Chapter 1
Zyriak blickte mich provokant an.
Ich erwiderte seinen Blick, während er nach wie vor meinen Kugelschreiber über das Geländer des Treppenhauses hielt.
Mit seinen grünen Augen, den kinnlangen hellbraunen Haaren und der markanten Kieferpartie errinnerte er mich jedes Mal an eines dieser Calvin Klein Models. Nur, dass seine Nase unschön aus dem Bild heraus stach, weil sie einen Knick in der Mitte machte.
Ich hatte endlich Unterrichtsende gehabt und wollte eigentlich nur vom Kampus kommen.
"Lass den Scheiß.", Ich griff mürrisch nach dem Stift, doch er zog die Hand weg und löste einen weiteren Finger von ihm.
Ich wusste, dass es Lachhaft war, sich wegen einem kleinen Stück Plastik so aufziehen zu lassen, aber das war mein letzter Kulli und ich hatte heute noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen. Außerdem waren nächste Woche die Prüfungen für dieses Semester und das Zeug paukte sich nicht von alleine.
"Gib mir 'n Fünfer und du bekommst ihn zurück."
"Spinn dich aus, davon kann ich mir eine gamze Packung holen.", Ich wandte mich ab und schob mich an ihm vorbei zu den hellgrau gefliesten Stufen. Ich hatte es nicht nötig mich von einem fast dreißig Jahre alten Spinner aufhalten zu lassen. Wobei, fast dreißig war etwas übertrieben, er war 26, wenn ich es richtig im Sinn hatte, aber er benahm sich wie 6. Während ich die Stufen hinab ging, hörte ich einen genervten Fluch und wie er mir nachsetzte.
"Komm schon, ich hab mein Portemonnaie vergessen und ich sterbe vor Hunger.", Bettelte er und versuchte mir den Weg zu versperren, was nicht schwer war.
Er war einen Kopf größer und das ließ ihn im Vergleich zu mir, der ich auch schon 1,81 groß war, fast wie einen Hünen wirken.
Davon ab war er in einem der zwei Hockeyteams unserer Universität und war entsprechend gut gebaut, aber davon ließ ich mich nicht einschüchtern.
"Dann lass dir das eine Lehre sein und denk das nächste Mal an deinen Kram.", Ich schüttelte den Kopf und ließ ihn stehen.
Meine Schicht fing in einer halben Stunde an und ich musste mich beeilen, damit ich pünktlich im Laden war. Ich half zwar nur in einem kleinen Shop aus, aber die Bezahlung war so, dass ich mir meine winzige Einzimmerwohnung und meine Studiengebühren leisten konnte.
Über die ganzen Umkosten konnte man dann immernoch reden. Letzten Monat hatte ich eine Woche lang keine Heizung, weil ich die Nebenkosten nicht vollständig bezahlen konnte. Und im Winter, konnte das in Alaska schon sehr unangenehm werden.
Ich verließ das gläserne Treppenhaus und trat auf den Universitätshof. Das Gelände war weitlaufend und der Campus ragte majestätisch aus der einsamen Natur heraus.
Ein paar Meilen weiter war ein kleines Dorf, in der sich mitunter meine Wohnung und meine Arbeitsstelle befanden. Ich warf einen Blick auf ein paar einzelne Schülertrauben und ging dann in Richtung Stadt.
Auf dem Weg kramte ich meine Kopfhörer aus der Hosentasche und schloss sie an meinen MP3 Player an. Uralt das Teil, es gehörte meiner Mutter, bevor sie... Nun ja. Ich presste die Lippen zusammen, als ich wieder an den Autounfall dachte und strich mit dem Daumen über das vertraute Gehäuse des kleinen Gerätes, bevor ich es in der Tasche verschwinden ließ. Es war schon lange her und seitdem ist mein Leben ein einziger Haufen Scheiße gewesen. Meine ältere Schwester Etenja war zum Zeitpunkt des Unfalls 12 Jahre alt gewesen. Sechs Jahre später war sie nach Frankreich ausgewandert, ohne einen Blick zurück zu werfen und ich konnte es ihr nicht verübeln. Unser Vater war seit Mutters Tod dem Alkoholismus verfallen. Er hatte vor einigen Jahren zwei Schlaganfälle und saß im Rollstuhl. Pflegepersonal konnte ich mir nicht leisten, deshalb musste ich jeden Tag nach der Universität und der Arbeit noch für ein paar Stunden dort vorbei, bevor ich mich dann meinen Hausaufgaben widmen konnte.
Seufzend schaltete ich durch die Lieder, die ich schon in und auswendig kannte, um bei Tears in Heaven stehen zu bleiben. Ich hasste dieses Lied, aber ich hörte es mir trotzdem sehr oft an. Einfach, weil ich jedes Mal ihre Silhouette vor Augen hatte, wie sie langsam mit meinem Vater im Wohnzimmer vor dem Kamin getanzt hatte, während Etenja und ich uns Literweise heiße Schokolade reingeschifft haben. Diese Erinnerung schmerzte, weil sie so surreal und so schön war.
Ich hob den Blick und betrachtete im Gehen die karge, braune Landschaft. Nicht mehr lange, dann würde Schnee fallen. Ich musste diesen Monat unbedingt meine Heizkosten bezahlen.
Dieser Gedanke holte mich zurück auf den Boden der Tatsachen und ließ mich automatisch einen Schritt schneller gehen.
Ich durfte nicht schon wieder zu spät kommen, weil ich mich unterwegs in Gedanken verlor.
Ich erreichte leicht keuchend den kleinen Ort. Mir standen die Schweißperlen auf der Stirn, als ich die Tür zu dem Geschäft aufstieß, den Blick auf die Ladenuhr gerichtet.
Fünf Minuten zu spät.
Ich seufzte frustriert und sah zur Kasse, an der ich normalerweise immer stand. Doch jetzt blickte ich in das Gesicht von Ken, dem Neffen der Geschäftsleitung. Ich starrte ihn kurz perplex an und öffnete den Mund um nach Anuk zu rufen. Sie war eine kleine indianische Frau, mit breiter, platter Nase und glitzernden dunklen Augen. Sie war in der Regel ziemlich nett, auch wenn sie einem zu spüren gab, dass man nur Gast in ihrem Etablissement war, auch als Angestellter. Man gehörte einfach nicht zum Familienbetrieb dazu, aber das wollte ich auch gar nicht. Grade wollte ich nur wissen, warum jemand meinen Platz hinter der Kasse eingenommen hatte und mich mit einem privilegierten Grinsen begrüßte.
"Anuk?", Rief ich schließlich und spähte in den übersichtlichen Laden hinein. Auf meinen Ausruf hin, kam sie aus dem Hinterzimmer gewatschelt und ihr Gesicht nahm einen entschuldigenden Ausdruck an. Ich wusste schon was jetzt kommen würde und schloss kurz die Augen.
"Ares, du bist schon wieder zu spät gewesen. Ich habe meinen Neffen gebeten solange auszuhelfen."
"Hier bin ich, dann kann ich ja jetzt..."
"Weißt du, du warst nicht zum ersten Mal zu spät."
"Der Fußweg von der Universität dauert leider eine ganze Weile.", Entschuldigte ich mich mit flehentlichem Blick. Sie durfte mich nicht rausschmeißen, es gab hier nicht viele Läden, bei denen ich aushelfen konnte.
"Hör zu, ich kann nicht immer warten, bis du hier ankommst. Mein Neffe wird das ab jetzt machen."
"Sie schmeißen mich also raus?", Fragte ich und sämtliche Wärme und Emotion verschwand aus meiner Stimme, während ich sie wie betäubt ansah. Sie nickte und begann sich zu entschuldigen, doch meine Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem beansprucht.
Zwischen den schmalen Gängen aus Metallregalen standen ein paar Leute und lachten sich den Arsch ab. Unbefangen ließ ich Anuk stehen und ging in die Richtung aus der die Geräusche kamen. Als ich dann in den Gang reinsah, änderte sich meine Stimmung erneut. Diesmal von emotionslos zu angepisst.
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Hallo liebe Wesen,
Erstmal danke an alle, die bis hierher gelesen haben! Ich hoffe ich konnte euer Interesse ein bisschen wecken und auch bis Kapitelende aufrecht erhalten..
To be honest: Es ist die erste Romanze, an die ich mich ranwage, also seid bitte nicht grob mit Kritik, sondern konstruktiv. :3
Ich hoffe man liest sich im nächsten Kapitel wieder, viel Spaß noch und eine schöne Woche!
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