzen, die sie dann ausgeben kann. Das übrig gebliebene Geld sozusagen, wobei man dies nicht so nennen kann.

Die beiden bezahlen und Luz bedankt sich noch einmal bei Astraia. Dies war schon einmal ein erfolgreicher Morgen, wobei dieser Tag so weiter gehen musste. Die beiden würden nun zusammen nach Hause gehen und dort einige Stunden gemeinsam verbringen, denn sie hatten heute noch einen Auftrag von ihrer Mutter bekommen, denn es zu erledigen gab.

„So, Luz. Wir müssen nun beide unsere Kleiderschränke aussortieren und schauen, was uns davon nicht mehr passt oder nicht mehr gefällt. Das müssen wir dann weggeben und Spenden. Da, wo wir immer hin gehen, okay?", fragt Astraia ihre kleine Schwester. Diese verschränkt jedoch die Arme.

„Ich will nicht aufräumen", sagt sie schmollend.

„Du sollst auch nicht aufräumen. Komm jetzt weiter"

Die beiden gehen nach Hause und schaffen es tatsächlich ein paar Sachen auszusortieren, wobei den meisten Teil eher Astraia macht und Luz spielt mit den aussortierten Sachen von Astraia.

„Luz, nun geht es an deinen Kleiderschrank", sagt Astraia nach ein paar Stunden.

„Mir passt noch alles!", besteht sie.

„Komm, Luz. Du gehst noch gerne zur Arche, oder?", fragt Astraia sie.

Luz nickt.

„Okay, aber dann musst du auch noch etwas aussortieren. Sonst haben wir zu wenig und dann lachen die uns aus. Die anderen Kinder sind dann ganz traurig, dass sie nicht genug Sachen bekommen.", lügt Astraia. Irgendwie muss sie ihre kleine Schwester schließlich dazu bringen, ihre Sachen auch auszusortieren und damit zu beginnen.

„Ich helfe dir doch auch", erklärt Astraia und die beiden schaffen es nach ein paar weiteren Stunden auch noch Luz Kleiderschrank sauber zu machen und zu sortieren. Danach haben sie einen ganzen Sack voll, denn sie spenden können. Dies taten sie immer. Sie holten sich auch oft Sachen von der Arche und konnten sich dort eben Sachen umsonst aussuchen, weil ihnen das Geld fehlte. Da gibt man immer gerne etwas zurück. Sie sortierten zwei Mal im Jahr aus. Eigentlich immer einmal, wenn der Sommer zu beginnen scheint und im Herbst noch einmal. Dieses Jahr hatten sie es allerdings nicht geschafft, weshalb sie es jetzt noch tun mussten. Luz freut sich immer auf die Besuche bei der Arche.

„Meinst du, du hast auch noch Spielsachen, die du weggeben kannst?", fragt Astraia sie.

„Ich möchte eine Puppe spenden. So eine, wie Yeshua mit geschenkt hat", erklärt Luz.

„Willst du eine von deinen beiden weggeben?", fragt Astraia erschrocken. Damit hat sie nun nicht gerechnet.

„Nein! Aber ich will, dass ein anderes Kind auch so eine Puppe bekommt"

„Aber wir können keine spenden, wenn du nicht eine von deinen beiden Puppen spendest", versucht Astraia ihr zu erklären.

„Und was ist, wenn wir noch eine kaufen?", fragt Luz sie.

„Das geht nicht. Die Puppen sind zu teuer. Das Geld haben wir leider nicht"

Damit ist sie Diskussion beendet und Luz scheint das Gespräch auch bald wieder vergessen zu haben, denn nun nimmt sie den vollen Sack mit den Klamotten und zieht ihn durch ihr Zimmer, um ihn mit Astraia zusammen nach unten zu schleppen und ins Auto zu verfrachten, damit sie zur Arche fahren können.

Die beiden kommen nach einer halben Stunde dort an und geben die Sachen ab.

„Da seid ihr ja wieder. Kleiderschränke aussortiert?", fragt die Dame am Empfang. Luz nickt aufgeregt.

„Na los, geh spielen und begrüße die anderen", lächelt Astraia sie an. Astraia setzt sich in das Zimmer, in dem die anderen großen Schwestern und Eltern sind. Es sind oft Kinder hier, die spielen. Man kannte sich hier oft auch untereinander und es war immer eine gute Stimmung, obwohl niemand viel Geld hatte. Es gab auch immer etwas zu Lachen. Meist blieben Astraia und Luz ein paar Stunden, damit Luz mit Gleichaltrigen spielen konnte. Oft hat man es als Kind nicht leicht, wenn man kein Geld hat. Man hat nicht die neusten Markenklamotten an, wie die anderen Kinder. Das stört einige aus Luz Klasse. Sie hatte auch Freunde in ihrer Klasse, zum Glück. Aber manche Kinder mieden sie. Hier kann sie einfach sie selbst sein.

Nach ein paar Stunden fahren die beiden wieder nach Hause und es ist noch nicht allzu spät. Am liebsten würde Astraia jetzt noch etwas mit Luz unternehmen, wie ins Kino zu gehen, aber dies können sie sich nicht leisten. So machen die beiden sich auf den Weg auf den Spielplatz.

Luz hat eine Menge Spaß, doch nach einer weiteren Stunde sind ihre Hände abgefroren und die beiden müssen nach Hause laufen, um sich aufzuwärmen. Astraia lässt Luz ein Bad ein und macht den beiden einen heißen Tee. Sie spielt mit Luz in der Badewanne. Astraia sitzt auf dem geschlossenen Klodeckel und macht die Ente nach, die sie in der Hand hält. Luz lacht die ganze Zeit und spielt mit dem Schaum, den sie in der Hand hat. Astraia hatte ihr Handy in der Arche vergessen, ohne es selbst zu bemerken und ist nun die ganze Zeit mit Luz beschäftigt.

(19.12, 18:15) Yesh: Wo bist du? Wir waren doch um sechs verabredet, oder?

(19.12, 18:19) Yesh: Ernsthaft, wo bist du?

(19.12, 18:20) Yesh: Hast du mich versetzt?

(19.12, 18:21) Yesh: Das kann ich mir bei dir aber eigentlich nicht vorstellen. Zumindest, jetzt nicht mehr :D

(19.12, 18:22) Yesh: Du bist zwanzig Minuten zu spät. Wo bist du?

(19.12, 18:30) Yesh: Ist alles okay? Langsam mache ich mir ernsthaft Sorgen.

Als Astraia Luz endlich aus der Badewanne bekommt, nachdem sie sich eine halbe Stunde geweigert hat, weil sie schrumpelige Finger bekommen wollte, ist der Tee kalt geworden und sie stellt ihn noch einmal in die Mikrowelle. Als sie die Anzeige der Uhr an der Mikrowelle sieht, bekommt sie einen Schock. Es ist sieben Uhr. Eine Stunde nach der Vereinbarten Zeit mit Yeshua. Sie hatte ihn versetzt. Fuck. Wo war ihr Handy? Luz sitzt inzwischen auf dem Sofa und ist mit Shaun dem Schaf ruhig gestellt wurden. Scheiße. Sie sucht das ganze Haus nach ihrem Handy ab, kann es aber nicht finden. Sie versucht sich mit dem Festnetztelefon anzurufen, aber es klingelt nirgendwo. Sie beginnt schließlich zu fluchen. Ihre Eltern sind noch nicht zu Hause und sie kann Luz nicht alleine lassen.

Nachdem sie dreimal durchs ganze Haus gelaufen ist, schaut sie noch einmal nach Luz. Sie ist inzwischen eingeschlafen. So konnte sie sie für eine halbe Stunde alleine lassen. Es ist inzwischen schon viertel nach Sieben. Astraia rennt ohne Jacke aus dem Haus, obwohl es dafür viel zu kalt ist. Alles würde jetzt Zeit kosten. Zeit, die sie nicht hatte. Sie hofft, dass er noch im Café sitzt und dort auf sie wartet, auch wenn sie dies nicht glaubt.

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