Chapter 11
Ares
Meine Arme und Beine schmerzten vor Kälte, oder jedenfalls glaubte ich, dass es deswegen sein musste. Seit einiger Zeit befand ich mich in einer undefinierbaren Schwärze. Ich konnte weder sagen wie lange ich schon ohne Bewusstsein war, noch wo Zyriak mich hingebracht hatte.
Mein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken an ihn und seine Freunde.
Ich hätte es von vorne herein besser wissen müssen. Nie wieder würde ich mich auf sowas einlassen.
Die Erinnerung an den Moment, in dem das eiskalte Wasser in meine Lunge gedrungen ist, die Schmerzen und die Panik, die ich dabei bis ins Mark gespürt habe, all das ließ mich erschaudern.
In dem Moment, als ich wieder nach Luft schnappen konnte, hätte ich mich am liebsten zusammengerollt und geweint. Allein der Gedanke an das dunkle Wasser, das mich immer weiter hinabgezogen hat, versetzte mich in Panik.
Schweißgebadet schreckte ich hoch, die Hände in das Laken gekrallt, mit dem ich zugedeckt war. Ich zitterte nicht mehr, aber ich fror trotzdem noch. Die Kälte saß in meinen Knochen und ich hatte das Gefühl, dass ich sie nie wieder loswerden würde.
Ich rang nach Luft, hörte zu wie meine Lunge beim atmen pfiff und fing dann langsam an meine Umgebung zu betrachten.
Ich lag in einem Bett. Kein Krankenhausbett, sondern ein stinknormales Bett. Das, was ich für ein Laken gehalten hatte, war eine Heizdecke. Über mir klemmte noch zusätzlich eine Infrarot-Lampe, die kontinuierlich Wärme abgab.
Mit zitternden Armen legte ich mich wieder hin und sah mich in dem Zimmer um. Der Raum war, abgesehen von dem roten Licht, komplett dunkel und auch nicht allzu groß.
Alles sah unscheinbar aus, fast schon steril.
Das Bett stand, von der Zimmertür aus, in der hinteren linken Ecke. Direkt daneben befand sich ein Bodenhohes Fenster, das den Raum für gewöhnlich wahrscheinlich mit Licht durchflutete, jetzt aber nur tiefste Schwärze preisgab. Ansonsten befand sich an der Wand links vom Bett eine Schrankfront mit integriertem Schreibtisch und ein Stück hinter dem Fußende stand ein schlichter, weißer Kleiderschrank. Sehr platzsparend und ohne Zeichen von persönlichem Gut.
Ich runzelte leicht die Stirn und setzte mich wieder auf. Wo hatte Zyriak mich hingebracht, wenn die Entfernung zum Krankenhaus zu weit gewesen war?
Zittrig schlug ich die Bettdecke zurück und stand auf. Sofort realisierte ich, dass ich bis auf meine Shorts keine Kleidung trug.
"Mist.", Murmelte ich leise und tapste zum Kleiderschrank um zu sehen ob es da was zum drüberschmeißen gab. Nur in Unterwäsche würde ich nicht versuchen meine Umgebung zu erkunden. Ich fand ein altes T-Shirt in Größe XL und eine viel zu große Schwimmshorts. Das Shirt zog ich über, die Shorts ließ ich allerdings im Schrank liegen.
Dann ging ich zur Tür und öffnete sie vorsichtig um einen Blick hinauszuwerfen.
Ich öffnete sie einen Spalt und blickte in das überraschte Knautschgesicht von einem Husky.
Wir starrten uns an, bis er schließlich aufstand und ein ohrenbetäubendes Kläffen erschallem ließ. Ich erschrak und schloss die Tür sofort wieder. Einige Sekunden lang lauschte ich auf Schritte, aber es kam keiner.
Mit zusammengepressten Lippen ging ich wieder zum Bett und legte mich zurück unter die warme Decke. Ich fühlte mich unwohl hier und ich wollte wissen wo ich war. Trotz des mulmigen Gefühls in meinem Bauch schaffte ich es erneut einzuschlafen und im Traum direkt wieder in den See zu fallen.
Ich schreckte auf.
Wieder schweißgebadet, wieder voller Panik. Der Raum war noch immer Dunkel. Zitternd fuhr ich mir durch die Haare und versuchte ein weiteres Mal einzuschlafen.
Fünf Minuten lang schlief ich traumlos, dann befand ich mich wieder auf dem unter mir nachgebenden Eis und schreckte verzweifelt wieder aus dem Schlaf.
Doch diesmal war das Zimmer hell.
Dann hatte ich wohl länger geschlafen, als gedacht. Die Infrarot-Lampe leuchtete zwar nicht mehr, aber die Wärmedecke war noch an Ort und Stelle.
Erneut stand ich auf und öffnete die Zimmertür, in der Hoffnung, dass der Husky keine Schmiere mehr stand, doch Fehlanzeige. Er blickte mich mit seinen großen blauen Augen an und ließ ein leises Geräusch verlauten.
"Psccht", sagte ich leise und hielt ihm meine Hand zum Schnuppern hin. Seine nasse, kalte Nase berührte meine Hand und ich musste Grinsen, als er mich anfing abzulecken. Dann hob ich den Blick um mich umzusehen.
Ein weitläufiger Flur, Marmorboden, große Fenster und alles weiß gestrichen. Ich war einen Moment lang skeptisch, ob ich mich nicht doch in einem Krankenhaus befand, aber ein Blick nach links verneinte dies. An der Wand hingen mehrere Bilderrahmen und auf der Kommode lagen unordentlich gestapelte Papiere und Bücher. Langsam öffnete ich die Tür ein Stück weiter und trat über den Hund hinweg in den Flur hinaus.
Links neben dem Zimmer war eine Fotowand aufgebaut, dutzende Familienfotos. Viele waren von einer Frau, mit grünen Augen, braunen Haaren, einer Brille und einem freundlichen Lächeln. Sie sah aus wie eine Lehrerin, oder eine Ärztin, einfach würdevoll. Der Mann, der meist neben ihr stand, hatte eine Glatze, einen dunkelgrauen Vollbart und ein breites Kreuz. Das Erscheinungsbild kam mir bekannt vor und mir kam eine vage Vermutung, die sich durch ein paar der Bilder bestätigen ließ.
Zyriak war mit den beiden zusammen auf den Bildern zu sehen. Zum Beispiel mit seinem Highschool Abschluss, oder bei wichtigen Veranstaltungen mit seinen Eltern zusammen. Es hatte den Anschein, dass er ein Einzelkind war und ein glückliches dazu, wenn ich die ganzen Bilder so sah.
"Ah schön, du bist aufgewacht.", Hörte ich eine sanfte Frauenstimme von rechts. Ich hob den Blick von einem Bild auf dem Zyriak mit dem Husky zusammen abgebildet war und blickte sie an. Es war die Frau von den Bildern. Mittlerweile hatte sie ein paar graue Strähnen mehr als auf den Fotos, aber wirklich anders sah sie nicht aus.
Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte und gab ein stumpfes "Hallo", von mir.
"Ich kann mir vorstellen, dass du hungrig bist. Magst du etwas essen? Du hast seit vorgestern viel geschlafen."
"I-ich... V-vorgestern?", Fragte ich überfordert und merkte, wie meine Knie ein wenig weich wurden.
Wie lange hatte ich denn geschlafen?!
"Warte kurz im Zimmer, ich hole dir deine Anziehsachen, dann reden wir.", Sagte sie und warf dann einen Blick auf den Hund, "Django leistet dir sicher solange Gesellschaft."
Ich nickte langsam und ging dann wieder in den Raum zurück.
Zyriak hatte mich zu sich nach Hause gebracht? Mit gerunzelter Stirn rief ich mir das Bild von ihm und Django in den Kopf. Er sah dort so freundlich aus. Ganz anders, als ich ihn in der Schule kennen gelernt hatte. Ich schüttelte den Koof und setzte mich auf's Bett.
Wusste sein Mutter mit was für Leuten er zu tun hatte? Wusste sie überhaupt, was passiert war? Oder Zyriak? Ich konnte mich nicht daran erinnern jemandem erzählt zu haben was vorgefallen war.
Und dann noch der Fakt, dass ich fast zwei Tage geschlafen hatte... Wer hatte sich solange um meinen Vater gekümmert? Und nächste Woche waren die Prüfungen, ich musste das Geld noch irgendwie auftreiben.
Ich atmete tief durch und überlegte. Ich musste zusehen, dass ich so schnell wie möglich wieder nach Hause kam und dann endlich mit Anja sprechen.
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