Kapitel 79
Die nächsten Jahre
Florian leistete hervorragende Arbeit.
Ausgestattet mit praktisch unerschöpflichen Geldmitteln, konnte er viele seiner Träume von einer gerechteren Welt, die alle diese wunderbaren Menschen mit ihm träumten, verwirklichen.
Der Familienarchitekt plante den Neubau einer Sozialstation.
Bei der Einweihungsfeier nahm Fabian Mona in den Arm und küsste sie auf die Wange.
„Bin ich froh, dass wir uns damals getrennt haben!" sagte er lachend.
„Und ich erst!" Sie konnte sich seiner Meinung ohne Einschränkung anschließen.
Franziska und Simon standen etwas abseits und beobachteten die beiden lächelnd.
Gut, dass ich damals in diesen Biergarten geschleppt worden bin! dachte Simon.
Gut, dass Simon und Mona sich gefunden haben! dachte Franziska.
Kurz danach verstarb Florians leiblicher Vater. Er hinterließ ihm eine Lebensversicherung in Höhe von einer knappen Million Euro und einen Brief.
Mein lieber Sohn,
wir haben uns nie kennengelernt, aber ich habe deinen Lebensweg verfolgt, und ich war immer sehr stolz auf dich. Ich danke deiner Mutter und deinem Vater, dass sie dich zu einem so wunderbaren Menschen erzogen haben. Mein anderer Sohn ist leider nicht so geradlinig seinen Weg gegangen. Ich habe mich auch sehr gefreut, dass du die Liebe gefunden hast. Ich wünsche dir und deiner entzückenden Frau alles Glück dieser Welt. Ich habe oft mit mir gekämpft in den letzten Jahren, weil ich so gerne Kontakt mit dir aufgenommen hätte. Aber ich wollte deine Welt nicht stören, in der alles so gut war, nicht nach all den Jahren! Leb wohl!
Dein Vater, der ich sehr gerne gewesen wäre.
Leonie fand ihren geliebten Ehemann tränenüberströmt vor, als sie von ihrem Arbeitsplatz nach oben kam. Sie las den Brief und die Nachricht über das Erbe, hielt ihn lange einfach nur im Arm.
„Es ist gut, wie es gekommen ist!" sagte er, als er sich wieder gefasst hatte. „Ich hatte die besten Eltern der Welt."
Das Geld legte er einfach aufs Konto. Es gab ihm schon ein wenig Sicherheit und Selbstvertrauen.
Er hatte immer darauf bestanden, nur nach Tarif bezahlt zu werden, versuchte auch, so wenig wie möglich von Leonies Geld anzurühren.
Das hatte oft zu Diskussionen geführt, aber seine Prinzessin hatte ihn auch verstanden. Sie hatten ja alles, was sie brauchten, wohnten mietfrei, Urlaub konnten sie in Simons Haus auf Mallorca machen oder bei Marco in der Toskana.
Mehr wollten sie beide nicht, sie hatten ja ihre Liebe.
Einen Monat später kamen Anja und Oliver mit ihren Kindern Patrick und Amelie aus Ruanda zurück. Die ewigen Kämpfe und die Korruption in ihrer Wahlheimat hatten sie zermürbt.
Sie hatten keine Kraft mehr.
Das Krankenhaus hatten die Ärzte ohne Grenzen übernommen.
Sie zogen vorübergehend in das Loft ein, Simon und Mona waren wieder einmal auf der Insel ihrer Träume. Der arme Architekt musste das seltsame Haus im Gewerbegebiet noch weiter verunstalten, einen weiteren Anbau anfügen. Die vier gehörten zur Familie, ohne verwandt zu sein.
In ganz Bayern wurde über die Wohngemeinschaft und das Viel-Familien-Haus berichtet. Die Menschen im Land fanden das Projekt toll, genau so toll wie die Bewohner.
Der Architekt erlangte eine gewisse Berühmtheit, war plötzlich stolz auf das sonderbare Gebäude.
Es war ein Haus des Glückes, ein Haus voll Liebe, und was sollte es denn Wunderbareres geben?
Und wenn er es so richtig betrachtete, war es auch ein schönes Haus.
Das schönste eigentlich im Viertel. Luftig, leicht, ungewöhnlich.
Anja und Oliver traten in die Praxis von Marlon und Ronja ein. Ein kleiner OP-Saal wurde angebaut und ein Gynäkologie- Untersuchungs-Raum.
Der Sohn von Mr. Huen kam zu Besuch, mit einem besonderen Geschenk im Gepäck. Sein Vater hatte in Amerika eine Schauspielerin geheiratet, Chang war einer ihrer beiden gemeinsamen Söhne.
Der Vater war hochbetagt gestorben, in seinem Nachlass hatte der neue Firmenchef ein gerahmtes Blatt mit chinesischen Schriftzeichen gefunden.
Als er den Text las, musste er lächeln.
Schau, schau! Unser Dad!
Für Mona, übersetzte er und erfuhr durch ein wunderschönes Gedicht, wie verliebt sein Vater sehr lange Zeit in die Frau seines deutschen Geschäftspartners gewesen war.
Diese Frau wollte er doch einmal kennenlernen.
Er wurde herzlich begrüßt, bezog das Gästezimmer, fühlte sich ausgesprochen wohl in dieser Wohngemeinschaft von glücklichen, intelligenten, liebevollen Menschen.
Als er vorschlug, für alle Pekingente zuzubereiten, war der Jubel groß.
Simon und Mona gingen mit ihm einkaufen, Hannes und Markus halfen bei der Zubereitung des traditionellen chinesischen Menüs.
Die jungen Männer schleppten Biergarnituren vom Keller nach oben, die Frauen schmückten alles, deckten die Tische.
Florian nahm Leonie in die Arme. Er erinnerte sich an den Tag, als sie ihren 25. Geburtstag gefeiert hatte, und er sich so in sie verliebt hatte, vollkommen hoffnungslos, wie er gedacht hatte. Und dabei war ein solches Glück daraus geworden. Seine Frau schmiegte sich glücklich an ihn, wusste, dass er das Gleiche dachte wie sie, ihr sanfter Sozialpädagoge.
Nach dem Essen, das ein Fest für alle gewesen war, überreichte Chang den Rahmen an Mona.
Sie las, Tränen der Rührung stiegen in ihr hoch.
Nie hatte sie auch im Mindesten eine Ahnung gehabt von den Gefühlen, die der zurückhaltende Chinese ihr entgegengebracht hatte.
Sie hatte oft mit ihm telefoniert in der Zeit, als sie Simon für tot gehalten hatte.
Er war stets höflich und mitfühlend gewesen, hatte nicht die geringsten Andeutungen gemacht.
Simon beobachtete sie beim Lesen, bemerkte ihre Rührung, wunderte sich etwas, sah sie fragend an.
Sie stand auf, zog ihn in eine stille Ecke.
Er war ihr Mann, er durfte die Worte natürlich hören, aber für andere Ohren waren sie nicht bestimmt.
Als sie anfing zu übersetzen, staunte Simon. Solche Liebeserklärungen hätte er dem stillen Mann nicht zugetraut.
„Deine Augen wecken Sehnsucht, deine Lippen noch mehr!" hatte der Chinese geschrieben.
„Mein Mund muss schweigen, meine Gedanken dürfen auf die Reise gehen."
Er konnte kaum glauben, was er da hörte.
„Du hast geliebt, aber nicht mich,
du hast ihn verloren, wie ich dich."
„Hast du das gewusst?" fragte er seine Frau, berührt von den Liebesworten, die ein anderer Mann für sie gefunden hatte.
„Nein! Überhaupt nicht!" antwortete sie verwundert.
„Und wenn du es gespürt hättest?" wollte er wissen.
Sie lächelte ihn an. „Was? Er hat doch selbst gespürt, dass nach dir nie wieder eine Liebe für mich möglich gewesen wäre."
Simon wusste, dass sie wie immer die Wahrheit sagte, nahm sie in den Arm und küsste sie, dankbar für dieses Wissen, diese Sicherheit.
Nie in all den Jahren hatte er ernsthaft eifersüchtig sein müssen, nie an ihrer Liebe zweifeln müssen.
Sie wurde angebaggert, wo auch immer sie hinkamen.
Am schlimmsten war es auf der Insel.
Aber immer hatte es ihn nur mit Stolz erfüllt, auch beim Tanzen im Club, auf all den Bällen, in den Theaterfoyers, sie war immer die schönste Frau gewesen, der die Augen der Männer folgten.
Doch ihre Augen waren nur voll von Liebe für ihn gewesen, auch wenn sich ihre Antennen für flirtende Männer nach und nach entwickelten.
Er freute sich darüber, dass er ihr das Leben zeigen konnte, das Fabian ihr vorenthalten hatte: Das Leben als begehrte, schöne Frau.
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