Lexikon 24.12. Teil 1.
Missmutig saß er auf seinem Sofa und versuchte zu lesen. Das Gespräch am vorherigen Tag beschäftigte ihn noch immer dauerhaft. Hatte sie sich aus Jux auf ihn eingelassen und in ihrem Hinterkopf eigentlich gewollt mit Weasley zusammen zu kommen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie all das spielen konnte und dennoch war er unheimlich enttäuscht darüber, dass sie nicht mit offenen Karten gespielt hatte. Hätte er sich mehr angestrengt, wenn er davon gewusst hätte? Ihr hofiert, sie weiter gefragt, bis sie mit ihm ausging?
Seine Vernunft sagte, dass er richtig gehandelt hatte, indem er ihr Freiraum ließ und nichts überstürzte. Aber diese Lücke nutzte Weasley aus und schlüpfte an ihm vorbei durch die imaginäre Tür. Allein der zweifelnde Gesichtsausdruck von Granger bestätigte, dass sie ertappt worden war und sich unwohl fühlte.
Wieder war er an dem Punkt angekommen, der von ihm verlangte, dass er sich abfand. Wieder waren ihre Freunde dazwischen gestiegen und sorgten dafür, dass sie sich wie ein Fähnchen im Wind dazu hinreißen ließ, ihn fallen zu lassen, obwohl sie sich bei ihm offensichtlich wohl fühlte. Allmählig bekam er ein Gespür dafür, weshalb sie Wood geheiratet hatte. Draco vermutete, dass er zu Beginn freundlich gewesen war und sie mit einer liebevollen Art dazu brachte ihm zu verfallen. Und dann stellte sich heraus, dass Hermine keine Kinder bekommen konnte und er kam damit nicht klar. Und sie, sie mit ihrem Altruismus und ihrer Art jedem eine zweite Chance zu geben, konnte ihn nicht verlassen, bis es fast zu spät gewesen war.
Er legte das Buch neben sich und bettete sein Gesicht in seinen Händen. Langsam massierte er seine Stirn, er fand die letzten Wochen waren viel zu aufregend gewesen und dass er eine Pause brauchte. Nur war er schon den ganzen Tag in seiner Wohnung geblieben, weil er Urlaub hatte und auch das hatte seine Gedanken nicht beruhigt.
Ding Dong.
Das ungewohnte Läuten ließ ihn zusammenfahren. Er wollte niemanden sehen, aber er wollte auch nicht die Tür ignorieren. Zögerlich erhob er sich und durchquerte sowohl Wohnzimmer, als auch Flur. Nicht die leiseste Ahnung hatte er, wer es denn sein könnte, also war sein Ärger umso größer, als er Hermine erblickte.
„Was willst du hier.", er betonte es eher wie eine verärgerte Bemerkung, als eine Frage. Weder Zeit, noch Nerven wollte er für sie erübrigen. Davon hatte er ohnehin schon zu viel verschwendet.
„Bitte, lass mich mit dir reden. Ich will es dir erklären.", bettelte sie, ihre Hände presste sie miteinander verschränkt vor ihre Brust.
„Wüsste nicht was es zu erklären gibt. Du denkst darüber nach was mit Weasley anzufangen, also stehe ich dir nur im Weg.", brummte er und wollte die Tür schließen, aber sie hielt ihn mit einer Hand auf. Überrascht sah er sie an, eine solche Unnachgiebigkeit hatte er nicht erwartet.
„Bitte."
Er seufzte und öffnete die Tür. Sie stieß erleichtert ihre Atemluft aus und betrat an ihm vorbei die Wohnung.
Schließlich saß sie auf seinem Sofa, er daneben auf einem Sessel. Mit bemüht neutralem Gesichtsausdruck beobachtete er sie, wie sie mit ihrer Hand über das Polster strich.
„Weißt du noch als ich hier übernachtet habe? Das erste Mal?", murmelte sie.
„Granger, dafür bist du nicht hier. Wenn du reden willst, dann rede.". ärgerlich lehnte er sich zurück und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Okay... ich ... also zunächst möchte ich, dass du weißt, dass es für mich immer außer Frage stand mit Ron wieder eine Beziehung zu führen. Er ist nett und alles, aber er erdrückt mich. Das ist zu viel. So schnell kann ich das alles nicht.", sie erklärte es ihm leise, aufmerksam spitzte er seine Ohren.
„Und was willst du jetzt von mir? Wenn du jetzt noch nichts willst, dann bin auch ich nicht der Richtige für dich."
„Da bin ich anderer Meinung.", widersprach sie und erwiderte seinen Blick fest.
„Und deine Meinung ist?"
Sie schien mit sich selbst zu hadern, es war ein schwieriges Gespräch, das gab er zu. Dennoch wollte er es ihr nicht einfacher machen, denn wenn sie ihn wollte, sollte sie es sagen. Nie würde er ihr irgendetwas in den Mund legen, wie es ihre Freunde nur allzu gern taten.
„Meine Meinung ist, dass du dich absolut richtig verhalten hast. Du bist momentan der einzige Mensch, der mir die Zeit gibt mich zu erholen und mich nicht sofort damit bedrängt ihm sein ganzes Leben zu widmen, wo ich doch jetzt endlich zu haben bin.", säuerlich verzog sich ihr Mund bei den letzten Worten.
„Was willst du jetzt tun? Soll ich warten bis du denkst, dass du eine Beziehung führen willst? Dich weiterhin im Hinterzimmer küssen?"
Er sah, wie sie ihre Lippen aufeinanderpresste, bevor sie weitersprach: „Ich will dir damit sagen, dass ich dich mag. Ich mochte dich schon bei unserem Abschlussball, aber da war die Zeit einfach noch nicht so weit. Das einzige, das ich noch möchte, ist etwas Erholung. Ich glaube, dass ich danach dafür bereit bin mich auf dich einzulassen und trotzdem möchte ich dir nichts versprechen... Wenn ich das so ausspreche hört es sich furchtbar an... Nur... so wie du dich bisher verhalten hast dachte ich, du würdest das verstehen und Ich für meinen Teil küsse dich gern im Hinterzimmer.", gespannt erwartete sie seine Reaktion. Aber er wusste nicht, wie sie aussehen sollte. Sollte er sich freuen, weil sie ihm sagte, dass sie ihn mochte? Sollte er sauer sein, weil sie ihn auf unbestimmte Zeit auf die Ersatzbank schickte?
„Granger...", war alles was er letztendlich sagen konnte. Er starrte sie an, stellte fest, dass ihm heiß wurde, weil er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte.
„Bitte nimm das mit Ron nicht ernster als es ist. Er hat es aufgebauscht, dabei haben wir dieses Gespräch nur einmal für fünf Minuten geführt. Ich wollte ihn los werden und habe zugestimmt.", erklärte sie weiter. Langsam wankte seine Schutzmauer, die er ihr gegenüber aufrechterhalten wollte.
„Dafür sahst du aber ganz schön schuldbewusst aus.", entgegnete er ärgerlich.
„Was denkst du denn? Gerade haben wir uns noch geküsst, dann kommt Ron einfach so in mein Büro und erzählt von einem Gespräch, das absolut nie wirklich wichtig gewesen ist. Ich habe geahnt, dass du es falsch verstehen würdest und dachte es wäre besser, wenn ich es dir in Ruhe erkläre.", erwartungsvoll richtete sie ihre Augen auf ihn. Draco fühlte sich ein wenig schuldig darüber, sie sofort verurteilt zu haben.
„Du bist so furchtbar harmoniebedürftig.", seufzte er. „Meinst du ich kann dir das geben?"
„Ich weiß es nicht. Aber du tust mir gut. Bleib."
Er schluckte, übermannt von ihrer Ehrlichkeit. Aber er fasste sich, setzte sich neben sie und zog sie in seine Arme. Als sie es aussprach wusste er, er würde sie nicht gehen lassen, zumindest nicht ein zweites Mal. Nur ein Schutthaufen blieb von der ursprünglich vorhandenen Mauer in seinem Inneren. Scheinbar erleichtert umschloss sie ihn ebenfalls und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Fest presste sie sich an ihn, es fühlte sich sehnsüchtig an.
Verwundert entfernte er sich schließlich von ihr und sah ihre feuchten Augen.
„Was ist los?", hauchte er und strich die Tränen von ihren Wangen. Sie lächelte und schüttelte ihren Kopf.
„Ich bin so froh."
„Wie könnte ich das größte Lexikon Hogwarts' aus meinem Leben verbannen, wenn es doch so gut aussieht?", scherzte er und darauf mussten sie beide leise lachen. Glücklich zog er sie an sich und küsste sie. Ihren kleinen Seitenhieb gegen seine Rippen ignorierte er, denn er war zu sehr damit beschäftigt ihr zu zeigen, wie es wirklich in ihm aussah.
...
Der nächste Tag war turbulent. Schon früh am Morgen wurde Oliver Wood verhört und verurteilt. Die Aussagen von Hermine, Potter und Draco sorgten dafür, dass er für fünf Jahre, wegen wiederholter körperlicher und psychischer Gewaltanwendung, festgenommen wurde. Hermine schilderte mehr oder weniger aufgelöst, was er ihr über mehrere Monate angetan hatte. Draco war fassungslos über ihre Erzählungen, die Wood in seinen Augen immer abscheulicher erscheinen ließen. Auch, wenn Wood sich kaum auf seinem Verhörstuhl halten wollte, unablässig riss er an seinen Fesseln, die Schilderungen der drei anderen konnten ohne Ausnahme gegen ihn sprechen. Wood trieb es so weit, sie gegen Ende der Verhandlung unentwegt zu beleidigen, sodass es notwendig war einen Silencio auf ihn zu legen, damit man die Aussagen von Hermine verstehen konnte. Weasley war ebenfalls anwesend gewesen, auch wenn er sich auf grimmige Blicke und Kopfschütteln beschränkte. Nach der Verhandlung machte er sich aus dem Staub, nachdem er einige wenige Worte mit Potter gewechselt hatte. Draco nahm an, dass Hermine ihm nach seinem Verschwinden am vorherigen Tag unmissverständlich klar gemacht hatte, dass sie kein Interesse an ihm hatte.
Im Gespräch mit den Richtern offenbarte Hermine außerdem, dass Wood ihr erzählte wegen Überbesetzung gefeuert worden zu sein, aber das Ministerium hatte andere Informationen. Nach seiner Schulzeit war er in einem Geschäft für Quidditchutensilien angestellt worden und hatte auch zunächst gute Arbeit geleistet, bis ihm anscheinend der Frust der Kinderlosigkeit zu Kopf gestiegen war. Sein Arbeitgeber war tolerant und akzeptierte es zunächst, dass er eine schwere Zeit gehabt haben musste, aber als er begann schlampig zu arbeiten und Kunden nur pampig zu beraten, hatte er ihn gefeuert. Der Frust über seinen Jobverlust muss zusätzlich zu seinem Kinderwunsch so belastend gewesen sein, dass er keinen anderen Ausweg, als Gewalt gefunden hatte. Aus welchen Gründen auch immer. Das Gericht stufte ihn daher als sehr labil ein, weil er anscheinend nicht wusste, wie man mit negativen Lebensereignissen umging und verordnete zusätzlich zu seiner Haftstrafe eine ausführliche Therapie.
Im Hinblick auf Woods Freilassung in fünf Jahren fühlte er sich dennoch unwohl. Wenn es an der Zeit war, mussten definitiv alle Vorkehrungen getroffen werden, um ihn möglichst von sich und Hermine fernzuhalten. Nie wieder sollte er die Chance dazu erhalten, ihr Unrecht zu tun und bis dahin wäre es Draco, der ihr alles gab, um sie wieder zu heilen.
...
Nach einem kurzen Gespräch mit Hermine und Potter verschwand er früher von der Arbeit. Er hatte einen Entschluss gefasst und wollte es noch an diesem Nachmittag in die Wege leiten. Der Aurorenberuf hatte mit den letzten Fällen, in die er so involviert war, an seinem Reiz verloren. Was wäre, wenn er immer wieder mit vergangenen Freunden oder Verwandten konfrontiert werden würde? Unter anderem seine seelische Gesundheit sollte ihm erhalten bleiben, also betrat er die Etage, die ihm bei seiner Idee möglicherweise behilflich sein konnte.
...
~*~
A.N.: An dieser Stelle wünsche ich euch schon mal einen schönen Heiligabend. Und als Präsent von meiner Seite, gibt es heute Abend noch ein zweites Kapitel!
(btw, sorry für die Verwirrung heute Nachmittag mit dem neuen Kapitel, das war nicht beabsichtigt.)
Verbringt eine schöne Zeit mit euren Liebsten, lasst euch nicht vom Stress packen und denkt einfach einmal mehr 'Schwamm drüber' als normalerweise. Es ist nie perfekt!
Eure Freexbird.
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