Flucht. 12.12.

Er hörte die lauten Worte und die anschließende Stille. Kaum merklich verkrampften sich seine Finger, die neben ihm auf einem Kissen lagen. Und er versuche nicht daran zu denken, denn er durfte sich nicht einmischen, egal wie es sich für ihn anhörte. Grübelnd stellte er einen Masterplan auf, den Plan für den Tag, an dem er sie retten und in eine Klinik bringen musste. Mit Sicherheit würde dieser Tag früher oder später kommen, verweigerte sie weiterhin jede Hilfe, die ihr geboten werden würde.

Aber es waren vielleicht zwanzig Minuten vergangen, in denen Draco weder Geschrei, noch Gepolter hören konnte, also entspannte er sich. Dann, die Stille um ihn herum wurde augenblicklich in Stücke gerissen, klopfte es aufgeregt an seiner Tür. Perplex stellte er sein Glas ab, sah zu der offenen Tür, die auf den Korridor führte und dachte es wäre vielleicht sogar Einbildung gewesen. Aber es klopfte erneut. Schnell erhob er sich, das Klopfen dauerte an, drängte ihn, ehe er die Tür aufschloss, öffnete und Granger sich augenblicklich an ihm vorbei drängte.

„Mach schon zu!", schluchzte sie aufgebracht und weil er nicht reagierte, war sie es, die ihre Hände gegen das Holz presste, die Tür zuschlagen und letztendlich mit einem Zauber das Schloss einrasten ließ. Draco war überfordert. Warum war sie hier? Was war passiert?

Ihre Tränen flossen still, während sie sie wegwischte, und ihre Haare zurückstrich. Sie trug noch immer ihr Büro-Outfit, aber ihre Bluse war aus ihrem Rocksaum gerutscht und hing schief über ihren Schultern. Die Haut, die ihr Auge umgab war noch immer etwas gelblich, in Erinnerung an ein Veilchen, aber jetzt war auch ihre Wange gerötet, geschwollen und ihre Lippe leicht aufgeplatzt.

„Was ist los?", er erwachte aus seiner Lethargie und musterte sie, wie sie vor ihm stand. Sie presste nur ihre Lippen aufeinander und schüttelte ihren Kopf, ließ ihn dabei aber nicht aus den Augen.

Er streckte seine Hand nach ihr aus, wollte sie in sein Wohnzimmer dirigieren, aber sie zuckte zusammen, kaum dass er sie erhoben hatte. Darauf zeigte er ihr beide Hände, mit seinen offenen Handflächen zu ihr.

„Ich tu dir nichts, komm mit ins Wohnzimmer.", schließlich wandte er sich zum gehen und hörte, mit kurzer Verzögerung, leise Schritte und ein Schniefen, die ihm folgten.

Er wies sie an sich zu setzen und begab sich seinerseits in die Küche, um Tee zu kochen. Zusätzlich tropfte er einen Beruhigungstrank in die für sie bestimmte Tasse und legte ein paar übriggebliebene Sausage Rolls vom Abendessen auf einen Teller. Schwebend transportierte er die Tassen und den Teller zu ihr, setzte sich auf die andere Seite des Sofas und sah sie einmal mehr an.

Mit angezogenen Knien, die sie mit ihren Armen umschlungen hielt, saß sie neben ihm. Ihre Augen waren noch immer wässrig und in den Kamin gerichtet.

„Trink deinen Tee.", sagte er und zeigte einmal auf ihre Tasse. Sie erwachte ein wenig, nickte und nahm sie in ihre Hände. Prüfend sog sie den Duft der Flüssigkeit ein und sah Draco zweifelnd an.

„Was ist da drin?", krächzte sie mit belegter Stimme.

„Beruhigungstrank. Nur ein ganz leichter, ich schwöre es dir."

Ihre Augen wanderten zurück zu der Tasse, deren Inhalt sie sich in der folgenden halben Stunde in kleinen Schlucken einverleibte. Schweigend verharrten sie. Draco wollte sie nicht dazu zwingen etwas zu sagen. Die Situation war offensichtlich so schlimm gewesen, dass sie sich aus dem Staub machte.

Eine unglaubliche Müdigkeit, ob der spätabendlichen Aufregung, übermannte ihn beinahe, als sie leise mit ihm sprach:

„Draco, kann ich hier übernachten?", ihre Blicke trafen sich und er nickte nur leicht.

„Du kannst auch morgen dableiben, ich kann auf der Arbeit Bescheid geben.", heftig schüttelte sie ihren Kopf, wischte über ihre Wangen, die wieder tränennass waren.

„Ich gehe mit. Ich habe einen wichtigen Termin, am Nachmittag."

„Und danach? Willst du einfach wieder zu ihm gehen?", er wollte sie davon abhalten, es tat ihr nicht gut. Dennoch wusste er, sie würde wahrscheinlich nicht auf ihn hören.

„Ich weiß es noch nicht. Wenn ich ihm aus dem Weg gehe, wird es nur schlimmer. Lass mich erstmal heute bei dir bleiben.", flüsterte sie, von ihm abgewandt.

„Wirst du es ihm sagen?"

„Nein."

Wissend schluckte er alles herunter, das er ihr am liebsten an den Kopf geworfen hätte. Aber er wollte ihr das nicht antun. Sie tat ihm leid und sie sollte sich ausruhen, wenn es sein musste, eben in seiner Wohnung.

Er besorgte ihr eine Decke und ein Kissen, damit sie es sich auf seinem Sofa bequem machen konnte. Er wartete, setzte sich in den Sessel am Fußende des Sofas. Aber kaum nachdem sie lag, war sie eingeschlafen. Er schob es auf den Beruhigungstrank.

Seufzend ging er seinerseits in sein Schlafzimmer, zog sich um und lag für mehrere Stunden wach, wegen der Frau im Nebenraum.

...

Scheppernd klopfte es an der Wohnungstür. So laut, dass er es in seinem Bett hören konnte. Er fragte sich für einen knappen Moment was das sollte, er bekam sonst nie Besuch und nachdem Granger am vorherigen Abend... Granger! Sie war noch in seinem Wohnzimmer!

Plötzlich hellwach schwang er sich aus den Laken, auch sie war bereits wach und starrte mit durcheinandergebrachtem Haar zum Korridor, als er von der Seitentür den Wohnraum betrat.

„Das ist er.", unheilvoll flüsterte sie die drei Worte, die er am wenigsten von ihr hören wollte.

„Ich kümmere mich darum. Geh in mein Schlafzimmer. Da hinter, zweite Tür auf der rechten Seite.", wies er sie an, sie gehorchte augenblicklich und war verschwunden. Er versuchte möglichst müde auszusehen, versteckte Decke und Kissen in einer Kommode und öffnete die Tür einen Spalt breit, vor der Wood stand und mehr als wütend dreinsah.

„Wo ist sie?", zischte er. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, ein großes Pflaster klebte auf seiner Stirn. Draco beschlich langsam der Gedanke, dass sie beide keine Ahnung von Heilungszaubern hatten.

„Wichser, was weckst du mich? Hier ist niemand. Such lieber bei den anderen beiden Helden.", gab er gähnend zurück. Aber Wood ließ sich nicht beirren.

„Komm schon, du stehst doch auf sie, wäre ein Wunder, wenn sie nicht zu dir gerannt wäre."

„So ein Quatsch. Ich glaube du bildest dir das alles nur ein."

„Ich bilde mir gar nichts ein! Seit dem Abschlussball, als ich euch gesehen habe, weiß ich was abgeht!"

„Wirklich? Das würde ich auch gern wissen!", ironische Begeisterung legte sich auf seine Gesichtszüge.

„Malfoy, halt einfach die Klappe und gib sie mir."

„Also erstens ist sie kein Gegenstand, den man irgendwem geben kann, zweitens frage ich mich, ob du ein Problem mit deinen Ohren hast oder ob das Problem dazwischen liegt. Ich habe dir gerade eben mitgeteilt, dass sie nicht hier ist.", herausfordernd öffnete er die Tür noch ein Stück und baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen auf. Wood richtete seinen Zeigefinger auf Dracos Nase, einen wütenden Ausdruck im Gesicht:

„Ich hoffe für dich, dass sie tatsächlich nicht da ist. Wenn ich etwas anderes höre, bist du dran!"

Das war sein letztes Wort, er kehrte um und verschwand im Treppenhaus. Erleichtert stieß Draco die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten haben musste. Er schloss die Tür, ging zurück in seine Wohnung, folgte dem Korridor bis zu seinem Schlafzimmer und steckte seinen Kopf hinein. Granger saß abwesend und nur halb auf seiner Matratze, als würde sie sich davor ekeln. Das Geräusch seines Erscheinens erregte jedoch ihre Aufmerksamkeit.

„Ist er weg?"

...

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