Kapitel 33

Ich weiß nicht wie lange ich einfach nur die weiße Wand vor mir angestarrt habe, als das Summen meines Handys mich aus meiner Trance reißt.
Ich will absolut mit niemandem reden. Ich will einfach nur hier sitzen und meine Wunden lecken, bis ich mir wieder einreden kann, dass ich unabhängig und stark bin. Denn dieses verlorene Gefühl, dass immer wieder in mir aufkommt, sobald ich an irgendetwas denke, kann ich nicht ertragen. So hat sich mein sechzehnjähriges Ich jeden Tag gefühlt, während Alexis immer weniger Zeit hatte in ihrer Obsession Gewicht zu verlieren und mir erst so richtig klar geworden ist, wie einsam ich eigentlich wirklich bin.

Ich weiß, dass es Alexis noch viel schlimmer hatte als ich. Immerhin wurde sie tagtäglich verbal angegriffen, während man mich einfach nur missachtet hat.
Aber hin und wieder kam es mir so vor, als wäre Aufmerksamkeit, wenn auch negative, immer noch besser, als einfach unsichtbar zu sein. Dann habe ich Alexis Mal wieder völlig am Boden zerstört auf den Toiletten gefunden und mich für den Gedanken geschämt. Bei dem was sie durchmachen musste, wie hätte ich da Jammern können?
Aber es tut weh. Es tut weh mehr wie ein Gebrauchsgegenstand für Hausaufgaben und Co. gesehen zu werden, als wie ein Mensch.

Aber mein Handy zu ignorieren wird fast unmöglich, nachdem meine Mailbox bereits drei Mal angesprungen ist und derjenige trotzdem nicht aufgibt mich zu erreichen.
Also suche ich letztendlich mit tauben Fingern mein Handy und starre dann auf den Bildschirm, unentschlossen, was ich machen soll.
Es ist Gray, der mich wie ein Besessener versucht zu erreichen, und mein Finger schwankt zwischen dem grünen Hörer und der Stummschalten-Taste hin und her.
Doch umso länger ich seinen Namen anstarre, desto mehr taut mein Herz wieder auf und beginnt heftig zu ziehen. Ich will seine Stimme hören, auch wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll.
Also nehme ich schlussendlich an und halte mir das Handy ans Ohr.

"Bunny? Alles okay? Du hast versucht mich zu erreichen."

Stimmt ja, ich war ja diejenige, die vorhin versucht hat ihn anzurufen. Wie gut, dass er nicht dran gegangen ist. Wer weiß, was ich ihm erzählt hätte, das ich jetzt schon wieder bereuen würde.

"Ja, sorry, alles gut. Ich wollte nur wissen wo ihr seid."

Ich bin mir sicher, über die Leitung hört man kaum noch, dass sich meine Stimme etwas stumpf anhört. Doch vorsichtshalber nehme ich trotzdem einen tiefen Atemzug und versuche mich am Riemen zu reißen.

"Wir sind gerade aus der Umkleide raus. Bist du bei deinen Eltern? Und wo seid ihr? Wenn es für dich okay ist würde ich sie gerne kennenlernen."

Es tut weh mir Grays Lächeln vorzustellen, dass in seinen Worten mitschwingt. Er ist so normal. So gut gelaunt und ohne diesen ganzen Ballast. Ich komme mir wie ein Stein vor, der ihn nach unten zieht.

"Ähm..."

Fieberhaft durchstöbere ich meinen Kopf nach einer plausiblen Antwort, aber mir will nicht so Recht etwas einfallen und mit einem Seufzen muss ich eingestehen, dass ich bereits zu lange gebraucht habe, um noch etwas anderes als die Wahrheit sagen zu können.

"Nein, ich bin nicht bei meinen Eltern. Ich... Ich bin runter gelaufen in der Hoffnung auch ohne Kayla die Umkleiden zu finden, aber ich befürchte irgendwie ich habe mich verlaufen."

Als am anderen Ende für einen Moment Stille herrscht, reibe ich mir über die Stirn. Vielleicht hätte ich doch nicht den Anruf annehmen sollen.

"Kannst du mir beschreiben wo du bist? Ich hol dich ab."

Dieses Mal hat es ausnahmsweise andere Gründe, dass ich nicht will, dass Gray sich die Mühe macht. Mir geht es nicht darum höflich zu sein oder niemanden Schwierigkeiten zu machen. Zumindest nicht ausschließlich. In erster Linie will ich nicht, dass Gray mich so sieht. Er hat schon sehr viele meiner Eigenheiten ertragen, aber das hier muss ich ihm nicht auch noch antuen. Ich bin es nicht wert ihm die Siegesstimmung zu zerstören.

"Nein, alles gut. Ich finde schon meinen Weg. Feier du mit deinen Jungs. Herzlichen Glückwunsch übrigens zu dem grandiosen Spiel."

Wenn es nicht total kindisch gewesen wäre, hätte ich am liebsten einfach das Handy vom Ohr genommen und aufgelegt. Denn wenn ich eins in den letzten Wochen gelernt habe, dann dass Gray sich nicht so leicht abspeisen lässt.

"Das hier unten ist ein halber Irrgarten, ich spreche aus Erfahrung. Also Bunny, lass dir helfen."

Es gibt absolut keinen Grund dafür, aber mit einem Mal bin ich sauer auf Gray. Oder vielleicht auch auf mich oder die ganze Welt. Was auch immer, aber ich kann nicht an mich halten.

"Ich brauche keine Hilfe, okay?"

Die patzigen Worte sind mir kaum entschlüpft, da bereue ich sie auch schon. Die Augen geschlossen, die Augenbrauen zusammengezogen lausche ich der Stille am anderen Ende der Leitung. So viel also dazu Gray das hier nicht zu zumuten. Gray ist nicht auf den Kopf gefallen. Er weiß jetzt, dass irgendetwas nicht stimmt.

"Row, du sagst mir jetzt sofort was du um dich herum siehst und bewegst dich dann keinen Zentimeter mehr vom Fleck, bis ich da bin."

Keine Ahnung was für eine Achterbahn meine Emotionen da gerade durchleben, aber als ich antworte muss ich gegen ein Schluchzen ankämpfen. Und da es das einzige ist, was dagegen zu helfen scheint fliehe ich mich wieder in einem bissigen Tonfall.

"Keine Ahnung Gray! Weiße Wände?"

Ich schmeiß die freie Hand in die Luft und lass sie laut auf den Boden aufschlagen. Das lässt meine Handfläche brennen, aber irgendwie ist das Gefühl befriedigend.

"Da ist ein Notausgangsschild und...", Ich schaue mich nach links und rechts um. "Und eine Tür mit einem Gefahrenzeichen für Elektrizität drauf."

Ich hätte mit dieser Beschreibung absolut nichts anfangen können, aber Gray scheint es etwas zu sagen.

"Okay, ich bin gleich da."

Dann legt er auf. Ohne ein Wort zu meinem kleinen Ausbruch und auch seinem Tonfall war kein Hinweis zu entnehmen, in was für einer Stimmung er ist, sodass ich nur ahnungslos sitzen bleiben kann.
Mit einem Stöhnen lasse ich meinen Kopf vor auf meine Knie fallen. Das habe ich ja super hinbekommen. Ich bin nicht nur schwach geworden, sondern habe gleich auch einmal den Mann mit dem gütigsten Herzen, das ich kenne, angefahren, obwohl er absolut nichts dafür kann, dass mich ein bisschen Klatsch aus der Heimat komplett aus der Bahn schmeißt. Ich bin wirklich eine klasse Freundin. Und so kommt auch noch Scham in das Karussell der Gefühle in meiner Brust mit dazu. Ich hätte einfach nie mein Zimmer verlassen sollen.

Gray lässt nicht lange auf sich warten.
Es dauert keine zwei Minuten, da höre ich bereits seine Schritte durch den Gang hallen und so wie es sich anhört joggt er.
Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als mir klar wird, dass er sich für mich so beeilt. Wieso? Wieso nimmt Gray all diese Mühen wegen mir auf sich? Ich kann es einfach nicht verstehen. Er ist ein Sportler, überall beliebt und hat ein Gesicht, dass Mädchen auf die Knie fallen lässt. Und er müht sich mit einem kleinen Nerd wie mir ab. Das entzieht sich vollständig meinem Verständnis. Normale Personen haben ja schon kein Interesse an mir.
Mein Gott, man kann mit mir ja auch nichts anfangen! Ich bin vielleicht gut für ein Pubquiz, aber mehr trage ich zu einem Abend auch nicht bei.

Ich schaue nicht auf, auch als ich höre, dass Gray seine Schritte verlangsamt und schlussendlich neben mir stehen bleibt. Ich will ihn nicht sehen. Will mir nicht vor Augen führen, wie wenig wir zueinander passen. Egal was das zwischen uns sein mag, es hat ein Ablaufdatum. Irgendwann wird er das Interesse an mir verlieren. Oder die Nase von mir voll haben. Von der Verrückten in der Badewanne. Von dem Streber mit einem Rechercheordner für Eishockey. Von der Langweilerin hinter dem Bibliotheksschalter.
Ich ziehe meine Beine noch ein Stück enger an mich und verberge das Gesicht hinter meinen Knien.

"Row?"

Ich hätte nie gedacht das jemals zu denken, aber ich wünschte er hätte Bunny gesagt. So scheint die Situation noch viel ernster zu sein und das obowohl er doch eigentlich seinen Sieg feiern sollte.

"Du hättest nicht herkommen sollen."

Meine Stimme klingt völlig normal, höchstens gedämpft dadurch, dass ich zum Sprechen nicht den Kopf hebe. Sachlich und neutral zu sein erscheint mir der einfachste Weg zu sein. Darin bin ich gut. Aber diese zwischenmenschlichen Sachen? Keine Ahnung wie ich es die letzten Wochen geschafft habe nicht wie ein absolutes Alien zu erscheinen. Oder vielleicht habe ich das gar nicht und habe mir nur eingeredet ein Stück... Normalität gefunden zu haben.

"Doch, ich glaube ich bin absolut richtig hier."

Gray klingt fest entschlossen, aber ich weiß dass er sich irrt. Er gehört hier nicht her. Er gehört nicht in meine Welt, in den Schatten.
Ich spüre wie er neben mir in die Hocke geht und bin aufgesprungen, bevor er die Hand nach mir ausstrecken kann.
Dadurch muss ich ihn unweigerlich das erste Mal anschauen und der einzige Weg, wie ich mich nicht gleich unter Tränen bei ihm entschuldige und ihn anflehe, er soll mich nicht verstoßen, ist mir wieder meine alles-egal-Attitude anzueignen.
Während Gray mich also mit gerunzelter Stirn betrachtet ziehe ich ironisch eine Augenbraue nach oben.

"Also, wo geht es hier wieder nach draußen?"

Ich sehe Grays Kiefer mahlen, bevor er sich wieder erhebt. Ihm ist anzusehen, dass ihm etwas auf der Zunge liegt. Aber was auch immer es ist, er schluckt es wieder herunter und deutet nur mit dem Kopf in die Richtung, aus der er auch gekommen ist.
Wortlos setzen wir uns in Bewegung.
Ich laufe neben ihm her, aber achte darauf Abstand zwischen uns beiden zu halten. Ich will gerade absolut niemandem nahe kommen. Abwehrend schlinge ich die Arme um mich.
Trotzdem kann ich es nicht lassen Gray immer wieder Seitenblicke zu zuwerfen. Er hat noch immer sein Trikot an und dazu eine kurze Trainingshose, als hätte er sich auf die Schnelle einfach nur etwas übergeschmissen.
Er hat den Blick starr gerade aus gerichtet und ich weiß, dass ich mit meinem Verhalten kein Recht dazu habe, aber es tut weh, dass er nicht wie üblich mit mir herumalbert. Aber vielleicht ist es auch besser so. Wenn er früh genug erkennt, dass ich nicht die Richtige bin.
Blinzelnd wende ich den Kopf ab, bevor man sehen kann wie kurz ich vor den Tränen stehe.

Wahrscheinlich hätte ich besser aufpassen sollen wohin wir laufen, aber ich bin viel zu abgelenkt, sodass ich überrascht stoppe, als wir vor den Umkleiden ankommen.
Von den anderen ist weit und breit nichts zu sehen, doch Gray hält mir nur wortlos die Tür auf und schaut mich ernst an.

"Wo sind die anderen?"

Unbehaglich verlagere ich das Gewicht, versuche aber so gut wie möglich in meiner unnahbaren Rolle zu bleiben.

"Geh da rein."

Grays Worte sind keine Bitte, sondern ein eindeutiger Befehl. So habe ich ihn noch nie sprechen gehört und es lässt mich zögerlich einen Schritt zurück treten. Als Gray das sieht stößt er ein Schnauben aus und wendet für einen Moment das Gesicht von mir ab, um sich einmal durch die Haare zu fahren.

"Na gut, dann halt anders."

Bevor ich verstehe was passiert, tritt Gray fest entschlossen auf mich zu und schmeißt mich zum zweiten Mal diese Woche über seine Schulter. Mit einem "Uff" wird mir die Luft aus den Lungen gepresst, aber das scheint ihn nicht sonderlich zu kümmern, als er mich einfach in die Umkleide schleppt.

"Gray, lass mich runter!"

Obwohl es fast die gleichen Worte sind, die ich auch am Mittwoch schon zu ihm gesagt habe, ist dieses Mal die Situation doch eine ganz andere. Das letzte Mal habe ich gewusst, dass das Ganze einfach nur Spaß ist. Doch dieses Mal fühlt es sich ganz und gar nicht so an, als wäre Gray zum Spaßen aufgelegt.
Er ist wütend. Ich spüre es daran wie angespannt er ist. Wie sein Griff etwas zu fest und seine Schritte etwas zu hart sind.
Ich habe keine Angst, ich könnte niemals vor Gray Angst haben. Ich weiß, dass er mir niemals etwas tun würde. Aber ich weiß absolut nicht mit was ich zu rechnen habe und das lässt mich mich noch etwas fester an ihm festklammern.

"Gray, la..."

Weiter komme ich nicht, weil ich mich selbst mit einem Aufschrei unterbreche, als plötzlich kaltes Wasser auf mich niederprasselt. Unsanft werde ich auf meine Füße abgestellt, aber ich brauche noch einen Moment, bis ich checke, dass Gray mich einfach unter eine Dusche gestellt hat. Mit meinen Kleidern und allem drum und dran.
Nur meine Handtasche hat er mir aus der Hand entwunden und sie sanft in eine Ecke geworfen, bevor er mich mit eisernem Griff unter dem Wasserstrahl festhält.
Prustend versuche ich mir die Haare aus dem Gesicht zu werfen, die innerhalb von Sekunden komplett durchnässt sind.

"Oh mein Gott! Spinnst du? Lass mich sofort los!"

Ich versuche mich aus Grays Griff zu entwinden, aber ich habe keine Chance gegen ihn, bis ich schlussendlich aufgebe und den Kopf senke, um zumindest kein Wasser in die Augen zu bekommen.

"Du Idiot! Was soll der Scheiß?"

Wie bei unserer ersten Begegnung hole ich aus um Gray auf den Fuß zu treten. Aber anderes als damals sieht er es dieses Mal kommen und bringt seine Füße rechtzeitig in Sicherheit, bevor er seinen Griff ändert und mich gegen die Wand hinter mir schiebt.

"Hör auf damit."

Obwohl ich gegen das Wasser anblinzen muss kann ich Grays Gesicht vor meinem nur zu deutlich sehen. Seine Stimme ist tief und bedrohlich und sein Blick durchbohrt mich gerade zu. Aber dieses Neandertaler-Verhalten macht nur auch mich sauer.

"Mit was? Nach dir zu treten?"

Ich versuche mein Glück noch einmal, aber Gray hat mich zu gut fixiert, als dass ich ihm gefährlich werden könnte.

"Nein. Damit mich auszuschließen."

Bevor ich es kommen sehen kann drückt Gray seinen Mund auf meinen. Anders als sonst hat der Kuss nichts sanftes an sich. Er drängt ihn mir gerade zu auf und doch kann ich nichts anderes tun, als seinem Drängen zu folgen und den Kuss zu erwidern, bevor wir uns atemlos wieder voneinander lösen.
In einer verwirrenden Mischung aus Wut und Hilflosigkeit starre ich Gray an.

"I... Ich schließe dich nicht aus. Ich wollte einfach Zeit für mich."

Dieses Mal um einiges sanfter ändert Gray erneut seinen Griff, so dass seine breiten Schultern das Wasser von mir abschirmen. Ich fühle wie einer seiner Daumen sanft über meine Wange streichen und schließe die Augen, um dem Bedürfnis zu widerstehen mich an ihn zu lehnen.

"Nein, dir ging es nicht gut. Und anstatt dir helfen zu lassen hast du die Dinge einfach mit dir selbst ausgemacht."

Selbst mit geschlossenen Augen spüre ich, wie er sich zu mir herunter lehnt und ganz nah an meinen Lippen spricht.

"Aber soll ich dir etwas sagen? So funktioniert das nicht mehr. Nicht mit mir."

Als seine Lippen dieses Mal nur ganz leicht auf meinen liegen, zerreißt es mir fast das Herz und ich kann nicht anders als mich an seinem nassen Trikot festzuklammern, um ihn noch ein Stück näher so zu kommen.
Wie ein Kartenhaus brechen meine Schutzmauern wieder ein und ich kann nicht verhindern, dass mir an Grays Lippen ein leises Wimmern entflieht.
Ich schmelze in seinen Armen und sobald er spürt, dass ich meinen Widerstand fallen lasse hantiert er kurz hinter meinem Rücken herum und mit einem Mal wird das Wasser um uns herum warm.

Meine Augen fangen an zu brennen, als sich Gray ganz sanft von mir löst und mich an seine Brust zieht. Wie kann eine einzige Umarmung für mich die ganze Welt bedeuten? Meine Hände an seinem Rücken gekreuzt drücke ich mich noch ein Stück enger an ihn und vergrabe mein Gesicht an seiner Brust. Mich stört es nicht einmal, dass unsere beiden Kleider komplett durchnässt sind. Ich will nichts anderes als genau so stehen zu bleiben und Gray nie wieder loszulassen. Denn er hat es tatsächlich geschafft mir meine Zweifel zu nehmen. Ich kann wieder frei Atmen und über Joyce nachdenken, ohne das Gefühl zu haben keinen Platz auf dieser Welt verdient zu haben. Weil er mir hier in seinen Armen diesen Platz gibt.

Während wir also still unter dem Wasserstrahl stehen und ich wieder zurück zu mir finde, wird mir etwas unweigerlich bewusst. Ich bin verliebt in Gray. Im mit Haut und Haaren verfallen ohne einen Weg zurück. Und selbst wenn ich könnte, würde ich nicht mehr zurück gehen.
Mich nach oben streckend platziere ich einen Kuss auf Grays Kieferlinie, bevor er sein Gesicht mir zu wendet und wir uns in einen kurzen süßen Kuss vertiefen.

"Es tut mir leid. Ich wollte dich vorhin nicht so anpampen."

Beschämt beiße ich mir auf die Lippen, aber Gray schüttelt mit seinem unendlich erscheinenden Verständnis nur den Kopf und streicht mir eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Ich weiß. Aber...", mit einem Seufzen stellt Gray das Wasser ab und scheint nachzudenken, wie er das nächste sagen soll. "Du bist meine Freundin. Und damit ich mich unmissverständlich klar ausdrücke", schmunzelnd streichelt Gray mit seinem Daumen über meine Wange, "nicht eine Freundin, sondern meine Freundin. Und ich weiß, dass es Dinge gibt, über die du nicht reden willst. Das ist okay und dein Recht, aber von meiner Seite aus will ich, dass absolut nichts zwischen uns steht. Ich will für dich da sein und eigentlich habe ich gedacht wir wären was das anginge auch schon weiter gekommen."

Grays Worte schnüren mir den Hals zu und ich bin froh, dass ich mich noch immer an ihm festklammere, denn ich bin mir nicht sicher ob meine Beine allein mich noch gehalten hätten. Doch genauso stark wie die Euphorie darüber, dass er mich gerade offiziell seine Freundin genannt hat, ist auch das schlechte Gewissen darüber, dass ich schuld daran bin, das ein Schatten über sein Gesicht huscht. Aber ich kann es einfach nicht sagen. Mein ganzer Körper lehnt sich dagegen auf, zu Mal das hier sowohl der falsche Ort, als auch der falsche Zeitpunkt ist, um meine erbärmliche Lebensgeschichte auszupacken.
Trotzdem will ich Gray in irgendeiner Weise zeigen, dass ich ihm vertraue. Ihn gar nicht ausschließen will. Dass wir schon so weit sind.

"Es gibt wenige Menschen, die ich nah an mich lasse."

Unbehaglich darüber das offensichtliche laut vor ihm einzugestehen, verlagere ich das Gewicht und lasse meinen Blick schweifen.

"Ich... Ich habe Angst davor zurückgewiesen zu werden. Also gehe ich die Gefahr erst gar nicht ein, es soweit kommen zu lassen."

Ein trauriges Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln und Gray zieht mich wieder in seine Arme, wo ich das Gesicht an seiner Schulter geborgen ihm so viel von mir offen lege, wie ich es in diesem Moment kann.

"Und du... Du bist das komplette Gegenteil. Du läufst mit offenen Armen durchs Leben, du lebst quasi in einer anderen Welt. Und ich kann immer noch nicht verstehen, weshalb du mich in dieser Welt haben willst."

Mit einem tiefen Atemzug schließe ich die Augen und konzentriere mich voll und ganz nur auf Grays Präsenz. Seine Gelassenheit, wie ein Fels in der Brandung.

"Ich wollte dich gerade nicht bei mir haben, weil ich Angst hatte es könne dich verschrecken zu sehen, wie unterschiedlich wir wirklich sind. Wie verkorkst ich bin."

Auf mein Geständnis folgt einen Moment Stille, in der nur das laute Klopfen meines Herzens zu hören ist. Doch so nah bei Gray, so geborgen in seinen Armen, mache ich mir keine Sorgen. Irgendwoher nehme ich die Gewissenheit, dass er sich nicht abwenden und gehen wird.

"Alles was ich die letzten Wochen über dich gelernt habe, Row, hat mich nur noch mehr fasziniert. Du bist die beeindruckenste Persönlichkeit, die ich kenne und verdammt ja, ich will dich in meiner Welt! Aber nicht nur als ein Gast, sondern als fester Bestandteil. Und genau das gleiche will ich auch in deiner Welt sein. Und zwar in jedem Teil deiner Welt, egal ob es nicht immer nur die Sonnenschein-Seite ist."

Das ist gut, denn viel Sonnenschein gibt es auch nicht wirklich. Aber das sage ich nicht laut, sondern drücke mich nur ganz eng an Gray und gebe mein bestes dem Brennen in meinen Augen nicht nachzugeben. Doch als sich Gray bewegt gehe ich ein kleines Stück zurück, um ihm Platz zu geben. Aber anscheinend passt das nicht in Grays Plan. Denn augenblicklich werde ich hochgehoben und kann nicht anders, als meine Beine um seine Hüfte zu schlingen, wenn ich nicht wie ein nasser Sack Kartoffeln in seinen Armen hängen will. Mit einem kleinen überraschten Laut werde ich also Mal wieder in der Gegend herumgetragen. Aber Grays lächelndes Gesicht direkt vor meinem ist es das alle Mal wert.

"Was wird das denn jetzt schon wieder? Nach der Duschaktion ist mein Vertrauen in dich etwas angeknackst."

Ich strafe meine Worte selbst mit Lügen, als ich vertrauensvoll die Arme um seinen Hals lege und werde dafür mit einem kurzen Kuss belohnt.

"Tja, irgendwie musste ich deinen Dickkopf ja knacken. Aber glaube mir, das nächste Mal wirst du freiwillig mit mir duschen wollen."

Ich sehe noch das selbstsichere Lächeln auf seinem Gesicht aufblitzen, das ich schon bei unserer ersten Begegnung bei ihm gesehen habe, bevor seine Lippen wieder den Weg zu meinen finden und ich gar nicht anders kann, als ihm diesen kleinen Anfall von Selbstherrlichkeit zu verzeihen. Denn am liebsten wäre ich tatsächlich sofort wieder umgekehrt zurück zu den Duschen. Doch wir sind bereits im vorderen Umkleideraum mit Bänken und den Spinden der Spieler. Aber ich stelle schnell fest, dass das für mich genauso in Ordnung ist, als Gray sich auf eine der Bänke fallen lässt und ich mal wieder rittlings auf ihm sitze.
Uns entfährt im gleichen Moment ein Stöhnen, als ich meine Position korrigiere und ich merke wie Gray an meinen Lippen grinst.

"Sollte mich nicht überraschen, dass du schnell lernst."

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es wenig mit lernen zu tun hat, dass mein Körper ihm einfach nur so nah wie möglich kommen will. Aber ich lasse Gray einmal das Bild von mir, während ich mit wild klopfenden Herzen nach dem Saum seines Trikots greife. Ich habe Angst damit zu weit zu gehen, aber Gray hebt sofort hilfsbereit die Arme, sodass ich ihm das Oberteil über den Kopf streifen kann.
Der Anblick von Grays Oberkörper verschlägt mir Mal wieder die Sprache. Ich kann nur still da sitzen und mit den Augen die Konturen seiner Muskeln nachfahren, bis Gray nach meinen Händen greift und sie auf seinen Brustkorb drückt.

"Fass mich an."

Ich kann nicht anders als dem Befehl zu folgen, während Gray sich vorbeugt und anfängt an meinem Hals zu knabbern. Ich ziehe scharf die Luft ein, lasse aber weiter meine Finger über seinen flachen Bauch gleiten.

"Kein Schwabbelbauch. Ich bin überzeugt."

Gray lacht über meine atemlosen Worte und sein Atem kitzelt dabei meinen Hals an der Stelle, die er gerade noch mit Küssen verwöhnt hat, und beschert mir damit eine Gänsehaut.
In einer rein instinktiven Bewegung drücke ich meine Hüften nach vorne und lasse damit Gray dieses Mal ziemlich atemlos zurück.

"Verdammt."

Seine raue Stimme veranlasst mich dazu genau die gleiche Bewegung noch einmal zu machen und fast augenblicklich liegen seine Hände fordernd auf meiner Hüfte.
Unsere Lippen treffen wieder aufeinander und Gray bringt mich mit seiner Zunge fast um den Verstand.
Irgendwann zieht er am Saum meines Trikots und wir schaffen ausgleichende Gerechtigkeit, indem er auch mir das Trikot über den Kopf streift. Mein Herz hat so einiges auszuhalten, während auch Grays Hände auf Wanderschaft gehen. Mein Kopf im Gegensatz schält völlig aus, als sein Mund meinen Hals hinunter wandert und auf dem Ansatz meiner Brüste liegen bleibt.
Aber alles was er mir antut zahle ich ihm mit gleicher Münze heim. Küsse mich genauso seinen Körper entlang, während meine Hände jeden Zentimeter erkundigen und ich ermutigt von ihm und kurzen Anweisungen, die er mir immer wieder ins Ohr haucht, immer stärker die Hüften kreisen lasse. Bis Gray irgendwann eine Art Knurren ausstößt und seine Finger unter den Bund meiner Hose fahren.
Ich erstarre mitten in der Bewegung, selbst atmen tue ich nicht mehr, und starre einfach nur in Grays Augen, die feuerig leuchten.

"Ich werde nicht das erste Mal mit dir in einer Gott verdammten Umkleide schlafen. Aber wenn du es mir erlaubst, werde ich andere Dinge mit dir machen."

Zittrig ziehe ich die Luft ein, als seine Finger seitlich von meinen Hüften unter dem Bund nach vorne zu den Knöpfen meiner Jeans fahren. Ich weiß nicht was ich antworten soll, ich kann gar nicht antworten, weil meine Stimmbänder ihren Dienst verweigern.
Aber ich weiß, dass es mir in diesem Moment nicht Mal etwas ausmachen würde in einer Umkleide entjungfert zu werden, solange es Gray ist, der bei mir ist. Und dass ich ihn dafür liebe mich weder zu drängen noch diesen Fehler begehen zu lassen.

Anstatt also etwas zu sagen lehne ich mich nach vorne und küsse Gray mit allem was ich habe, während seine Finger meine Hose öffnen.

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