32.Kapitel
Zu wissen, dass ich Louis klar gemacht habe, dass ich ihn liebe, erleichtert mir die Seele ungemein und zwei Tage später bin ich wieder bei der Arbeit. Von Menzies habe ich bisher nichts gehört und kann nur hoffen, dass er damit beschäftigt ist, meine Informationen zu bearbeiten und bald Erfolg haben wird.
Mein Erfolg sollte sich langsam auch mal einstellen und ich bin in hoher Erwartung, Forster unter die Augen zu treten. Die Bilder sind dieses Mal echt und deutlich mehr wert, als ich ihm eigentlich geschuldet habe. Er kann mir dieses Mal wirklich nichts Negatives unterstellen. Aus diesem Grund bin ich gut gelaunt, als ich den Laden betrete und Lucas grüße, der hinter dem Tresen steht und heute die erste Schicht hat. „Na, wieder gesund?", fragt er und ich nicke. „Du siehst aber noch ein bisschen blass aus. Hängt dir wohl noch ein bisschen nach, die Erkältung."
„Ja, aber es ist schon viel besser. Ist Mr Forster da?" Lucas nickt und deutet auf den Perlenvorhang, dann beugt er sich über den Tresen und sagt: „Ich glaube, die Ware hat ihn sehr gefreut." Er zwinkert und ich schiebe die klimpernden Perlen mit einer positiven Stimmung beiseite. Dahinter im Zimmer liegen die Bilder auf einem Tisch und Fabio ist gerade dabei, welche zu verpacken. „Gehen die schon raus?", frage ich und deute auf die, in Bläschenfolie eingewickelten Rahmen.
„Ja, Forster hat verdammt schnell Abnehmer für einige Bilder gefunden, was auch gut so ist. Ihr habt ganz schön viel mitgebracht und das würde hier sowieso nur rumstehen."
Mit einem Cuttermesser schneidet er die Folie ab und macht sich daran, das nächste Bild einzuwickeln. Ich grinse, als ich ihm dabei zusehe und mir vorstelle, dass das MI5 bald die GPS Daten der Bilder auf ihren Computern zurückverfolgen kann. Die Kunden werden sich wundern. „Hätte man die Bilder nicht auch einfach in den Laden stellen können?", frage ich und Fabio schüttelt den Kopf: „Wie stellst du dir das vor? Dann kommt ein Kunde rein, der womöglich den rechtmäßigen Besitzer kennt und sich wundert, wieso das Bild hier liegt und schwupps haben wir die Polizei am Hals."
„Oh, du hast Recht, daran hab ich nicht gedacht", lenke ich schnell ein. Cornel tritt durch die Tür zum Treppenhaus und mein Magen zieht sich bei seinem Anblick zusammen. Er hat meinen letzten Satz mitbekommen und sagt: „Ja, du denkst manchmal einfach an die falschen Dinge. Zum Beispiel an das Leben eines Nachtwächters." Er bleibt direkt vor mir stehen, verschränkt die Arme und sieht mich an: „Du hast wohl noch nicht verstanden, dass es bei unserem Geschäft nicht darum geht, sich um irgendwelche Menschen zu kümmern, die bei unseren Einsätzen zu Schaden kommen."
„Ihr habt den Mann fast totgeschlagen", protestiere ich, weil ich es einfach nicht lassen kann, nichts darauf zu erwidern. „Und wenn schon, der Typ war alt und hatte sowieso nicht mehr allzu lange zu leben. Aber das wird dir Forster gleich erklären. Er wartet im Büro auf dich." Cornel nickt ruppig zum Flur und ich schiebe mich an ihm vorbei. Glücklicherweise lässt er mich passieren, ohne einen Kommentar zu äußern, oder mich anzufassen.
Zum Glück wissen sie nicht, dass ich einen Krankenwagen gerufen habe, sonst würden sie mich vermutlich gleich in Einzelteile zerlegen. Trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl, als ich bei Forster an der Tür klopfe. Das Lob, das ich mir erhofft hatte, kann ich jetzt mit Sicherheit vergessen und das trübt meine Stimmung. Fast habe ich das Gefühl, beim Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel ständig aussetzen zu müssen.
Ich glaube, ich bin kein sonderlich guter Geheimagent.
Die Tür wird geöffnet und zwar von Titus, der scheinbar wieder bei seinem Großvater zu Besuch ist. Er grinst mich frech an und hopst dann auf einem Bein zurück zum Schreibtisch seines Opas, der sich zu ihm beugt und sagt: „Schatz, geh doch mal zu Cornel und frage ihn, ob er mit dir Verstecken spielt, solange ich hier mit Harry spreche."
Das Kind wuselt davon und ich ahne bereits, dass Cornel sich besseres vorstellen kann, als jetzt Verstecken zu spielen.
„Setz dich, Harry", sagt Forster und ich glaube, dass er mich heute zum ersten Mal mit meinem Vornamen angesprochen hat. Könnte das bedeuten, dass ich vielleicht endlich in den Kreis der festen Mitarbeiter aufgenommen wurde?
„Die Bilder sind wunderbar", fängt er an und wirkt zufrieden. „Ja? Freut mich, Sir." Er räuspert sich und fährt fort: „Geschätzt haben sie einen Wert von mindestens 425.800 Pfund. Du bist deine Schulden also mehr als los. Allerdings habe ich auch etwas mit dir zu besprechen, was mir von Cornel zugetragen wurde. Ihr seid bei dem Einbruch einem Nachtwächter begegnet, der von Cornel und Josh unschädlich gemacht wurde. Du wolltest einen Arzt rufen, stimmt das? Es klingt für mich fast ein wenig absurd, aber ich will mich gerne rückversichern."
Cornel, du alte Petze, schießt es mir durch den Kopf. Gleichzeitig freut mich aber der Gedanke, dass Forster nun scheinbar auch meine Meinung zu dem Ganzen zu interessieren scheint und er nicht mehr komplett auf das vertraut, was Cornel ihm sagt. Ob das nun damit zu tun hat, dass ich ihm eine ganze Menge Geld geliefert habe, oder dass er mir vertraut, weil sich mein Tip mit den Tomlinsons nicht als heiße Luft herausgestellt hat, weiß ich nicht.
Ist mir aber auch vollkommen egal, solange mir die Aktion mit dem Nachtwächter jetzt nicht auf die Füße fällt. „Ich wollte einen Arzt rufen, das stimmt. Der Mann war alt und ich hatte Angst, sie hätten ihn umbringen können. Aber ich habe mich dann besonnen und ihn lediglich in eine stabile Seitenlage gebracht", berichte ich schnell und klinge dabei sehr ehrlich. „Mitleid ist in unserem Beruf keine sonderlich sinnvolle Sache, wenn sie geschäftliche Dinge betrifft. Du hast noch rechtzeitig Vernunft gezeigt, aber ein Anruf bei einem Arzt ist äußerst verdächtig und ich will keine undichte Stelle haben, hörst du?"
„Tut mir leid, Sir. Ich werde das in Zukunft berücksichtigen." Mr Forster nickt mir zu und steht dann auf. „Cornel wird dich noch ein wenig im Auge behalten, bis ich ganz sicher sein kann, dass du gelernt hast, wie man sich bei uns zu verhalten hat. Heute Abend werden wir den Verkauf der neuen Bilder bei einem Abendessen feiern. Weil du dich ganz gut für die Erschaffung der Bilder eingesetzt hast, bist du natürlich auch eingeladen. Ich lasse einen Tisch im The Watersides Inn buchen."
Überrascht, weil ich mit einer solchen Großzügigkeit nicht gerechnet hatte, starre ich meinen Chef vollkommen perplex an. Wie es scheint, ist Forster sehr großzügig zu den Leuten, die ihm nützlich sind und es scheint außerdem, dass ich mich langsam aber sicher vorarbeite.
Wir gehen also heute Abend essen.
Ich löse Lucas von seiner Schicht ab und weil ich wenig zu tun habe, beschäftige ich mich damit, zu googeln, wo sich das Restaurant befindet und staune nicht schlecht, als ich die ersten Bilder sehe. Es liegt außerhalb Londons in einem fast schon verschlafenen Nest, direkt am Ufer der Themse. Auf der Webseite des Restaurants sind Fotos der Menüs, die verdammt teuer aussehen und ich vermeide es auf die Preisliste zu klicken. Allerdings dürfte bei einem Geldeingang der Bilder ein Menü kein großes Loch in die Haushaltskasse reißen, weshalb ich kein schlechtes Gewissen habe. Allerdings lese ich auf der Seite von einem Dresscode und muss daher dringend nochmal nach Hause zurück, um mich in Schale zu werfen.
Um kurz vor sechs am Abend bin ich mit der ereignislosen Schicht fertig und will gerade den Laden verlassen, als mir Emilia entgegenkommt. „Hallo Harry, wo willst du denn hin?", fragt sie freundlich und ich bleibe stehen. „Ihr Vater hat uns zum Essen eingeladen und ich muss mich noch umziehen."
„Ach, du kommst auch mit? Das ist ja schön. Titus und ich werden auch dabei sein", sagt sie und strahlt. „Man lernt sich bei einem Abendessen immer besser kennen, als nur so zwischen Tür und Angel, was meinst du?" Ich pflichte ihr bei und freue mich tatsächlich auch, dass Emilia mitkommen wird. Ein reiner Männerabend könnte wieder in Schikanen von Cornel ausarten und ich bin sicher, dass er sich zusammenreißen wird, wenn eine Frau mit am Tisch sitzt.
Erst, als ich wieder in der Bahn sitze und nach Hause fahre, fällt mir ein, dass ich den heutigen Abend nutzen könnte, um meinen Plan, das Kind entführen zu lassen, umzusetzen. Viel Zeit, Menzies zu informieren habe ich nicht, weshalb ich ihm schreibe, sobald ich meine Wohnung betreten habe. Er antwortet mir sofort:
>>Aktion ist genehmigt. Kollegen stehen auf Standby und sind rechtzeitig vor Ort. Zeitpunkt des Zugriffs wird spontan beschlossen.<<
Heute Abend werde ich also endlich meine Treue beweisen können. Ich bin nervös, als ich mich in eine Anzughose, dunkle Schuhe und ein helles Hemd geworfen habe und darauf warte, dass man mich abholt.
Hoffentlich geht alles gut und die Männer handeln nach Plan. Wenn das alles funktioniert, dann habe ich bei meinem Chef wirklich alles offen.
Nervös spiele ich am Knopf meines Hemdärmels herum und behalte das Ende der Straße im Auge, während ich wenig später auf den Wagen warte. Gleich müsste der Wagen kommen, der mich abholen soll. Und tatsächlich taucht in diesem Moment ein dunkler Van auf, steuert auf mich zu und hält an. Drinnen sitzen, Emilia, Titus, Mr Forster, Cornel, Josh, Kaye und ein Chinese, den ich noch nie gesehen habe. „Steig ein, du kannst hinten neben Emilia und Jean sitzen", sagt Mr Forster und ich nehme neben dem Chinesen und der dunkelhaarigen Frau Platz und das Auto fährt Richtung Osten.
Raus aus der Stadt. Wir lassen die Hektik hinter uns und ich werde nervöser, je mehr Zeit verstreicht.
.-.-.-.
Morgen habe ich meinen ersten Drehtag. Mal sehen wie es wird. Das Team dreht schon länger und ich steige jetzt erst ein, das wird also sicherlich ein ziemliches Gewusel und Zurechtfinden, bis man dann weiß, wer wie tickt und alles, aber immerhin die Maskenmädels kenne ich und das ist ja sowieso das Wichtigste.
Viele Grüße
PS: jetzt nimmt es langsam wieder Fahrt auf hier und wir sind nur noch ne Handvoll Kapitel vom Finale entfernt ...uh das Finale wird toll :-)
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