28 Titanic

"Ach ich weiß nicht Louis..." sagte ich.

Er grinste mich schelmisch an, dann schnappte er mein Hüpften und zog mich auf den Tisch. Zwischen den ganzen Essen... hielt er meine Hand. Ohhhh Gooott, was ist nur los mit mir?

"Sophie? Hörst du mir überhaupt zu?"

"Mhm?" verwirrt blickte ich in Louis mokkafarbenen Augen. Im Hintergrund sang Meghan Trainor die Schlusszeile von "All About That Bass".

"Wovon träumst du?" fragte er mich, während ich nur daran denken musste, dass er in einem wirklich realistischen Tagtraum seine bedingungslose Liebe gestanden hatte und wir daraufhin... Händchen gehalten haben.

"Ähh ....nichts?" stotterte ich.

"Oh Sophie, du wirst ja ganz rot. Erzähl mir, du kleines Luder, wen hast du in deinen Träumen vernascht?"

Mein Gesicht entglitt mir nun komplett. "Ähhh..."

Er stellte sich vor mich, was nicht unbedingt hilfreich war, denn er trug nur Unterwäsche und ein schwarzes T-Shirt. Er sah zum Anbeißen heiß aus.

Seine Hände legte er an mein Gesicht und flüsterte: "Also mir kannst du doch erzählen, wer der Star deiner schmutzigen Fantasien ist. Vielleicht kenne ich ihn ja, oder mhm... ich weiß auch nicht, vielleicht ist er ebenso interessiert gewisse unanständige Dinge zu tun."

Bitte erschießt mich. "Ich bezweifle, dass Benedict Cumberbatch gerade in der Nähe ist..." sagte ich ernst. Obwohl Benedict Sexiest Man Alive in jeder Realität, jedem Universum und allen Träumen ist, kann man schon sagen, dass Louis ein annehmbarer Konkurent um diesen Posten ist.

"Ich dachte immer, du seist eher der mexikanische Typ oder so Richtung heißblütige Südländer. Mhm?" Sagte er genau so ernst.

"Ohh du hast mich erwischt."

"Da hast du aber Glück. Ich komme ursprünglich aus dem Süden," ich zog meine Augenbraue fragend nach oben, "naja Bayern liegt südlich von hier. Und vertrau mir, in bayrischen Lederhosen sehe ich zum Anbeißen aus."

Sein Gesicht näherte sich meinem und bevor ich die Lücke schloss, sagte ich: "meine kleine, bayrische Brezel."

Dejavú lässt grüßen, denn ich roch verbrannte Eierkuchen (A/N Pfannkuchen für alle Dorftrampel, die nicht aus Berlin sind).

Ich setzte mich. Irgendwie hatte ich jetzt etwas erwartet, vielmehr gewünscht, aber Louis Williamson war nicht der Typ, der über Gefühle sprach. Oder zugab, dass er welche hatte.

"Nochmal zu meiner Frage von vorhin: Meine Schwester ist noch ein paar Tage in der Stadt und ja ich dachte wir machen mal was zusammen..."

Anders als in meinem realistischen Tagtraum, wollte er mich nicht als seine Freundin vorstellen, sondern als... ja was waren wir?

"Wo hat sich der Grinch überhaupt verkrochen?" Fragte ich Louis nach Precilla, Anne, wie auch auch immer.

"Grinch ist gut. Hahaha... Werd ich ihr erzählen. Jaaa... Ich hab' sie ins Hotel geschickt" sagte Louis zwischen zwei Bissen.

Ich hoffe nicht wegen mir. Klar, ich konnte sie nicht ausstehen, aber sie war Louis Schwester. Er liebte sie. Ich mochte ihn. Ergo tolerierte ich ihre Existenz.

"Wenn's sein muss" grummelte ich.

Ich meine, man muss ja nicht zur Schule gehen. Is' für mich vollkommen normal zu schwänzen. Nur bitte lieber Gott, lass das bloß nie meine Eltern erfahren.

***

"Ich zieh mich nur schnell um und dann können wir ins Cafè"
Rief Louis und rannte ins Haus. Wir (also er) hatten uns mit der Ziege verabredet ubd Louis wollte vorher noch Klamotten tauschen bevor wir dem Grauen ins Gesicht blicken mussten.

Louis trug, wie eigentlich immer, dunkle, schlichte Kleidung, die schonmal bessere Zeiten erlebt hatten, wohingegen ich mit schneeweißen Converse, blauen Jeans, Pullover und Parker wie ein Hipster wirkte, allerdings möchte ich anmerken, dass mein Style so gar nicht typisch war. Klar ich mochte Hollister, aber ich trug nur, was mir gefiel und nicht was die coolen Kids 'hip' fanden.

Die Zicke, besser bekannt als Precilla oder 'Anne', saß an einem Tischin einem Cafè in Kreuzberg. Sie war atemberaubend schön.

"Hey Schwesterherz" begrüßte Louis seine Schwester. Ihre vollen Lippen hoben sich zu einem höflichen Lächeln.

Sie war ein absolut arrogantes Miststück: "Louis. Und Anhang"

"Schnepfe" ich konnte kaum glauben, dass ich das gesagt habe.

Louis sah mich schockiert an, seine Schwester belustigt.

"Ich sehe schon, wir werden uns fantastisch verstehen" sagte sie ohne einen Hauch von Ironie, "ich bin Anne. Wehe du nennst mich Precilla. Einfach nur Anne."

"Sophie" stellte ich mich vor.

Anne hatte für uns alle Tee (oder doch hot tea?) bestellt.

Erst tauschten wir Höflichkeiten aus, die im Anbetracht der Tatsache, das wir uns vor zehn Minuten noch wie verückte Wildkatzen attackiert hatten, schon grotesk.

Aber mal ehrlich: Ihre scheinbar makelose Hülle verbarg nur ihr zerbrochendes Inneres.

Wir sprachen gerade über ihren aktuellen Beziehungsstatus, als ein Funken durchblitzte: "Sag mal, wie geht's Daniel? Wart ihr nicht verlobt?" Fragte Louis.

"Er ist gestorben. Überdosis, soweit man mir gesagt hat" sagte sie trocken. Ihre perfekt manikürten Finger schlossen sich um die Teetasse.

"Ohh das tut mir Leid" sprach ich ihr mein Beileid aus.

"Musste ja so kommen." Ihre Stimme war beherrscht.

"Aber du studierst noch?" Fragte Louis.

"Ja, immer noch in New York. Ich liebe diese Stadt. Ach, ich habe eine Einladung zu Weihnachten bekommen, von unseren Eltern. Unsere Mutter wollte dich auch fragen allerdings hat sie keine Kontackdaten von dir."

Das war das erste Mal, dass ich was über Louis Eltern hörte. Wenn ich ihn ganz sensibel auf das Thema ansprach, blockte er ab und aus irgendeinem Grund hatte ich geglaubt, dass sie bereits tot waren.

Louis antwortete mit gewontem optimismus: "Tragisch, aber ich habe nicht vor, jemals wieder mit ihnen zu reden. Also nein, Weihnachten kann sie vergessen."

"Louis! Das ist doch deine Mutter!" Schimpfte Anne.

"Ich bin mir unser Familienverhältnis durchaus bewusst. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mein Weihnachtsfest mit denen verbringen muss!" Wehrte er sich.

Anne knabberte an ihren Nutellakeks und richtete eine ernst gemeinte Bitte an ihn: "Louis, es ist fast ein Jahr her. Mutter vermisst dich. Überlegs dir mit Weihnachten.'

Louis brummte missmutig, versprach aber darüber nachzudenken. Danach verabschiedete er sich, um auf Toilette zu gehen. Ich war mit der Arschgeige allein.

Die peinliche Stille wurde durch Annes Löffelklimpern unterbrochen. Sie saß so still wie eine Statue da, das perfeckte Bild einer jungen Frau.

"Du studierst in New York?" Det schmächtige Versuch meinerseits den Smalltalk aufrecht zu erhalten.

"Ja. Historische Lyric und andere Künste"sagte sie unbeeindruckt.

"Wow, das ist beeindruckend." ich versucht das Thema umzulenken, "Sag mal, wieso warst du am Anfang so... unfair zu mir?"

Anne sah mir direkt in die Augen, verzog allerdings keine Miene: "Ich war nicht unfair. Etwas gemein vielleicht, aber du solltest wissen, ich kenne Louis und seine Beziehungen zu Mädchen. Sie kommen und gehen, wie am Fließband. Louis ist ein Herzensbrecher, auch wenn er das nie so wahrhaben will und du wirktest zu nett für ihn. Zu vernüpftig und ähm zerbrechlich. Ich liebe ihn, aber manchmal muss ich ihn vor sich selbst beschützen."

"Oh" sagte ich nur tonlos und genau in diesem Moment, wo ich nochmal nachfragrn wollt, kehrte Louis zurück.

Noch eine halbe Srunde quatschten wir über ..., nun gut, Louis und Anne redeten und ich warf höfliche Floskel dazwischen, denn ich hatte weder Ahnung von Annes Exfreunden (von denen es so einige gab) oder Louis alten Schulkameraden (eigentlich ein 'sehr guter Freund', der jetzt endgültig nach London gezogen ist).

Anne wollte noch ins KaDeWe shoppen gehen, wobei ich mich fragte, wo eine Studentin aus New York genug Geld für das teuerste Kaufhaus Deutschlands hatte, zumal Louis auch so gut wie pleite war, jedenfalls ließ sie uns mit einer von ihhr bezahlten Rechung zurück.

Vorsichtig lenkte ich das Thema auf Louis Eltern: "Sag mal Louis, das mit deinen Eltern versteh' ich nicht..."

"Lange Geschichte kurz gefasst: Wir hatten Streit - viel Streit und Abstand war für alle das beste."

"Sie sind deine Eltern! Findest du es nicht irgendwie traurig, dass du sie nicht mehr siehst. Louis, irgendwann sind unsere Eltern nicht mehr da und wenn wir dann alleine sind, möchte ich nicht bereuen, sie so selten gesehen zu haben. Deshalb bin ich nach berlin gekommen und ich finde, du solltest deinen Eltern eine Chance geben. Vermisst du sie denn gar nicht?" Fragte ich geschockt.

Er erklärte mir das äußerst emotionslos: "Wir haben ein schwieriges Verhältnis und ich weiß nicht, wie sie reagieren, wenn ich nach 'nem Jahr so auftauche..."

"Wenn ich irgendwas für dich tun kann, sag bescheid" mitfühlend strich ich ihm über den Arm. Louis schloss seine Augen.

Dann sagte er etwas, was mich ziemlich verwunderte: "Ich wünschte, du würdest mitkommen. Dann wär ich nicht alleine..."

"Es wäre mir eine Ehre dich zu begleiten" sagte ich, ohne groß darüber nachzudenken.

"Ich überlegs mir und sag dir, wie ich mich entschieden hab'" versprach er auch mir.

*

Wie man so schön sagt, nach jedem Hoch folgt ein Tief.

Seine süßen Worte, die er mir im Rausch mitgeteilt hatte, verloren mit der Zeit ihre Bedeutung. Es waren die kleinen Dinge, die mich bis ins Mark nervten. Auf meine Nachrichten folgte selten eine zeitnahe Antwort, solche "Schlaf schön", "Ich vermisse dich" oder "Guten Morgen" Grüße - nada.

Mir wurde viel berichtet, wie Louis irgendwelche Partys gerockt hatte, sich zur Besinnungslosigkeit gekifft / getrunken hat und von seinen Flirts.

Ich versuchte verständnisvoll auf ihn zu zugehen, mit ihm zu reden, doch er hatte keine Zeit, sagte er.

Ich vermisste den lieben, verständnisvollen und kitschigen Jungen und es verlezte mich, dass er so abweisend und kühl zu mir war.

Was war mit ihm passiert? Warum tat er mir das an? Wusste er etwas nicht, wie sehr mich das ganze verletzte?

Nur leider war das noch nicht die Spitze des Eisberges.

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