7.Kapitel
Der Raum ist derselbe, in dem ich auch beim letzten Mal zusammengeschlagen wurde. Wie unangenehm, wieder hier zu sein. Ich hebe den Kopf und richte mich auf, so gut es geht, doch meine Bauchgegend tut so weh, dass ich das nur unter Schmerzen hinbekomme.
Meine Handgelenke sind fest mit einem Kabelbinder zusammengebunden und ich spüre meine Finger jetzt schon nicht mehr.
„Du bist verdammt dämlich, weißt du das? Hierher zurückzukommen, wo du doch weißt, was dir hier blüht", stellt Forster fest und geht vor mir auf und ab. Die Hände hat er hinter dem Rücken verschränkt und sieht mich gelassen an. Er sitzt am längeren Hebel und das weiß er genau.
Zumindest im Augenblick ist es so.
„Hast du wirklich geglaubt, dass ich dich mit offenen Armen empfange, nachdem du mir Drucke untergejubelt hast? Und dass wir deine Pistole nicht finden, hast du wohl auch geglaubt." Er bleibt stehen und nickt Cornel zu, der näher an mich herantritt und sich zu mir herunterbeugt, um mir grinsend meine eigene Pistole unter die Nase zu halten. Ich erwidere seinen Blick und spüre dabei, dass mein Auge schon wieder ziemlich pocht. Sicherlich wird es bereits blau und morgen sehe ich wieder aus, wie letzte Woche, als man mich festgenommen hat. Die Kerle haben mir ziemlich heftig ins Gesicht geschlagen.
Ob ich das Veilchen je wieder loswerde? Momentan sieht es nicht so aus.
„Willst du ihm nicht antworten? Hm? Fühlst du dich dafür zu fein? Ich kann dich auch zum Reden bringen." Er öffnet kaum die Zähne beim Sprechen, weshalb es sich wie ein bedrohliches Zischen anhört. Dann legt er den Daumen an den Sicherungsverschluss der Pistole und drückt drauf. Jetzt ist die Waffe scharf. „Ich kann dich mit deiner eigenen Pistole erschießen. Halbautomatik, neun Millimeter. Ziemlich abgenutzt. Woher hast du die?"
Abgenutzt? Sehr gut, denn eine neue Waffe wäre sicherlich viel zu auffällig gewesen.
„Jetzt rede schon, sonst bekomme ich große Lust, dieses Ding einmal auszuprobieren", droht Cornel und ich sehe ein, dass ich nicht weiter schweigen kann. Wenn ich rede, ist es sicherlich besser, also sehe ich ihn an und sage: „Ich wollte zurückkommen. Aber früher ging es leider nicht." Daraufhin verzieht sich Cornels Gesicht zu einem Grinsen. Er glaubt mir nicht – wieso sollte er auch. „Natürlich", sagt er spöttisch. „Natürlich wolltest du das. Und deswegen bist du am Flughafen auch abgehauen, als du mich und meine Jungs gesehen hast." Er nickt seinem Schergen links von mir knapp zu und ich höre das Zischen eines Feuerzeugs, das angeschaltet wird.
Nein, bitte kein Feuer.
„Ich brenne dir dein hübsches Gesicht kaputt, wenn du nicht redest", knurrt der Mann und lässt den Daumen immer wieder über das kleine Rädchen schnellen. Zischend schießt die Flamme heraus und ich spüre die Hitze ganz nah an meiner linken Wange.
Bitte nicht! Die Brandwunde, die der heiße Asphalt des Markusplatzes dort hinterlassen hat, ist doch gerade erst abgeheilt und ich will nicht wieder verbrannt werden. „Na was ist? Redest du jetzt?" Wieder nähert sich das Feuerzeug und meine Haut prickelt bereits, dann drückt sich das heiße Metall des Feuerzeugs in meine Haut. „Argh, ja ist ja schon gut!", rufe ich schnell aus und das Feuerzeug wird zurückgezogen.
Scheiße, tut das weh.
Ich kneife die Augen zusammen und sehe Forster an, dann sage ich langsam: „Ich habe versucht, neue Informationen zu kriegen, um an die richtigen Bilder zu kommen."
„Und das klappt natürlich am Besten, wenn du dich aus dem Staub machst und dir eine Pistole besorgst?", fragt Forster und sieht mich wieder direkt an. Er glaubt mir kein Wort. Natürlich nicht. Aber so soll es ja auch sein. Ich muss ihn schließlich erst überzeugen.
Seufzend richte ich mich wieder etwas auf und sehe ihn an. Es in verdammt anstrengend in der Position, aber ich halte durch. Ich muss durchhalten. „Vielleicht habt ihr mitbekommen, dass ich in Begleitung eines Jungen war."
„Ja, das war Tomlinsons Neffe und du hast ihn entführt", stellt Cornel selbstsicher fest, als würde ich ihn auf das Offensichtliche hinweisen. „Nein, habe ich nicht. Er ist freiwillig mitgekommen. Er wollte mich verpfeifen, wenn ich ihn nicht mitnehme. Also habe ich das getan. Als dann klar war, dass die Bilder nicht echt sind, habe ich einen Plan gefasst." Cornel verdreht die Augen, ihn langweilt meine Geschichte. „Komm zum Punkt, man", sagt er ungeduldig, weshalb ich rasch beschließe, alles zusammen zu fassen. „Ich habe mich Louis gegenüber als vertrauenswürdig erwiesen, um bessere Infos zu bekommen."
„Infos? Wozu?", will Forster wissen und in seinem Blick liegt nun ernsthaftes Interesse.
„Naja, sicherlich wisst ihr alle, dass diese Familie reich ist und ich dachte mir, wenn Louis mir vertraut, dann kann ich vielleicht erfahren, ob sie Gemälde besitzen, die man ihnen abknöpfen könnte."
„Und du glaubst, das würde er dir einfach so erzählen?" Forster schüttelt den Kopf.
Er traut der Geschichte nicht ganz oder hält zumindest meinen Plan für vollkommen hirnrissig.
„Ich weiß es nicht genau. Ich war gerade dabei, sein Vertrauen zu gewinnen, das Ihre Jungs bei mir aufgetaucht sind und meine Tür eingetreten haben. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm erst mal vorzuspielen, ich sei in großer Gefahr. Er musste mir schließlich irgendwie vertrauen." Die Augen meines Gegenübers verändern sich. Langsam, ganz langsam scheint er den Sinn der Sache zu erkennen. „Deswegen bist du mit ihm abgehauen."
„Richtig. Er sollte glauben, ich sei wirklich in Gefahr. Ich habe ihm eine Seite von mir gezeigt, die Mitleid bei ihm auslöst. Und ich hoffe, dass ich ihn bald soweit habe, dass er mir vielleicht mitteilt, welche Kunstgegenstände seine Familie besitzt."
„Aber jetzt bist du hier...wie soll das gehen?", fragt Cornel und spielt mit der Pistole herum. „Nun, Louis und ich haben eine recht innige Beziehung zueinander aufgebaut. Der Junge scheint auf mich zu stehen und ich will mich jetzt natürlich erst einmal rar machen. Wenn er mich wieder sieht, wird er vielleicht so erfreut sein, dass er mir mehr Details verrät."
Bei der Erwähnung der innigen Beziehung, verzieht Cornel das Gesicht zu einer Fratze und mustert mich. „Du bist ne Schwuchtel?"
„Natürlich nicht", sage ich schnell und schüttele den Kopf, als wäre das die sinnloseste Anschuldigung der Welt. „Aber er ist eine. Und er vertraut mir. Gebt mir noch ein wenig Zeit, dann habe ich ihn so weichgeklopft, dass wir mehr Infos zu den Besitztümern seiner Familie bekommen."
Forster hebt eine Augenbraue und sagt eine ganze Weile lang nichts. Langsam werde ich ungeduldig, denn meine Hände tun richtig weh und ich würde gerne aus dieser Position wieder rauskommen. Außerdem steht Cornel immer noch mit meiner Pistole in der Hand vor mir, was mich beunruhigt. Wenn er den Lauf wenigstens nicht auf mich richten würde, würde ich mich besser fühlen.
„Wieso betreibst du diesen ganzen Aufwand? Du könntest einfach abhauen und dich verstecken, aber stattdessen machst du eine große Sache daraus, das Vertrauen eines reichen Jungen zu gewinnen. Wieso?"
„Wieso? Weil ich eingesehen habe, dass ich Mist gebaut hab und ich das gerne gerade rücken will. Außerdem könntet ihr Jemanden, wie mich im Team gut gebrauchen. Louis hat sicherlich noch weitere Kontakte, die euch von Nutzen sein könnten und wenn er mir vertraut, wird es ein Leichtes sein, da dran zu kommen", sage ich sofort und im Gesicht des alten Mannes spiegelt sich sofort wieder die Gier. Natürlich muss ich nachlegen und sage: „Man stelle sich nur mal vor, wie viel Geld man mich den Sachen machen könnte..."
Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. Soll doch sein Kopfkino erst mal ein wenig arbeiten. „Lasst ihn hier sitzen. Wir finden erst mal raus, wer genau dieser Tomlinson überhaupt ist und ob er uns wirklich von Nutzen sein kann", ordert Mr Forster kurzerhand an und verlässt den Raum. Die Männer folgen ihm auf den Fuß und der Letzte macht tatsächlich das Licht aus.
Jetzt sitze ich im Dunkeln auf einen Stuhl gefesselt, kann mich nicht rühren und habe eine neue Brandwunde an der Wange. Das war so zwar nicht geplant, aber ich muss jetzt damit leben und hoffen, dass sie genug Informationen bekommen, die den Hunger auf teuer Bilder und schöne Skulpturen so groß macht, dass sie nicht anders können, als mich als Verbindungsmann zu nutzen.
Nach einer Weile stelle ich fest, dass man mich nicht am Stuhl festgebunden hat, wovon ich eigentlich ausgegangen bin und umständlich schaffe ich es, aufzustehen und die Stuhllehne zwischen meinen Armen hervor zu zwängen. Endlich stehe ich aufrecht und strecke mich, so gut es geht. Lange habe ich nichts von meiner kleinen Befreiung, denn wenig später höre ich Schritte auf der Treppe.
Weil ich schon lange im Dunkeln sitze, haben sich meine Augen daran gewöhnt und ich muss heftig blinzeln, als die Tür wieder aufgerissen wird und ein schlanker, junger Mann reinkommt. Er hat dunkle Haare und einen ebenso dunklen Bart und eigentlich ein recht freundliches Gesicht. Sein Mund ist allerdings zu einer strengen Linie gezogen und er kommt direkt auf mich zu. Wer ist das denn?
"Umdrehen", blafft er mich an und ich gehorche misstrauisch. Das Klicken eines Messers ertönt und der Kabelbinder wird durchtrennt. Stöhnend nehme ich die Arme nach vorne und reibe mir die Handgelenke. Das gibt blaue Flecke. Ganz sicher.
"Komm mit. Der Chef wartet auf dich", sagt er und geht mir voraus die Treppe hinauf in den Laden. Wieder stehen wir im Hinterzimmer und Forster sitzt hinter seinem Schreibtisch. Cornel steht dicht neben ihm und sie sprechen mit gedämpften Stimmen miteinander.
Mein Abholer räuspert sich und beide verstummen sofort. "Ah, Styles. Wir haben uns die Villa von Tomlinson angesehen. Sieht schick und verdammt teuer aus. Wenn du da Beute witterst, dann sieh zu, dass du sie bekommst." Forster spricht langsam und sieht mich ernst an. "Wir werden ja sehen, ob du es hinkriegst."
Das klingt gut. Verdammt gut. Trotzdem bin ich misstrauisch. Wird er mich einfach so für sich arbeiten lassen?
"Gut", sage ich langsam und abwartend. Forster und Cornel sehen mich lange und forschend an, dann sagt Cornel. "Sei bloß vorsichtig. Nur, weil der Chef dir das erlaubt, heißt das nicht, dass er dir automatisch vertraut." Er ballt die Faust und die Knöchel knacken bedrohlich.
Ich muss dringend trainieren. Wenn etwas schiefgeht, dann muss ich es mit diesem Typen aufnehmen können.
Das ist meine Erkenntnis des heutigen Tages.
.-.-.-.
So, da hat Harry Louis aber ganz schön verleugnet, aber mal ehrlich: es wäre auch gar nicht anders gegangen, wenn er sich nicht gleich Ärger einhandeln will. Oder was meint ihr?
Aber leicht wird es ihm sicherlich nicht gefallen sein.
Liebe Grüße
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