Kapitel 85
Als sie ins Krankenhaus kamen, waren sie überrascht, wie gelassen Simon und Mona waren. Die beiden schienen keine Angst zu haben vor dem, was ihnen bevorstand.
Hannes drückte Mona die Schatulle in die Hand, erklärte ihr und seinem besten Freund, was es mit dem Stein auf sich hatte.
Beide verstanden zum Glück, was er ihnen damit mitteilen wollte.
Mona legte sich die Kette um. „Na! Dann kann ja nichts mehr schief gehen, oder? Wenn ein Engel über mich wacht!"
Sie räumten zusammen die Sachen, die Hannes und Britta mitgebracht hatten, in die Schränke, als hätten sie gerade eine Hotelsuite bezogen.
Die Kosmetikartikel bauten sie in dem winzig kleinen Bad auf.
Simon erinnerte sich, wie wunderbar das Gefühl gewesen war, als sie zu ihm ins Loft gezogen war, nach so kurzer Zeit, als sie ihre Sachen neben seinen in dem Luxusbad deponiert hatte.
So viele Jahre waren vergangen, die Zeit war nur so gerast.
Aber er schien keinen Moment ihres Zusammenlebens je vergessen zu haben.
Zu viert gingen sie noch in die Cafeteria, tranken etwas, das dort Kaffee genannt wurde.
Mona bat Britta, die Kinder und Enkel zu beruhigen, aber auch von ständigen Besuchen abzuhalten.
„Ich habe Simon bei mir, ihr beide könnt jeder Zeit kommen, um ihn ein wenig zu entlasten, aber alles andere wird mir wohl zu viel werden." Sie war sich des Ernstes ihrer Situation durchaus bewusst, auch wenn sie die Coole spielte. Simon drückte ihre Hand, sie wusste, er hatte verstanden und war ihrer Meinung.
Als später auf der Station alles ruhig war, legte sich Simon neben sie, hielt sie fest im Arm.
„Liebe mich, Mann meines Lebens. Bitte! Wer weiß, für wie lange es das letzte Mal sein wird!" bat sie.
Er lächelte seine heiße Biene an, die sie noch immer für ihn war. „Lieben kann ich dich sicher jeden Tag!" flüsterte er in ihr Ohr und ließ seine Zunge wie zufällig kreisen. „Aber ficken vielleicht nicht."
Sie stöhnte auf, bog sich ihm entgegen. Es machte sie noch immer total an, wenn er so redete mit ihr.
Die Nachtschwester glaubte nicht richtig zu hören, als sie lautes Stöhnen aus dem Zimmer 209 vernahm.
Da schau her! Von den Oldies konnte man ja direkt noch etwas lernen! dachte sie. Sie erzählte niemandem davon, bewahrte das Geheimnis dieser unglaublichen Liebe, die schon so viele Jahre anhielt, tief in sich.
Als sie später nach der Patientin sah, lagen die beiden engumschlungen in dem Bett, das für ihn bereit gemacht worden war, lächelten selig im Schlaf.
Gott segne euch! dachte die Krankenschwester. Ihr habt einen schweren Weg vor euch. Dabei hatten die beiden und die ganze Familie mit dem Freundeskreis so viel Gutes getan.
Auch eine ihrer Schwestern hatte eine Wohnung in einem der Mia-Maybach-Häusern bekommen, nachdem sie mit den drei Kindern vor dem gewalttätigen Ehemann geflüchtet war. Ein Florian Berg hatte den Schwager dann zu einer Anti-Gewalt-Therapie überredet, die supergut angeschlagen hatte.
Mittlerweile lebte die Familie wieder zusammen, die zwei Neffen und die Nichte konnten mit Vater und Mutter in einem guten Umfeld aufwachsen.
Zur Sicherheit lief sie schnell noch in die Krankenhauskapelle, zündete zwei Kerzen für das Ehepaar an, bat Gott um seinen Beistand.
Der schwere Weg, den die Schwester vorausgesehen hatte, begann am nächsten Morgen. Mona wurde in einen kleinen OP gebracht, Simon bestand darauf mitzukommen, auch wenn er ziemlich sicher war, dass er wie beim Kaiserschnitt vor vielen Jahren innerhalb von Minuten umkippen würde.
Er selbst konnte jeden Schmerz klaglos ertragen – aber wenn es seinem Mädchen nicht gut ging, drehte er am Rad.
Ein OP-Pfleger rasierte ihren halben Kopf, ein Arzt spritzte ihr ein Beruhigungsmittel und eine Lokalanästhie. Sie musste bei der Biopsie bei Bewusstsein bleiben, etwas, das für Simon kaum erträglich zu sein schien.
Das hatte ihm auch keiner gesagt, sonst hätte er doch bei den Zwillingen und Oliver nachgefragt, ob das so in Ordnung wäre.
Aber seine Kleine schlug sich tapfer, auch wenn Schmerztränen über ihr Gesicht rollten. Sie tröstete ihn, hielt seine Hand, lächelte ihn aufmunternd an.
Da wurde ihm bewusst, dass ja sie litt und nicht er. Schnell atmete er tief durch, riss sich zusammen.
Nie und nimmer waren Männer das starke Geschlecht – und schon gar nicht, wenn es um ihre geliebten Frauen ging.
Zwei Tage später kam der Professor mit dem Ergebnis.
„Wie ich schon gehofft hatte, ist der Tumor gutartig. Grundsätzlich! Doch wir haben auch ein paar Zellen gefunden, die dabei sind, sich zu verändern. Wir sollten deshalb schnell handeln. Morgen beginnen wir mit den Bestrahlungen. Heute Abend bitte nur leichte Kost, es wird Ihnen leider etwas übel werden." Er nahm Monas Hand in seine. „Ich wünsche Ihnen viel Kraft. Wir werden alles tun, um Ihnen die Sache zu erleichtern."
„Etwas übel werden" stellte sich dann als grandiose Untertreibung heraus. Mona kotzte sich - gelinde gesagt – die Seele aus dem Leib. Die Welt drehte sich um sie, bestand nur noch aus Schmerzen und Übelkeit.
„Das schaffe ich nicht!" dachte sie nach zwei Stunden, während denen Simon ihren Kopf gehalten hatte, ihre Gesicht gewaschen hatte, sie dreimal frisch angezogen hatte, das Bett frisch bezogen hatte.
Er wunderte sich über seine Kraft, die er für sie entwickelte, überspielte galant, wenn wieder etwas daneben ging, versuchte sogar den einen oder anderen Scherz, der sie ein wenig ablenkte, der sie einmal sogar zu Lächeln brachte.
Hannes kam vorbei, so konnte Simon seine Kinder anrufen, nachfragen, ob das alles so ablaufen musste.
Er trank einen Kaffee, den er aus dem Automaten gezogen hatte und der noch schrecklicher schmeckte als der in der Cafeteria.
Als er zurückkam, schlief Mona, Hannes hielt sie im Arm, Tränen liefen über das Gesicht des Freundes.
Ich sollte ihm das nicht antun! dachte Simon. Zu viele Erinnerungen werden wach bei ihm. Auch nach den vielen Jahren!.
Aber er war zu froh, dass der Begleiter so vieler Jahre an seiner Seite war, als dass er ihn hätte wegschicken können.
Mona dämmerte nur noch vor sich hin. Sie aß nichts mehr, weil es sowieso wieder hochkam, wurde mit Infusionen am Leben gehalten. Sie magerte ab, Simon brach das Herz jeden Tag, wenn er sie wusch und ihre Rippen sah, die durch die Haut zu stechen schienen.
Ohne Hannes hätte er die Zeit wohl nicht überstanden.
Britta hatte sich zwar vorgenommen, ihren Mann und Simon zu unterstützen, doch nach dem ersten Besuch im Krankenhaus brach sie fast zusammen.
Mona – die schöne starke Frau, die sie immer bewundert und auch ein wenig beneidet hatte, schien von der Krankheit gebrochen zu sein.
Das konnte sie nicht ertragen, auch wenn sie sich zutiefst für ihre Gefühle schämte.
Doch Hannes hatte alles Verständnis der Welt für sie, was sie mehr als dankbar annahm.
„Du musst dich nicht quälen, Liebste!" sagt er am Abend und zog sie auf seinen Schoß. „Behalte die strahlende Mona in deinem Herzen."
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