Verhöre. 20.12.

Sein Mund wurde trocken. Er konnte sich nur wage vorstellen, wie schlimm es sein musste, wenn man unbedingt Kinder wollte und es nicht funktionierte.

„Das ist kein Grund für das, was er dir angetan hat. Er dachte wenn er dich ein bisschen schlägt wird es besser, ja?"

„Er hat sich immer Kinder gewünscht. Und ich kann ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Blöderweise hat er aber mich geheiratet."

„Wenn das so schlimm für ihn ist, könnte er sich auch einfach trennen.", das wäre für ihn die logische Konsequenz. Warum Wood sie nicht ziehen konnte, war ihm schleierhaft.

„So einfach ist das nicht. Er hat ständig gesagt wie sehr er mich liebt und ich habe ihn ja auch geliebt. Aber irgendwann hat es einfach angefangen.", resignierend trat sie einen Schritt zurück und ließ sich der Länge nach auf das Bett fallen. Er setzte sich neben ihr auf die Kante.

„Wann war das denn?"

„Ich weiß nicht mehr genau... Ich glaube vor anderthalb Jahren. Aber es war auch nicht immer so wie jetzt. Es ist häufiger geworden. Am Anfang war es nur eine Ohrfeige. Im Streit. Dann hat er mich nicht angefasst. Aber zwei Monate später wieder.", Ihre Stimme wurde immer leiser.

„Wann habt ihr denn festgestellt, dass du keine Kinder bekommen kannst?", eigentlich war dieses Gespräch so privat, dass es ihn wunderte wie offen sie antwortete.

„Ein halbes Jahr davor. Wir sind seit vier Jahren verheiratet.", sie drehte ihren Kopf ihn seine Richtung und verschränkte ihre Finger auf ihrem Bauch.

„Ihr wart vier Jahre verheiratet, meinst du.", korrigierte er streng.

„Wart?"

„Du lässt dich doch scheiden, oder nicht? Du kannst nicht bei ihm bleiben. Also, natürlich ist es deine Entscheidung, aber er wird vorerst nicht zu dir zurückkehren. Zumindest für ein paar Jahre."

„Mhm. Schätze schon. Ich hab noch nicht darüber nachgedacht. Was soll ich denn tun... ohne ihn?"

„Die Granger Dinge, die du schon immer getan hast. Hart arbeiten, alle belehren und mir auf den Geist gehen. Du findest schon einen Besseren, der dich erträgt.", scherzte er, in der Hoffnung sie aufzumuntern. Einer ihrer Mundwinkel hob sich tatsächlich.

„Ist das so, ja?"

„Du bist hübsch und intelligent, jemand wird dich schon mögen und darüber hinwegsehen, dass du ein Plagegeist bist.", fuhr er fort. Dann betrachtete er erneut ihr Gesicht, dass zwar müde wirkte, aber noch immer einen besonderen Ausdruck hatte, den er schon im letzten Schuljahr erkannte und inzwischen mochte.

„Sieh mich nicht so an.", flüsterte sie zu ihm. Darauf entgegnete er verwirrt:

„Wie sehe ich dich denn an?"

„Als hättest du Mitleid. Hab kein Mitleid. Ich schaffe das schon... denke ich."

Er nickte. „Okay. Verlass dich ja nicht darauf, dass ich dich immer rette.", rügte er und erhob sich. „Ich werde jetzt erstmal gehen. Du solltest bald wieder zur Arbeit kommen. Ich ertrage Mrs. Hunter nicht mehr, sie ist furchtbar.", angeekelt zog er seine Nase kraus.

„Verlass dich nicht darauf, dass ich dich immer rette.", imitierte sie und richtete sich auf. „Ich bleibe noch einen Tag Zuhause. Im Prinzip geht es mir ja gut.", entkräftet wischte sie mit ihrem Handrücken über ihre Stirn.

„Dann bis bald.", sagte er und streckte ihr seine Hand entgegen. Kurz betrachtete sie sie, nahm sie schließlich in ihre Hand, stand ebenfalls auf und sah in seine grauen Augen. Für einen kurzen Moment verlor er sich in ihrem Anblick, ohne nachzudenken hob er seine Hand und wischte mit seinem Daumen über die verlaufene Wimperntusche. Sie zuckte leicht zusammen, also ließ er von ihr hab und gab gleichzeitig ihre Hand frei. „Sorry. Ich gehe."

Sie nickte, er kehrte um und verließ das Zimmer.

...

Pünktlich um neun Uhr morgens erschien er vor den Verhörsälen der Aurorenzentrale. Dow sollte zuerst vernommen werden, anschließend Nott. Er hatte nicht mehr wirklich Lust sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Generell erschien ihm sein Job als lästig, zumindest in der letzten Zeit, weil es ihn gewissermaßen von dem ablenkte, was wichtig war.

Er schritt den Gang entlang und sah Potter bereits aus der Ferne, der vor einer der dunklen Holztüren auf ihn wartete. Stumm nickten sie einander zu, ignorierten den gestrigen Tag, an dem Draco ohne einen Zwischenfall in Potters Haus gewesen war.

„Bereit?", fragte er nüchtern. Draco brummte zustimmend, worauf sie den Raum betraten, der klein, rechteckig und dunkel war. Dow saß an einem Tisch, der sich in der Mitte des Raumes befand. Potter und er nahmen auf der gegenüberliegenden Seite Platz.

„Guten Morgen. Ich hoffe Sie haben gut geschlafen.", scherzte Potter und verschränkte seine Hände auf dem Tisch.

„Sicher.", brummte der andere. Sein Erscheinungsbild war verfallen. Seine Haare fielen ihm in seine Augen und waren schmutzig-blond. Seine eisblauen Augen starrten sie beide abwechselnd an.

„Wollen Sie uns vielleicht sagen, warum Sie sich totgestellt haben?", knüpfte Draco an den Gesprächseinstieg an.

„Was habe ich denn davon, wenn ich all die Informationen preisgebe?", stellte er als Gegenfrage. Schelmisch grinste er den Auroren entgegen.

„Was könnten uns die Informationen denn bringen? Ein bloßes Geständnis wird Sie wohl kaum entlasten.", Potter hatte erneut die Zügel des Gesprächs übernommen.

„Nun ja... sie könnten sehr belastend für den anderen sein, der an diesem Schlamassel beteiligt ist.", für die Auroren war es relativ klar, dass Nott gemeint war, aber sie wollten auf Nummer sicher gehen.

„Wen meinen Sie damit? Sie müssen wissen, dass Sie auch ohne Geständnis nach Askaban kommen. Wenn Ihr Geständnis nützlich ist, könnte es ihre Haft angenehmer machen. Bei der Verwendung des Avada ist niemand umgekommen, jedoch die bloße Verwendung wird Sie für ein paar Jahre hinter Gitter bringen. Weiters haben Sie durch ihren gespielten Tod Ermittlungen und Kosten erzeugt, die überflüssig waren. Wenn Sie uns nichts sagen, wird das alles Ihnen angerechnet werden.", erklärte Potter und lehnte sich zurück.

„Weder der Avada, noch das eigentliche Vorhaben haben im Endeffekt funktioniert. Also was solls?", wieder grinste er und entblößte ein paar gelbe Zähne.

„Dann können Sie uns ja davon erzählen. Also, wie kam es, dass Sie tot waren?", der Schwarzhaarige sah Dow abwartend an.

„Wissen Sie... vielleicht erzähle ich es Ihnen lieber doch nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass ich dann mehr Probleme bekomme."

„Weshalb?"

„Naja... ich habe mit dieser Sache mehr zu tun, als Sie denken."

„Sie kommen so oder so für ein paar Jahre nach Askaban. Wenn Sie uns sagen, was passiert ist, macht es das nur einfacher. Oder Sie geben uns ihre Erinnerung.", warf Draco ein, der langsam etwas ungeduldig wurde. Manche Menschen machten es ihm wirklich schwer entspannt zu bleiben und mit dieser grundsätzlichen Wut, die er momentan empfand, war es noch schwerer. Dow atmete aus und begann mit einem Lächeln zu erzählen:

„Ich habe die Formeln für den Stein der Weisen gestohlen."

Sowohl das Gesicht von Potter, als auch das von Draco, entgleisten für einen Moment. Natürlich hatte Draco kurz daran gedacht, als Nott seinen Namen aussprach, schließlich war er einer der Händler für Einhorn-Horn... aber, dass er persönlich eingebrochen war, damit hatte er nicht gerechnet.

„Und... Nott hat Ihnen den Auftrag erteilt?", Potter fand als erster seine Stimme wieder. Abwartend musterten sie Dow.

„So siehts aus. Er kauft seine Trankzutaten schon seit Ewigkeiten bei mir ein und für die entsprechende Summe wollte ich ihm den Gefallen tun. Ich nehme an, dass ich der einzige ehemalige Todesser war, zu dem er Vertrauen und Kontakt hielt.", erklärte er fast stolz.

„Hat er bei Ihnen Einhorn-Horn gekauft?"

„Ja."

„Wissen Sie wofür?"

„Er kauft sonst noch frische Alraunenstücke, Nieswurzelsirup und Mondsteinpulver bei mir ein. Also wahrscheinlich für den Trank des Friedens oder so.", Dow zuckte gleichmütig mit seinen Schultern.

„Mhm. Und er hat Sie ‚umgebracht', weil...?", lenkte Draco auf ein anderes Thema. Einen der wichtigsten Teile hatten sie bereits aus ihm herausgequetscht.

„Ich dachte ich sollte von ihm noch einen Anteil fordern, falls er es schafft den Stein herzustellen. Aber er ist ausgerastet, weil wir das vorher nicht ausgemacht haben. Nott ist ein Wichser.", grummelte er und sah auf die Tischplatte. Draco fuhr damit fort, ihn mit Fragen zu löchern:

„Wie haben Sie ihren Tod vorgetäuscht?"

„Es gibt da eine Pflanze, deren Beeren die Körperfunktionen beinahe auf null herunterfahren, aber nicht tödlich wirken ... hab ihren Namen vergessen. Jedenfalls, ich habe gehört wie er den Zauber aussprach und ich hatte die Beeren schon lang bei mir, falls ich beim Einbruch erwischt werde... Ich bin dem Avada ausgewichen und habe schnell zwei davon zerkaut."

„Was nützt es, wenn Sie vor ihm ihren Tod vortäuschen?", Draco war irritiert, das ergab in seinen Augen keinen Sinn.

„Er würde denken, ich wäre tot und könnte in Ruhe am Stein der Weisen experimentieren. Wenn er denkt, ich bin keine Gefahr, wird er unvorsichtig und deshalb habe ich ihn vor ein paar Tagen angegriffen. Ich nahm an er hätte den Stein bereits herstellen können, aber anscheinend nicht.", augenrollend verschränkte er die Arme vor der Brust. „Hab mehr von dem Schwächling erwartet. Anscheinend ist er deshalb ein zweites Mal eingebrochen, weil er zu blöd dafür war."

„Tja. Aufgrund dessen, dass Sie vor ein paar Tagen den Avada angewandt haben und ins Ministerium eingebrochen sind, wird auf Sie eine sehr lange Haftstrafe zukommen.", eröffnete Potter und kritzelte etwas auf ein Formular.

„Wenn ich Nott in die Finger bekomme ist er dran.", prophezeite Dow, der widerwillig seine Unterschrift unter das Geständnis setzte.

„Das wird wohl eher nicht passieren.", fügte Draco noch hinzu. Damit war alles geklärt und sie verließen den Raum. Der nächste wäre Nott Junior.

...

„Mach doch mal deinen Mund auf!", drängte der Blonde wütend. Seit einer halben Stunde redeten sie auf Nott ein, der eingeschnappt auf seinem Stuhl saß. „Was willst du mit dem Stein der Weisen?"

Wieder starrte er ihnen nur entgegen. Seine Kiefer mahlten aufeinander und Draco nahm an, würden sie ihn noch weiter nerven, würde er endlich sprechen.

„Wir können dir auch einen Lockerungstrank einflößen. Dann macht es dir vielleicht nicht mehr so viel aus uns zu antworten.", überlegte er laut und ging neben dem Tisch auf und ab.

„Mit dir rede ich kein Wort mehr, du bist ein Verräter! Genau wie Dow."

„Dow ist kein Verräter, er wollte nur einen Anteil.", froh darüber, dass Nott es geschafft hatte seine Zähne voneinander zu lösen, stieg er auf seinen wahnwitzigen Vorwurf ein.

„Und dann hat er seinen Tod vorgetäuscht und mich angegriffen. Überhaupt kein Verräter.", verächtlich schnaubte er, lehnte sich erneut zurück und starrte wütend vor sich hin.

Draco war der Meinung, wenn sie ihn weiter zum Stein der Weisen befragen würden, würde er weiterhin nicht antworten, also versuchte er es mit etwas anderem.

„Du nimmst den Trunk des Friedens?", fragte er daher unvermittelt. Irritiert flackerten Notts Pupillen zu seinem ehemaligen Klassenkameraden.

„Ja. Und?"

„Wir haben Spuren von Einhorn-Horn am Tatort gefunden. Die hat Dow anscheinend hinterlassen."

„Verfluchter Idiot!", zischte er und wischte sich mit einer Hand über sein Gesicht. Wahrscheinlich dachte er gerade darüber nach, wie es gelaufen wäre, hätte er einen Profi engagiert.

„Warum bist du nicht selbst eingebrochen, wenn du das Rezept wolltest?", warf Potter ein.

„Ich bin doch nicht bescheuert. Wenn jemand für den Einbruch verknackt wird, dann nicht ich.", ärgerlich fummelte er an seinen Handschellen herum, die leise klirrten. Sie waren mit einer langen Kette am Tisch befestigt, wie bei Dow zuvor.

„Du hast wohl recht. Dein Talent für Einbrüche ist nicht sonderlich ausgeprägt, sonst hättest du bei deinem zweiten Versuch darauf geachtet, nichts liegen zu lassen.", Notts Augen weiteten sich überrascht.

„Was habt ihr gefunden?"

„Eine leere Phiole. Ein letzter Tropfen des Trunks des Friedens war in ihr. Und bei meinem Besuch bei dir hast du dir etwas davon in dein Glas getropft."

Missmutig verzog Nott den Mund, er hätte es besser wissen müssen.

„Deshalb seid ihr auf mich gekommen?"

„Mhm.", machte Draco zustimmend. Erschöpft atmete Nott aus, stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch ab. „Wofür nimmst du den Trank? Wenn du nur einmal einen Fehler in der Zubereitung oder der Einnahme machst, bist du erledigt."

„Denkst du das weiß ich nicht?", düster hob er seinen Blick. „Ich hab Panikattacken und Phobien entwickelt... nach Kriegsende. Irgendwie muss ich es schaffen den Alltag zu meistern, meinst du nicht?", Draco konnte es verstehen. In niedrigen Dosen wirkte der Trank beruhigend. Wenn Nott wusste was er tat, würde er ihn nicht weiter deshalb belästigen.

„Willst du uns jetzt sagen, wofür du den Stein brauchst? Mal abgesehen davon, dass du auch in den Raum des Denkens eingebrochen bist und das Elixier zur Erweiterung der Aufnahmefähigkeit entwendet hast."

„Draco, ich hab es ewig lang versucht die Formel zu knacken. Einmal hätte ich bald meine Küche in die Luft gejagt, aber ich sehe es, wenn ich nicht vorankomme. Deshalb brauchte ich es. Ohne wäre es niemals etwas geworden und die Zeit wurde knapp.", die letzten Worte hatte er nur leise gesprochen. Draco und Potter tauschten einen schnellen Blick.

„Welche Zeit wurde knapp?", interessiert beugte sich Potter nach vorn, um die Antwort nicht zu verpassen, die Nott geben würde. Und gewissermaßen schockte sie sie, denn sie hätten jeden Grund in Erwägung gezogen, nur nicht diesen.

„Die meines Vaters.", nuschelte er, wandte den Blick auf die Hände, die vor ihm lagen.

„Du wolltest ihm mit dem Stein mehr Zeit verschaffen.", erkannte Draco, der den niedergeschlagenen Nott mit gemischten Gefühlen ansah. Dieser jedoch nickte nur langsam. „Nun ist es sowieso zu spät."

Notts Blick schnellte in die Höhe, zu Draco: „Was meinst du damit?"

Kurz zögerte er, nur weil Notts Absichten reiner Natur gewesen waren, aber es half alles nichts, er musste es sowieso erfahren: „Eine Wunde deines Vaters hat sich geöffnet und er ist verblutet. Wir nehmen an es war der Querschläger eines Sectumsempra von Dow. Noch in derselben Nacht. Die Heiler sagten, er hätte gleichzeitig einen Herzinfarkt erlitten."

Noch immer sah Theodore ihn an, ohne zu blinzeln. Langsam begannen seine Augen zu glänzen, ehe einzelne Tränen über seine Wangen perlten und auf den Tisch tropften. Er senkte seinen Kopf und flüsterte: „Es war alles umsonst."

„Wem sagst du das.", murrte Potter, erhob sich und verließt mit Draco das Verhör, damit Nott sich beruhigen und die Nachricht verdauen konnte.

...

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