15 Subway Surfer

Nach einer sechsminütigen Verspätung bequemte sich Herr Williamson zu mir auf die Brücke. Er betrachtete mich.

"Turnschuhe sind gut, pass allerdings auf, dass sie fest zu sind. Auch Jackentasche und so müssen zu sein, oder zumindest solltest du dein Handy sicher wegstecken."

Meine Jacke hatte Reißverschlüsse, die ich einfach hoch zog.

"Wieso die ganzen Sicherheitsmaßnahmen?" Fragte ich Louis.

Er grinste einfach und fragte mich, ob ich Höhenangst hätte.

"Nicht mehr als andere" gab ich ehrlich zurück.

Er lief zum Geländer und schwang seine Beine darüber.

"Was machst du?" Fragte ich während ich mich dem Geländer näherte. Unter uns befanden sich mehrere Bahnschienen, die durch einen Tunnel führten.

"Äh wir werden jetzt doch nicht Selbstmord begehen, oder?" Fragte ich, doch er grinste nur dämlich."Oder???" Kreischte ich.

Auf dem dünnen Metallgeländer der Brücke saß Louis, ich blieb jedoch dahinter.

"Der Spaß ist hier auf der Seite" witzelte er.

"Ich bin mir absolut sicher, dass..." begann ich, doch er redete mir ins Wort: "Schnell gleich geht's los!"

Im Nachhinein betrachtet war das, was ich getan hatte über alle Maßen dumm. Und Verantwortungslos. Und Adrenalien erregend abenteuerlich.

Um ehrlich zu sein: Ich weiß nicht, warum ich mich darauf eingelassen habe.

Ich kletterte über die Abgrenzung, sodass ich neben ihm saß.

Unsere Hände fanden zu einander. Eine andonnernde S-Bahn rauschte durch den Tunnel unter uns.

"Vertrau mir, wenn ich 'Jetzt' sage, springen wir." Rief Louis.

Bevor ich darüber nachdenken konnte, brüllte er "Jetzt" und wir sprangen in die Tiefe.

In den Millisekunden, in denen ich frei nach unten fiel, spürte ich weder Angst, Reue oder Zeifel.

Mit Adrenalin im Blut und Louis an der Hand fühlte sich alles so verdammt richtig an.

Die Bahn glitt unter unseren Füßen entweg, so schnell, dass man sich eigentlich Sorgen hätte machen müssen.

Fast gleichzeitig setzten unsere Füße auf, naja wir plumsten vielmehr auf den Wagon.

Ich schien nicht verletzt zu sein. Wir waren auch nur knapp zwei Meter gefallen.

Nun saßen wir ineinander verknotet auf einer fahrenden S-Bahn Richtung Innenstadt und lachten einfach nur.

"Wir haben es überlebt, du Blödmann" kicherte ich in einem Rausch ähnlichen Zustand.

Er zog mich in seinem Arm. "Ich war mir nicht sicher, ob du springen würdest" gab er zu. Es rauschte durch den Wind, weshalb er mir das ins Ohr flüstern musste.

"Um ehrlich zu sein: Hätte ich's vorher gewusst, wär' ich nicht gesprungen."

"Komm mit, ich zeig dir was!" Er richtete sich langsam auf. Ich tat es ihm gleich, doch mein Körper begann leicht zu zittern. Ich bewegte mich nunmal nicht oft auf fahrenden Zügen.

"Subway Surfer!" Rief Louis und posierte den Wellenreiter. Es sah so ungeheuer lustig aus.

Wälder, kleine Siedlungen und die Spree zogen an uns vorbei.

"Titanic!" Schrie ich und miemte Rose, die am Bug des Schiffes ihre Arme ausbreitete.

Mein Jack ließ nicht lange auf sich warten. Vielleicht sollte Louis Hände an meiner Hüpfte mir unangenehm sein, doch in meinen Kopf tanzte alles.

Louis hatte die prächtige Idee mich im Simbastyle (König der Löwe) hochzuheben. Meine zierlichen Füße baumelten in der Luft. Ich kreischte vor Schreck.

"Da müssen wir gleich raufspringen, wenn wir den Bahnhof erreichen!" Sagte Louis.

Wie lange waren wir schon unterwegs? Mein Zeitgefühl hatte sich genau so wie Verantwortungsbewusstsein verabschiedet. Hatte ich gar kein Selbsterhaltungstrieb?

Der Zug wurde langsamer und als wr hielt, mussten wir nur über eine einernhalb Meter breite Lücke springen.

Wieder krallte ich meine kleine Hand in seine.

Irgendwie konnten wir über die Feuerleiter vom Dach des Bahnhofes klettern.

Mein Handy klingelte ein paar Mal, ich wollte allerdings nicht daneben treten, irgendwo runterfallen oder den Anschluss an Louis verlieren, deshalb ließ ich es einach weiter klingeln.

"Hier her!" Rief Louis diesmal aus einer S-Bahn. Kurz bevor sich die Tüen schloßen, war ich in den Wagen grsprungen.

"Verdammt! Ich hab kein Ticket" brummte ich als die Bahn sich in Bewegung setzte.

"Nicht so schlimm. Wir könnten aber auch wieder auf der Bahn mitfahren" scherzte Louis.

Ich lachte. Mein Handy brummte schon wieder vor sich hin. "Ich guck mal kurz"

Pau♡

Warum rief sie an?

"Hallo?" Fragte ich leicht verwirrt. Normalerweise telefonierten wir jeden zweiten Abend.

"Sophie ich muss dir etwas erzählen.." Paus Stimme war brüchig.

"Was ist los?" Fragte ich sofort.

Sie atmete einmal tief durch: "Es geht um Simon."

Von einer Sekunde auf die andere verschwand der Rausch und ich befand mich auf dem Boden der Tatsachen.

"Was ist mit ihm?" Fragte ich besorgt. Vielleicht hatte er sich beim Training schwer verletzt.

"Also Sophie, ich sag dir das nur ungern, aber du bist meine Freundin... und ich will nur das Beste für dich..." Pau wurde zum Ende des Satzes leiser.

Mehr brauchte sie nicht sagen. Das war nicht die erste Unterhaltung über Simon gewesen, die so anfing.

"Was hat er getan?" Fragte ich tonlos. Louis sah mich leicht verwirrt an.

"Ich hab ihn mit Vivian gesehen... er hat naja ... Vivian hat's miterlebt"

"Was?"

"Er hat ... na du weißt schon was..." Pau war die Unschuld in Person.

"Was ist denn passiert?" Versuchte ich.

"Chris wollte, dass ich was aus seinem Zimmer hole, weil er doch schon bei seinen Eltern ist. Tom war nicht auf seinem Zimmer, also dachte ich er wäre vielleicht bei Simon. Und dann bin ich ... ähm ohne anklopfen rein ... naja dann lag er mit Vivien im Bett... also nackt"

Ich schloss meine Augen. Das hatte er doch nicht getan. Nicht schon wieder.

"Sophie?" Fragte Pau.

"Danke das du mir das gesagt hast" antworte ich mit zittender Stimme, "Ich muss darüber nachdenken."

Sie verabschiedete sich und legte auf.

Ich explodierte innerlich. Ich war maßlos enttäuscht von Simon und sauer auf mich, weil ich ihn vertraut habe, obwohl mir klar war, dass sowas passieren musste.

"Sophie?" Fragte Louis zögerlich. Ich hatte ihn schon fast vergessen.

"Hey warum weinst du?" Mitfühlend sah er mich an.

Ich verstand es nicht: Louis war das Paradebeispiel eines Arschloches, dennoch er war mitfühlender als mein verdammter Freund. Ex-Freund.

Ich wischte die Tränen weg und setzte mich neben ihn. Er legte seine Arme um mich.

"Pscht Sophie, alles nur halb so schlimm. Ich bin für dich da.

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