Kapitel 7


Simon und Mona

Irgendwann am frühen Nachmittag saßen sie am Frühstückstisch. Sie hatten geduscht, sie hatte in Fabians Schrank noch eine Packung neuer Boxershorts gefunden, hatte sie ihm fragend hingehalten. Er hatte das Gesicht verzogen, die Augen ein wenig verrollt, die Short aber dann lachend genommen. Das war ja jetzt auch eine Premiere, dass er die Unterwäsche seines Vorgängers trug.

„Wie hast du mich eigentlich gefunden?" fragte Mona, nachdem sie ihr Brot verputzt hatte, zum ersten Mal seit langen wieder einmal mit Appetit. Auch Simon hatte kräftig zugelangt, hatte sich nicht im Geringsten geziert.

Er gestand ihr seine Nachforschungen im Netz. „Du musst deinen Telefonanschluss für die Rückwärtssuche sperren lassen!" gab er zu bedenken. „Jeder, der deine Nummer hat, kommt an deine Adresse."
„Oh!" Sie erschrak ein wenig. Daran hätte ja ihr Herr Informatiker-Fast-Ex-Ehemann auch denken können. „Ich bin ein wenig nachlässig in diesen Dingen."

Er griff nach ihrem Handy, holte es aus dem Stand by Modus.
Dann sah er sie fragend an. „Entschuldige! Das ist wohl ein wenig übergriffig."
„Nein! Mach ruhig!" Ihr Handy barg ja nun wirklich keine Geheimnisse.
Er änderte die Einstellungen.
Dann holte er sein Telefon aus der Jackentasche.
Fünf Meldungen waren aufgelaufen.
„Ich muss schnell in der Firma anrufen!"

Kai meldete sich entnervt.
„Schön, dass du noch lebst!" fuhr er den Chef an. „Wir rotieren hier, und du? Na, ich schlucke meine Gedanken lieber runter."
„Ist auch besser so!" Simons Stimme war relativ scharf. „Also, was gibt es?"
„Der Server hat sich aufgehängt. Er braucht ein paar Streicheleinheiten von dir."

Simon verdrehte die Augen.
Das war ein Phänomen, das keiner von ihnen erklären konnte.
Wenn der Server ausstieg, bekam ihn keiner außer Simon zum Laufen.
Die Kollegen witzelten immer, der Rechner sei eindeutig weiblich.
„Okay! Ich komme gleich! Eine halbe Stunde!"

Simon sah Mona an. „Hättest du Lust mitzukommen? Dann lernst du gleich meine Mitarbeiter kennen, die mich in diesen Biergarten geschleppt haben. Und siehst, wo ich wohne!"
Sie sah ihn etwas unsicher an.
Wollte sie so schnell eine so feste Beziehung?
Wollte sie seine Beschäftigten kennenlernen?
Wollte sie in seine Wohnung?
Der Gedanke machte sie noch etwas nervös.
Hier hatte sie Heimvorteil, bei ihm wäre sie fremd, wäre zu Besuch.

Simon bemerkte ihr Zögern, es schmerzte ein wenig, aber wieder rief er sich ins Gedächtnis, dass sie praktisch 15 war, was Beziehungen anging. Sie brauchte viel Sicherheit, hatte sich ihm schon so geöffnet, mehr als er erhofft hatte in der kurzen Zeit.

Er nahm sie in den Arm, streichelte über ihren Kopf.
„Ich würde es aber auch verstehen, wenn du lieber hier bleiben möchtest!" sagte er liebevoll. „Und ich würde mich freuen, wenn ich nachher wieder zu dir kommen dürfte."
Er küsste sie vorsichtig, die Kollegen warteten. „Wir könnten abends etwa zusammen kochen oder zum Essen gehen."

„Ich bin eine grausliche Köchin!" gestand sie.
„Dafür bin ich ein exzellenter Koch!" erklärte er lächelnd. „Also, darf ich wieder kommen, wenn ich fertig bin?"
„Natürlich!" sagte sie leise.

Er musste sie noch einmal in den Arm nehmen und küssen.
Auf die paar Minuten würde es jetzt auch nicht mehr ankommen. Wieder einmal löste er sich nach Luft schnappend von ihr. Er vergaß immer das Atmen, wenn er sie küsste.
Schnell verließ er die Wohnung, traf an der Haustüre – auf diesen Fabian.
Was wollte der denn schon wieder?

Er überlegte kurz, wieder umzudrehen, doch er musste wirklich in die Firma. Sie hatten einige Projekte fertig zu machen, er hatte schon zu lange geschwänzt, er konnte die anderen nicht länger hängen lassen.
Die beiden Männer musterten sich.
Das war doch der Typ, den er gestern ins Haus gelassen hatte! dachte Fabian. Wohnte der jetzt hier im Haus?
Oder, oder kam er von Mona? Dann wäre er ja über Nacht hier gewesen!

Fabian und Anna

Fabian stürmte zur Wohnungstüre, die bis vor einem halben Jahr seine gewesen war und bald vielleicht auch wieder seine werden würde.

Er hatte sich von Anna getrennt.
Endlich hatte er diesen Schritt getan.
Sie hatten sich wieder einmal gestritten, als ihm herausgerutscht war, dass er bei Mona gewesen war.
„Anna, Mona gehört zu meinem Leben!" versuchte er ihr zum hundertsten Mal zu erklären.
„Einen Scheiß tut sie!" hatte sie ihm hin gehaut.
Fabian war zusammengezuckt.
Er hasste es, wenn sie so vulgär sprach.
Mona redete nie so.

„Die Nutte lässt dich nie aus ihren Krallen! Heult ein bisschen, und schon kriechst du wieder vor ihr, du Schlappschwanz!"
Er hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, um ihr Kreischen nicht mehr hören zu müssen. Warum hatte er es überhaupt so lange mit ihr ausgehalten?
Fast ein ganzes Jahr!
Wie oft hatte Mona ihn angefleht, sich zu entscheiden!

„Anna! Zum letzten Mal: Mona ist keine Nutte! Sie hat nicht einer anderen den Mann ausgespannt!"
Das saß! Sie schnappte nach Luft.
„Was willst du damit sagen?"
„Dass du mich systematisch angemacht hast, mich voll bewusst rumgekriegt hast!" Er wollte austeilen, er wollte sie verletzen, er wollte sie loswerden.
„Ach, und du warst ganz unbeteiligt, oder wie? Du warst nicht scharf auf mich, wolltest mich nicht unbedingt ficken da auf der Fete?"

Anfangs hatte es ihn angeturnt, wenn sie so sprach mit ihm, aber mittlerweile ging es ihm auf die Nerven, diese Gossensprache hatte er so satt wie alles andere.
„Ich war besoffen! Und selbst wenn nicht, wäre es eine einmalige Sache für mich geblieben, wenn du es nicht überall herumerzählt hättest."
„Oh, der arme Fabian! Konnte sich nicht wehren gegen die böse Anna!" ätzte sie.
„Ja, gegen dich und deinen Clan. Anna, deine Mutter baut ein Haus für uns, und ich habe noch nicht einmal die Scheidung eingereicht. Das ist krank!"

Ein Wort gab das andere, sie verletzten sich, brüllten sich an, sie versuchte ein paar Krokodilstränen herauszudrücken.

Wenn Mona damit immer Erfolg hatte, musste das bei ihr doch auch gelingen.
Sie hatte diesen hübschen Informatiker unbedingt haben wollen, und sie hatte ihn bekommen. Sie hatte ihren Mann zum Teufel geschickt, es war keine schöne Trennung gewesen.
Doch als er endlich begriffen hatte, dass es ihr ernst war mit dem Neuen, hatte er ihre Ehe annullieren lassen, wegen ihrer Kinderlosigkeit, hatte mittlerweile schon wieder geheiratet.

Als die Tränen nichts bewirkten, versuchte sie es mit eindeutigen Angeboten.
„Komm doch ins Bett, Fabi! Da haben wir doch immer alle Probleme gelöst!" Sie schmiegte sich an ihn.
Er hasste es, wenn sie ihn Fabi nannte, und er hasste mittlerweile auch die „Problemlösung" im Bett.  Anfangs hatte sie ihn damit oft rumgekriegt, er war 30, hatte in seinem Leben mit einer einzigen Frau geschlafen.
Er hatte zwar nie etwas vermisst, aber sie hatte ihm schon einiges beigebracht beim Sex.
Sie war nicht so leicht zufrieden zu stellen wie Mona.

Wodurch er sich nun auch im Klaren darüber war, dass Mona wahrscheinlich auch nicht wirklich zufriedengestellt worden war von ihm im Bett.
Auch hier würde er vieles heute besser machen.
Er lehnte Annas Angebot dankend ab. Sie spielte ihren vermeintlich letzten Trumpf aus. „Und das Haus interessiert dich gar nicht?"

„Das kitschige Toskanahaus mitten im Bauerndorf kannst du dir an den Hut stecken. Ich durfte ja nicht einmal die Farbe der Fliesen mitbestimmen." Er hatte sich in totale Rage geredet. „Es ist aus, Anna! Es war nie für lange geplant, ich war verwirrt. Du hast mein Leben kaputt gemacht, und es wird höchste Zeit, dass ich rette, was zu retten ist."
Anna war mit den Fäusten auf ihn losgegangen, auch nicht zum ersten Mal, er fing ihre Schläge ab, verschloss seine Ohren vor ihren wüsten Flüchen und Beschimpfungen.
Er packte seine Tasche in den Kofferraum und fuhr.
Vielleicht heim zu Mona?


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