OS Tourne - Louane

"Verdammt!" Ich knirschte mit den Zähnen und warf einen Blick auf mein Handy. In einer halben Stunde war ich mit Niall verabredet, aber diesen Termin konnte ich unmöglich einhalten. Schließlich war ich gerade in diesem Laden praktisch gefangen, in Gesellschaft von Eleanor und einer Verkäuferin, die ihre Kreise um uns drehte und nicht aufhörte, uns anzustarren. Eigentlich starrte sie eher Eleanor an. Ich war irgendwie aus der Mode gekommen und inzwischen nur noch als "Sängerin und gute Freundin von One Direction" bekannt. War ganz gut so.

"Vielleicht solltest du ihn mal anrufen", schlug El vor, und die neugierige Verkäuferin spitzte ihre Ohren.

"Mache ich." Ich drückte die Kurzwahl und wenige Sekunden später nahm mein Freund ab.

"Hey Darling, was gibt's?"

"El und ich stehen bei Topshop und kommen nicht raus. Einige Mädels haben uns entdeckt und bis hier verfolgt - das hat natürlich auch andere von denen auf den Plan gerufen. Jedenfalls müssen wir hier erstmal ein wenig abwarten, und ich kann unmöglich in einer halben Stunde bei dir sein", bedauerte ich.

"Okay. Soll ich euch einen Bodyguard schicken oder shoppt ihr dann einfach mal bis die Mädchen weg sind?"

"Ich denke, wir kriegen das hin." El nickte mir aufmunternd zu.

"Wir sind starke Frauen", kicherte sie.

"Allerdings", stimmte ich zu. "Also Ni, ich melde mich dann bei dir, wenn wir hier rauskommen."

"Okay, aber bitte gebt nicht zu viel Geld aus!", ermahnte er uns noch.

"Niall! Würden wir doch nie!"

"Wer's glaubt... Viel Spaß noch!"

"Danke. Liebe dich."

"Ich dich auch." Ohne dass ich ihn sehen konnte, wusste ich, dass wir dasselbe bekloppte, verliebte Lächeln auf dem Gesicht hatten, als wir auflegten.

Die Verkäuferin sah aus, als wären Weihnachten und Ostern auf einen Tag gelegt worden. Ups, vielleicht hätte ich nicht Nialls Namen und "Liebe dich" sagen sollen. Jetzt war es zu spät.

Wir befanden uns im Moment im Ausland, mitten auf Tour. El besuchte Louis, nun, da sie ihren Abschluss hatte, konnte sie dies ohne Probleme tun, und wir hatten eigentlich nur mal wieder in Ruhe shoppen wollen. In Ruhe. Während alle 12 bis 18-jährigen Mädchen des Landes wussten, dass wir uns in dieser Stadt befanden. Irgendwie war das blöd gelaufen, aber ändern konnten wir es auch nicht mehr.

"Immerhin haben wir heute Abend keine Konzert", sagte ich erleichtert zu El. "Das wäre extrem stressig."

"Gut, dass du so einen verständnisvollen Freund hast und ihr euer Date nach hinten verlegen könnt", grinste sie.

"Es ist kein Date!", protestierte ich. "Das können wir uns gar nicht leisten, wir treffen uns einfach nur so. Als Freunde."

"Da werden die Paps enttäuscht sein. Nie bekommen sie irgendetwas aus eurem Liebesleben mit."

"Das ist auch gut so! Unser Liebesleben geht niemanden etwas an."

"Erstaunlich, dass ihr es schon so lange schafft, das alles geheim zu halten. Allein eure Blicke sind purer Sex!"

"Eleanor!" Ich schlug der Brünetten entsetzt auf den Arm. "Das stimmt doch überhaupt nicht, du redest mal wieder nur Mist!"

"Du siehst diese Blicke ja auch nicht", erwiderte sie trocken.

Ich liebte es, mich einfach nur mit ihr zu unterhalten, sie hatte einen genialen Humor, der mich dauernd, wie auch jetzt, zum Lachen brachte.

"Du hast so einen Knall!"

"Na und? Würde Louis mich sonst daten?"

"Sicher nicht." Mein Blick huschte vorbei an der betont uninteressiert schauenden Verkäuferin, die, mal nebenbei bemerkt, eine miserable Schauspielerin war, nach draußen zu den Mädels. "Schau mal, da sind nur noch so um die 20 Mädchen, durch die kommen wir locker durch, oder?"

"Ich sags ja, ein Date", war El's einziger Kommentar dazu, dann machte sie sich auf den Weg nach draußen. Das ohrenbetäubende Gekreisch schlug uns entgegen als wir die Türen aufstießen und aus dem Geschäft traten.

"Bist du echt Eleanor Calder? Oh mein Gott, du musst Louis sagen....!"

"Ich liebe euch, ihr habt so ein Glück, die Jungs zu kennen!"

"Lana, hast du echt nichts mit Niall?"

"Bekomme ich ein Selfie?"

Ich schüttelte nur den Kopf, machte brav Selfies und beantwortete sogar die ein oder andere Frage.

Als wir schließlich aus dem kleinen Fanhaufen hinaus kamen, waren El und ich wohl gleichermaßen geschafft. So etwas konnte schon unglaublich anstrengend sein.

Im Hotel angekommen machte ich mich auf den Weg zu Nialls Zimmer. Offiziell hatten wir getrennte Räume, aber tatsächlich befanden wir uns meist in seinem. Mein Raum war im Prinzip nur dazu da, den Schein für die Medien aufrecht zu erhalten.

Ich klopfte an und öffnete schließlich die Zimmertür mit meiner eigenen Keycard. Niall lag quer über dem Bett und spielte mit seinem Handy herum.

"Eifrig am twittern?", fragte ich und ließ mich neben ihn fallen.

"Ja klar", grinste er. "Ich muss ja den Schein des Single-Daseins erhalten."

"Spinner", gab ich zurück und küsste ihn kurz. "Hattest du eigentlich etwas geplant, was wir heute machen könnten?"

"Ich dachte daran, erst einige Fans glücklich zu machen, und uns dann auf dem Hotelzimmer zu verbarrikadieren, was sagst du dazu? Wir könnten auch Essen gehen oder so, aber eigentlich finde ich, dass wir unsere wenige freie Zeit auf Tour besser nutzen können." Er zwinkerte mir zu und ich wusste sofort, was er meinte. Damit war ich wirklich vollkommen einverstanden.

"Alles klar, nehmen wir deinen Plan", antwortete ich. "Los gehts, die Fans warten!"

"Vielleicht sollte ich mich noch umziehen." Niall sah auf seine Jogginghose, ein Shirt trug er nicht.

"Ein Oberteil wäre nicht schlecht", stimmte ich ihm zu. "Meinetwegen könntest du auch so bleiben, aber ich glaube, wir können das den Fans gegenüber nicht verantworten."

Mit einem gewissen Sicherheitsabstand zwischen uns betraten wir den Fahrstuhl, der uns ins Foyer bringen würde. Niall hatte Pauly bescheidgesagt, damit wir einen Bodyguard zur Verfügung hatten, falls etwas passierte, und dieser wartete in der Eingangshalle bereits auf uns.

"Na ihr beiden, ihr wollt wohl ein paar Mädels zum hyperventilieren bringen?"

"Immer wieder gern", gab Niall zurück.

"Ich würde auch gern ein paar Typen zum hyperventilieren bringen", verkündete ich grinsend.

"Vergiss es!", kam es wie aus der Pistole geschossen von meinem Freund und ich sah ihn überrascht und etwas erschrocken an. Warum reagierte er denn jetzt so heftig? Er schien meine Miene richtig zu deuten. "Sorry, ich meine nur, dass.. ehm, du zu jung bist?"

"Niall!", beschwerte ich mich. "Du machst es damit nicht besser!"

Pauly zog eine Augenbraue hoch. "Seit wann habt ihr denn Stress?"

"Wir haben keinen Stress", protestierten wir unisono.

"Tut mir leid, war nicht so gemeint, ich war gerade zu eifersüchtig. Und das mit dem Alter hätte ich nicht sagen sollen", entschuldigte Niall sich sofort, und ich lächelte ihn an.

"Ist doch okay." Er umarmte mich kurz, und wandte sich dann an Paul.

„Wie machen wir das am besten mit den Fans? Sind da draußen Absperrungen?"

„Es sind Absperrungen vorhanden, aber mir wäre es lieber, wenn ich mir noch Verstärkung hole, also müsstet ihr euch noch um die fünf Minuten gedulden."

„Ist kein Problem", antwortete ich.

Während Pauly Verstärkung holte, warteten wir in der Lobby auf ihn, und wurden von einem kleinen Mädchen fast umgerannt, das sich von seinen Eltern losgerissen hatte. Immer wieder schrie die höchstens 8 Jahre alte Kleine unsere Namen, und wollte gar nicht mehr aufhören.

„Wie heißt du denn?", wollte Niall von ihr wissen uns hockte sich hin, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein.

„Julietta", antwortete sie total aufgeregt und mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Das ist ein schöner Name", fand ich. Inzwischen waren die Eltern bei uns angekommen.

„Entschuldigt, sie ist total verrückt nach euch." Das war der Mutter sichtlich peinlich.

„Da ist sie nicht die Einzige." Der Ire lächelte freundlich. „Möchtest du ein Autogramm haben, Julietta?", erkundigte er sich.

„Nein, aber ..." Schüchtern senkte sie ihren Kopf. „Darf ich dich umarmen?", nuschelte sie, als wäre ihr das peinlich.

„Aber natürlich!" Niall streckte seine Arme nach ihr aus, und sie drückte sich an seine Brust. Ihr übergalaktisches Grinsen zeigte schon, wie viel ihr diese Umarmung bedeutete.

Kurze Zeit später kam Pauly mit einigen weiteren Bodyguards im Schlepptau, darunter auch Basil, in die Lobby und Julietta wurde von ihren Eltern weitergezogen.

„Auf ins Verderben", machte Niall einen Scherz.

Als wir ins Sichtfeld der draußen wartenden Fans traten, stieg der Lärmpegel erheblich an und ich hörte ein Mädchen: „Niall, marry me!", schreien. Anfangs hatten diese Ausrufe mir wehgetan, aber inzwischen machte es mir kaum noch etwas aus, weil ich wusste, dass Niall solche Mädchen am ehesten ignorierte.

Wir stellten uns an die Absperrungen und begannen, Autogramme zu geben und vor allem Fotos zu machen. Ich hatte dabei eher einen entspannteren Job, da die Mädels nur Augen für meinen Freund hatten und mich recht wenig beachteten. Wer wollte auch schon jemanden der mit One Direction tourte, wenn er stattdessen auch ein One Direction Mitglied haben konnte?

In diesen Momentan war ich absolut froh, nicht selber so extrem berühmt und beliebt zu sein. So ein bisschen Ruhm und Bekanntheit war schön, aber es konnte auch leicht zu viel werden, das hatte ich bereits gelernt.

„Hey Lana, krieg ich ein Foto?", brüllte ein Mädchen drei Meter weiter mich an, bei der Niall bereits gewesen war. Seufzend ging ich zu ihr rüber. Eigentlich sollten besonders Fans von Musikern nicht so herumschreien um deren Ohren zu schützen, oder?

Diese Fans schienen aber den hierfür benötigten IQ nicht aufweisen zu können. Solche Dinge dachte ich mir immer nur, denn sie waren immer noch für den Erfolg der Band verantwortlich, deshalb sollte man Fans nie in der Öffentlichkeit beleidigen.

Ich setzte ein Grinsen auf, das Mädel drückte auf den Auslöser und schien somit glücklich.

Mir war nur noch ein Bodyguard übergeblieben, die anderen versuchten gerade, Niall zu retten, der fast über die Absperrung gezogen wurde, weil eins der Mädchen ihn unbedingt abknutschen wollte. Mit einem schlechten Gefühl im Magen schaute ich weg und kritzelte meinen Namen auf ein Tourplakat.

Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Niall wieder vor dem Zaun stand. Ich ging also in seine Richtung und grinste: „Na, konntest du noch vor einer fast-Vegewaltigung gerettet werden?" Ein paar der Mädchen lachten.

„Gerade so", zwinkerte er. „Du scheinst in der Hinsicht ja keine Probleme zu haben."

„Meine männlichen Fans sind eben etwas zurückhaltender, die stürzen sich nicht in der Öffentlichkeit auf mich." Ich wackelte mit den Augenbrauen und unterschrieb ein CD-Cover.

„Ihr solltet eine Comedy machen." Das kam von hinten und wir drehten uns um. Ein neuer Kreischalarm bahnte sich an, als Harry mit seinen goldenen Boots aus dem Hotelgebäude trat und sich zu uns gesellte. „Ernsthaft, ihr seid gut!" Unser Weiberheld umarmte drei Mädchen auf einmal, unterschrieb auf einem Arm und ließ Fotos von sich machen.

„Du musst es ja wissen." Ich knuffte ihn in die Seite. Harry war einfach für jeden Spaß zu haben.

„Absolut." Wir unterhielten die Fans noch ein bisschen und gingen dann wieder ins Hotel zurück.

„Waren die schon immer so", er suchte nach dem richtigen Wort, „verlangend?", stöhnte Niall.

„Lana raubt dir wohl deine Kondition, was?", machte Harry eine Anspielung auf unser Sexleben.

„Vielleicht werde ich auch einfach alt", witzelte mein Freund und ignorierte Harry einfach.

„Das ist ebenfalls eine Möglichkeit", antwortete ich trocken.

„Na warte, ich zeig dir gleich was alte Menschen noch so machen können", brummte Niall, hob mich hoch, woraufhin ich quietschte, und rannte mit mir zum Fahrstuhl. Harrys lautes Lachen verfolgte uns, bis die Türen sich schlossen.

Einige Tage später stand ein Interview an. Eleanor war wieder abgereist, was ich sehr schade fand, ich war nun also wieder allein unter den Jungs.

Das Interview sollte ich als werbende Maßnahme mit ihnen bestreiten, sodass ich mich schließlich auf einer Couch zwischen ihnen wiederfand.

„Begrüßen Sie mit mir Lana und die fünf Jungs von One Direction!", forderte die Moderatorin das Publikum auf und Applaus brandete im Studio auf.

Die üblichen Floskeln wurden ausgetauscht und ich begann bereits, mich ein wenig zu langweilen, als mir die erste Frage gestellt wurde.

„Wie kommst du eigentlich mit dem ganzen Medienrummel zurecht, Lana?", wollte sie wissen. „Das ist ja alles noch ziemlich neu für dich."

„Anfangs war es schon merkwürdig, auf der Straße von Fremden angesprochen zu werden, aber ich denke, dass ich mich inzwischen schon ziemlich gut daran gewöhnt habe. Dadurch, dass ich meistens mit jemandem unterwegs bin, der das Ganze schon kennt, kam die Routine in dieser Hinsicht ganz von alleine. Natürlich ist es manchmal hart, wenn irgendwelche Zeitschriften alles außer der Wahrheit veröffentlichen, aber auch damit findet man sich eben ab. Ich denke mir immer, dass die mich nicht kennen und es mir deshalb egal sein kann, was sie über mich denken." Eine der wichtigsten Dinge in Interviews war es, so ausschweifend wie möglich zu antworten, ohne dabei zu viel Preis zu geben, das hatte ich gleich am Anfang bemerkt.

„Das klingt schon ziemlich reif dafür, dass dich vor einigen Monaten noch niemand kannte." Die Interviewerin ging zu der nächsten Frage über, die mich nicht betraf.

Einige Fragen später jedoch, sprach sie mich erneut an: „Lana, du sagst immer, die Jungs seien so etwas wie deine zweite Familie. Welchen Part in dieser Familie nimmt deiner Meinung nach wer von ihnen ein?" Das war nun wirklich eine Frage, die sich nicht so ohne weiteres beantworten ließ. In welche Kategorie sollte ich Niall stecken? Der Ehemann wäre wohl keine akzeptable Lösung. Ich fing also erst einmal mit der einfachsten Einordnung an.

„Liam ist auf jeden Fall der Familienvater", überlegte ich. „Er kümmert sich einfach immer um mich wenn es mir schlecht geht und so. Harry ist schon etwas schwieriger, aber ich würde sagen er ist die Mutter, weil er super kocht." Harry verzog seinen Mund, aber ich wusste, dass er nicht ernsthaft sauer war. „Louis ist auf jeden Fall mein kleiner Bruder, er albert einfach dauernd herum und benimmt sich teilweise wirklich wie ein kleines Kind, auch wenn er in der Öffentlichkeit richtig seriös wirken kann. Oh, und Zayn ist wie eine große Schwester. Ich hab mir letztens ein Glätteisen von ihm leihen können und bei einer Shoppingtour ist er auch immer mit dabei." Verdammt, jetzt war nur noch Niall übrig, und eigentlich waren alle Parts in dieser Familie vergeben. Außer natürlich ... „Niall ist das Haustier!" Ich grinste triumphierend und Niall schüttelte nur verzweifelt seinen Kopf. „Er ist furchtbar niedlich und seine Haare sind total flauschig."

„Dankeschön für diese Sicht der Dinge." Die Moderatorin konnte sich ein unprofessionelles Grinsen gerade noch verkneifen.

Niall warf mir während des weiteren Verlaufs des Interviews merkwürdige Blicke zu, aus denen ich nicht ganz schlau wurde. Ich war mir allerdings sicher, dass das nichts Gutes bedeuten konnte.

Im Backstagebereich des Fernsehstudios war es Louis, der den ersten Kommentar zu meiner Familieneinteilung abgab.

„Soso, Niall ist also dein Haustier." Er wackelte mit den Augenbrauen und ich wollte mir gar nicht genau vorstellen, was er meinte.

„Jetzt wäre es nur noch interessant zu erfahren, welches Haustier er darstellt. Wir können ja mal raten, oder?", grinste Zayn.

„Ich tippe auf ein Meerschweinchen", gab Liam zum Besten.

„Ihr seid doch echt Idioten", murmelte Niall, statt das Gespräch fortzuführen.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er diese Situation nicht halb so witzig fand wie alle anderen.

Im Hotelzimmer sollte sich diese Vermutung bestätigen. Ohne ein Wort mit mir zu reden legte mein Freund sich aufs Sofa und schaltete den Fernseher an, was sonst gar nicht seine Art war.

Da mir eine solche Situation bisher gänzlich unbekannt war, ließ ich jeden Versuch mit ihm zu reden erst einmal bleiben und schaute auf mein Handy. Das war allgemein eine gute Lösung, Dingen aus dem Weg zu gehen, auch wenn sie nicht lange funktionierte. So auch heute: Ich klickte eine meiner Spiele-Apps an und fuhr zusammen, als die Spielmelodie in der höchsten Lautstärke ertönte. Schnellstmöglich stellte ich diese aus, ich fand so etwas einfach nur nervtötend. Für Niall schien es nicht schnell genug gewesen zu sein, denn er hatte sofort die Lautstärke des Fernsehers aufgedreht und mir einen genervten Blick zugeworfen.

Alles klar, jetzt wollte ich aber wissen, was los war!

„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte ich und legte mein Handy auf den Tisch im Hotelzimmer.

„Nichts", grummelte Niall statt einer Antwort.

„Das sieht nicht nach nichts aus", blieb ich beharrlich.

„Ist es aber."

„Hast du ein Problem mit irgendetwas, das ich im Interview gesagt habe?" Ich schien einen Nerv getroffen zu haben, denn er zuckte zusammen, sah mich aber immer noch nicht an und antwortete überhaupt nicht. „Niall? Ich rede mit dir!"

„Ja, okay? Kann man hier nicht mal in Ruhe Fernsehgucken?!" Sein lauter Ton ließ mich zusammenfahren. So hatte er vorher noch nie mit mir gesprochen.

„Okay", antwortete ich kleinlaut und wollte mir wieder mein Handy nehmen, um weiterer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Niall schien es sich dann aber doch anders zu überlegen, denn er richtete sich auf und schaltete den Fernseher aus.

„Es stört mich, dass wir nicht zusammen in die Öffentlichkeit gehen können und es stört mich, dass du mich offensichtlich als dein flauschiges Haustier siehst", beantwortete er meine Frage geradeheraus und sah mir dabei in die Augen.

„Ersteres stört mich mindestens genauso sehr wie dich, und dass du wie ein Haustier für mich seist habe ich nur gesagt, weil ich dich schlecht in der Öffentlichkeit als meinen Mann bezeichnen kann, oder wie siehst du das?"

„Da hast du natürlich Recht", lenkte er ein, „aber hättest du mich nicht auch zu einem Bruder machen können? Diese Haustier-Sache hat mich wirklich verletzt." Ich war erstaunt, wie ehrlich er darüber redete, fand es aber umso besser.

„Das ist mir in dem Moment gar nicht eingefallen, tut mir leid", entschuldigte ich mich. „Ich wollte dich wirklich nicht verletzen."

„Entschuldigung angenommen." Er lächelte. „Und weißt du was wir jetzt machen?" Sein Gesicht bekam diesen spitzbübischen Ausdruck, den ich so liebte.

„Nein?", fragte ich.

„Wir bestellen uns etwas zu essen aufs Zimmer und genießen es, dass wir zusammen sind und keine Paparazzi weit und breit!" Mit einem schelmischen Grinsen ging er auf mich zu, hob mich hoch und ließ uns aufs Bett fallen.

Das würde bestimmt ein wundervoller Abend werden.

Die Zeit der Tour verging auf diese Weise sehr schnell und irgendwann fanden wir uns in London wieder, wo wir die letzten Konzerte gaben. Auch hier wohnten wir im Hotel, obwohl wir alle zuhause hätten schlafen können. Unserer Security war das aber in diesem Fall zu riskant, sie hatten am liebsten noch alle von uns an einem Platz, vor allem in einer Stadt wie London. Wenn die Tour zuende war, würden wir aber endlich wieder in unseren eigenen Betten schlafen.

Ich plante, am Ende der Tour wieder zu meinen Pflegeeltern Loreen und Drew zu ziehen, jedenfalls für eine Weile. Niall und ich hatten während der Tour so viel Zeit miteinander verbracht, dass wir uns einig waren, jedenfalls nachts getrennte Wege zu gehen. Wie lange das tatsächlich klappen würde wusste ich nicht, aber da konnten wir schließlich vollkommen frei in unseren Entscheidungen sein.

Zuallererst mussten wir jedoch die Konzerte in London hinter uns bringen, und das waren eine Menge! Außerdem hatte ich seit ein paar Tagen eine Magenverstimmung und musste öfter zum Klo laufen als mir lieb war, obwohl ich bereits mit jeglicher Art von Medikamenten vollgepumpt wurde. Aus diesem Grund war ich eigentlich ganz froh, dass die Tour nun zuende ging.

Vor dem ersten Konzert in der Weltmetropole saß ich im Backstagebereich mit einer Decke auf dem Sofa, bereit, jeden Moment zur Toilette zu rennen, sollte mir wieder schlecht werden.

Niall hatte sich schon die ganze Zeit rührend um mich gekümmert, war nun aber anderweitig eingespannt: Das Management hatte mehrere Meet & Greet Karten verlost, die bei den Londoner Konzerten eingelöst werden konnten.

So kam nur hin und wieder jemand vorbei, der sich nach meinem Befinden erkundigte oder sogar noch eine Tablette dabei hatte.

Nicht erwartet hatte ich, dass mein Freund durch die Tür kam, als sie sich das nächste Mal öffnete. Und er war nicht alleine, sondern hatte die anderen Jungs sowie zwei Mädchen die ungefähr in meinem Alter sein mochten dabei.

„Sie wollten dich unbedingt kennenlernen", zuckte er mit den Schultern.

Mühsam legte ich die Decke zur Seite und versuchte, aufzustehen. Liam stützte mich dabei netterweise.

„Hi." Ich umarmte beide Mädchen, nach dieser Tour wusste ich, dass die meisten Fans sich nach Körperkontakt sehnten.

„Oh Gott, wir wissen gar nicht, was wir zuerst fragen sollen!", sagte die eine aufgeregt.

„Dann fange ich einfach an: Wie heißt ihr denn?", fragte ich freundlich.

„Ich bin Tanja, und das ist Melissa", antwortete die andere. „Können wir Fotos machen?"

„Na klar", nickte ich, war mir jedoch durchaus bewusst, dass ich wahrscheinlich käseweiß im Gesicht war und so gar nicht gesund aussah.

Eifrig holten die Mädels ihre Handys aus den Taschen und begannen, sich neben uns zu stellen.

Etwas angestrengt brachte ich ein Lächeln hervor, als mein Magen erneut zu grummeln begann.

Wie sehr ich es hasste, krank zu sein!

Glücklicherweise schienen die Jungs mich inzwischen gut genug zu kennen, um zu merken, dass ich mal wieder die Toilette würde aufsuchen müssen.

„Hey Lana, hat Lou nicht gesagt, dass du wegen des Make-Ups nochmal zu ihr kommen sollst?", fragte Louis und Harry griff ihm sofort unter die Arme: „Stimmt, daran habe ich auch überhaupt nicht mehr gedacht!"

„Du solltest besser schnell rübergehen", fügte Niall hinzu.

„Richtig, da war was", spielte ich mit und lächelte jeden von ihnen dankbar an. „Tut mir leid, Mädels, sieht so aus als würden wir uns erst beim Konzert wiedersehen. Viel Spaß noch mit den Idioten", zwinkerte ich zum Abschluss und verließ möglichst zügig den Raum. Allerhöchste Zeit, das Klo aufzusuchen!

Anschließend ging ich tatsächlich zu Lou, damit ich wenigstens ein bisschen Gesellschaft hatte, die mich allerdings nicht anstrengte.

Die Stylistin schaffte es auch tatsächlich, mich ein wenig aufzumuntern. Sie begann bereits, mir ein bisschen Farbe ins Gesicht zu klatschen, damit ich auf der Bühne nicht blass und krank wirkte, als Niall in den Raum kam.

„Na, konntet ihr die zwei Mädels zufriedenstellen?", fragte ich, während Lou verzweifelt versuchte, meine Wangen etwas fülliger aussehen zu lassen.

„Absolut, die hatten nicht viele Wünsche", gab er zurück und setzte sich neben mich. „So siehst du schon viel besser aus. Lou, du bist eine Künstlerin."

„Danke", antworteten wir unisono, wobei wir eine komplett unterschiedliche Stimmfarbe aufwiesen. Ich klang, nun ja, krank, und Lou grinste stolz.

„Hoffentlich geht nachher auf der Bühne alles klar", sorgte Niall sich. „Wenn es dir wieder nicht gut geht musst du uns einfach ein Zeichen geben, dann regeln wir das für dich, ja?" Es war ja schon süß, wie er sich um mich sorgte.

„Klar, ich gebe euch Bescheid", versicherte ich ihm, war mir selber aber nicht sicher, ob ich das wirklich tun würde. Schließlich war das nur eine leichte Magenverstimmung, ich würde es wohl hinbekommen, diese kurze Zeit auf der Bühne zu stehen und ein bisschen zu singen.

Bald tauchten auch die anderen in der Maske auf und Lou machte sich daran, den Jungs von One Direction Make-Up und Puder ins Gesicht zu klatschen.

Bevor es schließlich auf die Bühne ging, nahm Paul mich noch einmal zur Seite und sprach mich auf meinen Gesundheitszustand an. Wie auch Niall zuvor betonte er, dass es kein Problem sei, wenn ich mich nicht gut fühlen würde und die Show unterbrechen musste.

Ich nickte: „Ich kriege das schon hin, ist kein Ding."

Paul schien beruhigt und geleitete mich noch zum Bühnenaufgang, wo sich auch die anderen Jungs einfanden.

„Du kannst dich nach dem Konzert gleich hinlegen", sagte Liam und legte einen Arm um mich.

„Und jetzt passen wir auf dich auf", bemerkte Harry.

Gemeinsam stiegen wir die Treppen hoch und ich merkte, wie mir durch die Anstrengung etwas schwindelig wurde. Auch Niall schien das zu sehen und stützte mich gemeinsam mit Louis ein wenig.

Ich konnte das schaffen, es war ja wirklich nicht lang.

Ich begann zu schwitzen und umklammerte das Mikrofon in meiner Hand etwas fester. Dann räusperte ich mich, schaute einmal zu den anderen Jungs und begann gemeinsam mit ihnen zu singen.

Als wir jedoch die Treppen zur Haupttribüne hinuntergingen, wurde mir erneut schwindelig und sogar kurz schwarz vor Augen. Hilfesuchend griff ich nach Harrys Hand, der mir gerade am nächsten stand, was auch bitter nötig war.

Im nächsten Moment registrierte ich nur noch, dass mein Mikrofon auf den Boden fiel und ich kurz darauf folgte. Dann wurde mir schwarz vor Augen.


Das war jetzt auch der letzte One Shot, mehr werde ich zu dieser Geschichte nicht schreiben. Vielleicht mögt ihr bei meinen anderen Geschichten vorbeischauen.

Liebe Grüße
Catrifa xx

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