things you'll miss » promises

She's an angel
My only angel
I must admit I thought I'd like to make you mine
As I went about my business through the warning signs
End up meeting in the hallway every single time
And there's nothing we can do about it
Told it to her brother and she told it to me. -H.
[ juli - L.A.]

HARRY

Es ist nicht einfach einen ruhigen Platz zu finden und meine beste Freundin für mich alleine zu haben.

Nach unserer Ankunft in meinem Haus, erfolgt eine lange Dankesrede, eine allgemeine Vorstellungsrunde und natürlich ein ordentlicher Umtrunk. Während Clare unbedingt erfahren möchte, wie wir uns kennenlernten, interessiert Sarah brennend, wo Carolina ihre 'super-süße' Bluse herhat und so bleiben wir eine ganze Weile an meiner Band kleben.

Immer wieder lasse ich meinen Blick zu Niall wandern. Er wechselt von schmachtenden Blicken in Milas Richtung zu hitzigen Diskussionen am Telefon aber ich schaffe es nicht, mich zu lösen. Mehr als nur einmal versuche ich mich sang und klanglos zu verkrümeln, werde jedoch immer wieder ins Gespräch eingebunden und so komme ich nicht dazu, mich näher mit Niall und seinem "Etwas" zu beschäftigen. Was auch immer es ist, was er da am Laufen hat, ich sehe, wie glücklich er ist und auch Milas Blicke in seine Richtung entgehen mir nicht.

In regelmäßigen Abständen schweife ich gedanklich ab. Die Nervosität für das kommende Meeting außerhalb Los Angeles steigt quasi minütlich. Bei dem Gedanken daran, dass die Chefs der Warner Bros. Television und CBS Television Studios sowie Berlanti Productions anwesend sein werden, dreht sich mir den Magen um. Abgesehen davon erfordert auch die Anwesenheit meines ominösen C's, auf welches ich Lina gegenüber immer noch nicht näher eingegangen bin, etwas angetrunkenen Mut.

So ist es also kein Wunder, dass ich schließlich mitten in der Nacht, weit entfernt von 'leicht angetrunken' im feuchten Gras liege und die Sterne anstarre. Lina liegt unterdessen neben mir und zum ersten Mal seit unserem 14. Lebensjahr hat sie wieder eine Zigarette in der Hand. Allerdings drückt sie diese nach nur zwei Zügen wieder im nassen Gras aus. "Bah", keucht sie und versucht nicht zu ersticken. Hustend richtet sie sich auf und legt ihren Kopf schließlich auf meine Brust. "Jetzt ist mir doch schlagartig wieder eingefallen, warum wir den Mist immer gelassen habe." Leise gluckst sie vor Lachen und vermutlich weiß sie gar nicht, was dieser Klang tief in mir drin auslöst. Nämlich absolute Scham. Ich schäme mich, dass ich über all die Jahre - fünfeinhalb an der Zahl - so unfassbar dämlich gewesen bin.

"Ich habe dich vermisst", sage ich also schließlich ehrlich und stelle mich insgeheim schon auf Streitereien ein. Entgegen meiner Erwartungen bleibt Lina aber völlig ruhig. Sie beginnt lediglich mit dem Knopf meines Hemdes herumzuspielen und bleibt still.

Einige Zeit liegen wir so im Gras. Ich starre auf die Sterne und sie spielt mit dem Knopf. Wenn sie so weitermacht, muss ich mir einen neuen annähen.

Irgendwann bricht sie aber doch die Stille und ich wünsche mir fast schon, sie hätte es nicht getan. "Warum hast du aufgehört mir zu schreiben?" Jetzt bin ich nicht nur gezwungen zu antworten, nein, ich muss auch noch die Wahrheit sagen. Wobei müssen vielleicht etwas zu theatralisch ausgedrückt ist. Ich will es sagen, denn es liegt mir schon viel zu lange auf der Seele.

"Wie weit darf ich für die Antwort ausholen?"

Überraschenderweise richtet sie sich auf, stützt sich mit einem Arm neben mir ab, mit dem anderen streichelt sie durch meine Haare und schiebt eine lose Haarsträhne wieder hinter mein Ohr. Sie muss nicht antworten. Ihr Blick genügt. Also ignoriere ich den monstermäßigen Kloß in meinem Hals und die fehlende Spucke. Ich sage es einfach. "Ich war eifersüchtig auf dich."

"Was?" ungläubig sieht sie mich an und ich schaffe es nicht ihrem Blick standzuhalten. Wenn ich mich jetzt nicht abwende und ihre warmen Augen ignoriere, dann wird sich das letzte bisschen Mut auch noch verkrümeln.

"Dir fiel irgendwie immer alles zu. Schon in der Schule. Und als du dich das erste Mal in ein Mädchen verliebt hast, war es so furchtbar einfach für dich einfach dazu zustehen, während ich nicht wusste und jetzt auch immer noch nicht weiß, wo ich mit meinen Gefühlen hinsoll." Ich muss schwer schlucken, bevor ich fortfahre: "Eigentlich hätte ich mich für dich freuen müssen. Aber das habe ich nicht getan. Und das tut mir wirklich, wirklich leid. Ich habe keine andere Lösung gesehen, als mich zu verpissen, sonst wäre ich irgendwann durchgedreht. Und ich weiß, wie selbstsüchtig das ist, Lina. Aber es ist die Wahrheit."

Lange Zeit sagt sie nichts und ich bin versucht einfach weiter still in die Sterne zu starren. Erleichtert atme ich durch, denn auch wenn ich weiß, was ich da gerade vom Stapel gelassen habe, kann ich nicht leugnen, dass mir ein riesiger Stein vom Herzen fällt. Für einen Moment überlege ich, ob ich nicht mein Sternenbild finden kann, bis mir eine kalte Flüssigkeit ins Gesicht klatscht. Erschrocken pruste ich los und versuche mich aufzurichten.

Bis ich bemerke, dass Lina mir nicht nur ihren Drink ins Gesicht gekippt hat, sondern nun auch in perfekter Nalan-Simba-Manier auf mir sitzt und mich nach unten presst, vergehen weitere Minuten.

"Hallo? Jemand zu Hause? Bist du von allen guten Geistern verlassen!" schreit sie und mit einem Male fühle ich mich gar nicht mehr so erleichtert, wie noch vor wenigen Augenblicken. Energisch versuche ich das sonst so zierliche Mädchen von mir runter zu schieben oder zumindest meine Hände zu befreien.

Keine Chance.

"Du hast überhaupt keine Ahnung, was ich durchmachen musste, Styles!" Ihr Blick, ihr Ton alles schreit geradezu nach Verachtung und ich schätze ich habe es auch nicht anders verdient. Dessen bin ich mir sicher, nachdem sie ihre Geschichte; ihre wirkliche Geschichte erzählt hat. Nicht diese verzerrte Realität, die ich sehen wollte. Sondern das, was ich verpasst habe.

"Ich rede seit Jahren nicht mit meinen Eltern, weil sie 'meine Neigungen' als ekelhaft empfinden, ich habe Granny seit Ewigkeiten nicht mehr besuchen können, weil immer irgendjemand um sie herum ist. In Los Angeles habe ich keine Freunde, die Sonne verbrennt mir in regelmäßigen Abständen die Haut. Auf der Straße werde ich angestarrt, wie ein bunter Wanderzirkus - glaubst du echt, alles war so super rosig? Weißt du, wie viele Nächte ich in mein Kissen geheult habe, weil meine Eltern mich so abwerten behandelt haben nur, weil ich mich in Virginia verliebt habe? Glaubst du echt, mir hat der ganze Zirkus Spaß gemacht? Und noch dazu muss ich dabei zu sehen, wie mein bester Freund seinen großen Traum lebt, während ich selbst zu dumm dazu bin einen richtigen Job zu finden. Du hast alles Harry: Unmengen an Freunden, Berühmtheit, die Freiheit jeder Zeit überall hin zu gehen. Du siehst die Welt, wenn auch nicht immer extrem viel davon. Du musst dir keine Gedanken darübermachen, ob du die nächste Miete bezahlen kannst. Deine Familie liebt dich, immer und ausnahmslos. Und weißt du was mir am meisten weh getan hat? Du hast dein Versprechen gebrochen, Harry. Du hast mir versprochen, dass wir uns immer alles erzählen können, dass wir uns immer helfen, wenn es andere nicht tun."

Im Gegensatz zu Linas bleiben meine Augen nicht trocken. Je weiter sie fortfährt, umso bildhafter stelle ich mir alles vor. Mr. und Mrs. Lovegood waren schon immer das sinnbildliche Gegenteil ihres Namens, nichts war für mich so selbstironisch wie dieser Familienname. Aber dass sie tatsächlich so mit ihrem einzigen Kind umgehen - ekelhaft. Doch nicht nur Linas Eltern liegen mir quer im Magen. Die Erkenntnis, welch furchtbarer Freund ich gewesen bin, trifft mich wie ein Schlag. Selbsthass, Abscheu, Ekel - diese Liste könnte ich ewig weiterführen.

Reflexartig drehe ich meinen Kopf in dieser Sekunde, als jener Gedanke durch meinen Kopf schwirrt, zur Seite und übergebe mich ins kalte Gras. Ob es nur an dem Alkohol liegt oder nicht kann ich nicht sagen. Aber mit einem Male ist mir furchtbar schlecht und so liege ich, wie das letzte Stück Dreck im Rasen, während Lina verächtlich schnaubend aufsteht und sagt: "Und dabei dacht Vi, es wäre eine gute Idee, dich zu meinem Trauzeugen zu machen."

Als ich am nächsten Morgen wach werde, liege ich auf der Couch. Eine schwarze Decke bedeckt meinen nackten Oberkörper und neben mir auf dem Couchtisch stehen ein Glas Orangesaft, sowie eine Auswahl an Aspirin. Granulat zum Auflösen, Tabletten, noch mehr Granulat aber mit Orangen-Geschmack.

Neben mir bewegt sich etwas und ich merke, dass mein Gehirn langsam aber sicher hochfährt. Virginia nimmt neben mir Platz, rührt in einer Müslischale herum und schaltet den Fernseher ein. Automatisch öffnet sich Netflix und fragt, ob ich wirklich noch weiter schauen möchte. "Oh, du schaust Riverdale? Cool! Das ist meine derzeitige Lieblingsserie." Was bitte geht hier vor sich? Wieso ist sie so nett zu mir?

Bilderfetzen tauchen vor meinem inneren Auge auf und ich bin mir sicher, dass Virginia eigentlich nicht mit mir reden sollte und wenn doch, dann sicherlich keinen so belanglosen Kram, sondern eher von der Sorte Morddrohungen.

"Wo ist Lina?" krächze ich schließlich mehr oder minder und richte mich auf. Statt einer Antwort bekomme ich die Müsli-Schale in die Hand gedrückt.

"Wenn du fertig gegessen hast, solltest du unter die Dusche springen. Beeile dich, in einer Stunde ist dein Meeting."

 

Fuck.

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