Teil 22
Als er die Nachricht auf seinem Handy las, raste sein Herz los. Sollte es möglich sein, dass sie ihm einen Schritt entgegenkam?
Dass sie endlich verstanden hatte, wie unwichtig Geld war, wenn man sich liebte?
Dass er nie etwas tun würde, was ihren Stolz verletzte?
Dass er sie einfach nur auf Händen tragen wollte, wie das ein Mann eben tat, wenn er eine Frau liebte?
Aber sie kannte das ja nicht!
Sie war zu lange mit einem Vertreter seines Geschlechtes zusammen gewesen, der alles andere getan hatte, als ihr die Welt zu Füßen zu legen.
Es ist schön, dass auch Lehrerinnen hin und wieder etwas lernen können! schrieb er zurück und wusste, dass sie verstehen würde.
Aber nur, wenn es ihnen ein Meister erklärt! antwortet sie, und er war sicher, dass sie verstanden hatte.
Er liebte dieses Mädchen wie verrückt. Sie war die Liebe seines Lebens, seine andere Hälfte, seine beste Freundin, sein Lebensmittelpunkt, sein Leben.
Mit Weniger solltest du dich auch nicht mehr zufrieden geben als mit dem Meister! textete er.
Meister in vielen Dingen! kam schnell zurück.
Okay! Hatte sie es wieder geschafft! Würde er den Tag eben wieder mit einem Ständer rumkriegen müssen. Das Biest!
Danke! Die Jeans spannt wieder gewaltig! Aber jetzt bitte keine Andeutungen mehr! bat er.
Andeutungen? Ich? Was du mir wieder unterstellst! Sie liebte diese anzüglichen Chats!
„Herr Vandermeer?" riss ihn die Stimme eines seiner Meisterschüler aus seinen Träumen.
„Ja?" antwortete er geistesabwesend und tippte: Meine Unterstellungen entsprechen nur der Wahrheit! Du willst mich anmachen! Und ich habe 15 junge Männer vor mir, die grinsen!
Okay! Ich will dich anmachen! Aber jetzt geb ich Ruhe!
Danke!
Bitte!
Endlich konnte er sich auf die Frage konzentrieren, die ihm gestellt worden war, und er konnte sie sogar beantworten.
Hu! Die Süße machte ihn fertig.
Nach dem Unterricht bedankte er sich bei seinem Vertreter. „Ich bin dir echt was schuldig!" versicherte er.
Karl, der 15 Jahre älter als er war, aber nicht die geringsten Probleme damit hatte, dass Johannes sein Vorgesetzter war, lachte. „Gegen die Frauen müssen wir Männer doch zusammenhalten. Was war denn los? Bist du fremdgegangen? Hast den Jahrestag vergessen? Ein falsche Antwort auf die Frage gegeben, ob du sie zu dick findest?"
Johannes lachte. Nein! Diese Probleme hatte er mit seiner Süßen nicht. Würde er auch nie haben!
Kurz gab er eine Erklärung ab. Karl lächelte. Ja! So hatte er die Kleine schon eingeschätzt. Ein stolzes Mädel.
Johannes fuhr nach Hause, versuchte, sich irgendwie zu beschäftigen. Ein Abend ohne sie war zum Glück die Ausnahme.
Wie lange so ein Elternabend wohl dauerte?
Doch nicht länger als acht Uhr oder neun?
Die mussten sich ja um die Kinder kümmern.
Selbst wenn es zehn Uhr wurde, konnte er sie doch noch in die Arme nehmen, ein wenig kuscheln, sie in den Schlaf streicheln.
Das machten sie manches Mal, wenn sie einen anstrengenden Tag gehabt hatte.
Das war schön. So schön wie Sex.
Es war so viel Vertrautheit dabei, wenn er sie nur in den Armen hielt.
Ob er anrufen konnte?
Ob er einfach vorbeikommen konnte?
Aber vielleicht gingen sie alle noch auf eine Pizza?
Vielleicht machte sich einer der Väter Hoffnungen auf sie?
Er war nicht der eifersüchtige Typ, weil er sicher war, dass sie ihn nie betrügen würde.
Aber manchmal nervten die Blicke der anderen Männer auf sie schon.
Er sah auf die Uhr. Erst sieben!
Wenn sie nach Hause kam, musste sie doch etwas essen.
Aber ihr Kühlschrank war voll!
Dafür sorgte er schon immer.
Er tigerte auf und ab.
Mensch, Anna!
Ich will dich sehen!
Und wenn es nur fünf Minuten sind!
Er schnappte sich seine Autoschlüssel und fuhr in die Stadt.
Wenn sie sauer sein würde, fuhr er eben wieder nach Hause.
Aber sie war nie sauer!
Um neun Uhr kam er in ihrem Hof an. Der rote Flitzer war schon da, sie also auch.
Anna hatte die Elterngespräche schnell durchgezogen. Es gab keine Kritikpunkte, was sie immer sehr beruhigte. Sie hatte eine sehr gute Klasse übernommen, kam mit den Kindern im Stoff schnell voran.
Der Elternsprecher, ein alleinerziehender, sehr engagierter Vater, lobte sie sehr. „Wir sind alle froh, dass unsere Kinder bei Ihnen in der Klasse sind, Frau Falkenberg. Wir werden auch von den anderen Eltern sehr beneidet." Er lächelte sie freundlich an. „Auch wenn Sie die Jüngste an der Schule sind, scheinen Sie doch die Beste zu sein."
Die anderen trommelten auf die Bänke. „Eine Frage hätte ich noch: Haben Sie vor, ins Schullandheim zu fahren? Ich würde mich auch als Begleitperson anbieten." Einige Väter lachten leise. Das konnten sie sich schon vorstellen.
Anna blieb ganz ruhig. „Danke, Herr Schuster, für das Angebot, aber als Frau brauche ich keine männliche Begleitperson." Weder im Schullandheim noch im Privatleben! hätte sie gerne hinzugefügt, schluckte es aber gerade noch hinunter. „Und ja. Ich habe die Woche vor den Pfingstferien eingetragen."
Der Vater nahm ihr die Abfuhr nicht krumm, man konnte es ja versuchen. Sie war schon etwas für Männeraugen.
Sie besprachen noch ein paar Einzelheiten für die Woche, auch wenn noch genügend Zeit war.
Um halb Neun war alles erledigt, sie ging zu ihrem „Leihwagen".
„Hast du wieder ein Auto?" fragte Ulla überrascht.
„Johannes hat mir das seiner Mutter aufgedrängt!" berichtete sie. „Er sorgt sich, wenn ich im Winter mit dem Rad fahre."
„Sehr vernünftig!" lobte Ulla, die Annas Freund sehr gut leiden konnte.
Zu Hause wurde ihr wieder einmal bewusst, wie leer die Wohnung ohne ihn war. Kein Lachen war zu hören, es duftete nicht nach Essen, das er gekocht hatte, - von den fehlenden Küssen ganz zu schweigen!
Warum hatte sie ihm eigentlich abgesagt für heute? Sie war doch keine alte Frau, die nach einem Elternabend zusammenbrach, oder?
Gut, manchmal tat es ganz gut, ein wenig Zeit für sich zu haben, aber eigentlich immer seltener. Sie merkte schon, dass er bedacht darauf war, ihr ihre Freiheit zu lassen, aber sie brauchte diese Freiheit immer weniger, konnte sie eigentlich gar nicht mehr leiden, diese Zeit ohne ihn.
Ob sie ihn anrufen konnte?
Oder sah das zu sehr nach Kontrolle aus?
Vielleicht traf er sich ja wieder einmal alleine mit seinen Kumpeln, dazu war er schon lange nicht mehr gekommen. Immer wollte er, dass sie mitkam. Und die Jungs schienen sich auch nicht daran zu stören.
Hin und wieder hatte auch einer von ihnen ein Mädchen dabei.
Sie schaltete das Handy ein. Vielleicht hatte er ihr ja getextet, dann könnte sie darauf antworten. So ein heißer Chat wäre wenigstens etwas, das sie sich ihm nahe spüren ließ.
Aber nichts war eingegangen, kein einziges Wort!
Dann rufe ich dich eben an, du Faulpelz! dachte sie und drückte schon auf den grünen Knopf bei seinem Kontakt.
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