Kapitel 18

Habe mir gedacht wir könnten für dieses Kapitel selbst eine kleine Quizrunde machen... auf welche Fragen hättet ihr die Antwort gewusst? Schreibts in die Kommentare! :D

Gray

Mir ist klar, dass sich Row nicht hundertprozentig wohl fühlt, aber ich finde eigentlich, dass sie sich bisher wirklich gut schlägt. Sie ist zwar etwas zu ruhig für meinen Geschmack, aber sie hat noch nicht vorgeschoben auf Toilette zu müssen, um einen Fluchtversuch zu starten und zumindest behält sie die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen. Jetzt sollte es nur noch nicht mehr so gezwungen aussehen.

Vertieft in meinen Gedanken bekomme ich gar nicht richtig mit, was der Pubbesitzer bezüglich des Quiz gesagt hat. Erst als meine Freunde aufgeregt anfangen miteinander zu diskutieren, werde ich wieder aufmerksam, anstatt nur Row dabei zu beobachten, wie sie ihr Cola Glas hin und her dreht.

"Scheiße verdammt, gibt es Auswahlmöglichkeiten?"

Mit zusammengezogen Augenbrauen betrachtet Caleb Lee, doch dieser schüttelt nur den Kopf und schaut selbst etwas verzweifelt drein.

"Nein, wir müssen komplett selbst auf die Antwort kommen, also Vorschläge Jungs?"

Ahnungslose Blicke werden getauscht und ich schiele über Row hinweg auf das Tablet, um die Frage nachzulesen.
Was zum... Was ist denn überhaupt eine Veresterung?

"Kommt schon! Wir brauchen zumindest irgendeine Antwort! Was wisst ihr noch aus dem Chemie Unterricht?"

Lee fährt sich durch die Haare und schaut auffordernd in die Runde, bis Bas schließlich mit einem Schulterzucken sagt: "Elektrolyse?"

Dass sich die Antwort eher wie eine Frage anhört, sagt wahrscheinlich schon viel darüber aus, ob sie richtig sein wird. Der Gedanke kommt wohl nicht nur mir, denn von neben mir höre ich ein leises Schnaufen und während Lee noch hektisch die vermeintlich falsche Antwort eintippt, höre ich Row leise vor sich hinmurmeln, bevor sie einen Schluck trinkt.

"Verseifung."

Aber sie spricht zu leise, als dass noch jemand anderes außer mir mitbekommen hätte, was sie gesagt hat und auch ich bin mir nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden habe. Aber bevor ich nachhaken kann, spricht wieder der Pubbesitzer.

"So, die Zeit ist abgelaufen. Es sind keine Antworten mehr möglich. Aber was wäre überhaupt die richtige Lösung gewesen?"

Mit einer künstlerischen Pause schaut der Mann auf eine Karteikarte in seiner Hand und irgendwas sagt mir, dass er die Lösung selbst auch nicht aus dem Gedächtnis gewusst hätte.

"Die Umkehrreaktion der Veresterung ist die... Verseifung!"

Von einigen Tischen ertönen erfreute Ausrufe, während durch unsere Runde ein Stöhnen läuft.

"Elektrolyse, Bas? Wirklich?"

Lee sieht verärgert aus. Aber ich weiß, dass es nicht prinzipiell an der falschen Antwort liegt, sondern daran, dass wir es alle Leid sind in letzter Zeit immer zu verlieren. Egal ob auf dem Eis oder in einem Pub.

"Wenigstens ist mir irgendwas eingefallen. Von euch kam ja gar kein Vorschlag."

Auch Bas wirkt leicht genervt, als er die Arme verschränkt und ich hätte ihm beinahe widersprochen. Denn immerhin hatte auch Row eine Lösung vorgeschlagen. Und dazu auch noch die richtige.
Nur zu leise, als dass sie jemand außer mir gehört hätte. Aber ich beiße mir gerade noch rechtzeitig auf die Zunge, denn Row starrt stur auf ihr Getränk und scheint nicht sonderlich daran interessiert wieder Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Letztendlich versucht Kayla die Wogen zu glätten.

"Das war die aller erste Frage. Wartet es ab, die nächste beantworten wir richtig."

Leider liegt sie mit dieser Aussage jedoch falsch. Als die nächste Quizfrage gestellt wird - "Welche vier Gehirnlappen werden unterschieden?" - sind die Fragezeichen auf den Gesichtern noch viel größer. Und dem anderen Tisch, der auch noch von uns belegt wird, geht es nicht viel besser, wie ich mit einem Blick feststelle. Kayla sagt schlussendlich, dass sie sich aus Gray's Anatomy an einen Frontallappen zu erinnern meint, aber damit haben wir nur einen von vier benannt und mehr scheint an Fachausdrücken aus der Serie auch nicht bei der Freundin unseres Kapitäns hängen geblieben zu sein.

Aber kurz bevor das Zeitintervall abgelaufen ist, höre ich neben mir wieder leises Gemurmel.

"Frontallappen, Parietallappen, Okzipitallappen und Temporallappen."

Und während Row in einer völlig anderen Welt versunken zu sein scheint und sie weiter mit ihrem Glas herumspielt, wiederholt der Barbesitzer ihre Worte eins zu eins als die richtige Antwort. Er nennt sogar die gleiche Reihenfolge, verdammt.
Durch die Jungs geht wieder ein frustriertes Raunen, in das ich vielleicht eingestimmt hätte, wenn ich nicht so fasziniert von dem Mädchen neben mir gewesen wäre, die so selbstverständlich all dieses Wissen aus ihrem kleinen Finger saugt.

"Die Pitcher gehen auf dich, Lee. Das ist der Preis für deinen Übermut."

Damit schenkt sich Rick in unserer Runde nach und die anderen tuen es ihm gleich, während Lee mächtig angefressen aussieht. So sieht man ihn seit unserer zweiten Niederlage öfter.

"Jaja. Ich werd's bezahlen, wenn wir verlieren. Schon wieder."

Schlecht gelaunt greift Lee nach seinem Glas und trinkt es aus, um sich dann ebenfalls selbst nachzufüllen. Ich runzle die Stirn, weil mir die Einstellung nicht gefällt. Immerhin war der Abend dafür gedacht die Stimmung etwas zu bessern und sie nicht noch mehr in den Keller zu ziehen. Aber bevor ich das anmerken kann, übernimmt das bereits Elijah, der Lee ermahnend anschaut.

"Gibst du auch beim Eishockey nach den ersten fünf Minuten auf? Dann solltest du dir nämlich nochmal überlegen, ob du richtig im Team bist."

Lee stößt ein gereiztes Schnauben aus, aber zumindest antwortet er normal.

"Nein, aber auf dem Eis weiß ich zumindest, dass wir auch alle fähig sind. Aber bei den Fragen? Dafür habe ich in meinem Leben schon zu viele Schläge auf den Kopf eingesteckt."

Da kann ihm niemand aus unserem Team widersprechen. Aber das gilt ja nicht für alle am Tisch. Mein Blick huscht zu Row.

"So und damit sind wir schon bei Frage Nummer drei: Wie nennt sich der Muskel, der hauptsächlich fürs Lächeln zuständig ist?"

Der Pubbesitzer zieht vorne noch eine kleine Show ab, aber mein Blick ist fest auf Row gerichtet, die, als müsse sie besagten Muskel nochmal erproben, die Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln verzieht. Um mich herum brechen die Jungs wieder in Diskussionen aus, aber das versuche ich best möglichst auszublenden, um mitzubekommen, was Row sagt als ihre Lippen sich bewegen.

"Keine Ahnung Leute. Der Lachmuskel? Muskulus Lachilus? Irgendein komischer lateinischer Begriff, den sich eh niemand merken..."

"Musculus zygomaticus major."

Ich unterbreche Lee in seiner Schimpftriade, was mir einen ziemlich verwunderten Blick beschert, aber ich nehme mir kaum die Zeit zu Lee hinüberzuschauen, um ihn mit einem Kopfnicken dazu aufzufordern zu schreiben was ich gesagt habe.

"Na los, schreib schon. Musculus zygomaticus major."

Lee runzelt die Stirn, doch dann wandert sein Blick kurz zu Row, die mich mit offenem Mund anstarrt und macht sich dran zu tippen. Ich konzentriere mich in der Zeit wieder auf Row und schenke ihr ein schiefes Grinsen.

"Enthalte uns dein Wissen doch nicht vor. Du siehst doch wie aufgeschmissen wir Sportler ohne dich sind."

Leichte Röte überzieht Rows Wangen und ich finde den Anblick, wie sie die Unterlippe zwischen die Zähne zieht und in einer scheinbar automatischen Bewegung mit einem Finger über ihren Piercing fährt, absolut niedlich. Das Mädchen hat etwas an sich, dass in mir das Bedürfnis aufkommen lässt, sie aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken. Und mit jedem Stückchen Fortschritt, den ich dabei erziele, offenbart sie eine weitere Facette an ihr, die meine Faszination noch verstärkt.

Jetzt zum Beispiel ist es die Art, wie sie versucht zu verbergen, wie schlau sie ist, die mich völlig unerwartet trifft. Wann auch immer ich sie bisher getroffen habe, war sie voller Selbstbewusstsein darüber wer sie ist und was sie kann. Aber hier inmitten von uns großen Kerlen scheint sie sich ganz klein zu machen. Was mir völlig unbegreiflich ist, denn ich bin mir sicher andernfalls wäre sie unvergleichlich.
Bevor Row aber eine zögerliche Antwort von sich geben kann, wird auch schon die richtige Antwort verkündet. Und oh Wunder, oh Wunder: Wir haben die erste richtig beantwortete Frage des Abends.

"Mann, Gray, woher wusstest du das denn jetzt?"

Caleb schaut mich erstaunt an, aber ich werde sicherlich keinen falschen Ruhm annehmen.

"Oh, das kam nicht von mir. Sondern von deiner einzig treuen Unterstützerin."

Ich nicke zu Row, als Caleb mich verständnislos ansieht und er ist nicht der einzige, der seinen Blick daraufhin auf sie richtet. Ich spüre, wie sie neben mir unbehaglich hin und her rutscht und lege ihr beruhigend eine Hand aufs Knie. Die Art, wie sie daraufhin erstarrt, hat aber vielleicht nicht unbedingt viel mit Beruhigung zu tun. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.

"Wahnsinn, woher weißt du denn sowas?"

Caleb scheint ernsthaft beeindruckt, aber ich glaube das ist Row gar nicht richtig bewusst. Sie zuckt nur schüchtern mit den Schultern und sagt: "Mein Hauptfach ist Biologie."

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie auch dann die Antwort gewusst hätte, wenn es eine Geschichtsfrage oder sonst was gewesen wäre, aber für den Moment halte ich lieber die Klappe. Irgendetwas sagt mir, ich muss die Dinge langsam angehen, wenn ich Row nicht das Gefühl vermitteln will, sie bloßzustellen.
Sie nimmt einen großen Schluck ihrer Cola und mir ist klar, dass das ein Vorwand ist keine weiteren Fragen beantworten zu müssen.

"Und weiter geht's mit der nächsten Frage! Dieses Mal etwas für die Musiker unter euch: in welcher Epoche kam der Generalbass auf?"

Die Jungs schauen sich verständnislos an und ich kann es ihnen nicht verübeln, denn ich weiß nicht einmal was damit gemeint ist. Aber anders als sie, nehme ich es Row nicht ab, dass ihre Expertise sich nur auf die Biologie bezieht. Also stoße ich sie leicht mit der Schulter an, damit sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkt. Ihre Wimpern flattern und mir entgeht nicht, dass sie meinem Blick ausweicht.

"Komm Bunny, Lee hat nicht das Geld für das ganze Bier."

Ich zwinkere meinem Freund zu, der wiederum nur die Augen über meine falsche Aussage verdreht. Seine Eltern sind was Taschengeld angeht sehr großzügig.
Aber das weiß Row ja nicht und ich kann sehen, wie sie unsicher zu Lee blickt und sich etwas in ihr erweicht. Sie beißt sich auf die Lippen, doch schlussendlich gibt sie Lee die Antwort.

"Barock."

Mehr sagt sie nicht, bevor ihr Blick sich wieder auf ihr Glas richtet und ich frage mich wirklich, weshalb sie so zurückhaltend ist. Natürlich ist mir schon vorher aufgefallen, dass Row was manche Themen angeht sehr empfindlich ist. Empfindlicher, als normaler Weise üblich. Ich habe auch so meine Vermutungen, was das verursacht haben könnte, aber ich will es mir nicht anmaßen etwas über sie auszusagen, wenn ich es gar nicht mit Sicherheit weiß.

"Tja, und wer von euch wusste die Antwort? Tatsächlich wurde besagte Epoche sogar als das Generalbasszeitalter bezeichnet und natürlich handelt es sich dabei um den... Barock!"

Wieder ertönen aus dem Raum vereinzelt freudige Ausrufe, aber unser Tisch ist komplett still. Was daran liegen könnte, dass alle Row mit offenstehendem Mund anstarren. Nur ich sitze da und grinse über das ganze Gesicht. Wusste ich doch, dass unter uns ein kleines Genie weilt.
Aber Row errötet nur und senkt den Kopf noch etwas tiefer. Ich würde gerade gerne in ihren Kopf schauen, wissen was sie denkt, aber da ich das nicht kann stupse ich sie stattdessen nur nochmals an.

"Verdammt Bunny, du bist wirklich etwas ganz Besonderes."

Ihr Blick trifft auf meinen und ich versuche so offen wie möglich zu lächeln. Das hat früher auch schon öfter funktioniert, wenn sie sich zurückgezogen hat. Und auch dieses Mal sorgt es dafür, dass sie einen tiefen Atemzug nimmt und mir dann ein Lächeln schenkt. Es ist als müsse sie sich jedes Mal von neuen überzeugen, dass ich meine Worte ernst meine und sie nicht nur auf den Arm nehme. Ich hoffe, dass sie bald verstanden hat, dass ich nicht so jemand bin.

"Okay, wer ist bereit für die nächste Frage? Dieses Mal geht es um kulturelles Wissen. Wann wurde der Buchdruck erfunden?"

Dieses Mal machen die Jungs sich gar nicht erst die Mühe untereinander zu diskutieren, sondern schauen Row einfach nur erwartungsvoll an. Ich weiß, dass sie es bemerkt, denn sie spannt sich augenblicklich an, aber ihren Blick hat sie wieder fest auf ihr Glas geheftet.
Der Anblick bereitet mir ein schlechtes Gewissen. Sie scheint sich wirklich unwohl in ihrer Haut zu fühlen und ich habe sie in diese Situation gebracht. Ich war mir eigentlich so sicher, dass die Jungs es schaffen würden, dass Row sich in mitten von ihnen entspannen kann. Aber ich kann mich auch geirrt haben.

Ich gehe schon davon aus, dass sie nicht antworten wird und breite mich darauf vor selbst irgendetwas in die Runde zu werfen, um die Aufmerksamkeit von ihr abzulenken, da stößt sie ein lautloses Seufzen aus, fährt sich mit einer Hand über das Gesicht und richtet sich dann kerzengerade auf. Die Schüchternheit und Röte ist mit einem Mal aus ihrem Gesicht verschwunden und ich weiß nicht was in ihrem Kopf gerade vorgegangen ist, aber mit einem Mal habe ich wieder das selbstbewusste Mädchen von der Party vor mir. Nur dass ich dieses Mal nicht das Gefühl habe, dass das alles nur eine Scharade ist.

"1450."

Lee ist schon am Tippen bevor sie zu Ende gesprochen hat und ich kann sehen wie sich Caleb und Rick gegenüber von uns angrinsen und zu prosten. Sie sind wohl wie ich zu der Überzeugung gekommen, dass wir mit Row an Bord heute keine Getränke bezahlen müssen.

Und so ist es auch. Auf jede neue Frage kommt die Antwort von Row wie aus der Pistole geschossen. Und ihr Zögern wird von Mal zu Mal kürzer. Ich sehe zwar, wie sie sich immer noch nervös mit den Händen über die Beine reibt oder ihr Gewicht andauernd verlagert, aber das Mädchen wirft mit Wissen um sich, als gäbe es kein Morgen mehr.
Und ich bin absolut sprachlos, während die Jungs euphorisch mehr und mehr Bier fließen lassen. Es werden weitere Pitcher bestellt und die Hälfte des Teams, dass am Nachbartisch sitzt fängt an zu nörgeln, dass wir Plätze wechseln sollen.
Und Row... Entspannt sich tatsächlich. Als hätte sie den Sprung von einer Klippe gewagt und wäre sicher wieder aus dem Wasser aufgetaucht. Ich erwische sie sogar dabei, wie sie in der Halbzeit des Quiz grinsend Lee und Bas zuhört, die darüber diskutieren, ob ein Nashorn oder ein Krokodil angsteinflößender ist.

"Mann, weißt du wie aggressiv diese Tiere sind? Nur weil 'Nashorn' sich irgendwie niedlich anhört solltest du sie lieber Mal nicht unterschätzen."

„Lee, du kannst mir erzählen was du willst, wir hatten einmal ein Krokodil im Garten und glaube mir das ist alles andere als lustig. Von mir aus kann dein Nashorn auf Testosteron sein, ist mir immer noch lieber als nochmal so eine Riesendechse in meiner Nähe."

Während Lee dramatisch aufseufzt höre ich Row leise kichern und kann mir selbst ein Grinsen nicht verkneifen. Die beiden sind meine engsten Freunde und ich liebe ihre Durchgeknalltheit genauso sehr wie ihr Geschick auf dem Eis.

"Row, sicher dass du nicht ein Bier willst?"

Kayla, deren Wangen sich in der letzten Stunde vom Alkohol gerötet haben, schiebt einen der Pitcher fragend zu Row. Ich weiß nicht wieso, aber dass Row daraufhin erst einmal einen Blick zu mir wirft, löst ein Kribbeln in mir aus.

"Nein danke. A... aber...", sich unsicher auf die Lippe beißend dreht sie sich zu mir herum und ich lege einen Arm auf der Lehne hinter ihr ab, um mich ebenfalls ihr zu zuwenden. Das ist in Anbetracht meiner Prellungen zwar nicht die angenehmste Position, aber davon lasse ich mich nicht aufhalten. Stattdessen ziehe ich nur mit einem schiefen Grinsen eine Augenbraue in die Höhe. Bei meinem Gesichtsausdruck zucken ihre Mundwinkel nach oben und ich hätte gerne gefragt, was so witzig ist, aber da hat sie bereits begonnen zu sprechen.

"Wenn du willst, kannst du gerne etwas trinken und ich... also natürlich nur wenn für dich das okay ist, könnte deinen Wagen fahren. Ich hätte damit kein Problem und ich bin wirklich eine verantwortungsvolle Fahrerin!"

Jetzt grinse ich richtig, aber ich lasse Row noch für einen Moment weiterplappern. Vor einer halben Stunde hätte sie sich niemals getraut das zu fragen.

"Alexis leiht mir auch öfter ihr Auto und wenn du willst kannst du sie gerne fragen, ich habe noch nie auch nur einen Kratzer hineingefahren. Und sollte doch etwas passieren würde ich natürlich dafür aufkommen, aber dazu kommt es ja erst gar nicht! Es ist wirklich nur ein Angebot, weil ich doch sehe wie viel Spaß die anderen haben und..."

"Stopp Bunny, stopp!"

Lachend hebe ich eine Hand, um dem Redeschwall Einhalt zu gebieten. Ich hätte ihr zwar noch länger einfach zuhören können, denn es ist ziemlich liebenswert, wie sie versucht die richtigen Worte zu finden, obwohl ich schon längst verstanden habe, was sie meint. Und ich weiß es wirklich zu schätzen, dass sie es mir ermöglichen will mit meinen Kumpels zu trinken. Aber ich befürchte sie weiter reden zu lassen hätte zur Folge, dass sie am Ende des Ganzen sich dumm vorkommen und wieder verstummen würde.

"Ich würde meinen Wagen jeder Zeit deinen Händen anvertrauen."

Ich stoppe kurz, als mir klar wird, dass ich das sogar ernst meine. Ich hätte kein beklemmendes Gefühl ihr einfach die Schlüssel zu reichen.

"Aber wie hast du dir es denn vorgestellt, Bunny? Soll ich bei dir oder du bei mir übernachten? Denn ich kann von dir aus nicht heimfahren und du kannst schlecht mein Auto mit zu dir Heim nehmen."

Row ist genau anzusehen, dass sie soweit nicht gedacht hat, als sie ihr Angebot ausgesprochen hat. Aber als ihr klar wird was ich meine, werden ihre Augen ganz groß, gefolgt von einem Anflug von Röte, bei der ich mir nur zu sicher bin, dass sie ihre Ursache in der Vorstellung von einer Pyjamaparty mit mir hat. Und dabei bleiben Rows Gedanken im Gegensatz zu meinen wahrscheinlich ganz unschuldig. Denn während Row peinlich berührt den Blick abwendet lasse ich meinen über sie wandern, wie schon vorher als sie aus ihrem Wohngebäude herauskam. Sie ist nicht besonders gekleidet. Hat keinen allzu tiefen Ausschnitt an oder einen aufreizenden Rock. Aber trotzdem sieht sie einfach gut aus. Und das auf eine Weise, wie ich sie bisher bei keinem anderen Mädchen so wahrgenommen habe.
Als ich dann noch Lees Grinsen über Rows Kopf hinweg sehe, als dieser mich dabei erwischt, wie ich das Mädchen zwischen uns mustere, wird mir klar, dass Bas und er vorhin mit ihren Sticheleien, darüber dass ich ein Mädchen mitbringe, vielleicht doch gar nicht so falsch lagen. Vielleicht hat Row doch in mehr als einer Weise mein Interesse geweckt.

Der Gedanke verwundert mich für einen Moment. Ich war seit der zehnten Klasse nicht mehr an etwas langfristigem mit einem Mädchen interessiert. Und obwohl ich mir absolut bewusst darüber bin, dass Row nur für langfristige Dinge zu haben ist, stört mich das kein bisschen. Ich will sie näher kennenlernen. Ich will verstehen, weshalb sie manchmal so eingeschüchtert ist, Menschen nur die kalte Schulter zeigt und vieles sofort als Angriff versteht. Und ich will die Person kennenlernen, die hinter dem Ganzen steckt. Ob ich deswegen auch gleich eine Beziehung will, steht auf einem anderen Blatt. Aber Row ist eine Freundin geworden, die ich so schnell nicht verlieren möchte.
Und obwohl der Gedanke mich wohl erschrecken sollte muss ich bei dieser Erkenntnis einfach nur anfangen zu grinsen. Denn Row wird es mir definitiv nicht leicht machen. Und ich stehe auf Herausforderungen.
Ich stütze mein Kinn auf eine Hand ab und fange Rows Blick auf, der ziellos durch den Raum schweift.

„Nicht, dass ich etwas dagegen hätte mit dir neben mir einzuschlafen, Bunny."

Als ihre Augen sich wieder weiten wird mein Grinsen noch ein Stück breiter.

„Natürlich nur rein platonisch."

Für einen Moment bleibt sie still und inzwischen kenne ich die Art, wie sie mein ganzes Gesicht mustert, als müsse sie eine kryptische Nachricht entschlüsseln. Meistens folgt darauf eine völlig andere Reaktion, als die die ich mit meinen Worten beabsichtigt habe. So wie vorhin im Auto. Aber wieder einmal schafft es Row mich zu überraschen, indem statt einer ernsten oder kritischen Antwort auch sie anfängt zu Grinsen und mir sogar zaghaft gegen die Brust schlägt.

„Als wäre bei dir so etwas jemals platonisch abgelaufen, Jonah Grayham."

Ich lache über ihren frechen Konter auf und kann nicht anders, als sie ein bisschen aus dem Konzept zu bringen, indem ich mich zu ihr vorlehne.

„Du weißt doch Bunny, du bist anders als alle anderen Frauen."

So nah bei ihr kann ich spüren, wie sie bei den Worten leicht zusammenzuckt und da ich weiß, was gleich folgen wird greife ich sacht nach ihrem Kinn, bevor sie den Blick abwenden kann.

„Für dich würde ich sogar meinen Ruf als Frauenheld riskieren. Obwohl... den hast du mir vielleicht sowieso schon zerstört, als du mich auf der Party hast einfach stehen lassen."

Bei der Stichelei entspannt sich Row wieder sichtlich und ich bin froh meinen Fehler, was auch immer er gewesen ist, ausbügeln zu können, bevor er den Fortschritt des ganzen Abends hat zerstören können. Row soll sich einfach wohl fühlen hier unter meinen Freunden.
Zögerlich lächelt sie.

„Das hattest du auch verdient, du selbstverliebter Trottel."

Ich öffne bereits den Mund, um darauf etwas zu erwidern, da unterbricht uns eine Stimme aus den Lautsprechern in unserer Zweisamkeit und Row löst sich aus dem sanften Griff meiner Hand.

„Weiter geht's mit der zweiten Hälfte unseres Quiz! Noch zehn Fragen und der Gewinner wird ausgekürt. Und damit derjenige Tisch nicht mehr allzu lang auf seine Freigetränke warten muss, machen wir auch direkt weiter: Von wem stammt das Literarische Meisterwerk ‚Sturmhöhe'?"

Row setzt bereits zur Antwort an, da unterbricht Bas sie, der sein Bier so schwungvoll absetzt, dass es überschwappt.

„Oh, das weiß ich! Meine Mutter hat dieses Buch verschlungen. Dieses Mal brauchen wir dich nicht, Row."

Er funkelt sie herausfordernd an und ich muss zugeben, dass ich für einen Moment befürchte, Row könnte seine spaßhaften Worte falsch verstehen, aber sie scheint es entspannt zu nehmen und lacht nur auf.

„Na dann Bas, ich halte dich nicht auf."

Bas grinst etwas zu breit, als dass er noch als nüchtern durchgehen kann, und sagt im Brustton der Überzeugung: „Jane Austen!"

Ich kann Bas Antwort weder bestätigen noch verneinen. Alles was ich weiß ist, dass Jane Austen ‚Stolz und Vorurteil' geschrieben hat und das auch nur, weil mir mal ein Mädchen das Ohr davon abgekaut hat, bevor sie in Stimmung gekommen ist. Aber Row beweist mehr Bildung als ich und an der Art, wie sie die Wangen einsaugt, um nicht zu lachen, scheint Bas wohl auch dieses Mal daneben zu liegen. Auch Lee vertraut seinem Kumpel nicht voll und ganz.

„Bas, nimm es mir nicht böse, aber es geht um Freibier und auf dein Wort war bisher noch nicht allzu viel Verlass."

Und mehr sagt er nicht, während er das Tablet weiter an Row reicht, die sich nun doch ein Lachen nicht mehr ganz verkneifen kann und sogleich fleißig zu tippen beginnt.
Amüsiert davon wie Row mit meinen Freunden umgeht versuche ich lächelnd ein Blick darauf zu werfen, was Row im Namen der ganzen Gruppe antwortet. Und natürlich ist es nicht Jane Austen.

„Ich hoffe wir haben hier einige belesene Menschen unter uns, denn dann dürfte die Antwort nicht sonderlich schwerfallen. Im 19. Jahrhundert veröffentlichte Emily Brontë unter dem Pseudonym Ellis Bell den Roman. Korrekt ist also Emily Brontë!"

Während Bas verdutzt aus der Wäsche schaut, greift Lee neugierig wie eh und je wieder nach dem Tablet.

„Und haben wir es richtig?"

Ich kann nicht anders als mit einem stolzen Lächeln ein Arm um Row zu legen und sie zu mir heranzuziehen.

„Natürlich haben wir das."

Ich fange Rows überraschten Blick auf und mal wieder steht ihr Piercing im Kontrast zu der Unschuld und Unsicherheit, die aus ihren Augen sprechen. Sie ist wirklich verdammt gut darin, die Taffe zu geben. Zumindest solange sie einen auf einen gewissen Abstand halten kann. Aber hier, mit ihrem Rücken an meine Brust gelehnt ist davon nicht mehr viel übrig und das verstärkt in mir nur noch mehr das Bedürfnis, sie im Arm zu halten. Verdammt, dieses Mädchen wickelt mich um ihren Finger... und das ohne es selbst zu wissen.
Ich erkenne auch den kurzen Anflug von Angst, der in ihren Augen aufflimmert, aber Row schließt die Augen, bevor ich noch mehr bemerken kann und lässt mit einem tiefen Atemzug vertrauensvoll den Kopf gegen meine Schulter sinken.

„Danke, dass du mich mit hierher genommen hast."

Ich genehmige es mir für einen Moment die Nase in ihrem Haar zu vergraben, um mein Lächeln zu verbergen.

„Danke, dass du uns einen kleinen Sieg für die Woche schenkst."

Wer hätte es gedacht, bei dem Quiz kann Row richtig glänzen ;)
Und Gray scheint so langsam zu ergründen, was da zwischen ihm und Row passiert...

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