Kapitel 8
Mona und Fabian
Mona raste zur Türe, als es klingelte, kurz nachdem Simon gegangen war.
Sie riss sie strahlend auf. „Hast du was vergessen?" fragte sie lachend.
Fabian erstarrte.
Okay!
Der Andere war also tatsächlich bei ihr gewesen.
Wortlos betrat er die Wohnung, wortlos öffnete er die Türe zum Schlafzimmer.
Das zerknüllte Bettzeug sagte ihm alles, was er wissen wollte.
„Das ging aber schnell!" sagte er tonlos.
Sie sah ihn herausfordernd an.
Er würde ihr jetzt kein schlechtes Gewissen einreden, er nicht.
„Ich bin eben eine folgsame Ehefrau gewesen!"
Er zog den Kopf ein. Keine Vorwürfe, Fabian! ermahnte er sich.
„Seit wann kennst du ihn?" fragte er.
„Seit Dienstagabend!"
„Und schon in die Falle mit ihm?"
„Ja, dein Wunsch war mir Befehl!"
„Ich habe nicht gesagt, dass du mit einem Mann schlafen sollst, ich habe gesagt, dass du einen Mann kennenlernen sollst!" stellte er klar.
„Oh! Entschuldige! Da habe ich dich wohl missverstanden!"
Fabian sah sie an.
Sie war verändert, sie war noch schöner als sonst, sie strahlte irgendwie, und in ihren Augen schimmerten zum ersten Mal keine Tränen.
„Und, ist es etwas Ernstes?" Bitte sag nein, Mona! Bitte sag, dass du es mir nur heimzahlen wolltest! Bitte sag, dass du nur ein Abenteuer gesucht hast! flehte er für sich.
„Ich weiß nicht! Ich überlege noch! Ich kann mich noch nicht entscheiden!" zitierte sie seine immer wieder kehrenden Sätze.
Aber dann verbesserte sie sich.
Das war jetzt Simon gegenüber nicht fair.
„Nein, das stimmt nicht! Ich glaube schon, dass es was Festes ist oder wird."
Fabians Welt brach ein.
Einen Tag zu spät!
Gestern hatte er ihr geraten, sich einen Freund zu suchen, heute hatte er ihn an der Türe getroffen. Ihren Liebhaber!
Ihren wohl ernsten Liebhaber.
„Ich habe mich von Anna getrennt!" sagte er leise.
Mona sah ihn ungläubig an, dann begann ein hysterischer Lachkrampf in ihr hochzusteigen.
Sie kicherte, kieckste, lachte laut los, konnte nicht mehr aufhören.
„Schlechtes Timing! Verdammt schlechtes Timing, würde ich sagen!" japste sie nach Luft schnappend.
Fabian sah sie fassungslos an.
Was war los mit ihr?
Doch plötzlich legte sich ein Hebel in seinem Kopf um.
Er begriff.
Ein Reiz kitzelte sein Zwerchfell, er begann zu grinsen, zu lachen.
Sie umarmten sich, lachten Tränen.
Als er sie los ließ, hatten beide Bauchschmerzen, hielten sich die Seiten.
Sie ließen sich aufs Sofa fallen, wischten sich die Lachtränen aus den Augen.
„Wir sind schon ein Paar!" Fabian fand zuerst seine Sprache wieder. Er sah sie ernst an. „Aber kein Liebespaar mehr, oder?"
„Nein, Fabian! Schon eine Weile nicht mehr. Ein befreundetes Paar, aber kein Liebespaar, wenn wir ehrlich zueinander sind." Auch sie sah vollkommen klar.
„Du hast recht. Wir sind ein wenig dem Wunsch nachgerannt, wieder ein Liebespaar zu werden" gestand er ein, und er wusste, dass es die Wahrheit war.
Die ganze Zeit mit Anna hatte er befürchtet, Mona zu verlieren, seine beste Freundin Mona zu verlieren, nicht die Frau, die er als Mann liebte und begehrte.
Und sie hatte auch nicht ihren Ehemann vermisst, sondern den Vertrauten.
Er hielt ihr die Hand zum Abklatschen hin. „Freunde?"
„Freunde!" Sie klatschte ihn ab. Sie fühlte sich jetzt vollkommen befreit. Sie konnten sich in Ruhe trennen, ihre Angelegenheiten regeln, neu anfangen.
Sie konnten sich weiter mit gemeinsamen Freunden treffen, die Eltern müssten nicht auf ihre Schwiegerkinder verzichten.
„Erzähl mir von ihm" bat Fabian, als sie sich wieder beruhigt hatten.
Mona runzelte die Stirne. „Hältst du das für eine gute Idee?"
„Ich muss doch wissen, ob mein Mädchen in gute Hände kommt."
„Mein Gott! Wie melodramatisch!" Sie wusste wirklich nicht, ob das nicht zu schräg war, ihm von Simon zu erzählen.
„Sag wenigstens, wo und wie du ihn kennen gelernt hast, und was er macht. Und vielleicht noch, wie alt er ist!"
„Also, er ist 32, Informatiker." Sie machte eine Kunstpause.
„O Gott! Wieder so ein Verrückter!" stöhnte er. Er wusste, dass er immer viel zu viel Zeit am Computer im Arbeitszimmer verbracht hatte.
Aber andererseits war sie tagelang nicht ansprechbar gewesen, wenn sie sich in einem Buch festgelesen hatte.
Es hatte schon gepasst mit ihnen.
Anna war nicht so verständnisvoll gewesen, sie konnte sich absolut nicht alleine mit etwas beschäftigen.
„Und kennengelernt haben wir uns am Dienstagabend, als ich beim Lehreressen war. Er saß am Nachbartisch."
„Er hat dich angeflirtet, und du hast es tatsächlich bemerkt?" Er grinste sie an.
Es war einer ihrer Running-Gags gewesen, wenn er ihr erzählt hatte, wie die Männer sie angebaggert hatten, wenn sie ausgegangen waren, und sie alles immer weit von sich gewiesen hatte.
Sie hatte echt keine Antennen für Signale, die Männer aussandten.
Das lag wohl daran, dass sie sich so jung kennengelernt hatten, dass sich ihre Antennen nie hatten entwickeln können.
„Ja, das habe sogar ich bemerkt, du Affe! Dieses Mal konnte nicht einmal ich das übersehen."
„Scheint ein kluger Kerl zu sein!" witzelte Fabian, was ihm einen ordentlichen Knuff einbrachte. „Informatiker also. Wie heißt er, vielleicht kenne ich ihn sogar."
Sie verdrehte die Augen. „Simon Reiser!" rückte sie schließlich den Namen heraus.
Fabian pfiff durch die Zähne. „Simon Reiser! Ihm gehört Reimon. Da hast du dir ja einen Goldfisch geangelt. Der hat echt Kohle. Hat letztes Jahr einen Palast hingestellt als Firmensitz. Ich hätte beinahe bei ihm angefangen, aber dann hat Kai den Job bekommen."
„Kai? Kai Sommer arbeitet bei Simon? Das ist ja ein Ding! Dann muss er ja am Dienstag dabei gewesen sein, wir haben uns gar nicht gesehen."
„Du hast halt nur Augen für Simon gehabt!" zog Fabian sie auf. „Er sieht schon gut aus, oder?"
„Hm!" sagte sie nur lächelnd.
„Und er soll echt ein cooler Typ sein. Also ein Crack in seinem Job, aber auch sehr nett, was Kai so erzählt hat. Da bin ich dann schon beruhigt." Er war es wirklich, wusste nicht, wie er es ertragen hätte, wenn sie an irgendeinen Schleimer geraten wäre.
„Aber Fabian! Das muss ja auch nichts für die Ewigkeit sein. Es ist alles noch ziemlich frisch. Wer weiß denn, was da draus wird."
„Aber verknallt bist du schon, oder?" fragte er nach.
„Ja, schon! Doch! Aber es macht mir auch alles ein bisschen Angst."
„Ich weiß Mona! Du hast viel nachzuholen. Genieße jetzt einfach und zergrüble nicht alles!" riet er ihr.
„Meinst du, du findest auch bald jemanden?" Es würde alles einfacher machen.
Er schmunzelte vor sich hin. „Könnte schon sein. Es gibt da eine Praktikantin, die ist schon sehr hübsch." Nicht so hübsch wie du, fügte er in Gedanken hinzu, aber das ist auch nicht so einfach.
„Das wäre toll, Fabian! Echt! Hauptsache ist, du bist Anna los!" sagte sie im Brustton der Überzeugung, und er konnte ihr vorbehaltlos zustimmen.
„Na, dann pack ich mal meine Sachen ein, die noch immer im Schrank hängen!" schlug er schließlich vor.
„Wo wohnst du denn eigentlich jetzt?" wollte sie wissen.
„Ich ziehe wahrscheinlich wieder in die Einliegerwohnung meiner Eltern. Ohne Anna bin ich bestimmt willkommen." Seine Eltern, die Mona wie eine Tochter liebten, hatten ihm klar zu verstehen gegeben, dass er sich mit Anna nicht bei ihnen sehen lassen brauchte. Er alleine jederzeit, aber niemals mit der Neuen.
Er holte die Koffer aus der Abstellkammer, ging ins Schlafzimmer, um seinen Schrank auszuräumen. Er sah das Bett an, sah die halb abgezogenen Laken, die ineinander verknäulten Decken, musste lächeln.
Na, da haben zwei aber ordentlich getobt! dachte er.
Kurz war er versucht, das Bett zu machen, wie früher immer, doch das wäre dann doch ein bisschen zu schräg gewesen.
Aber er fühlte sich wahnsinnig gut, wahnsinnig leicht. Er musste Mona gegenüber kein schlechtes Gewissen mehr haben, sie war frisch verliebt. Er war Anna losgeworden, hatte endlich Nägel mit Köpfen gemacht.
Sie konnten beide neu anfangen, und vor allem: Sie konnten Freunde bleiben.
Er hoffte nur, dass dieser Simon damit klar kam.
Mona saß auf dem Balkon, rauchte eine Zigarette.
Auch sie war glücklich.
Sie war verliebt in Simon, konnte einen Teil der verlorenen Zeit zurückholen, sie konnte mit Fabian befreundet bleiben, alles schien gut zu werden.
Da klingelte ihr Handy, sie strahlte, als sie Simons Nummer sah.
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