Kapitel 5

Simon

So wie sie lächelte, ließ sie das Messer wohl stecken. Aber er sah auch nicht die Liebe, auf die er gehofft hatte, aufblitzen.
Bist du verrückt?
Was erwartest du denn?

Gerade hat sie um ihren Nochehemann oder was auch immer geweint, bis sie einen Schluckauf bekam, und jetzt sollte sie dir um den Hals fallen und dir ewige Liebe gestehen?
Er zog sie hoch, nahm sie in die Arme, legte das Kinn auf ihren Kopf.
Er merkte, wie er hart wurde.
Er zog sich ein wenig von ihr zurück, verblüfft, wie sein Körper auf diese unschuldige Nähe mit ihr reagierte.

Dann musste er sie küssen, so küssen wie gestern, aber ohne die kalte Wortdusche danach.
Er beugte sich zu ihr, suchte ihren Blick, suchte Zustimmung, sah wenigstens keine Abwehr, senkte sanft seine Lippen auf ihre, strich über ihren Mund, küsste ihre Mundwinkel, bat um mehr, sanft, zärtlich, bis sie ihm wieder Zugang schenkte, bis er ihren Mund erforschen durfte, bis er ihre Zunge liebkosen durfte.

Es wurde ein endloser Kuss.
Immer wieder kehrte sein Zunge zu ihren Mundwinkeln zurück, immer wieder knabberte er an ihrer Unterlippe, immer wieder suchte er ihre Zunge.
Sie verhielt sich relativ passiv, ließ ihn spielen.

Nach langer Zeit wagte sie, sein Spiel zu kopieren, machte mit seinen Lippen, was er mit ihren gemacht hatte, suchte Eingang in seinen Mund, und nie hatte er etwas Erotischeres erlebt als ihre sanften Vorstöße.
Er presste sich wieder an sie, bei einem solchen Kuss war es nichts Außergewöhnliches, dass er so erregt war.
Es musste ihm nicht unangenehm sei.
Und doch hatte er das Gefühl, dass sie leicht zurückzuckte.

Und mit einem Mal wurde er sich ihrer Unerfahrenheit bewusst. Sie hatte ihren späteren Mann mit 15 kennengelernt, er war der erste und letzte Mann in ihrem Leben gewesen.
Sie wusste einfach nicht, wie Männer auf sie reagierten, und das gefiel ihm unendlich.
Doch er nahm sich vor, behutsam zu sein, sie nicht zu überfordern, zu warten, bis sie für ihn bereit sein würde.

Langsam löste er sich von ihr, strich ihr über die leicht geröteten Wangen, ganz sanft mit einem Finger zeichnete er die Konturen ihres schönen, ebenmäßigen Gesichtes nach. Er hatte das Gefühl, dass sein Gesicht leuchtete, seine Augen strahlten. Sie hatte ihre geschlossen, lehnte an ihm.
„Das war schön!" flüsterte sie.

Das hatte auch noch nie eine Frau nach einem Kuss zu ihm gesagt. „Das war schön!"
Da fielen sonst schon andere Worte, von denen „heiß" nur eines war.
Aber er hatte noch nie etwas Besseres gehört, als dieses: „Das war schön!" Vor allem nie etwas Ehrlicheres.

„Ja, das war es, Schönheit" stieß er hervor.
Sie lächelte ihn an, und dieses Lächeln raubte ihm fast alle Sinne. Es war so offen, ließ sie so verletzlich aussehen, so voller Vertrauen wie ein Kind.
Seine Augen wurden feucht.
Super!
Jetzt heulst du los, oder was? dachte er verblüfft. Wirst du jetzt zum Softie? Nach einem Kuss?

Mona

Mein Gott, wie er sie ansah.
Er hielt sie im Arm, schien etwas in ihrem Blick zu suchen.
Wollte er wissen, ob sie verliebt war?
Aber sie konnte sich doch nicht verlieben, so lange sie Fabian nicht überwunden hatte.

Er war erregt von ihrer Nähe, sie hatte es gefühlt, es war ihr ein wenig unangenehm, sie wusste nicht, was ein Mann erwartete von ihr, wenn er erregt war.
Sie hatte keine Ahnung vom Umgang mit Männern.
Sie hatte nur Fabian gekannt als Mann.
Da wurde nicht geredet über Sex, wenn am Abend das Nachthemd weg war, wusste sie, es war wieder Zeit.
Aber nach ein paar Minuten war es dann auch wieder überstanden.

Und jetzt hielt dieser tolle Kerl sie in seinen Armen und küsste sie, und dieser wunderschöne Kuss raubte ihr die Sinne, ließ das Blut aus ihrem Kopf zwischen ihre Beine fließen.
Was heißt fließen?
Stürzen!
Sie kannte diese Art zu küssen nicht, aber sie konnte lernen.
Sie versuchte, es bei ihm genauso zu machen, er presste sie wieder an sich, sie fühlte seine Härte an sich.

Sie war erregt wie noch nie, wollte sich reiben an ihm, wollte unter sein T-Shirt, seine Haut liebkosen, wollte ihn zum Stöhnen bringen und ließ doch zu, dass er sich von ihr trennte.
Und sie konnte nichts sagen, als dieses dumme: „Das war schön!"

Eine erfahrene Frau hätte bestimmt andere Worte gefunden.
Aber sie brachte nur hervor, was sie in ihrem tiefsten Inneren fühlte.
Und was sagte er? „Ja, das war es, Schönheit!"
Dieser kleine Satz tat ihr so gut. Er fand sie schön, oder er sagte es wenigstens. Dieser Traummann hatte sie Schönheit genannt, und als sie in seine Augen sah, konnte sie fast glauben, dass er es auch so gemeint hatte.

Er streichelte noch immer ihr Gesicht, und diese kleinen Zärtlichkeiten waren fast noch erregender als der Kuss.
Sie wollte mehr davon, mehr Erregung, mehr Zärtlichkeit, mehr von ihm.
Aber sie war so ein Baby!
Doch eines musste sie klarstellen: Ganz egal, was hier und heute geschah, sie wollte keine Beziehung, sie wollte nichts Festes, so lange sie sich nicht über ihre Gefühle zu Fabian im Klaren war.
Sie wollte es auch gleich ansprechen. „Du, Simon, ich muss dir was sagen. Ich weiß nicht, was du von mir erwartest. Aber so lange die andere Sache nicht ausgestanden ist, kann ich dir keine Gefühle bieten."

Simon

Da war sie also doch noch gekommen, die kalte Wortdusche.
Und noch heftiger als gestern.
Aber trotzdem musste er lachen.
Zum einen glaubte er ihr einfach nicht, dass sie nichts fühlte für ihn, zum anderen waren die Rollen wohl eindeutig vertauscht.
„Tut mir Leid, Süße, aber glaubst du nicht, dass das der Text des Mannes ist?" Er löste sich aus ihren Armen, stellte sich an die Balkontüre, lachte Tränen.

Sie sah ihn verunsichert an.
„Solche Sätze sagt man als Mann gewöhnlich, um eine Frau auf Abstand zu halten!" erklärte er. „Ich stecke in einer alten Beziehung fest. Erwarte nicht zu viel von mir. Das klappt meistens!"
Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen.

Und jetzt sagte das erste weibliche Wesen, in das er in seinem Leben schwer verliebt war, genau das zu ihm.
Die Situationskomik war nicht zu übertreffen.
Bist du so verliebt, weil du ihr Herz nicht auf dem Präsentierteller bekommst wie sonst? fragte er sich selbstkritisch.
Hast du so gelitten gestern Abend, weil sie unerreichbar schien für dich?
Er wusste keine ehrliche Antwort.
Er war verwirrt wie noch nie in seinem Leben.
Gefühlsverwirrt.
Das kannte er gar nicht.

Sonst musste er nur mit dem kleinen Finger winken, die Frauen fielen ihm zu Füßen, gestanden ihre Liebe, die er aber gar nicht wollte.
Hier war ein wunderschönes Mädchen, dem er seine Liebe schenken wollte, das sie aber nicht wollte.

Er ging wieder auf sie zu, setzte sich, zog sie auf seinen Schoß.
„Lassen wir es langsam angehen, ja?" bat er ernst. „Lass uns sehen, was aus uns wird. Ich finde dich wahnsinnig anziehend, wahnsinnig begehrenswert, wahnsinnig interessant. Gib mir eine Chance, okay? Gib uns eine Chance, Süße! Bitte!"
Dass er diese Worte je aussprechen würde, hätte Simon im Traum nicht gedacht.
Dass er eine Frau um eine Chance bitten würde.

Mona

Meine Worte waren sehr hart gewesen! dachte sie. Aber er war nicht verletzt. Er hatte gelacht, aber es war auch ein wenig Enttäuschung in seinen Augen gewesen.
Sie war durcheinander.
Sie hatte davon geträumt, ihn wieder zu sehen, ihn zu küssen, sich von ihm küssen zu lassen, vielleicht auch mehr?

Sie hatte sich seine Liebesschwüre zurecht geträumt, aber hier und heute alles erst einmal abgeblockt.
Sie war so verwirrt.
Wollte sie, dass er sie liebte, um ihm einen Dolchstoß zu verabreichen, wollte sie sich an ihm rächen für Fabians Verrat?
„Such dir doch endlich einen!" hatte ihr Mann gesagt.
Wehrte sie sich deshalb gegen Gefühle, weil dann das Leben mit Fabian endgültig vorbei wäre?
Ihre Gedanken machten sie ganz verrückt.
Aber - musste man denn unbedingt alles analysieren, alles verstehen, alles durchdenken bis zum Exzess?

Konnte sie sich nicht einfach fallen lassen?
Einfach jung und glücklich sein?
Ohne hinter allem ein Problem zu sehen?
Vielleicht hatte das Fabian in die Arme Annas getrieben, dass sie nie einfach locker das Leben genießen konnte?

Fabian, Fabian, Fabian! Konnte sie ihn denn nicht ein paar Minuten vergessen? Sie saß auf dem Schoß dieses wunderbaren Mannes, sie war erregt bis zum Anschlag, er begehrte sie, wo verdammt noch mal, war ihr Problem?

Simon

Simon hätte mehr als einen Penny für ihre Gedanken gegeben.
Sie saß auf seinem Schoß, schien aber meilenweit von ihm entfernt zu sein.
Sie sah ins Leere, dachte sie an den anderen?

Vielleicht sollte er sie einfach verführen, sollte ihr die Liebe zeigen, sollte ihr klar machen, wie sehr es in Ordnung wäre, sich ihm auszuliefern?
Er war gut im Bett, das wusste er, vielleicht sollte er ihr zeigen, wie gut?
Vielleicht würde sie sich dann in ihn verlieben können?

Er schämte sich vor sich selbst für seine Gedanken.
Wie parterre war das denn?
Aber küssen durfte er sie doch noch einmal, ohne sich zu sehr als Schuft zu fühlen?

Seine Lippen suchten ihre, fanden einen seidenweichen Mund.
Sie war schon mutiger, erwiderte seinen Kuss schneller als gerade.
Wieder küssten sie sich unendlich lange, er hörte auf zu atmen, versuchte die Begierde in Schach zu halten, merkte aber bald, dass er den Kampf um Beherrschung verlieren würde.

Er musste ihren Nacken küssen, ihre festen Brüste berühren, ganz sanft, streichelnd, er musste die Knöpfe ihrer Bluse öffnen, wollte Haut spüren, viel Haut, alles an Haut, was er erreichen konnte, er musste den Reißverschluss ihrer Jeans öffnen, musste ihre Wärme zwischen den Beinen spüren, musste sie streicheln, bis sie keuchte, sich versteifte.

Sie reagierte schnell, war sehr erregt, bog sich ihm entgegen, stöhnte, und er kam fast, während er sie zum Orgasmus brachte.
Was sonst eher eine Pflichtübung gewesen war – er wollte ja seinem Ruf als guter Liebhaber gerecht werden – war bei ihr die reine Kür, das Wunderbarste, was er je mit einer Frau erlebt hatte.
Er küsste jeden Millimeter ihres Gesichtes, bis sie wieder auftauchte aus dem Strudel der reinen Lust.

Mona

Mein Gott, was machte er mit ihr?
Wie er sie berührte, wo er sie berührte, was sie empfand!
Er spielte mit ihren Brüsten, aber zart, sanft, streichelte ihre Brustwarzen, bis sie fast abhob.
Seine Finger glitten über ihre Haut, es war unglaublich, was diese zärtlichen Berührungen in ihr auslösten.

Ihr Atem flog, keuchte sie etwa?
Seine Finger öffneten den Reißverschluss ihrer Hose, wo wollten sie denn hin?
O ja, da wo sie landeten, da war es gut!
Es war sehr gut, wie er sie rieb!
Wie sanft!
Er wusste genau, was er tat - und was er tat, war der reine Wahnsinn.
Sie fühlte den Orgasmus hochsteigen, stellte das Atmen ein, bis sie erleichtert aufstöhnte.

Sie hatte mit 28 Jahren zum ersten Mal erlebt, wie ein Mann sie zum Höhepunkt bringen konnte.
Sie hatte Fabian anfangs dazu bringen wollen, sie dort unten zu berühren, ein paar Mal hatte er ihrer Aufforderung auch halbherzig Folge geleistet, aber seine Erregung war dabei immer zusammengebrochen, für sie ein Zeichen, dass er es nicht gerne machte.

Zum Erfolg hatte es eh nie geführt, zu schnell hatte er von ihr abgelassen, was sie noch mehr frustriert hatte, also hatte sie auch die sanften Hinweise darauf, was ihr gut tat, unterlassen.
Sie hatte dann beim Akt ein bisschen gestöhnt, er war zufrieden damit gewesen.

Aber das, was Simon gemacht hatte mit ihr, diese unglaubliche Zärtlichkeit, diese Hingabe, war unvorstellbar für sie gewesen.
Und er war noch genau so hart wie vorher, es hatte ihm auch gefallen zu tun, was er getan hatte.
„Das war schön!" flüsterte sie wieder, und sie war überrascht, dass sie keinerlei Peinlichkeit empfand.
Was geschehen war, war okay gewesen, folgerichtig, normal.
Und wunderschön!


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