Chapter 4
Ich saß sicher schon zwanzig Minuten auf dem gefrorenen Grund und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Meine Zähne fingen langsam an zu klappern und meine Finger wurden taub vor Kälte.
Irgendwann sah ich in der Entfernung eine Gestalt in meine Richtung kommen.
Ich konnte im Dunkeln nicht ausmachen, wer es war und hoffte, dass es Anja sein würde, erkannte aber recht schnell die sperrige Silhouette von Zyriak.
Mit einem Seufzen schloss ich die Augen, stand auf und wischte mir mit dem Ärmel über's Gesicht. Dann zog ich meine Kapuze über, rammte die Fäuste in die Taschen und kam ihm auf dem schmalen Pfad entgegen.
Ich hoffte, dass er an meinem Gesichtsausdruck im Café nicht ausgemacht hatte, wie kurz ich davor war loszuheulen.
Dieser der Gedanke trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Es gab nichts peinlicheres als vor jemanden loszuheulen, der die ganze Zeit versuchte genau das zu erreichen.
Und scheiße, ich war 23, ich sollte wegen sowas nicht mehr rumheulen.
Zügig schritt ich den Trampelpfad entlang, zurück Richtung Dorf.
Als Zyriak und ich auf einer Höhe waren, blieb er stehen und wollte wohl etwas sagen, doch ich wich ihm aus und lief an ihm vorbei ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
"Ey Ares, wart doch mal.", Rief er mir hinterher, doch ich dachte nicht daran zu warten. Damit er mir noch einen Spruch drücken konnte? Bestimmt nicht.
"Ey.", Wiederholte er und schloss zu mir auf um mich am Arm anzuhalten. Sobald ich seinen Griff an der Jacke spürte, riss ich mich los.
"Alter, fass mich nicht an!", Fauchte ich schroff und stieß ihn weg von mir.
"Krieg dich wieder ein, ich wollt mich entschuldigen!", Erwiderte er, nun ebenfalls wütend.
"Wozu? Du bist mir nichts schuldig, wir kennen uns nicht und ich will auch nichts mit dir zu tun haben.", Ich fügte ein leises Wichser hinzu und wartete ob er etwas darauf erwidern wollte, doch er schwieg und ich erkannte im Dunkeln, wie er seine Lippen aufeinander presste. Ich murmelte etwas Unverständliches und ließ ihn stehen.
"Warte, sag mir wie ich's wieder gut machen kann.", Verlangte er und stiefelte wieder hinter mir her. Ich schwieg kurz und lauschte dem Knacken des gefrorenen Grundes unter unseren Füßen
"Was?", wollte er die letzten anderthalb Jahre wieder gutmachen oder was?
"Was, was?", Fragte er nach.
"Was willst du wieder gutmachen?!"
"Na das von vorhin."
"Ach, nur das von vorhin? Und heute Nachmittag im Geschäft? Und eine Stunde vorher an der Uni? Und gestern mit meiner Mütze? Und letzte Woche, als du meine Schulbücher in den See geworfen hast? Jetzt wo ich drüber nachdenke, was ist mit vor einem Monat, als du mir meine komplette Garnitur eingesaut hast, weil du mich unbedingt in den Dreck schmeißen musstest?!", Ich funkelte ihn wütend an, "Woher das plötzliche schlechte Gewissen Zyriak? Das macht mich wirklich neugierig."
"Deine Freundin im Café kann ziemlich überzeugend sein.", Knurrte er und lief nun neben mir her, als ich mich wieder in Richtung Dorf wandte. Das klang nach einer schlechten Ausrede.
"Wenn du mich in Zukunft einfach komplett in Ruhe lässt, bin ich schon überglücklich. Und jetzt verpiss dich endlich, ich hab die Schnauze gestrichen voll."
"Nee, hab 'ne bessere Idee. Ich such dir 'n Job mit besserer Bezahlung."
"Hast du nicht zugehört?! VERPISS dich!", sagte ich und ging einen Schritt schneller.
"Was machst du gerne?"
"Ich erzähl dir nichts von mir.", Sagte ich und ging eilig durch die Straße. Ich steuerte meine Wohnung an, den Blick schon auf den kleinen Wohnkomplex gelegt.
"Gut, dann find ich's raus.", erwiderte Zyriak selbstsicher. Ich schüttelte frustriert den Kopf.
Warum ließ er mich nicht einfach inruhe?!
Was wollte er so plötzlich von mir?
Ich bezweifelte stark, dass Anja irgendetwas gesagt hatte, das zu seinem Hirn durchgedrungen war.
"Ich meins ernst, ich werd dich die nächsten Tage nicht aus den Augen lassen.", Wiederholte Zyriak und blieb neben mir stehen, während ich den Haustürschlüssel aus der Tasche kramte und mit eisigen Fingern versuchte die Türe aufzuschließen.
"Wenn du das machst, zeige ich dich bei Officer Reynolds wegen Stalking an.", ich fand schließlich zitternd das Schlüsselloch und drehte den Schlüssel erleichtert herum.
"Klar wirst du das. Ich hol dich morgen früh hier ab, kannst in meinem Auto mit zur Uni kommen, dann brauchst du bei dem Wetter nicht laufen."
Ich atmete mit geschlossenen Augen durch und blieb im Türrahmen stehen.
Gut, versuchte ich es eben noch einmal.
"Hör zu Zyriak, ich brauche niemanden der versucht irgendwas für mich zu regeln. Ich brauche dein verdammtes Mitleid nicht. Und noch weniger brauche ich jemanden, der versucht sich in mein Leben einzumischen, also lass es einfach. Widme dich lieber deiner Gang und den Mädels, die dir beim Eishockey-Training hinterherhecheln, damit hast du genug zu tun. Und jetzt lass mich endlich alleine, ich hab den Arsch voll Arbeit.", Ich hatte ihn beim Reden nicht angesehen und ging danach direkt rein, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen.
Die Tür zog ich hinter mir ins Schloss, so dass er gar nicht erst die Gelegenheit hatte, mir weiter nachzustellen.
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