Kapitel 1

K A P I T E L 01

,,Anthony? Darf ich dir meine Tochter Isabella vorstellen?" Fragte meine Mutter freundlich den jungen Mann vor mir.

Anthony Stevens. Bankbesitzer. 25 Jahre jung. Halblanges,mittelblondes Haar, welches ihm in leichten Wellen über die Schultern fiel. Eckiges Gesicht. Markante Gesichtszüge. Hellblaue Augen, die mich kalt ansahen.

Schon im ersten Moment wurde mir klar, das er ein arroganter Schnösel ist, hielt mich aber dezent zurück. Ich wollte nicht schon wieder Streit mit meiner Mutter haben - nicht schon wieder wegen einem Mann. In letzter Zeit stellte sie mir unzählige Männer vor, die alle eine Sache verband.

Reichtum.

Wieso? Ich weiß es nicht. Ich bin immerhin erst 21 Jahre alt, habe mein ganzes Leben noch vor mir, will Medizin studiren und habe so viele Dinge, die ich ausprobieren möchte. Doch natürlich hat meine Mutter mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht - eigentlich wie immer.

,,Aber natürlich. Bei so einer reizenden Lady sagt man doch nicht nein!" sagte er und nahm dann meine Hand, um einen waschlappenartigen Kuss darauf zu platzieren. Am liebsten hätte ich meine Hand sofort an meinem Kleid wieder abgewischt, doch ich verkniff es mir. Genauso wie den Würgereiz, der sich schon tief in meinem Inneren anstaute. So ein ekelhafter Typ!

Doch um meiner Mutter den guten Ruf nicht zu verderben, lächelte ich nur. Eines der Dinge die ich von schon von meiner Oma gelernt habe. Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten!

Wie oft ich von diesem Satz schon Gebrauch gemacht habe? Zu oft.

Ein Kellner mit Sektgläsern auf einem Silbertablett hielt bei uns und sofort schnappte ich mir eins und nahm einen kräftigen Schluck. Ich liebe dieses Zeug einfach! Seit den Verkupplungsversuchen meiner Mutter schluckte ich das Zeug wie sonst nur meine Beruhigungstabletten, die ich meiner Mutter nach angeblich brauche.

,,Isabella?" Sagte eine tiefe Stimme und erst jetzt merkte ich das alle Blicke auf mich gerichtet waren.

,,Hmm?" Machte ich nur und bekam einen wütenden Blick von meiner Mutter. Anthony räusperte sich und warf mir dann ein Lächeln zu. Ein gefaktes Lächeln.

,,Ich fragte dich, ob wir vielleicht einen Spaziergang machen wollen und ich dir das Anwesen zeigen soll." Anthony sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an und ich nickte schnell. Meine Mutter warf mir noch einen letzten tadelnden Blick zu, bevor mich Anthony aus der Eingangshalle zerrte.

Als wir außer Sichtweise des Hauses waren, zwängte ich meine Hand aus Anthonys und ging einen Meter von ihm weg.

,,Aber,aber. Du musst dich doch nicht schämen, Madmoiselle." Moment mal, hat er gerade schämen gesagt?

,,Schämen? Wofür sollte ich mich denn schämen?" fragte ich ihn ziemlich verwirrt, was ihn kurz auflachen ließ. Sein Lachen klang genau wie alles an ihm, gekünstelt. Ist überhaupt irgendwas an ihm echt? Wahrscheinlich hat er sie die Pobacken mit Botox aufspritzen lassen, nur damit sie 'perfekt' sind. Aber es ist doch langweilig, wenn alles perfekt ist,oder?

,,Ist ja auch egal." Meinte er nur ein bisschen ... zickig? Ha, also vielleicht doch schwul?!

Die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, als ich Anthony sah, waren 'Schwul?!' und 'kann er sich etwa nicht mal einen Frisör leisten?' .

Ich meine, bei Zac Efron ist langes Haar einfach nur heiß, aber bei Anthony? Allein der Name! Wer nennt sein Kind bitteschön Anthony? Eigentlich fände ich Anthony als Namen gar nicht so schlimm - nur ... es liegt einfach an den Typ Mann, den er verkörpert.

,,Isabella, ..." Arghhh ... noch so einen Namen den ich hasse.

,,Nenn mich doch bitte Bella." Unterbrach ich ihn und lächelte dabei zuckersüß.

,,Also, Bella, ...." Na geht doch! ,, ... Wie hast du dir denn deine Zukunft vorgestellt? Wie siehst du dich in, sagen wir mal, 2 Jahren?"

Was ist das denn bitteschön für eine Frage? Pehh ... Männer und Taktgefühl. Sag doch gleich was du denkst !

,,Ich weiß nicht, vielleicht studiere ich dann schon oder reise ein bisschen durchs Land. Wieso fragst du?" Ich lächelte bei der Vorstellung, ich als Studentin, mit Nerdbrille und strengen Dutt.

,,Studieren? Was denn?" Fragte er und ich konnte aus seiner Stimme Neugier heraushören. Vielleicht ist er ja doch gar nicht so gefühlslos wie er sich vorhin benommen hat.

,,Medizin." Sagte ich und wartete auf seine Reaktion. Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, als ich es meiner Mutter verkündet habe. Sie war alles andere als begeistert.

,,Aber Isabella! Das kann doch nicht dein Ernst sein?! Ärztin? Nein! Das lasse ich nicht zu! Männer sind für diesen Beruf wie geschaffen aber du doch nicht! Du kannst doch nicht mal Blut sehen!"

Damit war das Thema für sie abgeschlossen - für mich allerdings lange noch nicht. Und das mit dem Blut war ja die Übertreibung des Jahrhunderts! Sie hatte so viel Angst um mich gehabt, das ich Blut sehen könnte, das sie mich von jeglichen Gefahren weghielt und so konnte ich eine sehr sichere Kindheit in meinem Lebenslauf verzeichnen. Blut habe ich immer nur im Fernsehen gesehen.

,,Ärztin? Wofür so viele Jahre studieren, wenn du dir nicht einfach einen reichen Mann angeln könntest und somit dein Leben lang verwöhnt werden kannst?" Fragte er lachend, ich schnaubte nur wütend. Ist das nicht typisch Mann?

,,Weißt du, Anthony, das hatte ich die letzten 21 Jahre schon in ähnlicher Form - jetzt möchte ich erstmal mein Leben leben, und nicht für den Rest meines Lebens an einen Menschen gebunden sein, den ich gar nicht richtig kenne - geschweige denn liebe."

Ich lächelte ihn an und zum ersten Mal an diesem Tag, war mein Lächeln echt.

Den restlichen Weg schwiegen wir - und darüber war ich wirklich froh. Denn Anthony war nicht wirklich ein Mensch, der ein Gespräch führen konnte. Entweder hörte er mir nicht zu oder er verstand mich nicht. Tja, wie er Bankbesitzer gewurden ist bleibt wohl für immer ein Rätsel. Als wir endlich wieder vor der großen Villa der Stevens ankamen, seufzte ich erleichtert, was Anthony mit hochgezogenen Augenbrauen kommentierte. Der kann auch nichts anderes,oder?

Ich wollte gerade die Stufen zur Eingangstür hochgehen, als ich am Arm festgehalten wurde - von Anthony. Ich drehte mich genervt zu ihm um und guckte ihn abwartend an. Auch er sah nicht sehr fröhlich aus - könnte aber auch an den Kilos Botox in seinem Gesicht liegen. Wer weiß?

,,Pass auf, ich will das genau so wenig wie du. Aber wir müssen da wohl durch! Also tu bitte so als hättest du viel Spaß bei dem Spaziergang gehabt, okay?" Er sah mich ein bisschen mitleidig an und wartete auf eine Reaktion von mir.

,,Moment mal! Was willst du genau so wenig wie ich?" fragte ich ihn verwirrt. Entgeistert sah er mich an und runzelte die Stirn. Also doch nicht zugebotoxt!

,,Na die Hochzeit!" Hochzeit?! Sämtliche Alarmglocken in meinem Kopf begannen zu schrillen.

,,Hochzeit?" fragte ich ihn hysterisch. ,,Ja, unsere Hochzeit. Natürlich muss ich dir noch den Antrag machen, in ..." Er sah auf seine ziemlich teuer aussehende Uhr ,, 20 Minuten."

,,WAS?" Schrie ich. Es musste langsam auch bei ihm geklickt haben, denn er sah mich erschrocken an. ,,Du wusstest nichts davon?" Fragte er mich. Ich schüttelte energisch den Kopf.

,,Okay,okay. Ähmm ..." Er lief vor der Treppe hin- und her und trug damit keinen Milimeter zur Beruhigung meinerseits bei.

,,Pass auf, da du ja nichts davon wusstest, beziehungsweise nichts davon weißt, nimmst du den Antrag einfach nicht an und wir können die Hochzeit schassen." Schassen?!

,,Und du denkst das DAS funktioniert? Also ich wär mir da nicht so sicher!" Meinte ich nur und strich über den sanften Stoff meines Kleides. ,,Es muss funktionieren! Denn ICH hab keine Lust ein KLEINES,ZICKIGES UNTERENTWICKELTES Mädchen zu heiraten, das bestimmt noch nie was von Cashpool und PostIdent-Verfahren gehört hat." Arghh ... das hat er jetzt nicht gesagt!

,,Tssss, und ich will keinen arroganten seidenbestrumpften 25 jährigen Jungen heiraten, der von Mama noch das Nutella-Brot geschmiert bekommt!" Schrie ich zurück und warf mein langes blondes Haar mit einer gekonnten Bewegung zurück, bevor ich auf dem Absatz kehrt machte und in die Villa stürmte. Ich bekam zwar eine paar besorgte Blicke zugeworfen, da mein Kopf bestimmt schon die Farbe einer Tomate angenommen haben musste, jedoch ging ich einfach weiter zu meiner Mutter, die mit einem älteren Herrn flirtete.

,,Entschuldigen Sie. Aber ich muss Ihnen leider meine Mutter entführen." Ohne auf eine Antwort zu warten, zog ich meine Mutter am Arm hinter mir her, bis wir endlich in einer ruhigen Ecke standen.

,,Isabella! Was soll denn die ganze Aufruhr. Du kannst doch nicht einfach den armen Mr. von Ulrich da so allein stehen lassen!" Sie blickte an mir vorbei und auch ich blickte zu dem etwas sehr dicken kleinen Mann, der sich nervös umschaute und sich mit einer Serviette den Schweiß von der Stirn tupfte. Ah ja ...

Ich drehte mich wieder zu meiner Mutter um, die ihre volle Aufmerksam der Orchidee neben ihr widmete. ,,Mutter!" Erschrocken blickte sie zu mir und setzte gleich einen tadelnden Blick auf.

Wäre Dad bloß hier. Mein Dad war ein Thema, was wirklich jeder vermied. Klar,sein Tod war schlimm, doch das Schlimmere daran war, wie Mutter über ihn sprach. Voller Abscheu. Seit dem Tod von Dad nannte ich sie deswegen auch Mutter, nicht Mum, oder Mama, wie es eigentlich alle tun. Unsere Familie war schon immer etwas ... speziel. Doch seit seinem Tod, ist es noch schlimmer gewurden - noch schlimmer als es sowieso schon war.

,,Was ist denn jetzt?" Fragte sie mich schnippisch. ,,Ich möchte gern den Grund dieses Besuches wissen." Ich merkte sofort wie das Gesicht meiner Mutter blass wurde und sie sich unauffällig an der Wand abstützte. ,,Na was wohl! ich möchte dich der Gesellschaft vorstellen, dich einführen." Oh Gott,das klang jetzt echt pervers! ,,Wir sind hier im 21. Jahrhundert, Mutter! Ich möchte den wahren Grund wissen!" Meine Mutter schwieg für lange Zeit.

Gerade als sie etwas sagen wollte, wurden wir durch das Klirren eines Glases unterbrochen. Anthony hatte sich in die Mitte gestellt und ließ seinen Löffel gegen das Glas schwingen.

,,Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ich möchte gerne etwas sehr wichtiges verkünden." Sofort richteten sich alle Blicke auf mich und ich zwang mich zu lächeln. 'Tu so, als wäre das hier dein Traummann und er macht dir jetzt gleich den lang ersehnten Antrag!' Raunte mir mein inneres Ich zu und ausnahmsweise hörte ich auf es.

,,Isabella." Anthony streckte seine eine Hand in meine Richtung aus und ich ging zu ihm, nahm seine Hand in meine.

Er stellte sein Sektglas auf einen kleinen Tisch ab, bevor er sich vor mir auf die Knie begab und eine kleine schwarze Schachtel aus seinem Jacket hervorholte. Ich konnte hören, wie alle die Luft scharf einzogen. Sie hatten es doch alle gewusst!

,,Isabella, ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange, aber ich bin mir sicher, das ich mit dir den Rest meines Lebens verbringen möchte."

Die ersten Frauen begannen schon geräuschvoll in ein Taschentuch zu schniefen, während ich mich am liebsten übergeben hätte.

,,Deswegen frage ich dich: Möchtest du meine Frau werden?" Bitte lass ein Handy klingeln, bitte lass den Kellner mit den Sektgläsern stolpern und hinfallen, bitte lass mich in Ohnmacht fallen, nur bitte, lieber Gott, mach was!

Alle Blicke lagen auf mir, Anthony sah mich immer noch lächelnd an, jedoch konnte ich seinen bittenden Blick in den Augen sehen. Ein NEIN ... ein nein und alles ist gut, oder?

Ich löste vorsichtig meine Hand aus seiner und ging einen Schritt zurück. Ich schaute zu meiner Mum, ich sah die Ader an ihrem rechten Augen, die wie wild pochte. Ein schlechtes Zeichen. Ein ganz schlechtes Zeichen. Doch ich achtete nicht weiter drauf, sondern tat das Richtige.

,,Es tut mir leid, Anthony, aber ich weiß es nicht! Ich bitte dich, gib mir Zeit!" Puhh, geschafft, damit hatte ich mich fein herausgeredet!

Jedoch hielt das Glücksgefühl nicht lange an, denn als ich das nächste Mal zu meiner Mutter guckte, lag sie auf den Boden. Der Inhalt des Glases auf dem Boden verteilt. Ein Teil davon saugte sich bereits in den Saum ihres Lieblingskleides.

Wie alle anderen konnte ich mich nicht bewegen, war starr vor Angst. Den Blick auf den leblosen Körper meiner Mutter gerichtet. Nein!

Ich stürmte auf sie zu, tastete nach ihrem Puls, legte meinen Kopf auf ihre Brust. Ich wurde von einer Person zurückgezogen, als die Sanitäter kamen. Nahm alles wie in einem Rausch wahr.

Ich lief zu ihr, hielt ihre Hand und dachte, sie hätte es geschafft, als sie ihren Mund öffnete - zum letzten Mal.

,,Heirate ihn, verdammt!"

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BONJOUR! Ja, hiermit melde ich mich zurück <3 ich hoffe euch gefällt das Kapitel und ich würde mich wirklich über Votes und Kommentare freuen :)

xx Paula

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