Teil 38

Braungebrannt und glückstrahlend kamen sie zu Hause bei ihm an.
„Na! Der Urlaub scheint ja ein riesiger Reinfall gewesen zu sein!" zog Thomas seinen Bruder auf.
„Klar! Und wie! Mit so einer langweiligen Braut! Das soll dann auch noch Spaß machen!" Er zog Anna in seine Arme. Mindestens seit einer halben Stunde hatte er keinen Kuss mehr bekommen.

Bei Kaffee und natürlich selbstgebackenem Kuchen erzählte Johannes von seinen Plänen. Die Familie sah zuerst etwas enttäuscht drein, doch dann verstanden alle, dass die beiden ihr Leben so leben mussten, wie sie es wollten. Andere Söhne gingen ins Ausland oder zogen ans andere Ende Deutschlands. Und ihr Jüngster und sein Sonnenschein Anna waren ja nur 15 Minuten mit dem Auto entfernt.

Später stießen noch Lukas und Mona dazu. Auch sie lästerten natürlich darüber, wie unerholt und unglücklich die Heimkehrer aussahen. „O Gott! Jetzt werden sie noch mehr zusammen pappen!" maulte Lukas.

Dann sprach Johannes das Thema Häuschen an. Lukas und Mona waren überglücklich über das Angebot. „Wir suchen schon zusammen was Größeres!" meinte sie. In Lukas' Junggesellen-Wohnung würde es auf Dauer etwas eng werden. „Aber es ist schwer, was Schönes zu finden."
„Aber die Küche nehme ich mit!" erklärte Johannes. „Oder, Süße?"
„Natürlich!" freute sie sich. „Sie passt ja bestimmt gut rein!" Sie war schon immer eine eher leidenschaftslose Köchin gewesen, ihre Küche war gerade mal zweckmäßig.

Ihre anderen Möbel waren denen von Johannes vom Stil her ähnlich, da hatte sie sich auch gegenüber Christian durchgesetzt, der mehr auf rustikale Holzschränke und dicke Ledersessel gestanden wäre.
„Das Bett könnten wir auch austauschen!" schlug sie vor. Seines war deutlich breiter und bequemer.
„Unbedingt!" erklärte er lächelnd.

„Also, nach den Meisterprüfungen nehmen wir den Umzug in Angriff!" beschloss Johannes. „Dann habe ich bis Oktober frei. Die Süße muss zwar arbeiten, aber das schafft mein taffes Mädel schon!"
Sie grinste ihn an. „Ich zieh dann so lange zu meiner Schwester!"
„Dir geb ich!" wehrte er ab. „Einen schwer arbeitenden Mann einsam in einer fremden Wohnung zurücklassen."

Plötzlich sprang Inga auf, raste ins Bad.
Johannes sah ihr verwundert nach. „Habt ihr euch vergiftet, weil ich nicht auf eure Mahlzeiten geachtet habe?" fragte er.
„Nein, keine Angst!" erklärte Thomas und grinste von einem Ohr zum anderen.
Da fiel der Groschen. „Nein? Oder? Ich werde Onkel?" schrie Johannes.

„Gut! Jetzt weiß es der ganze Ort!" Thomas lachte laut. „Ja, in sechs Monaten. Und du wirst hoffentlich Taufpate, wenn es ein Junge wird, oder du, Anna, wenn es ein Mädchen wird."
„Wow! Natürlich!" sagten beide gleichzeitig.
Inga kam zurück, war etwas blass um die Nase, aber ihre Augen strahlten, als sie die Glückwünsche entgegen nahm.

Sie erzählte, dass sie schon Ersatz für sie gefunden hatten, weil die Arbeit auf den Baustellen nichts für eine werdende Mutter war.
„Gott sei Dank einen Mann!" Thomas riskierte für diese Aussage einen kräftigen Knuff, der aber ausblieb.
„Ist mir schon auch lieber!" meinte Inga lächelnd.

Dann halfen alle zusammen, das Wohnmobil auszuräumen. Johannes und Anna erzählten dabei von ihren Erlebnissen, es wurde viel gestaunt und gelacht.
„Ihr könnt das Ding ruhig auch mal nehmen!" meinte Johannes zu seinem Freund und zu seinem Bruder.
„Echt jetzt? Das würdest du machen?" fragte Mona verwundert. Sie beide hatten sich schon überlegt, sich auch einen Caravan zuzulegen. Aber so wäre es natürlich ideal.
„Klar! Ihr schon! Also, nicht alle Kumpel, aber euch kann ich schon vertrauen."

Am nächsten Morgen ging Johannes beschwingt zu seinem letzten Meisterkurs. Er hatte den Job sehr gemocht, aber er begann auch gerne etwas ganz Neues.
Sein Chef eröffnete ihm, dass er schon einen Nachfolger gefunden hatte. Einer der Jungs, die Johannes ausgebildet hatte, den er auch zu einem Studium hatte überreden können. „Adrian! Ja, das ist ja ein Ding!" freute er sich.

Anna fuhr ihn die letzten zwei Ferienwochen zur Arbeit oder er nahm das Rad. Sie schaute in ihrer Wohnung vorbei, machte die Wäsche, besuchte Eltern und Schwester, tratschte ein wenig mit Silke.

Dann waren alle Prüfungen abgelegt, mit einem Superergebnis natürlich, was wieder eine dicke Prämie für Johannes einbrachte. Bei einer kleinen Abschiedsfeier für ihn überreichte der Chef ihm noch einen weiteren großzügigen Scheck. „Als Ausgleichszahlung, der Staat ist ja nicht so großzügig wie wir."
Adrian freute sich über die große Chance, die sich ihm bot. Er baute gerade ein Haus für seine Freundin und sich, Kinder waren geplant.

Die angehenden Meister , drei davon fingen in Thomas' Firma an, die nur so boomte, der Rest hatte auch schon feste Stellen in Aussicht, bedankten sich für Johannes' Einsatz. Sie wussten genau, dass sie ihren Erfolg vor allem dem jungen Mann zu verdanken hatten, mit seinem unglaublichen Fachwissen und seinem Geschick, das auch an den Mann zu bringen. Sie wussten, dass die Studenten diese Gabe ebenso zu schätzen wissen würden, dass Johannes Vanmeeren seinen Weg gehen würde.

In der Woche danach rekrutierte er einige Mitarbeiter der Firma und seine Kumpels zum Ab- und Umbau der Küchen. Ben und Oli waren auch gekommen, erwiesen sich aber als Paar mit vier linken Händen. Sie wurden deshalb zur Versorgung mit Essen und Trinken vergattert. Sie bauten im kleinen Garten eine Art von Büffet auf, wer gerade Zeit hatte, konnte sich bedienen.
Anfangs wurden die schwulen Jungs von den Helfern etwas skeptisch beäugt, bald gewannen sie aber mit ihrer offenen und humorvollen Art das eine oder andere Herz.

Am Abend stand die Luxusküche in Annas Wohnung, ihre in seinem Häuschen.
Bei Anna hatte das neue Schuljahr begonnen. Ihr Stundenplan war nicht schlecht, aber es gab keinen freien Tag. Dafür aber auch nur einen Nachmittag.
Johannes redete ihr zu, einen Teilzeitantrag zu stellen. Da es gerade mal genug Lehrer gab, hatte sie gute Chancen, dass er bewilligt wurde.

Er nutzte die Vormittage, um seine Sachen zur ihr zu schaffen. Sie hatte Platz im Ankleidezimmer gemacht, hatte sich von vielen der Uraltklamotten getrennt. Seine Computeranlage baute er neben ihrer im Arbeitszimmer auf, die meisten seiner Bücher konnte er in die Regale stellen, den Rest lagerte er bei seinen Eltern ein.

Die Haushaltsgegenstände tauschte er aus, seine waren hochwertiger, ebenso wie das Geschirr.
Ihr Bett holten Studenten aus einer WG in der Nähe, die Wind von dem Umzug bekommen hatten, und auch noch das eine oder andere Teil abstauben konnten.
Nach zehn Tagen übergab er Lukas den Schlüssel für sein Häuschen, nahm nur mit ganz wenig Wehmut Abschied. Ein neuer Lebensabschnitt begann.
Das gemeinsame Leben mit Anna begann ganz und gar.
Mehr hatte er ja nie gewollt.

Bei der Einweihungsfeier der gemeinsamen Räume sprach Mona Johannes auf die Miete fürs Häuschen an. „Wir können dir durchaus etwas bezahlen!" meinte sie. „Ich verdiene ja nicht schlecht. Also, mir ist das etwas unangenehm."
Anna hörte ihre Worte. „Dann spende halt das, was du als angemessen siehst, für die Obdachlosenhilfe!" schlug sie vor.

Johannes lächelte. In ihren Geschichten steckte wirklich viel von der echten Anna. „Das ist doch ein fantastischer Vorschlag!" stimmte er seiner Süßen zu.
Mona grinste ihn an. Sie hatte die Bücher Annas auch gelesen, schon aus beruflichem Interesse. Lukas hatte sie ihr eines Tages aus der Stadt mitgebracht. Er war schon ein echter Schatz! Noch nie hatte sie eine solch erfüllende Beziehung gehabt.

Sie redeten halbe Nächte durch, er genoss es, von seinem Beruf zu erzählen, die dunklen Seiten mit jemandem teilen zu können. Er wusste, dass er ihr hundertprozentig vertrauen konnte. Ihr Sexualleben war besser denn je, es hatte schon durchaus Vorteile, sich einen jungen Lover zu suchen. Doch beide wussten, dass es weit mehr als das war zwischen ihnen. Mona konnte mit Spießern, und das waren Männer in ihrem Alter oder älter meistens, nichts anfangen. Sie lebte unkonventionell, brauchte einen Typen, der das akzeptieren konnte. Ihre Arbeit forderte sie oft sehr, es gab Tage, an denen sie nicht aus dem Arbeitszimmer auftauchte.

Lukas konnte das absolut nachvollziehen, sein Job ließ auch selten regelmäßige Arbeitszeiten zu.
Die jungen Mädchen hatten dafür einfach kein Verständnis, wenn er ein paarmal ein festes Date absagen musste.

Aber zwischen ihnen beiden war alles vollkommen klar. Keiner machte dem anderen je Vorwürfe.
Manchmal, wenn er einige Tage und Nächte nicht nach Hause kommen konnte, brachte sie Essen, das sie geholt, hatte ins Revier. Alle Kollegen liebten sie dafür.

Das Alter war für ihn weder ein Thema noch ein Problem, war es bei Frauen noch nie gewesen.
Oder doch, aber anders herum. Noch nie hatte er mit dem jungen Gemüse so recht etwas anfangen können. Er war kein Fan von Social Media - schon von Berufs wegen, eben so wenig wie von Dokusoaps oder Gameshows.

Eine gute Unterhaltung war ihm da weitaus lieber.
Die einzige jüngere Frau, die ihm hätte gefährlich werden können, war Anna gewesen. Doch zum Glück hatte er noch rechtzeitig Mona kennengelernt, bevor das zu einem Problem geworden war. Dass die Freundin seines besten Freundes und seine eigene sich nach ein paar Anfangsschwierigkeiten so gut verstanden, war ein absoluter Glücksfall.

Er stand neben Johannes und beobachtete mit ihm gemeinsam die beiden Frauen, die wie so oft die Köpfe zusammensteckten, tuschelten und immer wieder laut lachten.
„Bin ich froh, dass die beiden sich mögen!" stieß Lukas hervor.
„Und ich erst!" stimmte Johannes zu. Schließlich war es ja der nicht statt gefundene, aber durchaus versuchte One Night Stand, der am Anfang für eine gewisse Zickerei von Anna gegenüber Mona gesorgt hatte.

Lukas grinste ihn an. „Das Schicksal geht oft schon seltsame Wege, oder? Da musst du Stress mit Anna bekommen und abhauen, damit ich meine Traumfrau kennen lerne."
Jo klopfte ihm auf die Schulter. „Und das ist verdammt gut! Weniger gut wäre es gewesen, wenn Anna deine Traumfrau geblieben wäre!" Er blinzelte dem Kumpel zu.

Lukas wurde ein wenig rot. „Du hast es gemerkt?"
„Wer dich so gut kennt wie ich, konnte das ja gar nicht übersehen!" antwortete Johannes. „Auch wenn du es ziemlich gut verborgen hast."
„Aber du weißt schon .....?" begann Lukas.
„Halt bloß die Klappe!" unterbrach Jo ihn. „Das hatte ich nie auch nur im geringsten in Erwägung gezogen."

Anna und Mona kamen zu ihren Traummännern zurück. Sie konnten sich wirklich verdammt gut leiden.
„Erzähl es ihnen mal!" forderte Anna die Freundin auf.
Mona lächelte die Männer an. Zwei Prachtexemplare hatte sie beide da ergattert.
„Also!" begann sie. „Mein Hauptsender interessiert sich für Annas Geschichten. Ich habe nur so zum Spaß den Plot eines Drehbuches geschrieben, und sie sind hellauf begeistert. Aber sie zickt noch ein wenig, weil es ja eure Geschichte ist, also zumindest der letzte Teil. Und das wäre ja so fucking spannend für eine Miniserie! Zuerst die vier Variationen, und dann die Wahrheit. Ich sehe die Filme genau vor mir. Sogar die Besetzung steht in meinem Kopf schon." Sie hatte sich total in einen Begeisterungssturm geredet.

Lukas drückte sie eng an sich, küsste sie zärtlich. Er liebte es, wenn sie so für etwas brannte. Vor allem für ihn. Aber da konnte er sich ja wirklich nicht beklagen.

Johannes lachte Tränen. Wenn zwei Frauen und sein bester Freund sich einig zu sein schienen, was für Argumente hätte er da noch haben sollen?
Gottergeben antwortete er: „Na! Dann verfilmt halt meine Story auch noch! Ist auch schon egal!Aber den Hauptdarsteller suche ich aus!"
„Schweighöfer! Unbedingt der Matthias! Ein anderer kommt nicht in Frage!" bestimmte Mona.
Er hob die Hände. „Okay! Damit kann ich leben!"
Er dachte kurz nach. „Und Anna?"

„Da muss ich noch recherchieren. Mir schwebt ja vor, dass in den erdachten Geschichten immer dieselbe Hauptdarstellerin spielt, nur die Männer wechseln." erklärte Mona.
Anna erschrak. „Nein, das möchte ich nicht. Das sieht ja dann wirklich so aus, als wäre Johannes meine fünfte Wahl. Die Frauen sollen schon so unterschiedlich sein, wie ich sie beschrieben habe."

Mona sah sie ernst an. Die Freundin hatte recht! Das waren vier Frauen, die Anna sich ausgedacht hatte, das war nicht jedes Mal sie selbst gewesen. Nur beim letzten Teil, bei der Wahrheit, war es Anna gewesen. Anna und Johannes.
„Gut, dass wir darüber gesprochen haben!" Mona drückte die Freundin an sich. „Genauso machen wir das. Vier verschiedene Frauen, vier verschiedene Männer. Und beim fünften Teil dann ihr beide!" Sie klatschte in die Hände. „Super, Mädchen! Lass die Schule Schule sein, und arbeite mit mir zusammen."


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top