Dunkelheit
Ich stehe am Kreisverkehr und warte. Es ist mitten in der Nacht und die Dunkelheit umhüllt mich. Ich habe Angst. Vor mir leuchtet das neongelbe Licht einer Tankstelle. Ich gehe auf sie zu. Sie ist geschlossen, aber das Licht schenkt mir Sicherheit. Ich tippe erneut deine Nummer ein und das tuten durchschneidet die Stille. Es ist als würde es durch die Dunkelheit wiederhallen
Tut- Tut- Tut.
Ich warte. Wo bist du? Erneut rufe ich deinen Namen, aber Niemand antwortet mir.
Wo bist du?
Ich sehe, dass du online bist. Hoffnung macht sich in mir breit. Vielleicht antwortest du mir. Doch sofort verschwindet das kleine Wort wieder. Ich laufe umher und weiß nicht was ich tun soll. Wieso bist du weggerannt? Ich mache mir Sorgen. Du bist ganz alleine draußen und irrst umher, ob du den Weg finden wirst?
Ich habe Angst. Wo bist du?
Ich schreibe dir nochmal. Ich bin mir sicher, dass du dir auch Sorgen machst. Ich stehe hier draußen für dich, weil ich mir Sorgen mache. Kümmert es dich, dass ich mitten in der Nacht alleine in der Dunkelheit stehe?
Blau
Blau? Was willst du mir damit sagen? Siehst du etwas Blaues oder beschreibt das Wort deinen Zustand? Du hast getrunken, viel zu viel. Du findest den Weg nicht alleine zurück. Ich drücke die Wahlwiederholung
Tut- Tut.
„Hallo?" Erleichterung durchströmt mich. Du hast abgehoben.
„Wo bist du?", frage ich.
„Lauf nach Hause." Ich schüttle den Kopf. Du wirst den Weg niemals finden, warum bist du weggerannt?
„Sag mir bitte wo du bist", fordere ich und blicke mich um. Drei Abzweigungen, aber ich weiß nicht woher ich laufen soll. Bist du zur Schnellstraße gelaufen? Rasende Autos erscheinen vor mir. Du kannst nicht alleine nach Hause laufen.
„Parkplatz", antwortest du und ich blicke mich um. Welcher Parkplatz? Wie weit bist du schon gekommen?
„Wo genau? Ich komme zu dir."
Tut- tut- tut.
Verdammt! Du hast einfach aufgelegt. Ein Motorgeräusch ertönt von rechts und Schweinwerfer blenden mich. Sie sitzt im Auto, die Augen rot angeschwollen vom Weinen.
„Du kannst nicht mehr fahren", flüstere ich und sie nickt. Ich steige trotzdem ein, während sie vorsichtig anfährt. Sie hat zu viel getrunken um zu fahren. Wir alle haben viel zu viel getrunken. Aber wir hatten Spaß, haben gesungen und gelacht. Doch dann bist du gegangen, bist einfach weggerannt und nicht wiedergekommen.
„Er ist am Parkplatz", sagte ich und wir wählen den Weg zur Hauptstraße, dort gibt es einen kleinen Einkaufsladen. Sie fährt vorsichtig.
„Ich habe Angst, dass ihm was passiert, er-", ihre Stimme bricht. Ich legte meine Hand auf ihre. Sie zittert. Dann entdecke ich dich, du stehst am Auto gelehnt. Schnell bremst sie. Ich steige aus und gehe auf dich zu.
„Ich laufe", sagst du sofort. Der Geruch von Alkohol schlägt mir entgegen. Ich packe dich rechts und links an den Armen.
„Bitte", flüstere ich, „es ist zu gefährlich. Sie bringt dich nach Hause." Du schüttelst den Kopf und versuchst dich aus meinem Griff zu befreien. Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wange. Ich zittere ein wenig. Ich schaffe es nicht dich zu überreden. Ich vernehme die Schritte von ihr hinter mir. Sie schreit, dass du einsteigen sollst. Du bleibst ganz ruhig, aber wehrst dich dagegen. Du willst alleine sein. Was ist nur wieder passiert? Warum musste es wieder soweit kommen? Du warst auf einem so guten Weg. Sie schreit weiter und hält dich fest.
„Steig ein!" Ihr Ton ist fordernd. Zu zweit halten wir dich fest und zerren dich zum Auto. Du wehrst dich. Ich weine und versuche auf dich einzureden. Sie schreit dich an. Nichts hilft. Irgendwann gibst du nach und wir schaffen es, dass du einsteigst. Erleichterung erfasst mich. Sie verriegelt die Türen und fährt langsam los, biegt rechts ab auf die Schnellstraße. Ihre Hände zittern. Sie darf nicht fahren, sie hat viel zu viel getrunken. Ich richte meinen Blick auf die Straße und dann auf den Tacho: 79km/h.
Ich stelle mir vor was passiert, wenn sie vom Weg abkommt. Bilder von unserem Auto, wie es sich überschlägt erscheinen vor mir. Wir wären alle sofort Tod! Ich lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Ich muss aufpassen. Sie zittert noch immer und meine Tränen fließen weiter. Du bist in Sicherheit, aber ich habe noch immer Angst.
Als wir endlich bei dir Zuhause sind gehst du zur Tür. Deine Schritte sind schwer. Du schließt die Tür ab und verschwindest in dem grauen Gebäude. Sie startet den Motor erneut. Ein leichtes Brummen erfasst meinen Körper und wir fahren los. Den gleichen Weg zurück über die Schnellstraße. Als wir endlich wieder bei ihr sind, fällt mein Adrenalin ein wenig ab. Wir haben es geschafft. Aber nur für heute.
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