12 Stalker

"Ich bin lesbisch" wiederholte Nadine nochmal.

"Cool" rutschte mir herraus. Ich wollte mir auf die Zunge beißen. Wer sagte denn bitte 'cool' zu der einzigen Freundin in einer verdammt großen Stadt, wenn besagte Freundin ihre sexuelle Neigungen preisgab.

"Du findest mich nicht eklig?" Schniefte sie.

"Nein! Ich find dich witzig, aufgeschlossen und schön"

Louis schenkte mir wieder ein Lächeln und ich konnte ihn so sehr verachten wie ich wollte, dieses Lächeln berrührte mein Herz.

Wir umarmten uns, also Nadine und ich, Louis zündete sich eine Kippe an. Er bot uns beiden eine an. Nadine nahm dankend an und ich blickte ihn alá 'Willst du mich verarschen?' an.

"Ich hab noch einen Joint" murnelte Nadine leise.

Louis zuckte nur mit den Schultern. Er hatte vorhin schon einen gehabt, soweit meine feine Nase das erkannt hat.

Ich fragte mich, warum Louis so freundlich und besorgt war, also das absolute Gehenteil seines normalen Auftretens. Allerdings traute ich mich nicht laut zu fragen.

Ich weiß nicht mehr wie lange wie dort saßen, einfach nur die Hochhäuser und den Fehrnsehturm anstarrten, doch es begann leicht zu nieseln.

"Wir sollten gehen" meinte Louis, wobei er nicht Unrecht hatte, denn sobald wir in der Bahn saßen regnete es in Strömen.

Es waren kaum Menschen unterwegs, nur ein paar Partypeople wie wir.

"Hier muss ich umsteigen" sagte Louis plötzlich.

Schön, dachte ich nur. Er umarmte Nadine und als er auf mich zukam, zog ich rasch seine Jacke aus.

"Behalt sie!" Er grinste mich an. Oh nein, das werde ich nicht. Die Sache mit dem Kuss war noch nicht verziehen. Er sollte ruhig merken, dass ich sauer war.

Ich hielt sie ihm also weiterhin entgegen und murmelte, mir sei nicht mehr kalt.

Er nahm sie, beugte sich zu mir runter und sagte ganz leise, so dass nur ich es hören konnte: "Gute Nacht, wir sehen uns in deinen Träumen."

Dann küsste er mich sanft auf den Mund. Ein flüchtiger Moment, dessen Intimität für mich nicht erfassbar war, so zerbrechlich schien der Augenblick.

Ich wusste, es war eine seiner Maschen, doch dieses Gefühl, des er mir schenkte, übertrumpfte jedes meiner Aufassungen von Liebe.

Eindeutiger Fall von Realitätsverlust durch Schlafmangel.

Völlig übermüdet schleppten Nadine und ich uns zu ihr nach Hause. Um als die Sonne sich langsam empor stieg, zog Nadine die Rollos zu und wir beide kippten vor Erschöpfung um.

***

Um drei Uhr Nachsmittags wachte ich auf. Ich hätte vor zwei Stunden zu Hause sein sollen. Ups.

Schnell rief ich Papa an. Es sei halb so schlimm, jedoch würde Papa Mama gleich ins Krankenhaus zu einer Routineuntersuchung fahren. Anschließend musste er zur Bar fahren, um dort ein bisschen zu arbeiten.

Ich hatte keinen Schlüssel bei, deshalb schlug Mama vor, bei Nadine vorbei zu fahren und mich einfach mitzunehemen.

Mein Körper schrie nach Schlaf, trozfem willigte ich ein.

"Gehst'e schon?" Nuschelte Nadine zwischen Kissen und pinken Haaren.

Ich grunzte einfach nur, was ein Ja bedeuten sollte. Meine Jeans von gestern lagen zerknüllt in der Ecke. Hatte ich mir die vorhin überhaupt ausgezogen?

Mit dem größten Kopfschmerzen meines Lebens quälte ich mich in die Jeans. Ein kleiner Zettel fiel herraus.

Den hatte ich gestern Louis geklaut! Es war kein Bonbonpapier, wie ich gedacht hatte. Jetzt im faden Licht der  Rollos durchbrechenden Sonne erkannte ich den Zettel wieder.

Es war der Zettel, den Louis gezogen hatte und der Schuld an dem ganzen Schlamassel des ungewollten Kusses war.

Ich faltete ihn auseinander. Mein Herz blieb stehen.

Mandy

Auf diesem Scheiß Zettel stand nicht mein Name, sonder Manuel Neuer! (Kleiner Spaß, natürlich stand da Mandy) Louis hat einfach mich
ausgesucht! Dieser Mistkerl.

Im Auto konnte ich noch etwas vor mir hin dösen, obwohl Papa und Mama sich über mich lustig machten. Ich glaube sie lachten extra so laut, sodass mein Gehirn explodierte.

Wenigsten würde Chris in vier Tagen kommen.

Wir brachten Mama noch ins Wartezimmer. Ihre Untersuchungen würden so drei Stunden dauern, weshalb Papa und ich schon mal zum Arbeitsplatz meiner Eltern fuhren.

Kurz nach der Wende lernten sich meine Eltern kennen und erfüllten sich den Traum einer gemeinsamen Bar.

Es war keine durchschnittliche Kneipe. Meine Eltern haben sich viel Mühe gegeben das Arrangement zeitgemäß zu halten. Das Resultat ließ sich sehen, es wurde sogar mehrfach ausgezeichnet.

Dennoch war der Laden nicht riesig. Es gab Live-Musik, abwechslungsreiche Cocktails und manchmal irgendwelche Highlights, wie zum Beispiel ein Abend im Thema Jazz.

Einige Hipster lungerten hier schon rum und eine Band spielte leise.

Papa wurde von allen Seiten begrüßt und stellte jeden, der es hören wollte oder nicht, seine hübsche Tochter vor. Die Augenringe, zerzauste Haare und Kopfdröhnen hatte.

Ein Satz ließ mich innerlich zusammen zucken: "Louis kennst du ja bestimmt schon."

Hinter dem Tresen mixte Mr Hottie einen Getränk. Er sah fantastisch aus. Zwar unrasiert, dennoch kein einziges Zeichen von Müdigkeit oder Unperfektheit.

Er lächelte freundlich rüber, doch als er mich erkannte, spitzte er die Lippen zu einem Luftkuss. Entweder Papa ignorierte das, oder ich hatte mir das eingebildet.

"Woher weißt du, dass Louis ubd ich uns kennen?" Fragte ich Papa.

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