Chapter 15

Ich verbrachte den Nachmittag tatsächlich damit nochmal einzuschlafen. Diesmal so fest, dass ich erst gar nicht wusste, was mich geweckt hatte und wo ich mich überhaupt befand. Zuerst wollte ich meine Hand zu dem Glockenwecker auf dem Tisch neben meinem Bett bewegen, bis mir nach einigen Sekunden, in denen meine Finger den kleinen Gegenstand suchten, wieder einfiel wo ich mich befand. Ich setzte mich langsam auf und rieb mir über's Gesicht. Noch 10 Stunden mehr von solch einem Schlaf, das hätte ich dringend nötig. Es klopfte an der Zimmertür und ich erinnerte mich vage daran, dass es das Geräusch gewesen war, das mich aus meinem Schlaf gezogen hat.
Ich stand auf und stellte fest, dass es draußen bereits dunkel war. Dann torkelte ich im Halbschlaf zur Tür und öffnete sie einen Spalt.

"Hey.", Sagte Zyriak stumpf und blickte mich abwartend an. Ich erwiderte nichts und blinzelte nur einmal langsam, während er von einem Fuß auf den anderen trat. Mein Gehirn funktionierte noch nicht gut genug für eine Konversation, deshalb schwieg ich auch nach weiteren fünf Minuten und wartete darauf, dass er mir sagte, was er wollte.

"Können wir kurz reden?", Fragte er, als er wohl endlich bemerkt hatte, dass ich nicht antworten würde.

"Hm", brummte ich und lehnte mich an den Türrahmen.

"Kann ich vielleicht reinkommen?", Fragte er daraufhin.

"Hab keine Lust auf lange Gespräche.", nuschelte ich müde und rieb mir nochmal über meine, vor Müdigkeit brennenden, Augen.

"Dauert nicht lang.", Versprach er und blickte mich eindringlich an. Mit einem Seufzen machte ich ihm Platz und ließ ihn rein.

"Danke", sagte er mit einem schiefen Lächeln und nachdem ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, breitete sich ein unbehagliches Schweigen aus, über das ich problemlos hinwegsah, weil es mir für den Moment einfach nur egal war.
Er räusperte sich unbeholfen und schob seine Hände in die hinteren Hosentaschen, den Blick zur Decke gehoben.

"Was willst du?", Fragte ich schloss kurz die Augen um dem Brennen etwas entgegenzuwirken.

"Das von heut Mittag, ich wollt' nicht, dass das falsch kommt. Ich wollte damit sagen, dass ich dich immer noch besser kennenlernen möchte."

"Du wiederholst dich."

"Weil du mir nicht zuhörst."

"Ich höre dir zu, aber ich lasse mich nicht leichtfertig auf Freundschaften ein, die ich später bereuen könnte."

"Du lässt dich auf gar keine Freundschaften ein."

"Ich brauche keine Freunde."

"Und warum bist du dann mit zum See gekommen?"

"Du hast doch..."

"Du hättest nein sagen und dabei bleiben können, ich hätte dich schon nicht gekidnappt."

Ich stierte ihn düster an.

"Davon ab, was solltest du an einer Freundschaft bereuen sollen?"

"Wenn man jemandem vertraut ist es einfacher ihn auf die Fresse fliegen zu lassen und es ist sicherlich amüsanter für die andere Partei, als die oberflächlichen Beschimpfungen, die ich schon seit der ersten Klasse kenne.", Sagte ich monoton und sprach damit den tatsächlichen Grund aus, aus dem ich nie eine Freundschaft geschlossen hatte. Seit meine Schwester ausgewandert war, habe ich keiner Menschenseele mehr über den Weg getraut. Und so war es noch immer.

"Und was hätte ich davon? So wie dein Leben aussieht wäre es nicht verwunderlich, wenn du dir nach sowas die Kugel gibst. Und dann wäre ich auch noch dafür verantwortlich.", Sagte er und wandte den Blick ab. Ich musterte ihn einen Moment. Die Zahnräder in meinem Gehirn ratterten, bis ich dann endlich seine Worte verarbeitet hatte.

"Deswegen? Weil du nicht willst, dass ich mir wegen dir das Leben nehme?!", Ein Stich bohrte sich durch meinem Brustkorb. Einer, den ich kannte und den ich hatte vermeiden wollen. Enttäuschung. Aber was hatte ich bei Zyriak schon erwartet? Dass er wirklich interessiert war? An meinem Leben, an mir?
Ich wandte mich wütend ab und verließ das Zimmer um meine Sachen zu holen.

"Ares, warte.", Sagte Zyriak, der hinter mir her rannte und versuchte mich am Arm festzuhalten, doch ich riss mich los.

"Fass mich nicht an.", Zischte ich ihn wütend an, ging hinab und zog meine Klamotten an, "Wo sind meine Schulsachen?", Fragte ich kalt und wartete darauf, dass Zyriak mir eine Antwort gab, allerdings sah ich meinen Rucksack neben dem Schrimständer an der Treppe stehen und packte ihn mir.

"Richte deinen Eltern meinen Dank aus, ich weiß ihre Hilfe zu schätzen. Aber du, halt dich fern von mir.", Sagte ich kalt zu Zyriak, der unglücklich dreinschauend oben an der Treppe stand. Dann verließ ich das Haus und machte mich auf den Heimweg. Wie kam er auf den scheiß Gedanken, dass ich mir wegen ihm... Anja.
Ich zog düster die Augenbrauen zusammen und steuerte zu Fuß das Dorf an. Das Haus von Zyriaks Eltern befand sich eine gute Meile außerhalb der kleinen Gemeinschaft und so dauerte es eine ganze Weile, bis ich endlich die von Laternen erleuchteten Straßen betrat.
Ich bereute die Entscheidung müde und bei den Temperaturen das Haus verlassen zu haben, denn innerhalb von fünf Minuten spürte ich schon, wie die Kälte mein Rückgrat hochkroch und meine Hände, Wangen und Ohren taub wurden. Durchgefroren erreichte ich den Wohnkomplex und betrat zitternd meine Wohnung.
Ich war enttäuscht von Zyriaks Grund und noch enttäuschter war ich, dass er nicht einmal versucht hatte mich vom Gegenteil zu überzeugen. Dieses Arschloch hatte einfach nur versucht seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen, für den Fall, dass ich irgendwann tatsächlich soweit sein und einen Abschiedsbrief schreiben sollte, in dem er als verantwortlicher aufgeführt wurde.
Es tat einfach nur weh, diesen egoistischen Grund zu betrachten.
Als ich mit schweren Gedanken meinen kleinen Hausflur betrat und das Licht einschaltete, fühlte ich mich so einsam, wie schon seit Jahren nicht mehr.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top