Kapitel 21
Die Arbeit in der Bibliothek diesen Nachmittag ist stressig.
Eine andere Aushilfe ist ausgefallen und so müssen wir restlichen alle doppelt so viel anpacken. Vor allem da bei dem schlechten Wetter draußen sich anscheinend die halbe Studentenschaft gedacht hat, in die Bibliothek zu kommen.
Das hat aber durchaus auch seine positiven Seiten, denn zwischen dem ganzen hin und herrennen, um zurückgegebene Bücher einzusortieren oder einem Kommilitonen zu helfen, das richtige Buch zu finden, können meine Gedanken nicht in falsche Richtungen abgleiten.
Es ist falsch Gray mit Joyce, Michael oder sonst jemanden aus meiner Schulzeit zu vergleichen. Zum einen ist er kein pubertärer Junge mehr und zum anderen war er auch letzte Woche Donnerstag schon verhindert. Wahrscheinlich ist der Tag bei ihm einfach verplant und es gibt immerhin auch keine Verpflichtung, die ihn zwingt, hier her zu kommen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich noch immer auf das Spiel am Samstag eingeladen bin. Es ist also keines Falls so, als würde er mich fallen lassen.
Und Apropos Spiel - das ist der Nachteil der stressigen Arbeit. Der kleine Ordner, den ich die letzten zwei Tage mit meiner Recherche über Eishockey gefüllt habe, bekommt leider keine Chance aus meiner Tasche zu wandern. Und das obwohl ich einen kleinen Crashkurs echt nötig habe. Ich hasse es unvorbereitet zu sein und zumindest über die Grundlagen dieses Sportes möchte ich kennen, bevor ich mich in die Arena setze. Deswegen habe ich noch Dienstagnacht, als an Schlaf so oder so nicht zu denken war, meinen Laptop hochgefahren und mich durch die verschiedensten Videos, Artikel und Websites geklickt, um zumindest halbwegs auf das vorbereitet zu sein, was mich am Samstag erwartet. Immerhin wusste ich davor noch nicht einmal, dass es drei Drittel á 20 Minuten zu spielen gibt. Ich war ja schon stolz auf mich, dass ich gewusst habe, dass die kleine schwarze Scheibe, der alle nachrennen, Puck heißt und man auf Schlittschuhen spielt.
Als ich abends nach Hause komme beschäftige ich mich aber trotzdem erstmal mit den Texten für mein Psychologieprojekt und verschiebe meine Eishockeylektüre auf später.
Mein Studium hat erste Priorität. So viel sich momentan auch zu verändern scheint, das wird definitiv immer so bleiben.
Das Thema, das uns Professor Ming zugeteilt hat, ist tatsächlich ziemlich interessant und so fliegt die Zeit geradezu an mir vorbei, während ich an meinem Schreibtisch sitze. Als ich das nächste Mal auf eine Uhr schaue ist es bereits elf Uhr abends und ich kann mir ein Gähnen nicht mehr verkneifen. Also entscheide ich, dass es für heute genug ist, mache mich bettfertig und kuschle mich mit den Eishockeyunterlagen unter meine Decke. Zumindest theoretisch werde ich diesen Sport bis Samstag verstehen.
***********
Freitagnachmittag ist es in der Bibliothek nicht viel besser als am Tag zuvor. Wir sind immer noch unterbesetzt, weil Karla auf die Schnelle niemanden finden konnte, der für den Krankheitsfall einspringt. Aber zumindest sind nach meiner Einschätzung weniger Studenten da und somit ist das Chaos nicht ganz so verheerend. Mir bleiben sogar zwischendrin ein paar Minuten, in denen ich mich wie gewöhnlich am Informationsschalter einrichten kann, bevor Karla mir ein neues Wägelchen mit Büchern bringt, die verräumt werden müssen und ich währenddessen noch von drei Studenten abgefangen werde.
Der letzte von ihnen treibt mich dabei halb in den Wahnsinn, indem er mich einmal durch die ganze Bibliothek schickt auf der Suche nach einem Buch, dessen Titel er sich nicht richtig gemerkt hat.
"Ich glaube es war etwas mit 'Die Kunst der... Ähm... Der Baustile?"
Letztendlich stellt sich heraus, dass er „Baustilkunde" meinte und ich hätte ihm am Liebsten ans Herz gelegt, sich das nächste Mal aufzuschreiben, was er sucht, damit er nicht den wahren Titel mit „Die Kunst des Krieges" oder was weiß ich durcheinanderschmeißt. Aber ich knirsche nur mit den Zähnen, drehe mich noch während er sich bedankt um und marschiere weg, bevor meine Nerven völlig am Ende sind. Aus meinem Dutt haben sich einige Strähnen meines Haares gelöst, die ich entnervt aus dem Gesicht blase, gerade als ich um die Ecke zum Informationsschalter schieße.
"Oje Bunny, wer ist dir denn auf den Schlips getreten?"
Mein Kopf fährt zu Gray herum, der, als gäbe es inzwischen nichts normaleres mehr, hinter dem Tresen sitzt, und mich frech angrinst. Mein Herz macht einen Sprung und ein Teil der Wut ist sofort verraucht, weswegen ich nur noch schlecht gelaunt grummle, während ich das Haargummi aus meinen Haaren ziehe, um sie neu zusammenzuknoten.
"Das Eintagsfliegen-Gedächtnis der heutigen Jugend."
Gray fängt an zu lachen und legt einen Stapel Blätter auf meinen Platz, die er zuvor in der Hand gehalten hatte, neben einen Kaffeebecher, der schon auf mich wartet.
„Du weißt aber, dass du selbst noch zu dieser ominösen 'Jugend' gehörst, oder?"
Schnaubend gehe ich um den Tresen herum und lasse mich auf meinen Stuhl fallen.
„Das schon, aber ich gehöre nicht zu dem Teil, die ohne ihr Handy nicht mal ihren eigenen Namen schreiben können."
„Oh ja, das kann ich bestätigen. In deinem kleinen Kopf steckt viel mehr."
Grinsend tippt er mir gegen die Stirn, aber ich bin immer noch nicht wirklich gut gelaunt, also rümpfe ich die Nase und versuche seiner Hand zu entkommen, während ich mir meinen Kaffee greife.
„Aber anscheinend hast du eine kleine Wissenslücke unter dem Stichwort ‚Eishockey'."
Mit einer hochgezogenen Augenbraue deutet er auf den Papierstapel, den er vorher abgelegt hat und erst jetzt fällt mir auf, dass es sich dabei um meine Rechercheergebnisse handelt.
Ich bin froh, dass ich noch keinen Schluck von meinem Kaffee genommen habe, denn sonst hätte ich jetzt wohl einen filmreifen Auftritt hingelegt und ihn in einer Fontaine einmal über den ganzen Tresen verteilt. Innerhalb einer Sekunde steht mein Kopf in Flammen und ich drücke mir die Blätter an die Brust, als würde Gray vergessen was draufsteht, sobald er die Überschrift nicht mehr sehen kann.
„Du hast in meinen Sachen herumgeschnüffelt?!"
Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck, den ich ihm nicht ganz abnehme, lässt sich Gray in seinem Stuhl zurücksinken.
„Also geschnüffelt würde ich das jetzt nicht nennen, wenn das hier so offen herumliegt. Und viel wichtiger ist doch Bunny, wenn du Fragen hast, wieso bist du dann nicht einfach direkt zu mir gekommen?"
Herausfordernd funkelt er mich an und wenn möglich wird mir das Ganze noch peinlicher. Aber mein Stolz ist zu groß, um vor ihm zu zugeben, dass ich nicht dumm dastehen wollte. Im Pub am Dienstag haben mich alle für mein Wissen gefeiert. Mein ganzes Leben lang ist das einzige, was ich richtig zu machen scheine, das Lernen. Vor jemanden einzugestehen, dass ich von manchen Dingen aber absolut keine Ahnung habe, kommt mir so vor als würde ich auch noch das Letzte verlieren, dass mich vielleicht in irgendeiner Art und Weise... besonders macht.
„Wieso sollte ich, wenn mir eine Google-Suche genau die gleichen Ergebnisse liefern kann?"
Bemüht darum locker zu wirken, öffne ich mit ruhigen Gesten eine Schublade und lege die Papiere hinein. Aus den Augen, aus dem Sinn, nicht wahr? Aber bei Gray scheint das nicht so ganz zu funktionieren.
„Oh glaub mir Bunny, Eishockey ist nicht in Worte fassbar. Die Stimmung in der Arena, das Eis, das Team... nichts von dem was du gelesen hast, wird dich darauf vorbereiten."
Ich schlucke hart bei seinen Worten, denn das ist, um ehrlich zu sein, meine größte Sorge. Mich haben schon zwei Dutzend Menschen am Dienstag an den Rand meiner Toleranz gebracht. Wie soll das dann am Samstag funktionieren? Aber davon sage ich nichts. Und das wäre mir auch gar nicht möglich gewesen, denn Gray ist mir mit einem Mal wieder so nah, dass es mir die Stimme verschlägt.
„Aber ich muss schon sagen, irgendwie ist deine kleine Eishockey-Recherche schon niedlich. Du bist halt voll und ganz die fleißige Studentin, hm?"
Federleicht streifen seine Fingerkuppeln meine Wange, als er eine einzelne Haarsträhne, die heute wohl einfach nicht im Haargummi bleiben will, hinter mein Ohr streicht. Und ich bin mir sicher, ihm entgeht dabei nicht, wie mein Atem zittrig wird.
Seine blauen Augen lächeln mich an und es ist schon geradezu ein Wunder, aber mein Unterbewusstsein fasst seine Worte tatsächlich nicht als Beleidigung auf. Ich fühle mich nicht angegriffen, verletzt oder habe das Bedürfnis vor Gray zurückzuweichen. Ich verharre einfach, verliere mich in dem Moment... bis Karlas Stimme mich zurück in die Realität reißt.
„Row, Süße? Ich bräuchte hinten deine Hilfe. Hast du... oh! Der nette junge Herr ist ja wieder da!"
Karla strahlt über das ganze Gesicht, als sie zu uns blickt und ich will schon hastig Abstand zwischen Gray und mich bringen, da fällt mir auf, dass er das schon längst getan hat und meine Chefin höflich anlächelt.
„Hallo Karla. Ich hoffe dir geht es gut?"
„Ach, jetzt auf jeden Fall schon viel besser!"
Karla zwinkert Gray zu und ich sitze nur fassungslos daneben, als mir klar wird, dass das ein Flirt war. Gray nimmt es aber, wie alles, entspannt und lacht auf den Kommentar hin herzlich auf.
„Freut mich, dass ich helfen konnte."
Auch er zwinkert und so langsam wird mir das alles echt zu bunt. Vor allem da meine Gehirnzellen noch nicht wieder alle vollständig aktiviert sind, nach dem kleinen Kurzschluss den Gray in mir ausgelöst hat. Aber anscheinend ist der Grund, weshalb Karla mich gesucht hat, wichtig genug, als dass sie jetzt zum Ernst der Sache zurückkommt und sich mir zuwendet.
„Süße, ich befürchte heute kannst du nicht hier vorne bei deinem Freund bleiben."
Ich öffne schon den Mund, um Karla zu verbessern, da hält mich ein Ellenbogenstoß davon ab. Erstaunt blicke ich zu Gray.
„Hinten ist eine neue Lieferung angekommen und mit der Unterbesetzung wirst du das leider übernehmen müssen. Ich hoffe das ist in Ordnung für euch zwei Schnuckelchen?"
Immer noch irritiert blinzle ich Karla einen Moment dümmlich an, bis ich mich wieder weitgenug fasse, um ihr zu antworten.
„Ähm", ich räuspere mich. „Ja klar, dafür werde ich doch schließlich bezahlt. Ich bin gleich da."
„Ach, keine Eile. Einen Moment können die Bücher noch warten."
Herzlich wie eh und je lächelt mich Karla an.
„Aber ich werde euch zwei jetzt auch mal in Ruhe lassen. War schön dich wiederzusehen, Schätzchen!"
Mit einem letzten strahlenden Lächeln an Gray dreht sich meine Chefin wieder um und verschwindet. Das gibt mir die Möglichkeit zu ‚meinem Freund' herumzufahren und ihn ungläubig anzusehen.
„Wieso hast du mich das nicht richtigstellen lassen?"
Die Frage ist mir mehr als unangenehm und das Herz scheint mir mal wieder aus der Brust springen zu wollen, aber sie ist mir zu wichtig, als dass ich sie mir hätte verkneifen können.
„Keine Sorge, Bunny. Ich habe mir nur gedacht, dass sie mich bestimmt herausgeschmissen hätte, wenn sie wüsste, dass ich nur so ein dahergelaufener Kerl bin, der sich dir als Lernbuddy aufgedrängt hat. Und ich will meinen eins a Lernplatz doch nicht verlieren."
Gray grinst schief, aber trotzdem scheint mir dieses Mal mehr dahinter zu liegen als sonst. Aber vielleicht liegt das auch nur an dem kleinen Stich, der mir bei seinen Worten durch die Brust fährt. Da ich aber auch erst gar nicht das Risiko eingehen möchte, dass das Gespräch in falsche Richtungen geht, belasse ich es einfach dabei und erhebe mich mit einem Seufzen.
„Tja, den Platz hast du, aber ich glaube ich werde dir heute kein allzu guter Lernbuddy sein. Wir haben einen Krankheitsfall, also gibt es mehr zu tun als sonst. Aber ich verspreche, ich komme meinen Verpflichtungen nach und schaue hin und wieder vorbei, um motivierende Klapse auszuteilen."
Mit einem Stöhnen lässt Gray sich nach hinten sinken, aber das Lächeln, was seine Lippen ziert, während er sich einen Arm über die Augen legt, verrät, dass er nur Spaß macht, als er sagt: „Jaja, der einzige Grund weshalb du das machst, ist doch um deine Aggressionen auszuleben."
Darauf erwidere ich nichts, aber ich bin froh, dass er mein Grinsen hinter dem Kaffeebecher nicht sehen kann, als ich mich umdrehe und nach hinten verschwinde.
**********
Den ganzen Nachmittag über pendle ich zwischen dem Infoschalter und überall wo ich gebraucht werde hin und her. Aber erstaunlicher Weise bringt es mich nicht um den letzten Nerv. Eigentlich bin ich sogar ziemlich viel am Lächeln. Und das ist wohl Gray zu verdanken.
Ich weiß zwar nicht, wie produktiv sein Nachmittag war, denn zumindest jedes Mal wenn ich zu ihm komme sitzt er mit dem Handy in der Hand da, sodass ich ihm einen Schlag auf den Arm gebe.
Aber das ist der Punkt, denn als das zum vierten Mal passiert, kommt in mir der Verdacht auf, dass er es mit voller Absicht darauf anlegt. Genau genommen, meine ich aus dem Augenwinkel zu sehen, wie er erst nach seinem Handy greift, als ich schon um die Ecke biege, aber als ich meinen Blick richtig auf ihn richte, wirkt es so, als wäre er völlig auf das Display fixiert.
Ich kneife die Augen zusammen und gehe auf ihn zu, um meines Amtes zu walten und schnipse ihm gegen die Stirn. Das kommt wohl unerwartet, denn im Gegensatz zu den Malen zuvor, als ich ihn nur auf den Arm geschlagen habe, zuckt er dieses Mal ernsthaft zusammen und schaut mich überrascht an.
"Bunny, probierst du jetzt neue Methoden aus?"
Um meine Füße Mal etwas Entspannung zu gönnen, lehne ich mich an den Tresen, in dem Wissen, dass ich gleich wieder weiter muss und seufze.
"Tja, die bisherigen scheinen ja heute zu versagen. Ist das aufgeschlagene Buch etwa nur Alibi?"
Gray legt sein Handy weg und ich meine noch kurz zu sehen, dass er gar keine App geöffnet hat, sondern nur sein Hintergrund - das Eishockeyteam auf einem Gruppenfoto - zu sehen ist. Aber darüber denke ich nicht weiter nach, als er die Arme auf den Tresen aufstützt und sich leicht zu mir vorbeugt.
"Ich vermisse nun Mal schmerzlichst meinen Lernbuddy neben mir."
Seine Augen funkeln und ich kann gar nicht anders, als zu grinsen anzufangen, während meine Wangen erröten.
"Du kleiner Charmeur. Und was tust du, wenn ich Mal krank bin? Oder einfach nicht kann? Das hier sollte dir vor allem dabei helfen, dich irgendwann auch selbstständig zum Lernen motivieren zu können."
Grays Augenbrauen wackeln anzüglich, während sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitet.
"Wenn du mich zwingst, macht es aber viel mehr Spaß. Und wenn du einmal krank bist Bunny, musst du nur Bescheid geben und ich stehe mit einer Hühnersuppe vor deiner Tür."
Ich versuche meine Mundwinkel davon abzuhalten, noch weiter nach oben zu wandern und stattdessen einen tadelnden Blick aufzusetzen.
"Das wäre aber schlecht."
Erstaunt wandern Grays Augenbrauen nach oben.
"Ach ja? Ich habe gedacht ihr Mädchen steht darauf, wenn man sich um euch kümmert."
Ich weiß nicht wie es anderen Mädchen geht, aber mein Herz schlägt bei dem Gedanken, wie Gray sich mit mir auf die Couch kuschelt so wie Jackson mit Mary, ein bisschen schneller.
Aber davon versuche ich mir nichts anmerken zu lassen, sondern lege nur den Kopf leicht schräg.
"Dagegen sage ich auch nichts. Aber ich bin Vegetarierin. Mit deiner Hühnersuppe könnte ich nichts anfangen."
Dieses Mal sieht Gray wirklich überrascht aus, zumindest spricht sein offenstehender Mund dafür, bevor er sich wieder fängt.
"Oh wow Bunny, mir wird gerade bewusst wie wenig ich eigentlich über dich weiß. Gibt es sonst noch irgendwelche abartigen Gewohnheiten von dir?"
Lachend stoße ich mich vom Tresen ab und Mal wieder wird mir bewusst, wie einfach es mir inzwischen fällt mit Gray zu reden, wenn wir unter uns sind. Ein Gespräch dieser Art... Hätte ich wahrscheinlich nicht einmal mit Alexis geführt. Nicht so locker und einfach entspannt.
"Kein Fleisch zu essen siehst du also als abartig an? Ich weiß nicht, ob ich weiterhin dein Lernbuddy sein kann."
Ich möchte an seiner Seite des Schalters vorbeilaufen, um so langsam wieder meinen Pflichten nachzukommen, da hält mich mit einem Mal eine Hand am Handgelenk zurück und zieht mich an eine warme Brust. Ich erstarre vor Schock.
"Schwere Geschütze, die du da auffährst, Bunny."
Grays Atem streift an meiner Schläfe vorbei und beschert mir eine Gänsehaut.
"Ich nehme mit sofortiger Wirkung alles zurück. Du bist ein glänzendes Vorbild für die Menschheit und wir Fleischesser sollten uns was schämen. Bleibst du jetzt mein Lernbuddy?"
Wie ein kleines Kind zupft er an meinem Ärmel und wäre ich noch dazu in der Lage normal zu atmen, würde ich über seine übertriebene Entschuldigung lachen. Aber so bin ich schon stolz auf mich, dass ich es schaffe den Kopf halb zu ihm umzudrehen und ihm ein Grinsen zu schenken.
"Als würde ich auf meinen Gray-Spezial-Kaffee verzichten können."
"Das ist doch was jedes Männerherz hören möchte."
Ich werde mit einem Lächeln seinerseits belohnt, doch bevor er mich damit in seinen Bann ziehen kann, strubbelt er mir mit einem Mal wild durch die Haare, sodass ich quiekend zurückspringe.
Aber der Schaden ist schon angerichtet. Durch die Haare, die mir über das ganze Gesicht hängen, werfe ich Gray einen wütenden Blick zu, aber dieser ist zu sehr damit beschäftigt sich vor Lachen den Bauch zu halten, um es wirklich zu bemerken. Also beschließe ich, dass es endgültig Zeit ist zu gehen.
"Das wirst du noch bereuen, Fleischfresser!"
"Vor dir habe ich doch keine Angst, Pflanzenfresser!"
Wäre ich nicht damit beschäftigt meine Haare neu zusammenzubinden, hätte ich ihm den Mittelfinger gezeigt.
****************
Ich schaffe es erst einundhalb Stunden später wieder nach vorne und es wundert mich nicht wirklich, den Platz leer vorzufinden. Letzte Woche war Gray um die Uhrzeit auch schon längst gegangen. Trotzdem sinkt meine Stimmung augenblicklich und ich mache etwas, was ich sonst während der Arbeit nie tue: Ich hole mein Handy aus meiner Tasche und werfe einen Blick darauf.
Und meine Enttäuschung darüber, dass Gray ohne ein Wort gegangen ist, wird sofort davon gemildert, dass ich eine Nachricht von ihm habe.
Verdammt, ich stecke ziemlich in Schwierigkeiten, wenn mir ein paar geschriebene Zeilen so viel bedeuten, oder?
Gray: Sorry Bunny, ich musste los und habe dich nicht mehr gesehen :( und keine Ausreden für morgen! Ich will dich auf der Tribüne sehen! Deine Karte hat Kayla auch schon ;)
Mein Herz klopft Mal wieder schrecklich schnell, aber zumindest ist es dieses Mal Teils der Angst vor morgen verschuldet. Insgeheim habe ich wirklich schon an der ein oder anderen Ausrede gearbeitet und vielleicht stecke ich auch deswegen feige mein Handy wieder ein, ohne geantwortet zu haben.
Ich weiß noch nicht, ob ich dieses Versprechen geben kann. Bisher habe ich es ganz gut geschafft, den Gedanken an das Eishockeyspiel einfach aus dem Weg zu gehen. Aber jetzt sind es keine vierundzwanzig Stunden mehr bis dahin und das allein sorgt schon dafür, dass ich einige tiefe Atemzüge nehmen muss, um nicht die Nerven zu verlieren.
Deswegen mache ich mich schnell wieder an die Arbeit. Für Panikattacken ist zu Hause noch Zeit und definitiv auch der bessere Ort.
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