Prolog: Titanomachie - 1: Der Ursprung des Kosmos

Θεόμαχία - Theomachia

Krieg zwischen Göttern;
Oder gegen die Götter

Menschen, die zu Göttern wurden gegen
Götter, die als solche geboren wurden

Dieser Krieg steht seit Anbeginn der Zeit im Schicksal der Welt.

Damit beginnt auch diese Geschichte ganz am Anfang, mit der Entstehung des Kosmos.

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Vor Anbeginn von Raum und Zeit existierte nichts. Keine Titanen, keine Götter, keine Menschen. Eine schwarze, randlose Leere, in deren Mitte ein unendlich schwerer, unendlich heißer Feuerball schwebte: das Ei des Chaos. In dem Moment, als dieses schlüpfte, fegte eine sich immer weiter ausdehnende Druckwelle über die Leere und hinterließ dabei den Kosmos, welcher sich gemeinsam mit dieser ausweitete. Wo einst das Ei geschlummert hatte, bafand sich nun die Erde, als Heimat der Brut des Chaos:

Gaia, die Erdenmutter, deren plumper, mütterlicher Leib aus Lehm und Gestein geformt war, verkörperte den Planeten und teilte sein Leid und seine Freuden. Alle Pflanzen und alles Vieh, das allein zur Speise den Titanen auf der Erde gedieh, ging aus ihr hervor. Sie liebte ihre Schöpfung stets und ehrte die Gebeine der verspeisten Kreaturen stets durch würdevolle Begräbnisse.

Erebos, der Herr der Finsternis, welcher nur aus formlosen Schatten bestand, umgab den Planeten als die unendliche Dunkelheit des Kosmos, und schützte so die Erde vor dem Feuer und Gestein das durch die Unendlichkeit flog.

Nyx, die Verkörperung der Nacht, in Gestalt einer bleichen Jungfrau, herrschte über den Nachthimmel und schmiedete das Schicksal der Welt, doch war es ihr nie bestimmt in selbes einzugreifen.

Eros, welcher den unberechenbarsten, wildesten und gefährlichsten aller Naturgewalten - der leiblichen Liebe und der unstillbaren Sehnsucht - einen fleischlichen Leib gab, war androgyn und verführerisch, mit den Augen und der Zunge einer Schlange. Aus einer Laune heraus pflanzte er seine Saat in den neugeschaffenen Planeten, was zur Folge hatte, das Gaia und Nyx nun neu entdeckte Sehnsüchte verdarben.

So kam es, dass Nyx mit dem Erebos Drillinge zeugte, die Moiren. Drei Hexen, die stets zu dritt an einem Webstuhl saßen, um die Fäden des Schicksals zu spinnen und schließlich zu einem Teppich zu verweben, der die Geschichte der Welt darstellte. Sie teilten sich zudem zu dritt ein einzelnes Auge, das ihnen erlaubte, in die Zukunft zu blicken. So waren sie gezwungen, stets zusammenzubleiben und ihrer Pflicht zu erfüllen, wodurch sie ebenso wie Nyx, nicht willkürlich in das Schicksal der Welt eingreifen konnten. Durch eine zweite Liebschaft gebar die Göttin der Nacht zwei weitere Kinder; Aither, der den Himmel jenseits des Planeten verkörperte und Hemera, welche den Tag und das Tageslicht mit sich brachte. So wie Nyx, die Nacht, im Dienst des vorausgeschrieben Schicksals stand, setzte sich ihre Tochter Hemera, der Tag, für die unwillkürliche Freiheit der Schöpfung ein. So unvereinbarbar ihre Ideale waren, so ungleich waren auch die beiden Göttinnen. So wurde der Planet in zwei Seiten, Tag im Süden und Nacht im Norden, aufgeteilt.

Schließlich, als sie die Leere ihres Planeten im Tageslicht erkannte, keimte auch die Saat der Sehnsucht in Gaia auf. Durch ihren Willen allein gebar sie ihren ersten Sohn, welcher schließlich auch ihr Geliebter und Gatte wurde: Uranos, die Verkörperung des irdischen Himmels. Statt aus Fleisch und Blut oder Lehm und Gestein bestand der Körper des Uranos aus Knochen aus Adamant, dem edelsten aller Metalle, und Haut aus Glas und Kristall. Doch, so rein und klar wie seine Erscheinung war, so verdorben war sein Charakter. Er zeugte unzählige Nachkommen mit Gaia, darunter die Zyklopen, einäugige Riesen; Hekatoncheiren, die Hunderthändigen - wild behaarte Giganten, deren Erscheinung durch ihre namensgebenden einhundert Hände verzerrt und unansehnlich war; einige Erdnymphen und schließlich die zwölf Titanen, welche ebenso wie ihre Vorfahren verschiedene Aspekte der Welt und der Schöpfung verkörperten.

Uranos, der neue Herr der Erde, war voll Stolz über die neugeborenen Titanen, hatte jedoch nur Verachtung für seine anderen Kinder übrig, weswegen er diese in den tiefsten Ort der Erde, den Tartaros, sperrte. Nicht nur dies; Uranos genoss es, die Gefangenen des Tartaros zu foltern, als Form seiner himmlischen Pflicht zu urteilen und zu strafen. Das Toben der Hekatoncheiren und Zyklopen verursachte Erdbeben, Vulkanausbrüche und bereitete so der Erde - damit auch Gaia - höllische Qualen. Doch die Wolllust des Titanen kannte keine Grenzen, weswegen er weiter Kinder zeugte, welche er letztendlich einsperrte. Nach einigen Millenia wurden die Leiden der Erdenmutter so unerträglich, dass sie eines Nachts, als Uranos tief schlief, die zwölf Titanen zu sich rief. Aus den tiefen der Erde extrahierte sie Adamant, das selbe unzerstörbare Metall, aus dem die Knochen des Uranos bestanden, und formte daraus eine gewaltige Sichel und trug ihren Söhnen auf, den eigenen Vater zu entmannen. Alle standen unter Schock. Die Treue zum Vater wird gegen die Liebe zur Mutter gewogen. Eine Entscheidung, die keiner guten Gewissens annehmen wollte. Der einzige von Ihnen, der sich dieser Aufgabe annehmen wollte, war der Letztgeborene, Kronos. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern, welche aus Fleisch und Blut, unedlem Metall oder unreiner Erde geboren waren, schimmerte sein Leib schwarz wie Kohle und war ohne Unebenheiten oder Makel. Sein langes, weißes Haar umrandete sein kantiges, maskulines Gesicht in dem zwei rubinrote Augen wie wilde Feuer loderten. Er kniete vor seiner Mutter nieder und nahm die Sichel an sich.

"Den Vater zu verraten ist eine undenkbare Sünde, doch mein Gerechtigkeitssinn verlangt, dass Uranos für seine Vergehen an dir, werte Mutter, und an unseren Brüdern und Schwestern im Tartaros büßt. Ich werde sein Leben schonen, doch er wird für sein schändliches Verhalten bezahlen."

"Du hast meinen Segen, Kronos. Die Erde soll ihrer Schöpfung gehören und nicht von den frevelhaften Gelüsten der Mächtigen unterworfen werden. Nun geh, Sohn. Lass Gerechtigkeit walten."

"Sehr wohl, Mutter. Mit dieser Sichel werde ich die Erde von allen Imperfektionen befreien und sie in dem Glanz erstrahlen lassen, den sie verdient."

Und so erhob sich Kronos und ging, begleitet von dreien seiner Brüder, welche von seiner Entschlossenheit beeindruckt waren, zum Schlafplatz seines Vaters. Ehe dieser aus seinem Schlaf erwachte, griffen die Titanen ihn an den Armen und am Hals, während Kronos ihn entblößte.

"Damit endet deine unrechte Herrschaft, Vater. Eine unvollkommene Kreatur, wie du darf nicht weiter über den Kosmos herrschen. Akzeptiere dein Schicksal!", kommandierte der jüngste Titan, kurz bevor er seinen eigenen Vater mit der Sichel aus Adamant kastrierte. Das vollkommenste aller Metalle schnitt ohne Widerstand durch den gläsernen Leib des Uranos.
Der schmerzliche Schrei des Himmels brachte die Erde zum zittern und er riss sich aus Pein von seinen Söhnen los. Er erhob sich vom Grund und türmte wie ein Ungetüm über den Titanen. Mit all seiner Kraft schwang er mit der rechten nach Kronos, welcher mit einem schnellen Hieb der Sichel die rechte Hand des Vaters abtrennte. Wie ein wilder Eber stürzte sich Kronos nun auf seinen Vater und warf ihn wieder zu Boden. Er hielt die Klinge an die Kehle des Himmelstitanen.

"Ergib dich, Vater. Entmannt und befreit von deiner starken Hand bleibt dir nichts, außer dich zu ergeben, oder hier zu sterben, wie das Vieh, dass du verschlingst!", drohte Kronos, dessen Augen glühten wie die Feuer aus den Tiefen des Chaos.

"Dann soll es so sein! Nimm und herrsche, Kronos! Doch höre mir genau zu. Du trägst wie ich auch eine Sünde in dir, die dir zum Verhängnis werden soll!"

"Ich soll eine Unvollkommenheit in mir tragen, die deiner verdorbenen Seele gleicht? Vielleicht sollte ich dich ja doch für deine Unverfrorenheit hier und jetzt hinrichten! Sprich: Welche Sünde soll ich in mir tragen! Ich, der makellose Kronos!"

Uranos begann nur hinterhältig und schadenfroh zu lachen, bevor er seine Erklärung vollendete: "Der Makel, der uns verbindet, ist unsere Arroganz! Du hälst dich für rechtschaffen und fehlerlos, doch auch du bist verdorben! Genau wie ich sollst du herrschen, und dann durch die Hand deines eigenen Sohnes alles verlieren! Und dein Sohn soll es dir gleich tun! Der Verrat am Vater soll nicht ungesühnt bleiben. Oh Schicksale, das soll mein letztes Gesuch als Herr des Kosmos sein! Ein ewiger Kreis des Vatermordens soll diese verdorbene Blutlinie auf ewig heimsuchen! Hört meine Bitte, ihr Moiren!"

Kronos trennte daraufhin seinem Vater, nach seiner Mannheit und seiner starken Hand, das letzte Symbol seiner Autorität heraus, seine Stimme.
"Wir sind dann fertig, Vater!"

Er erhob sich und wanderte bis zum Äquator, dem Grad, wo Tag und Nacht aufeinandertrafen. Die Titanen, jeder seiner Brüder und Schwestern, sowie seine Mutter, versammelten sich um ihn herum. Stolz hielt er die Sichel aus Adamant in die Höhe und legte all seine Kraft in seine Stimme.

"Hör mich an, Kosmos! Himmel, Erde und Schöpfung! Uranos ist bezwungen! Ein neuer Herrscher gebietet nun über die Welt! Ich gelobe die Welt zu einem Ort der Vollkommenheit und des Friedens zu machen! Eine Welt, in der es sich bis zum Ende der Zeit zu leben lohnt! Ich bin Kronos, der Vollender und Vollstrecker! Ich bin Krone der Schöpfung!"

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