Kapitel 64

Im Mai flogen die Fünf nach Mallorca. Simon hatte diesen Urlaub damals für sich und seine Süße geplant, sie hatten sich wie verrückt darauf gefreut, aber das Schicksal hatte anders entschieden. Nun landeten eben fünf Menschen anstatt zweien, aber glücklich waren sie alle darüber.

Sie verbrachten wundervolle Tage in Simons Haus, hatten zwei Leihautos, unternahmen vieles gemeinsam, gingen aber auch oft getrennt auf Erkundungstour.
Die Männer kochten zusammen, während Mona mit den Kindern im Pool tollte, mit ihnen um die Wette schwamm.

Sie konnten beide schon sehr gut schwimmen, eine Trainerin als Mutter und Ziehmutter hatte eben seine Vorteile.
An den lauen Abenden saßen sie lange zu dritt auf der Terrasse, sahen auf die Bucht von Alcudia.
Immer genau so lange wie Hannes die elektrischen Schwingungen zwischen den beiden aushalten konnte, bevor die Stromstöße ihn dahin rafften.
Dafür durften Simon und Mona am Morgen etwas länger schlafen.

„Warum erzählen die sich jeden Tag Witze?" fragte Leonie trocken, und Hannes musste einen Hustenanfall vortäuschen.
Es war eine gute Zeit für ihn.
Er dachte an Mia, aber der Schmerz riss keine Löcher mehr in seine Seele.

Er war seit diesem schrecklichen Tag nicht mehr in Urlaub gewesen, doch er merkte, dass es auch Jonas guttat, den ganzen Tag mit seinem Vater zusammen zu sein, der nicht mehr so viel weinte wie sonst an freien Tagen.
Hannes fühlte, dass vielleicht doch eines Tages sein Leben weitergehen konnte.

Eines Abends erzählte er Simon und Mona vom Weingut seiner Mutter am Gardasee. Er hatte bisher noch nicht einmal mit seiner besten Freundin darüber gesprochen, zu glücklich war er dort mit seiner Frau gewesen. Doch hier, unter den Sternen des Südens konnte er es.
Simon staunte über die nächste Parallele in ihrer beider Leben.
Für Hannes war es dagegen eine Überraschung, als er von Simons verstorbenem Zwillingsbruder erfuhr.

Zwischen ihm und Markus war es vor einem Monat zum Bruch gekommen, als er die ständigen Boshaftigkeiten der kleinen Annabelle gegen Jonas nicht mehr klaglos hinnehmen wollte.
„Du und dein Kronprinz!" fauchte Sarah. „Es bringt Mia auch nicht zurück, wenn du ihn in Watte packst!"

Hannes sah erst sie, dann Markus ungläubig an, wartete auf ein Wort seines Zwillings. Als nichts als ein verlegener Blick kam, nahm er Jonas und ging wortlos.
„Wahnsinn, wie sehr Sarah sich verändert hatte!" dachte er entsetzt.
Wenn sein Bruder damit zurechtkam, wollte er ihm nichts dreinreden, aber er musste sich diese Furie nicht antun.

An einem bedeckten Tag gingen sie shoppen in Palma.
Hannes hatte seit Mias Tod nichts mehr für sich eingekauft, obwohl er früher eher eitel gewesen war, was Klamotten anbetraf.

Simon mochte die Sachen von vor drei Jahre nicht mehr sehen, die Mode hatte sich doch sehr geändert, und für seine Süße wollte er unbedingt ganz viele neue Teile aus der Abteilung Simon.
Die alten Sachen waren zwar praktisch ungetragen, aber eben auch nicht mehr up to Date. Außerdem waren sie ihr zu weit, sie hatte noch einmal kräftig an Gewicht verloren, aber an den richtigen Stellen war sie noch süß gerundet.

Die Boutique-Besitzer freuten sich über den Kaufrausch der drei Erwachsenen mit den goldenen Master Cards.
Die geduldigen Kinder, die nur ganz selten die Augen ein bisschen verdrehten, bekamen auch noch ein paar hübsche Jeans und Shirts.

Leonie war jetzt nicht so das Kleidchen-Mädchen, was ihrer Mutter zwar manchmal leid tat, aber sie war andererseits auch froh, kein so Püppchen zu haben wie Annabell es war.
Danach schlugen sie sich die Bäuche mit Tapas voll. Der Ober konnte den Blick nicht von der schönen, blonden Frau lassen, die perfekt Spanisch sprach.
Sie hatte zwar schon zwei sehr gut aussehende Männer neben sich, aber träumen durfte er ja ein bisschen.

„Warum guckt der Mann denn so?" fragte Leonie.
„Weil alle Männer bei deiner Mama gucken!" erklärte Jonas trocken.
„Dürfen die das, Papa?" Die Kleine hatte feine Antennen.
Simon lachte. „Was soll ich denn dagegen machen?" fragte er zurück.
Leonie hatte darauf auch keine Antwort.

Aber etwas anderes fiel ihr ein. „Und warum guckst du nicht?" fragte sie Hannes. Der hielt sich mittlerweile den Bauch vor Lachen.
„Oh, ich gucke schon, aber anders!" räumte er ein.
„Wie anders?"
„Ich gucke deine Mama als Freund an, und da schaut man eben nicht verliebt."

So ganz verstand sie jetzt nicht alles, aber sie fand es gut, dass Hannes die Mama nicht verliebt anguckte, der Papa es aber schon tat.
„Der Jonas ist mein Freund! Der schaut mich auch nicht verliebt an!" stellte sie abschließend fest und wandte sich anderen Themen zu, zum Beispiel den leckeren Tapas, fast ganz ohne gesundes Gemüse.
Die Erwachsenen wischten sich die Lachtränen aus den Augen, und bedienten sich ebenfalls von den übervollen Platten.

Jonas grinste vor sich hin.
Auf was Mädchen alles kamen!
Er setzte sich auf den Schoß seines Vaters, schmiegte sich an ihn.
Das war ein schöner Urlaub!
Der Papa lachte so viel, weinte nicht einmal mehr in der Nacht.

Es war gut, dass Mona Papas Freundin war und Simon sein Freund.
Und dass Leonie seine eigene Freundin war
Alles war so gut, dass es so bleiben sollte.

Hannes verwuschelte die Haare seines Prachtjungen und dachte zum ersten Mal nicht an die Vergangenheit, sondern genoss einfach die Gegenwart.
Simon und Mona bemerkten zufrieden, dass ihr Freund keine feuchten Augen hatte, sondern strahlend lächelte.

Nach dem Essen besorgten sie gleich noch drei große Koffer, zum Glück gab es in der Business Class keine Beschränkung beim Gepäck.
Sie packten ihre neuen Sachen gleich ein und rollten mit den Gepäckstücken zu den Autos.
Im Haus setzte sich Mona aufs Sofa und klatschte in die Hände. „So, Männer! Jetzt möchte ich eine Modenschau sehen!"

Die beiden machten den Spaß mit, stolzierten wie auf dem Laufsteg auf und ab.
Die Kinder lachten sich kringelig.

Es gefiel ihnen so sehr auf der Insel, dass sie eine dritte Woche anhängten.

Sie verbrachten auch viel Zeit am Meer. Die Leute um sie herum wunderten sich über die Familie mit zwei gutaussehenden Männern, einer schönen Frau und zwei wunderhübschen Kindern.
Aber es war schnell klar, wer zusammengehörte.

Der zweite Mann war wohl der alleinerziehende Bruder von einem von beiden, so gut wie sich die Erwachsenen verstanden.
Und sie hatten nicht einmal so Unrecht.

Hannes und Simon waren sich näher als Brüder je sein konnten.
Hannes und Mona waren schon lange Seelenverwandte.
Nach dem Urlaub flogen drei Erwachsene und zwei Kinder zurück. Vier waren überglücklich, einer nicht mehr so fassungslos von Trauer geschüttelt.


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