Kapitel 67

Zwei Jahre später

Leonie und Jonas wurden eingeschult, er war fünfeinhalb, sie drei Monate jünger.
Es wurde ein großes Fest.
Aufgeregt standen die zwei mit ihren Schultüten im Kreis ihrer Mitschüler.
Jonas war einen Kopf größer als seine Klassenkameraden, Leonie war klein und zierlich, aber altersgemäß, und sie waren mit Abstand die hübschesten Kinder des ganzen Jahrgangs.

Nach dem ersten Unterrichtstag gingen sie zum Essen. Die Kinder durften sich bestellen, was sie wollten. Sonst achteten die drei Erwachsenen sehr auf gesunde Ernährung.
Hannes dachte wieder an die Zeit der Schwangerschaft, als Mia süchtig nach Fast-Food gewesen wäre, er ihr aber nur hin und wieder einen Burger oder Fritten genehmigt hatte.

Wieder traten Tränen in seine Augen, aber er konnte sich beherrschen.
Diesen Tag durfte er seinem Sohn nicht kaputt machen. So gab es Burger und Pommes für alle, und es schmeckte himmlisch.

Am Nachmittag fuhren dann alle zusammen in den Zoo nach Straubing.
Sie redeten Leonie aus, dass sie ein Tigerbaby mit nach Hause nehmen musste, und Jonas ließ sich überzeugen, dass es keine gute Idee wäre, einen Schimpansen zu kaufen, wenn er auch noch so drollig war.
„Danke! Mir reichen meine zwei Äffchen durchaus!" wehrte sich Mona.
„Und deine zwei großen Affen dazu!" meinte Simon und machte einen Gorilla nach.

Alle lachten Tränen. Die schöne Familie zog alle Blicke auf sich. Und so fühlten sie sich auch: Als eine einzige, glückliche Familie!
Ein Eis für die Kinder, Cappuccino und Kuchen für die Erwachsenen rundeten den perfekten Tag ab.

Abends fielen alle todmüde ins Bett.
Simon musste aber Mona noch ein bisschen wachhalten, er brauchte noch ein paar Zärtlichkeiten, ganz viel Küsse und ein wenig Sex.

Sie wollte da gar nicht so sein, erfüllte seine Wünsche nur zu gern.
Sie genoss die Liebe mit ihm immer mehr, seine Hände, seine Lippen, die immer sehr beschäftigt damit waren, sie zu reizen, anzuheizen, scharf zu machen, aufzugeilen, aber sie auch immer zu befriedigen.
Vor allem genoss sie, es ihm heimzuzahlen.
Ihn hochzubringen, bis er um Gnade, um Erfüllung flehte.

Die Lehrerin merkte bald, dass die beiden Kinder etwas Besondere waren, klug, brav, aber durchaus selbstbewusst.
Sie förderte die beiden besonders, tat es von ganzem Herzen gern.

Die beiden Kleinen halfen den Schwächeren bei ihren Arbeiten, waren beliebt bei allen, auch wenn sie hauptsächlich miteinander sprachen.
Die Erwachsenen platzten vor Stolz auf ihren Nachwuchs, wussten, die Kinder hatten sie gut hingekriegt, genauso gut, wie ihr gemeinsames Leben.

Hannes und Simon waren Brüder der Herzen, verstanden sich blind, teilten die Erfolge im Beruf genauso wie die Freuden des Lebens.
Hannes weinte kaum noch, vermisste Mia schmerzlich, hatte ihr aber versprochen, vorwärts zu sehen, auch für ihren gemeinsamen Sohn.

Die Erinnerung an die Liebe seines Lebens wurde zu einem Edelstein, war nicht länger ein Reibeisen, das seine Seele quälte.
Simon und Mona genossen Tag für Tag, dass sie sich noch hatten, wieder hatten, nahmen keinen einzigen Tag als selbstverständlich.

Sie gaben ihrer Liebe Raum und Zeit, auch dank Hannes, der ihnen immer wieder heiße Stunden ermöglichte, die sie ausgiebig nutzen.
Marco kam regelmäßig zu Besuch, lernte Deutsch, die beiden anderen Kinder Italienisch.
Er war ein kluges Kerlchen, lachte immer, erhellte ihre Herzen.

Markus und Sarah

Markus verstand die Welt nicht mehr.
Er und Sarah hatten alles, was sie sich hätten wünschen können: Zwei tolle Jobs, ein Kind, keine finanziellen Probleme, sich.

Aber er fühlte die Kälte, die Zurückweisung Sarahs, und sie schmerzte ihn körperlich.
Was war geschehen?
Wann hatte diese Trennung der Seelen begonnen?
Immer wieder versuchte er, in Gesprächen die Probleme zu lösen.

Manchmal war sie abweisend und kalt, wenn er davon anfing.
Manchmal war sie liebevoll und zärtlich wie ein Kätzchen, zerschlug damit jedes Argument von ihm. An diesen Tagen schöpfte er Hoffnung.

Doch irgendwann konnte er die Augen nicht mehr vor ihren Stimmungsschwankungen verschließen.
Er tat etwas, wofür er sich fast zu Tode schämte, aber es musste sein, vor allem seiner Tochter zuliebe, die sich zu einem verzogenen, aber auch zutiefst verunsicherten Mädchen zu entwickeln drohte.

Er durchsuchte Sarahs Handtasche, fand eine neutrale Dose mit Pillen. Als Biochemiker war es ihm ein Leichtes, die Substanz zu analysieren.
Als er das niederschmetternde Ergebnis hatte, stellte er sie zur Rede, als Annabell schlief.
„Du nimmst Partydrogen?" eröffnete er das Gespräch.
Sie stritt ab, griff ihn an, beschuldigte ihn des Vertrauensbruches, tobte, schrie, brüllte, bis Annabell aufwachte.

Wortlos nahm er sein Mädchen auf den Arm, packte ein paar Sachen für sie und ihn ein und fuhr ...
Ja? Wo sollte er hin mitten in der Nacht?

Ihm fiel nur Hannes ein, sein Zwillingsbruder, der Vertraute vieler Jahre, mit dem er seit langer Zeit kein Wort mehr gesprochen hatte, wegen ihr, wegen Sarah.
Er überlegte, ob er anrufen sollte, verwarf aber den Gedanken.

Eine halbe Stunde später stand er vor dem Haus, in dem Hannes nun lebte. Er drückte auf den Klingelknopf, Sekunden später stand er mit seiner Tochter an der Hand in der Wohnung, sein Bruder hielt ihn im Arm.

Er wohnte in den nächsten Wochen mit Annabell im Gästezimmer, nannte sie Anna, er hatte den Namen Annabell immer gehasst.
Die Scheidung war schnell durch, das Sorgerecht für ihn auch.
Sarahs Drogensucht war leicht nachzuweisen.

Markus zahlte ihr eine großzügige Abfindung, sollte sie damit machen, was sie wollte, ihm war es egal, Hauptsache, er war sie los.

Manchmal kamen ihm noch die Tränen, wenn er an die Hure Schicksal dachte.
Mia hatte sterben müssen, die herzensgute Mia, die ihr ganzes Leben lang ein Engel gewesen war.

Und Sarah, ihre Cousine, die alle Voraussetzungen gehabt hatte, ein glückliches Leben zu führen, hatte dieses Leben so versaut.

Simon zeigte wieder einmal seine menschliche Größe, baute für Markus ein paar Zimmer an zu Lasten der Dachterrasse.
Nach einem halben Jahr zog Markus mit Anna in seine eigene Wohnung neben der seines Bruders.
Zwei alleinerziehende Väter wohnten nun im Haus von Simon und Mona.


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