Schmerz. 11.12.

Der nächste Morgen war weiß und kalt. In der Nacht musste es angefangen haben zu schneien und es hörte einfach nicht mehr auf. An Tagen wie diesen war er froh darüber kein Muggel zu sein und sich jetzt mit einer Ladung Schnee und Eis auf seinem Auto rumschlagen zu müssen. Auf wackeligen Beinen, es war wirklich gefährlich glatt, ging er auf dem Gehweg. Einige Meter vor sich sah er Granger im Schneegestöber, die allem Anschein nach tatsächlich zuhause gewesen sein musste. Vorsichtig beschleunigte er seine Schritte und holte sie ein.

„Morgen, Granger.", begrüßte er sie beiläufig. Seine Worte lösten eine leichte Anspannung in ihr aus wie er annahm, zumindest versteifte sie sich merklich. Ohne ihn anzusehen antwortete sie:

„Morgen."

Ihr Erscheinungsbild war wie immer kläglich und niedergeschlagen.

„Lange nicht gesehen.", er versuchte das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.

„Stimmt.", nickte sie. Schweigend setzten sie den Weg fort, darauf bedacht nicht auszurutschen. Aber es kam, wie es kommen musste, die nächste vereiste Pfütze war besonders gefährlich und Granger rutschte mit ihrem Fuß darüber, breitete ihre Arme aus und innerlich rechnete sie schon mit dem Schmerz des Falls, als er sie auffing. Vornüber war sie gegen ihn gestolpert, in ihrer Tollpatschigkeit. Langsam hob sich ihr Blick und sie sah ihn an, ein schiefes Lächeln auf ihrem Mund und da entdeckte er es. Die linke Gesichtshälfte, die sie ihm bisher nicht zuwandte, barg ein Veilchen. Zwar war es nahezu verheilt, aber es war da. Ärgerlich besah er es.

„Was ist das?", knurrte er ihr entgegen, noch immer seine Arme um die schlanke Frau geschlungen.

„Wovon sprichst du?", ihr Lächeln war verschwunden und machte Platz für einen säuerlichen Gesichtsausdruck, der es ihm verbot nachzufragen.

„Dein Auge."

Hastig machte sie sich von ihm los, nun wieder festen Boden unter den Füßen.

„Nicht dein Problem.", wiegelte sie ab, ging weiter. Er hielt sie jedoch an ihrem Arm auf, den sie ihm unter Schmerzen entwand. „Malfoy-"

„Das muss aufhören!", zischte er nah neben ihr. Er hatte die Schnauze gestrichen voll davon, sie jedes Mal mit anderen Blessuren zu sehen.

„Ja, da hast du Recht, du solltest aufhören dich ständig einzumischen!", gab sie ebenso wütend zurück.

„Ich mische mich nicht ein, ich-", begann er kopfschüttelnd und irritiert.

„Du fragt ständig nach, du bedrohst meinen Mann, du klingelst an unserer Wohnungstür – du mischst dich ein!", zählte sie auf. Perplex vernahm er ihre Worte, die für ihn einfach keinen Sinn ergaben.

„Dann sag mir warum ich das nicht mehr tun sollte. Geht es dir gut? Bist du glücklich? So sieht es nämlich nicht aus!"

„Draco, wenn es etwas gäbe über das ich sprechen müsste, könnte ich mich auch mit Harry und Ron unterhalten.", bockig verschränkte sie ihre Arme vor der Brust. Er stieß angestrengt seine Atemluft aus, die kleine Wölkchen in der kalten Luft bildete.

„Wann hast du sie denn das letzte Mal gesehen? Ich bin mir sicher, dass du nicht mehr verheiratet wärst, wenn sie wüssten, dass du ein blaues Auge hast."

Zögernd warf sie einen Blick auf die Straße, als wöllte sie sichergehen, dass sie niemand sah oder hörte: „Du bist nicht mein Bodyguard!", moserte sie abschließend und setzte sich wieder in Bewegung, ignorierte ihn völlig und er gab nach, sprach sie nicht mehr an und folgte ihr zum Rathaus. Er konnte nicht begreifen, warum es ihm am vorherigen Tag in der Winkelgasse nicht aufgefallen war. Ob sie es mit einem Zauber versteckte und es einfach vergessen hatte, ihn morgens zu erneuern?

...

A.N.:

Ich spreche für die zweite Hälfte des Kapitels eine Triggerwarnung aus. Der Abschnitt ist nicht ganz ohne und deutet Misshandlungen an, wenn dich das sehr berührt, kannst du es überspringen. Ansonsten brich rechtzeitig ab, wenn du das Gefühl hast, es nicht lesen zu können/wollen.

...

Spät war es, als sie das Ministerium verließ. Drei Stunden nach ihrem Feierabend schlich sie durch die Straßen, zögerte den Nachhauseweg heraus, denn sie wollte nicht ankommen, verspürte eine fürchterliche Kälte in ihrem Herzen. Immer, wenn sie dachte es würde eine kleine Flamme in ihr entzündet werden, trat er sie auf brutalste Weise aus und löschte sie damit für lange Zeit. Seit Jahren tat sie es sich an und sie wollte es nicht mehr, aber sie konnte es nicht ändern. Es war so, sie hatte sich dafür entschieden und deshalb blieb es auch so.

Zitternd öffnete sie die Wohnungstür und trat in den Stickigen Flur, der sich vor ihr offenbarte. „Ich bin Zuhause!", rief sie, mit leichter Angst in der Stimme. Sie entledigte sich ihrer Schuhe und ihrem Winterumhang, ging dann in das Wohnzimmer links hinter der Garderobe. Er saß da, wie er es immer tat, wenn sie nachhause kam. In legerer Kleidung auf dem Sofa, Wein im Glas, den Fernseher angestellt. Es hatte Vorzüge in einer Gegend mit Strom zu wohnen, aber nicht immer.

„Hermine, du solltest nicht immer so viel arbeiten.", brummte er und sah sie an, wie sie im Türrahmen stand.

„Tut mir leid.", flüsterte sie.

„Du hast nicht Bescheid gesagt, dass du später kommst.", gab er leise zurück, seine Miene verdüsterte sich.

„Ich hab... es vergessen. Es war so viel zu tun..."

„Jaaah...", er lachte, aber es war kalt, „es ist immer viel zu tun, nicht wahr? Aber dass ich für dich koche, weil ich denke du bist hungrig, wenn du nachhause kommst, und dass das Essen dann schlecht wird, wenn es nicht gegessen wird, das ist natürlich egal.", lautstark stellte er das Glas auf dem Tisch ab.

„Ich sagte doch, es tut mir leid!", aufgelöst strich sie durch ihre Haare, es ging wieder los.

„Tut mir leid ist nicht genug!", fuhr er lauter fort, „Ständig kommst du später, oder mitten in der Nacht. Letztens bist du gar nicht gekommen und mit wem sehe ich dich? Dem Todesser! Dem Feigling! Und dann taucht er auch noch hier auf und wagt es mich maßregeln zu müssen!"

„Darüber haben wir doch schon gesprochen!", schrie sie, ihre Nerven lagen blank und das seit Ewigkeiten.

„Ich halte das nicht mehr aus, du musst verstehen, dass du mir gehörst! Du sollst pünktlich nachhause kommen!", seine Stimme überschlug sich fast, er erhob sich aus dem Sitzpolster. Verängstigt sah sie ihn sich nähern, stolperte rückwärts, kehrte um und wollte flüchten, aber er hielt sie an ihrem Arm zurück. Flink war er bei ihr angelangt und umfasste ihn, wie er es immer tat. Er ignorierte die Druckstellen, die es ihr noch schmerzhafter machten.

„Sie mich an, wenn ich mit dir rede!", polterte er, während sie vor Schmerz wimmerte, aber sie war eine starke Frau und sie richtete sich auf, sah ihm in die Augen, die sie abwertend musterten. Möglichst gefasst wartete sie darauf. Und dann tat er ihr den Gefallen und holte aus.

...

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