things you'll miss » silliness


Welcome to the final show
Hope you're wearing your best clothes
You can't bribe the door on your way to the sky
You look pretty good down here
But you ain't really good
If we never learn, we been here before
Why are we always stuck and running from
The bullets?- H.

[(feels like ages ago) some time before - glasgow]

Harry


Als ich an diesem Morgen völlig desorientiert aufwache, fühle ich mich, als wäre ich einmal durchgekaut und wieder ausgespuckt worden. Als hätte mich ein Panzer überfahren, als hätte ich Muhammad Ali beruflich getroffen. Meine Glieder sind schwer, meine Knochen müde. Ich bin schlichtweg müde.

In letzter Zeit stellt sich mir oft eigentlich nur eine Frage: Wo bin ich eigentlich?
Ja, ich liege in einem Bett. Ja, ich bin alleine. Ja, es ist ein Hotelzimmer. - Mehr Antworten auf meinen riesigen, beinahe täglich aufkommenden Fragenkatalog, kann ich mir selten geben.

Stünde das Hotelpersonal an diesem Morgen nicht in landestypischer Tracht vor meiner Nase, hätte ich meinen Aufenthaltsort sicherlich wieder verwechselt.

Peinlich war es gewesen, als ich mich in Osaka befand und völlig überzeugt Tokio einen tollen Abend wünschte. Nicht selten hatte ich dieses Problem, nicht selten gab es solche Vorfälle auf den One Direction Tourneen. Peinlich ist es trotzdem, egal, wie oft man es schon erlebt hat.

Gähnend lasse ich mir von einer netten rundlichen Dame wenig später ein typisch englisches Frühstück auf die Teller tun und spiele gelangweilt mit dem Besteck.

„Darf's für Sie noch etwas sein, Mr. Styles?" fragt sie nett, doch ich schüttle nur stumm den Kopf. Mehr als ein müdes Lächeln bringe ich gerade nicht mehr zustande. „Lassen Sie es sich schmecken", fügt sie freundlich hinzu. „Danke", murmle ich bloß.

Mein Frühstück dümpelt allerdings nur vor sich hin, denn ich starre permanent auf mein Handy. Meine Schwester sollte sich melden, sobald sie im Krankenhaus angekommen ist, doch seit gestern Abend herrscht toten Stille. Sie war bloß von der Leiter gefallen, alles halb so wild, vertröstet mich meine verletzte Mutter. Doch meines Erachtens nach, ist mit einem Oberschenkelhalsbruch nicht so sehr zu spaßen, wie sie es mir präsentiert. Operation ist immer noch Operation und keine Narkose verläuft nach dem medizinischen Bilderbuch. „Ach, lass doch mal die Kirche im Dorf, Schnuffel", hatte sie gesagt und dabei völlig außer Acht gelassen, dass wir in unserem Heimatdorf gar keine Kirche haben, der Spitzname seit meinem vierten Lebensjahr nicht mehr cool ist und viel wichtiger noch: Meinen Stiefvater habe ich schon verloren. „Du reagierst über." - Damit war die Unterhaltung für sie erledigt. Keine sinnlosen Facebook-Bilder, keine Katzenvideos. Seit gestern herrscht Stille und die einzige, die bemerkt zu haben scheint, dass mein Kopf nicht unbedingt da ist, wo er hingehört, ist Sarah.

Die einfühlsame Schlagzeugerin setzt sich zu mir an den Tisch. Mit diesem typisch, verklärt-verliebten Blick tippt sie eine Nachricht auf ihrem Handy, bevor sie es in die Tasche steckt und mich begrüßt. „Und Mister? Wie war Ihre Nacht in dieser feinsten aller feinen schottischen Unterkünfte?" „Sarah? Sei leise." „Alles klar."

Und damit hatte sich die Sache glücklicherweise erledigt, vermutlich wusste sie, dass es keinen Zweck hatte und mein Morgen konnte ebenso vor sich hindümpeln, wie der nachfolgende Soundcheck.

(„Harry, du musst noch ein BBC Radio Interview führen." „Harry, Grimmy ruft zurück." „Harry, der schottische Sender - ich habe den Namen vergessen, ruft in fünf Minuten an. Vorher musst du noch die US-Daten bestätigen." „Harry, deine Publizistin schafft es nicht zu posten, geh' mal fix auf Instagram, Twitter und Facebook bitte." „Harry, check' mal eben deine E-Mails.")

Noch bevor die Show überhaupt ansatzweise begonnen hat, bin ich völlig erschöpft. Ich habe mir den Mund fusselig geredet und sämtliche Fragen zig Mal beantwortet, bis kurz vor Beginn der Show.

Gerade als ich grübelnd vor der Kleiderstange stehe, keine Ahnung habe, was ich anziehen soll, klingelt mein Handy. Gemma meldet sich endlich aus dem Krankenhaus. Mum gehe es gut, sie habe die Operation gut überstanden und ich solle doch bitte endlich aufhören mir Sorgen zu machen. Meine Schwester ist kurz angebunden, ihr Freund wolle sie heute zur Date - Night ausführen. Doch die wenigen Informationsfetzen genügen, um mich zumindest dahingehend zu entspannen.

„Auf gar keinen Fall!" brüllt Mitch zwanzig Minuten später einmal quer durch den Backstage-Bereich. „Das kannst du knicken", unterstütz ihn Adam mit ganz deutlichem Nachdruck. „Also ich fände 's niedlich", lächelt Sarah süßlich. „Du, in so 'nem schicken Röckchen? Einfach goldig", feixt sie weiter und wuschelt ihrem Freund durch die Haare, bevor sie ihm einen Kuss auf die Wange drückt. Dieser schnaubt nur verachtend, rollt genervt mit den Augen und stellt sich trotzig schmollend neben Mitch, als müssten sie eine neue Armee gegen das Böse bilden.
„Und was sagst du?" Fragend sehe ich zu Clare, drehe mich noch einmal um 360 Grad und präsentiere ihr meine spontane Outfit Idee für die heutige Show. „Ich sage, wir lassen die Demokratie entscheiden."

„Ja ne ist klar", kommt es gleichzeitig von den Jungs und auf meine Lippen schleicht sich ein Lächeln.

„Dann hätten wir das ja geklärt", frech zwinkert Clare mir zu, bevor sie zufrieden in die Hände klatscht und sich bei mir unterhakt. Tatsächlich ist die letzte Stunde vor einem Konzert meine Liebste. Während sich Clare glücklich an meinen Nägeln zu schaffen macht, schauen wir gespannt auf ihr Laptop. Während Archie Andrews versucht, Jughead Jones davon abzuhalten ein illegales Autorennen zu beenden, versuche ich still zu halten, damit Clare den schwarzen Nagellack nicht überall verteilt. Es ist ein kleines Stückchen Frieden, eine kleine Weile Ruhe, die wir uns eingeräumt haben. Auch wenn wir nur einmal die Woche eine neue Folge bekommen, dieser kleine Urlaub hilft ungemein, sich von allem abzulenken.

„Also Haz, wen hältst du für the Black Hood?" Theorie um Theorie diskutieren wir und es ist ein wundervolles Gefühl an etwas Anderes zu denken.

Aber nur, weil es ein schönes Gefühl ist, heißt es nicht, dass es lange anhält. Adrenalin mischt sich mit Druck. Perfektion.

Tja und so stehe ich eine gute Stunde später in klassischer, schottischer Tracht vor einer fünftausend Mann - oder eher Frau - starken Menge und gebe mein Bestes. So wie jeden Abend. Clare hat das Rennen für ihr Heimatland oder vielmehr einen Teil ihrer Herkunftsgeschichte gewonnen und auch, wenn Adam und Mitch nicht gerade Freudensprünge vollziehen, die Idee kommt bei den Fans sehr gut an. Und das ist schließlich alles, was zählt.

Ich blicke in eine ganze Reihe strahlender Gesichter, als der Vorhang fällt und Sarah ordentlich auf das Schlagzeug haut. Die Show mit 'Only Angel' zu eröffnen war eine gute Idee gewesen und jeden Abend aufs Neue genieße ich die unfassbare Energie, die von der Menge auf mich übertragen wird.

Die Show in Glasgow ist eine einzige Party, ich schaffe es mich mit einigen Mädchen in der ersten Reihe zu unterhalten, jemand verbringt seinen Geburtstag tatsächlich bei mir in dieser Halle und auch wenn ich es vermutlich nicht zugeben sollte, der Kilt macht mehr Spaß, als er sollte.

Nichtsdestotrotz hält die Euphorie nur kurz an. Kurz im Sinne von eineinhalb Stunden, denn mein kleiner Seelen-Urlaub wird jäh unterbrochen, sobald ich die Bühne verlasse.

Hektik.

Stress.

Zeitdruck.

Um ein Haar verpasse ich meinen Flug nach Vancouver. Ein Eintägiger Aufenthalt dort, nicht einmal 24 Stunden, irgendein Meeting. Mehr weiß ich nicht und wenn ich ganz ehrlich bin, interessiert es mich auch nicht. Den Flug verschlafe ich komplett, nicht einmal Mitschs Schnarchen, für das er sonst von der ganzen Crew erstickt, wiederbelebt und erwürgt wird - alles natürlich nur im übertragenen Sinne - stört mich oder hält mich in irgendeiner Weise vom Schlafen ab. Erst in dem kleinen Hotel in Kanada, in welchem wir nach einem 13 Stündigen Flug ankommen, schaffe ich es etwas zu Essen und mir die Unterlagen durchzusehen, die das Meeting betreffen.

Leichte Verwirrung macht sich breit, was genau meine Aufgabe ist, was genau man von mir erwartet, verstehe ich nicht. Anbei finde ich weitere Unterlagen, die mir erklären sollen, was meine Aufgaben bei diesem neuen Job wären und gleich dazu noch eine Verschwiegenheitserklärung. Richtig zuversichtlich stimmt es mich nicht und weiser macht es mich schon gleich gar nicht.

Daher beschließe ich die verbleibende Zeit sinnvoll zu nutzen. Während meine Band und inzwischen guten Freunde beschließen, die Nacht zum Tage zu machen, schlurfe ich in das kleine Zimmer, ziehe die Vorhänge zu und hole Laptop und Kopfhörer hervor. Vorher schließe ich die Tür zwei Mal ab, denn ich plane eine Art Schlangenhäutung. Sobald ich mich aus den klassischen 'Harry-Styles-Klamotten' schäle, mir ein zu großes weißes Shirt anziehe und in eine schwarze Jogginghose schlüpfe, bin ich nur noch Harry.

„So muss sich ein Schauspieler fühlen", sage ich in diesem Moment zu mir und denke kurz an den bevorstehenden Termin, bevor ich mich auf das Bett lege und den Laptop hochfahren lassen. In diesen Momenten bin ich einfach nur Harry. Eigentlich sollte es ein trauriger Gedanke sein, doch für mich ist es inzwischen sowas, wie ein Ritual geworden: Ich ziehe die Kleidung aus, werfe, wie eine Schlange ihre Haut ab und dann bin ich fertig. Eine Art Feierabendgefühl stellt sich ein und gaukelt mir vor, einen ganz normalen Beruf zu haben.

Zuerst schaue ich mich einfach nur bei Netflix um, bleibe bei einem Klischee-High-School-Film hängen und sehe Lucy Hale wortwörtlich beim Kiffen zu. Es mag absurd sein, doch in diesem Moment gehe ich auf eine Gedankenreise.

Von meinem beschissenen Abschlussabend, über Freunde, die keine mehr sind, bis hin zum großen Thema der Einsamkeit. Wie lange ist es her, dass ich bedeutungsvollen Kontakt mit Menschen hatte? Und mit bedeutungsvoll meine ich keine Fans, die mir heulend um den Hals fallen. Nicht, dass mich Begegnungen mit Fans nicht freuen würden – im Gegenteil – aber es nicht das, was ein normaler Mann in meinem Alter braucht.

Fast schon neidisch denke ich an Sarah, ich denke daran, wie verliebt sie in ihren Freund ist, wie glücklich sie sind.

Und da beschließe ich nicht einfach nur Harry zu sein, sondern ein ganz normaler Singlejunge, Anfang 20. Ich weiß, dass es dumm ist. Ich weiß, dass es verpönt ist und nicht gerade würdevoll. Aber ich weiß eben auch, dass es völlig normal ist und vielleicht ist es das, was mich auf gewisse Seiten im Internet verschlägt. Denn leider muss ich feststellen, dass auch ich gewisse Muster habe, was diese bestimmten Dinge angeht.

Es sind immer dieselben Schemata: keine billig produzierten Filme, sondern High Quality. Eine Vorgeschichte, schöne Darsteller, angenehme Stimmen, kein verstörender Fetisch-Quatsch. Ich bin wählerisch, was diese Filmchen angeht und während ich die Seite herunterscrolle, als würde ich bei Ebay einen neuen Fernseher kaufen wollen, denke ich an all die Gespräche zurück. Wie Louis verkündete, er habe eine Schwäche für Filmchen mit dummen Blondinen, Liam stehe auf Mummys und Niall eher auf Damen mit Akzent. Es ist absurd, was ich hier, mitten in der Nacht treibe und doch eben wieder nicht.


Es ist völlig normal und so finde ich ein 'passendes Filmchen um Spaß zu haben'. Kein Fetisch, niveauvoll, schöne Menschen. Es ist völlig normal für Jungs in meinem Alter, es ist wie immer, wenn ich mich nachts einsam fühle und der Laptop neben mir liegt. Wie immer sind es schöne Männer. Und solange ich mir diese Dummheit einrede und für mich behalte, ist es völlig normal, dass ich mir schöne Männer ansehe und sich mehr in mir regt, als ich jemals gedacht hätte...

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