Chapter 5

Mein Wecker riss mich aus dem Schlaf.
Ich schreckte hoch, ein Blatt Papier blieb an meiner Wange kleben, während ich versuchte meine Existenz irgendwie auf die Kette zu bekommen. Hektisch versuchte ich das ohrenbetäubende Klingeln des altmodischen Glockenweckers auszustellen.
Als wieder Stille in meiner Wohnung eingekehrt war atmete ich durch und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.
Mit einem müden Blick auf die Uhr versuchte ich nachzuvollziehen, warum ich den Wecker eine Stunde früher gestellt hatte.

Achja, Zyriak.
Wenn er mich passend zu Schulbeginn abholen wollte, dann musste ich zusehen, dass ich so früh wie möglich aus dem Haus kam, damit er mich verfehlte. Ich wollte nicht, dass er etwas für mich tat oder Dinge über mich herausfand. Nicht er. Nicht jemand, der mir seit Wochen nur Scherereien bereitete.

Ich packte verschlafen meine Sachen zusammen und stellte fest, dass eine meiner Analysen noch nicht ganz fertig war. Mit einem Seufzen stopfte ich den Text wieder zurück in meinen Rucksack und rieb mir dann über's Gesicht.

Schlurfend stellte ich den Wäscheständer auf und hing noch schnell die Wäsche von gestern über die Stangen. Meine Motivation ließ heute zu wünschen übrig. Auf dem Weg zur Tür fiel mir ein, dass wir heute im Sportunterricht in der Eishalle waren. Mit einer laschen Handbewegung schulterte ich mir noch zusätzlich meine Sporttasche, in der sich meine Schlittschuhe und ein paar lockere Klamotten befanden, und verließ schließlich das Haus.
Es war noch Dunkel, und entsprechend eisig kalt. Wieder einmal holte ich meinen Mp3 Player raus und stellte die Playlist wieder von vorne an, während ich mich zu Fuß auf den Weg zur Uni machte.
Die morgendliche Kälte vertrieb den Rest meiner Müdigkeit. Ich richtete meinen Blick zum Himmel, als mir eine kleine, weiße Flocke vor die Füße fiel. Es begann also endlich zu schneien.

Ein dämliches Grinsen zierte mein Gesicht bei der Aussicht auf die weiße Decke, die sich bald über die gesamte Landschaft ziehen würde.
Ich liebte Schnee. Wir hatten viel davon und das, was wir hatten, blieb oft bis Mitte Mai, bevor die Sonne es schließlich schaffte ihn wegzuschmelzen.

In Gedanken versunken, die sich je nach Track entsprechend änderten, stiefelte ich den bekannten Weg vor mich hin, bis hinter mir ein Hupen ertönte und ein Auto neben mir hielt. Das Fenster wurde hinabgelassen und ich starrte in den düsteren Blick von Zyriak.

"Wenn ich dir sage, dass ich dich abhole, dann mein' ich das auch so. Steig ein."

"Ich geh immer zu Fuß. Und du wirst daran auch nichts ändern.", Schnaubte ich und ging einfach weiter. Er ließ den Wagen langsam neben mir her rollen.

"Dann begleite ich dich morgen eben zu Fuß. Ich parke vor deiner Tür.", legte er fest.
Ich warf ihm einen genervten Blick zu.

"Nein.", Sagte ich fest.

"Ach, ich hab dir was mitgebracht.", Sagte er und warf mir ein Bündel Stoff entgegen, das ich kurze Zeit später als Mütze, Schal und Handschuhe identifizierte, "Ist zwar von meinem Vater, aber ich denke die Handschuhe passen dir. Hast gestern etwas durchgefroren ausgesehen."

Ich blickte ihn düster an.
Wie kam er auf die Idee, dass ich Klamotten von ihm annehmen würde? Ich schüttelte den Kopf und warf sie ihm durchs Fenster zurück in den Wagen.

"Behalt den Kram, ich nehm nichts von dir an.", sagte ich und entfernte mich ein Stück von der Straße, damit er nicht mehr mit mir reden konnte.

"Du bist ein harter Brocken. Liegt wahrscheinlich an deiner Herkunft."

Ich warf ihm einen kalten Blick zu.

"Ah, sorry, alte Gewohnheit.", Entschuldigte er sich noch bevor er meinen Gesichtsausdruck gesehen hatte, "Man, ich hab noch nie jemanden gesehen, der so böse gucken kann, wie du.", Fügte er nach einem kurzen Lugen hinzu.

Ich erwiderte nichts und ging einfach weiter in Richtung der Universität.
Nach einer guten weiteren halben Stunde Fußweg, in der Zyriak immer wieder fragte, ob ich nicht doch einsteigen wollte, erreichten wir den Hof, auf dem schon ein paar seiner Trittbrettfahrer standen.
Ich fragte mich, ob sie den Plan, was auch immer dieser beinhalten mochte, gemeinsam ausgeheckt hatten um mich am Ende in irgendeiner Art und Weise bloßzustellen.
Es wäre nur klug weitestgehend auf Abstand zu bleiben.

Zyriaks Freunde pfiffen und buhten, als ich an ihnen vorbeiging. Ich warf ihnen einen verächtlichen Blick zu und betrat schonmal das Gebäude um meine Analyse in der Bibliothek noch schnell zu beenden. Nach einigen Minuten gesellte sich Zyriak zu mir.

"Hau ab, ich muss noch was erledigen.", murmelte ich und versuchte mich auf mein Gekrakel von gestern Abend zu konzentrieren.

"Ignorier mich einfach, ich kann mich schon selbst beschäftigen.", Mit einer wegwerfenden Handbewegung zog er sein iPhone und begann nebenbei zu chatten. Ich schüttelte erneut den Kopf und musterte prüfend, wie er seine braunen Augenbrauen leicht zusammenzog und auf seiner Lippe rumkaute, während er auf dem Bildschirm rumtippte.
Sein krummer Nasenrücken war mir schon oft ins Auge gefallen und jetzt erst fiel mir die kleine Narbe auf, die sich an dieser Stelle befand.

Er hob seine Augen und unsere Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit schnell wieder meinem Aufsatz zu, doch aus dem Augenwinkel sah ich einen seiner Mundwinkel zucken, bevor auch er sich wieder seinem Handy widmete.

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