Epilog

Gray

Ich komme gerade vom Eis, mein Herz klopft mir noch bis zum Hals und die Euphorie im ganzen Team ist groß nach unserem fünften Sieg in Folge.
Bas und Lee gehen neben mir her und legen  johlend und lachend jeweils einen Arm um meine Schultern, während wir alle Richtung Umkleide wanken.

"Mann Gray, deine Paraden werden ja Woche für Woche besser! Jetzt muss nur noch dieses kitschige 'Das Tor war für dich, Baby' aufhören."

Lee verdreht genervt die Augen und bezieht sich auf die Geste, mit der ich inzwischen nach jedem meiner Tore auf Row im Publikum deute. Aber ich weiß, dass er es nicht so meint. Dafür freut er sich viel zu sehr für Row und mich, nachdem jetzt endlich Mal seit zwei Wochen alles bestens läuft.

Bas auf meiner anderen Seite lacht auf und stumpt Lee hinter meinem Rücken.

"Du meinst wohl eher 'Das Tor war für dich, Bunny'. Das Ganze wäre ja echt süß, aber verdammt Gray, dieser Spitzname? Wundert mich, dass sie dir dafür noch nicht die Ohren lang gezogen hat."

Grinsend erinnere ich mich daran zurück wie wenig Row zu Anfang es gemocht hat, wenn ich sie so genannt habe. Wahrscheinlich kann man es ihr nicht Mal verübeln, aber gerade deswegen habe ich damit weiter gemacht. Und inzwischen liebe ich die Art, wie ihre Augen zu funkeln anfangen, wenn ich sie so nenne und sie weiß, dass es niemand anderen gibt, für den dieser Spitzname vorenthalten ist. Genauso wie ich es liebe ihr meine Tore zu wittmen und nur zu gut zu wissen, wie unangenehm ihr das ist, auch wenn es sie insgeheim freut.
Also zucke ich über die Sticheleien meiner Freunde nur die Schultern.

"Macht euch nur lustig, aber auf mich wartet gleich mein Mädchen und ihr habt niemand anderen als eure verschwitzten Ärsche, um den Sieg zu feiern."

Mit diesen Worten verpasse ich beiden noch einen Klaps auf die Schultern und mache mich auf Richtung Dusche, um so schnell wie möglich hier rauszukommen. Ob ich lieber Zeit in der nach Schweiß und Männer stinkenden Kabine verbringe oder in Rows Armen ist eine leichte Entscheidung.

Also bin ich der Erste, der frisch geduscht ist und seine Sachen zusammengepackt hat, und trete mit einem breiten Grinsen auf den Gang, auf dem Row bereits mit Kayla und Alexis, die bei den letzten Spielen ebenfalls mitgekommen ist, wartet. Sie strahlt mich an und kaum strecke ich einen Arm für sie aus schießt sie auch schon los und schlingt die Arme um meinen Hals.

"Ihr wart fantastisch! Die Gegner hatten gar keine Chance!"

Berauscht von der Euphorie des Spieles und der Liebe, die ich für dieses Mädchen empfinde, hebe ich Row hoch und wirble sie einmal durch die Luft, was sie überrascht aufquietschen lässt. Aber als ich sie wieder auf beide Beine abstelle, sehe ich nichts als Vertrauen in ihren Augen und der feste Glaube, dass ich sie niemals fallen lassen würde.
Ich beuge mich zu ihr und verliere mich in dem Kuss, so wie in allem was mit Row zu tun hat. Erst das laute Räuspern von jemandem lässt mich wieder aufmerken. Aber ich lasse mir trotzdem alle Zeit der Welt noch ein letztes Mal meine Lippen auf Rows zu drücken, bevor ich mich gemütlich aufrichte und Sean betrachte, der mit hochgezogenen Augenbrauen und auf Krücken aufgestützt vor mir steht. Ich verziehe kurz das Gesicht, als ich an das üble Faul von letzter Woche denke, dass unseren besten Verteidiger für die nächsten Wochen auf die Bank befördert hat.

"Nicht jeder möchte so mit Liebe überhäuft werden, nehmt doch bitte etwas Rücksicht auf umstehende Leute."

Seans Lippen sind zu einem schiefen Grinsen verzogen und ich bin verdammt stolz auf den Kerl, wie locker er mit seiner Verletzung umgeht. Die meisten von uns wären völlig durchgedreht, aber Sean ist wie immer die Ruhe in Person.

"Was denn, brauchst du etwa selbst etwas mehr Zuwendung? Sean, Baby, du hättest doch nur etwas sagen müssen!"

Ich mache Anstalten zu meinem Teamkollegen hinüber zu geben, aber dieser hebt warnend eine Krücke und ganz ehrlich, ich bleibe auch lieber bei Row. Also zwinkere ich nur und rücke ein Stück zur Seite, als sich hinter mir die Tür zur Kabine öffnet und ein Teil des Teams rauskommt. Elijah wird stürmisch von Kayla begrüßt und mit Glückwünschen überhäuft und ich lasse mich von Row an der Hand rüber zu Alexis ziehen, die etwas verloren dasteht und die ganze Szene mit einem unsicheren Lächeln betrachtet.

Ich muss zugeben, dass es mich ziemlich erstaunt hat, sie die letzten Wochen so Bescheiden zu sehen. Alles was ich davor von ihr gehört und gekannt habe... Nun ja hat ein etwas anderes Licht auf sie geworfen.
Aber nachdem ich inzwischen alle Hintergründe kenne und genauer hinschaue erkenne ich das verletzte junge Mädchen, dass sich hinter den kurzen Kleidern und dem vielen Make Up versteckt. Obwohl auch das weniger an Alexis geworden ist. Die meiste Zeit sehe ich sie in weiten Shirts mit Jeans und dezent geschminkt. Sie wirkt oft so, als wäre sie nur halb anwesend und ich weiß, dass Row sich immer noch Sorgen um sie macht. Dass sie zu wenig isst und zurück in Erinnerungen gezogen wird. Also haben wir angefangen teilweise etwas zu dritt zu unternehmen und auch wenn mich der Vorschlag zu Anfang nicht wirklich begeistert hat muss ich zugeben, dass Alexis eigentlich ein liebes Mädchen ist. Ich hoffe nur für sie, dass sie die Stärke findet daraus auch etwas zu machen und aus dem Schatten ihrer Vergangenheit zu treten.

Aber dafür bin ich nicht verantwortlich. Meine Aufgabe besteht darin Row bei genau dem gleichen zu unterstützen. Es freut mich zu sehen, wie selbstverständlich sie inzwischen mit ein paar meiner Freunde umgeht. Und wie sie auch generell Tag für Tag mehr aufzublühen scheint. Ich bin verdammt stolz auf sie und weil ich es einfach nicht lassen kann, ziehe ich sie kurz an mich und drücke ihr einen Kuss auf den Scheitel, obwohl sie sich gerade mit Alexis unterhalten hat. Dafür ernte ich einen verwirrten Blick, aber nachdem ich sie nur angrinse schüttelt sie schmunzelnd den Kopf und widmet sich wieder ihrer besten Freundin.

Um die beiden nicht zu stören geselle ich mich zu Elijah, der mit Caleb, Bas und Sean in einem Kreis steht. Kayla ist wie üblich auf Tour, um jeden zum Sieg zu gratulieren, aber daran scheint sich Elijah inzwischen gewöhnt zu haben.

"... Unsere Verteidigung hinten hätte besser sein können, wir mussten uns definitiv zu viel auf den Torwart verlassen. Also schau lieber, dass du wieder schnell auf die Kufe kommst, Sean."

Unser Captain klopft Sean auf die Schulter und Caleb verdreht über die großen Worte die Augen.

"Mann Elijah, wir haben absolut verdient gewonnen. Können wir uns nicht Mal darauf konzentrieren, anstatt immer nur auf die Fehler."

Als Elijah seinen kritischen Blick aufsetzt wird Mal wieder nur allzu klar, weshalb er unser Captain ist: Insgeheim haben wir nämlich alle ein bisschen Angst vor ihm. Und mehr als nur ein bisschen Respekt.

"Wir wollen besser werden und nicht auf einem Niveau bleiben. Aber schön, dass du es ansprichst Caleb, es gibt da ein, zwei Dinge, die ich dir ganz persönlich einmal sagen wollte."

Der Jüngling wird etwas blass um die Nase, aber bevor Elijah ihm so richtig einschenken kann kommt Kayla ihm zur Rettung, indem sie sich in unseren Kreis drängt und mich in eine Umarmung zieht.

"Super Tor Gray! Ihr habt echt alle das Spiel gerockt."

Ich schmunzle über den erleichterten Ausdruck, der über Calebs Gesicht huscht und drücke die Freundin meines Captains kurz an mich, bevor ich sie los lasse und sie zu ihrem Freund rüber geht.

"Danke, aber ich habe ja auch den besten Glücksbringer im Publikum."

Als würde sie meinen Blick spüren hebt Row den Kopf, kaum dass ich zu ihr schaue, und schenkt mir ein Lächeln. Ich gebe ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen, sich doch mit Alexis zu uns zu gesellen, während Kayla Elijah einen Ellenbogen in die Seite rammt und ihn vorwurfsvoll anblickt: "Wieso sagst du niemals so etwas umwerfendes über mich?"

Ich würde mich ja bei Elijah dafür entschuldigen, dass er sich das jetzt wohl eine Zeitlang wird anhören müssen, aber ich kann nichts dafür wie ich empfinde und das kommt nun Mal ziemlich nah an Perfektion heran, als Row einen Arm um meine Taille schlingt und sich an mich kuschelt.

"Wo wollen wir eigentlich hingehen, um euren Sieg zu feiern?"

Bei der Frage überzieht eine leichte Röte Rows Gesicht und ich weiß nur zu gut, dass sie daran denkt, dass die übliche Anlaufstelle wohl das Molly's gewesen wäre. Aber anscheinend stehen Barbesitzer nicht so darauf, wenn es eine Runde Frauen-Wrestling in ihren Räumlichkeiten gibt. Auf jeden Fall ist Row nicht mehr allzu gern  dort gesehen, wie wir letzte Woche feststellen mussten. Und da sie jetzt zum Team dazugehört bedeutet das, dass auch der Rest von uns nicht mehr hingeht. Auch wenn Row mir seit Tagen in den Ohren liegt, dass wir darauf keine Rücksicht nehmen sollen. Ihr ist das Ganze sichtlich unangenehm, auch wenn sie inzwischen vor mir zugegeben hat, dass sie es bis zu einem gewissen Grad genossen hat, alles an Carly rauslassen zu können. Ich bin zwar nicht sonderlich begeistert davon mein Mädchen in eine Prügelei verwickelt gesehen zu haben, erst recht nicht nachdem Rows Kiefer noch eine Woche später blau angelaufen war, aber ich weiß wie entscheidend dieser Moment gewesen ist. Und da Carly als erste zugeschlagen hat müssen wir wohl auch kaum befürchten, dass die Polizei noch auf den Plan gerufen wird. Das würde sich Carly nicht trauen. Erst Recht nicht, seitdem ihr Ruf unter dem kleinen Psychoauftritt gelitten hat.

"Gute Frage, hat jemand Vorschläge?"

Fragend schaut Kayla in die Runde und scheint für einen Moment vergessen zu haben, dass sie gerade dabei gewesen ist ihrem Freund Vorwürfe zu machen. Die anderen zucken allerdings nur mit den Schultern, bis Alexis zögerlich die Hand hebt, als würde sie sich nicht trauen einfach so etwas zu sagen.

"Also ich kenne da eine ganz coole Bar in der Nähe. Die Besitzer lieben jede Art von Sport, vielleicht bekommt ihr also das ein oder andere Freigetränk, wenn ihr es richtig anstellt."

Alexis Lächeln wirkt schon ein Stück offener, als noch letzte Woche, und ich sehe das Mal als einen großen Fortschritt nach all dem Mist, den sie in letzter Zeit durchmachen musste. Und ausnahmsweise bin ich Caleb einmal für seine übersprudelnde Art dankbar, als er sofort einen Arm um sie legt.

"Perfekt! Mach weiter so Mädchen, mit dieser Art von Insiderinformationen bist du herzlichst willkommen in der Gruppe. Leute, es geht los! Ich brauche mein Bier!"

Ich sehe bei so einigen Spielern ein Augenverstehen über Calebs möchtegern-Cheftonfall und muss mir selbst ein Schmunzeln verkneifen, als wir uns in Bewegung setzen. Und ich bekomme vorgeworfen, dass mein Ego zu groß ist.

"Schon ziemliche Idioten, die wir da Freunde nennen."

Ich werfe Row ein schiefes Grinsen zu und werde ebenfalls mit einem Lächeln belohnt.

"Ja vielleicht, aber ich würde nichts daran ändern wollen. Vor allem weil der größte Idiot von allen mein Freund ist."

Sie zwinkert mir zu und ich verziehe gespielt schmollend den Mund.

"He, das war jetzt unfair."

Aber als Row sich auf die Zehenspitzen stellt und mich zur Entschädigung küsst ist auch jede Art der gespielten Entrüstung vergessen. Stattdessen packe ich sie lieber an den Hüften und hebe sie hoch, bis sie keine andere Möglichkeit hat, als die Beine um mich zu schlingen, wenn sie nicht wie ein nasser Sack dahängen will. Kichernd schüttelt sie den Kopf und funkelt mich liebevoll an.

"Was sollte das denn jetzt?"

Grinsend platziere ich einen kurzen Kuss auf ihrer Nasenspitze.

"Weiß nicht, mich hat irgendwie das Bedürfnis überkommen, meine Freundin auf Händen zu tragen."

Sanft legt Row eine Hand an mein Gesicht und lächelt, ohne dass ihr es wirklich bewusst ist. Diesen entrückten Gesichtsausdruck habe ich in den letzten Tagen öfter bei ihr beobachtet und mein Herz quillt jedes Mal fast über, wenn mir klar wird, dass sie einfach glücklich ist. So glücklich, dass sich statt dem nachdenklichen, fast betrübten Gesichtsausdruck von früher ein Lächeln auf ihr Gesicht schleicht, wenn sie nicht aufpasst.

"Du weißt, ich will nicht auf Händen getragen werden. Mir reicht es ganz einfach an deiner Seite zu sein. Das ist alles was ich brauche."

Noch immer manchmal fassungslos, wie sich dieses Mädchen einfach in mein Leben und mein Herz schleichen konnte, raube ich ihr noch einen Kuss.

"Das weiß ich und du weißt hoffentlich, dass dort immer ein Platz für dich sein wird. Ich liebe dich."

Mehr als alles andere auf der Welt. Aber die Worte verkneife ich mir lieber, bevor ich noch von einem Teamkollegen Gefühlsdusseligkeit vorgeworfen bekomme.

"Und ich liebe dich."

Rows Worte sind mehr ein Hauch an meinen Lippen bevor sie mich küsst und die Welt um mich herum ein weiteres Mal egal wird.

~Ende~

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