Chapter 10

Zyriak

Ich hörte einen Schrei und spähte hinter dem Baum, an dem ich stand, hervor auf's Eis. Ich sah meine Jungs zusammen stehen. Sie beugten sich über ein Loch. Sofort suchte ich mit meinem Blick nach Ares, doch er stand dort nicht mehr.

"Fuck!", Sagte ich, machte schnell meinen Hosenstall zu und rannte mit den Schlittschuhen an den Füßen, so schnell, wie es mit den Dingern eben möglich war, wieder zum See.

"Runter vom Eis!", Brüllte ich die anderen an, die nur blöd auf das Loch starrten. Ich zog mir die Schlittschuhe aus, ebenso meine Hose und meine Jacke, "Und holt den erste Hilfe Kasten aus dem Auto!"

Sie gehorchten stumm und ich rannte Barfuß über's Eis zum Loch hin. Ich wusste nicht ob Ares schwimmen konnte, aber selbst wenn, bei den Temperaturen und mit Schlittschuhen und Winterklamotten, hatte er keine Chance alleine wieder an die Wasseroberfläche zu kommen. Ich atmete kurz durch und ließ mich dann ins eiskalte Wasser fallen.
Die Kälte lähmte meine Muskeln für den Bruchteil einer Sekunde und ich musste mich dazu zwingen weiter hinabzutauchen.
Der See war an dieser Stelle gottseidank nicht allzu tief und so bekam ich nach kurzer Strecke Ares' Arm zu fassen.
Es war schwer ihn mit den vollgesogenen Klamotten nach oben zu zerren. Mit aufgerissenen Augen, um mich an dem Licht der Bruchstelle orientieren zu können, schwamm ich hinauf.
Ich durchbrach die Wasseroberfläche, schnappte tief nach Luft und zog Ares hinterher. Jerry warf mir ein Seil zu und ich band es Ares um den Brustkorb.

"Zieht ihn raus.", Befahl ich hievte mich mit letzter Kraft am angefrorenen Schnee aus dem Loch. Felix und Rob halfen mir heraus und hielten mir ein Handtuch hin. Ich ergriff es und trocknete meine Haare und mein Gesicht ab. Dann sah ich mich nach Jerry und Ares um. Serbio hatte das Erstehilfekästchen geholt und stand jetzt zusammen mit Jerry unbeholfen neben Ares und starrte ihn an.
Ich fluchte und beschimpfte die Zwei.
Sie hatten alle den ersten Hilfe Kurs mit mir zusammen belegt, jeder von ihnen wusste was zu tun war. Wütend stapfte ich zu Ares, riss ihm die Jacke ungeduldig auf und drückte in Sekundentakt mit meinem vollen Gewicht auf seinen Brustkorb. Dann Mund zu Mund, dann wieder Herzdruckmassage.
Nach ein paar Sekunden fing er dann hustend an nach Luft zu schnappen und versuchte sich auf die Seite zu drehen.

"Zieht ihm schon endlich die scheiß Schlittschuhe aus!", Fauchte ich Rob an, der mich fassungslos ansah während ich Ares half sich auf die Seite zu drehen, damit er das Wasser aushusten konnte. Ich ließ eine Hand an seiner eiskalten Schulter und spürte, wie sehr seine Muskeln zitterten.

"Wessen Schuld war das eigentlich?!", Fragte ich dann wütend und deutete mit einem Nicken auf das Loch, "Charles war gestern auch mit seiner Truppe auf dem Eis und da ist NICHTS passiert."

Serbio und Felix schwiegen, ebenso wie Jerry.
Rob zuckte mit den Schultern und mied meinen Blick.

"Er wollte uns ein bisschen was zeigen und ist gestürzt.", Er deutete auf den Bluterguss an Ares' Kinn, "Siehst ja selbst, dass er damit Probleme zu haben scheint."

Ich blickte Rob ungläubig an. In den letzten zwei Tagen hatte ich nicht sonderlich viel über ihn erfahren können, aber Ares war sicher niemand der sich ins Rampenlicht stellte und Kostproben von seinem Können verteilte.
Dann sah ich mich nach meinen Klamotten um. Jerry hatte sie vom Eis geholt und reichte sie mir nun.

"Die Wärmefolie.", Ich schmiss meine Kleidung neben mich in den Schnee und forderte mit einer Handbewegung das Erste-Hilfe Equipment, damit Ares nicht noch weiter unterkühlte. Während Serbio und Felix kramten, half ich Ares seine nasse Jacke auszuziehen und breitete dann die Folie mit der goldenen Seite nach unten über ihm aus. Er versuchte sich aufzusetzen, ich half ihm hoch und stützte ihn von hinten mit meinem Knie, damit er nicht wieder zurücksackte.

"Ich will nach Hause.", Nuschelte er mit klappernden Zähnen und versuchte aufzustehen.

"Beifahrertür.", Befahl ich. Serbio gehorchte und öffnete mir die Tür von meinem Jeep. Ich half Ares in den Wagen und schnallte ihn an. Er musste so schnell wie möglich in ärztliche Betreuung, nur dass das Krankenhaus eine ganze Ecke weit weg war.
Ich schnappte mir schnell meine Klamotten, schlüpfte in die Jeans, zog mir die Jacke über und setzte mich in die Karre um loszufahren.
Ich wechselte kein Wort mehr mit Rob und den anderen. Ich wusste, dass sie ihn nicht leiden konnten, das konnte ich in der Regel ja auch nicht, aber das hatte grade an fahrlässiger Tötung gegrenzt.
Ich wandte meinen besorgten Blick zu Ares, der mit nassen Haaren, blauen Lippen und von oben bis unten zitternd mit dem Kopf an der Scheibe lehnte und versuchte wach zu bleiben.

"Sorry man, hätte dich nicht mit denen alleine lassen sollen.", Murmelte ich, schaltete ihm die Sitzheizung ein und stellte die Lüftung auf maximale Wärmestufe.

"Bring mich einfach nach Hause.", Flüsterte er und schloss seine Augen. Aber das konnte ich nicht machen.

"Ich lass dich doch jetzt nicht unbeabsichtigt.", sagte ich und schüttelte den Kopf.

"Ich kann auf die Gesellschaft von dir und deinen Freunden verzichten.", So kalt wie er das sagte, verletzte es mich. Ich schämte mich für die Arschkrampen, mit denen ich für gewöhnlich rumhing. Und ich checkte erst jetzt, dass ich in den letzten zwei Jahren genauso schlimm gewesen bin. Mein Blick wurde ernst.

"Das ist mir grade egal Ares. Ich lade dich doch nicht in deiner Bude ab, wenn du unterkühlt und nass bis auf die Knochen bist.", Ich blickte im Augenwinkel zu ihm rüber, "Versuch einfach nur so lange wachzubleiben, wie möglich. Auch wenn du es nicht hören willst, aber ich kümmer mich um alles andere."

"Ich hab keine Kohle für's Krankenhaus.", Sagte er heiser und ich hörte die Verzweiflung aus seiner Stimme heraus.

"Ich bring dich auch nicht ins Krankenhaus, das geht nicht schnell genug."

"Und wo bringst du mich dann hin?!", Er öffnete seine Augen wieder und schielte mich verunsichert an. Sie waren nicht so abweisend, wie sie sonst waren. Gerade sah es eher aus, als fühlte er sich verloren. Ich wusste genau, wohin ich ihn bringen würde. Ich schwieg kurz, öffnete den Mund um ihm zu antworten, merkte aber, dass er mir gar nicht mehr zuhörte, sondern mit dem Kopf wieder an der Scheibe lehnte, den Blick unfokussiert in die Ferne gewandt.
Augenblicklich machte mein Herz einen Satz. Einfach aus Angst und weil ich genau wusste, dass er wegen meiner Nachlässigkeit jetzt in Lebensgefahr schwebte.
Ich trat auf's Gaspedal und beeilte mich.

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