Teil 3
Annas neues Leben
An diesem Abend war sie besonders euphorisch.
Als sie es sich gerade mit einem Teller voller Leckereien vor dem Fernseher bequem gemacht hatte, hörte sie einen Schlüssel an der Haustür.
Kurz darauf stand Christian in ihrem Zimmer.
Sie schrak hoch.
Verdammt!
Sie musste ihm den Schlüssel abnehmen.
„Hallo, Anna!" sagte er und lächelte sie an. Wie selbstverständlich setzte er sich in einen Sessel.
„Gut! Du hast wieder Appetit. Hast eh so viel abgenommen." sagte er freundlich.
Sie starrte ihn fassungslos an. Was sollte das jetzt? Kam jetzt wieder das Zuckerbrot, bevor die Peitsche auf sie niederknallte?
Wie so oft in den letzten Monaten?
„Ich habe die Scheidung eingereicht!" antwortete sie, bevor er sie wieder einlullte.
Er schoss hoch. „Du hast was?" rief er.
„Die Scheidung eingereicht! Es wird schnell gehen, hat der Anwalt gesagt. Wir sind ja schon über ein Jahr getrennt vom Bett, vom Tisch seit einem halben!" versuchte sie zu scherzen.
„Hast du einen Neuen?" fuhr er sie an.
„Nein, danke! Kein Bedarf!" knallte sie ihm hin.
Er wischte sich über sein Gesicht. „Aber wir hatten ausgemacht, dass wir nichts überstürzen. Dass du mir Zeit gibst. Zeit, um Klarheit zu finden."
„Ausgemacht? Das hattest du so bestimmt. Und außerdem hattest du fast ein Jahr Zeit, um Klarheit zu finden, um sie zu ficken, um mit ihr zu verreisen, um sie deinen Freunden als meine Nachfolgerin anzudienen, um sie unseren gemeinsamen Nichten und Neffen als neue Tante vorzustellen, um sie deinen Eltern als neue Schwiegertochter zu präsentieren, um dich ihren Eltern als neuer Schwiegersohn anzubieten, was die freudig angenommen haben, wie man so hört."
So hatte sie noch nie mit ihm gesprochen. Meistens waren es sehr tränenreiche Treffen gewesen, sie hatte ihn eigentlich immer noch zurückgewollt.
Aber sie war eine andere geworden, war endlich erwachsen geworden, und sie hatte nicht die geringste Lust, wieder in diese Abhängigkeit von dem ersten Mann in ihrem Leben zu geraten.
Christian sah sie traurig an, und beinahe wäre sie wieder auf diese Büßermiene hereingefallen.
„Das war's jetzt? 13 gemeinsame Jahre und dann die Scheidung?"
Da wurde sie wirklich wütend, aber so was von!
Hatte er jetzt wirklich die Frechheit, ihr irgendeine Schuld am Scheitern ihrer Ehe zu geben?
„Morgen pack ich deine Sachen ein, die du ja nicht abholen konntest oder wolltest in all der Zeit. Dann will ich dich bis zum Gerichtstermin nicht mehr sehen. Und ich bitte dich von Herzen, Christian: Hör mit diesem Gesülze auf! Du hast mir ein Jahr lang tausend Mal mein Herz gebrochen, irgendwann einmal muss es gut sein."
Erst sah er sie verdutzt an, dann musste er plötzlich lachen. „Deine freche Klappe hast du ja schon wiedergefunden!" meinte er.
Er hielt ihr eine Hand hin. „Freunde?"
„Eher nicht, solange du mit ihr zusammen bist!" antwortete sie.
Er nickte.
Sie hatte ja recht.
Er hatte sie nicht gerade gut behandelt in den letzten Monaten.
Aber er war wirklich immer noch zerrissen zwischen den Gefühlen für die erste Liebe seines Lebens und der zweiten.
Er wollte Anna nicht verlieren, hatte das nie gewollt.
Aber er wollte auch Petra.
Nun hatte also Anna Tatsachen geschaffen, und er war ihr fast dankbar dafür.
Sie mussten beide neu anfangen.
Anna atmete tief durch, als die Türe sich hinter ihm geschlossen hatte.
Der Schlüssel lag auf dem Tisch.
Er hatte versprochen, seine restlichen Sachen nächste Woche abzuholen.
Das war's dann mit dieser Ehe, die von Anfang an ein Fehler gewesen war.
Sie waren einfach zu jung gewesen, sie hätten Freunde werden sollen.
Doch keiner von ihnen hatte das ausgesprochen, was sie wohl beide gefühlt hatten.
In der letzten Ferienwoche ließ sie sich breitschlagen, sich mit ihrer Schwester und deren Mann in einem Biergarten zu treffen.
„Gerd und Christa kommen auch!" verkündete Maria.
„O Gott! Aber kein neuer Kuppelmann!" stöhnte Anna.
Die Schwester stockte. „Nein! Versprochen!"
Max sagte etwas im Hintergrund.
„Was meint er?" fragte Anna.
„Ah! Okay! Kein neuer!" Ihre Schwester zögerte etwas bei dieser Antwort..
In Annas Kopf gingen die Alarmsirenen los. „Aber ein alter? Doch nicht noch einmal dieser Hans? Der leidenschaftliche Tennisspieler und Skifahrer, der nicht verstehen kann, dass ein Mann eine Frau mit einer solchen Figur verlassen hat?"
Maria lachte. „Okay! Er hatte wohl einen schlechten Start bei dir! Aber Gerd meint, du solltest ihm noch eine Chance geben. Er soll wirklich ein netter Kerl sei.!"
Anna verdrehte die Augen zum Himmel.
Diese Memme!
Der Typ, der sie den ganzen Abend lang angeschmachtet hatte!
Der von allen Worten, die es auf der Welt gab, genau die falschesten gefunden hatte.
Der zwei Tage nach dem Ball angerufen hatte, was zu einer dummen Situation geführt hatte, weil er blöder Weise auch Hans hieß.
Sie hatte gedacht, es wäre Hans Nummer 1, war begeistert über den Anruf gewesen, hatte dann gemerkt, dass es die Nummer 2 war und ihn eiskalt abserviert.
Und der wollte sie jetzt tatsächlich noch einmal treffen?
Der Kerl war hart im Nehmen.
Oder noch blöder, als sie ihn eingeschätzt hatte.
Gut!
Dann würde er sich eben Abfuhr Nummer drei holen, wenn er das so haben wollte.
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