Kapitel 44
Am Freitag wachten sie frisch und munter auf, hatten das Gefühl, sie konnten die Welt aus den Angeln heben. Um neun kamen die Eltern, seine hatten ihre abgeholt.
Ein Großraumtaxi brachte alle nach Straubing zum Flugplatz. Mona hatte sich gewundert, dass ihre Eltern zwei große Koffer anschleppten, für die paar Tage. Nach ihrer Bemerkung schmunzelte ihre Mutter nur.
Sie gingen mit einem Gepäckwagen in Richtung Flugzeug.
„Der Pilot ist schon dort?" fragte Mona. Sie hätte den Mann schon gerne gesehen, dem sie ihr Leben anvertraute.
„Nein!" antwortete Simon. „Aber er ist auf dem Weg." Er schmunzelte, genau wie seine Eltern.
Das ist aber ein Geschmunzel heute! dachte sie.
Als Simon von dem Mechaniker am Platz mit Handschlag begrüßt wurde, die Türe zum Cockpit öffnete, fiel langsam der Groschen bei ihr.
„Du? Du fliegst dieses Ding?" fragte sie staunend.
„Jawollja! Ich fliege mit meinem Engelchen in den Himmel." Er hob sie hoch, wirbelte mit ihr im Kreis herum.
Die Eltern zerdrückten ein paar Tränchen, der Mechaniker grinste.
Der Dr. Reiser!
Da hatte er sich ja einen heißen Käfer als Co-Pilotin ausgesucht.
Das war auch das erste Mal, dass er mit einer Frau flog.
Nachdem alle Checks abgeschlossen waren, starteten sie.
Es kam Mona wie ein einziger Traum vor.
Sie flog tatsächlich mit diesem tollen Mann, mit diesem ausgesprochen sexy Typen in einem Flugzeug.
Er sprach mit dem Tower, sie lauschte seinen Worten, ihre Hormone wirbelten durch ihren Körper. Er startete konzentriert, zog den Vogel hoch, kontrollierte die Instrumente, lächelte sie an.
Sie genoss jede Minute, musste ihn immer wieder ansehen, er sah obercool aus, mit dem Headset und überhaupt.
Eigentlich sollte ich ja jetzt aufwachen.
Das war eindeutig zu viel, dachte sie. So etwas passierte im richtigen Leben nicht.
Sie flogen über München, über die Alpen, über Südtirol, über den Gardasee, sahen die Staus auf den Autobahnen.
Nach zwei Stunden landeten sie bei Florenz, Florian und Christoph holten sie mit zwei Autos ab.
Auch sie schmunzelten seltsam.
In der Villa gab es ein großes Hallo. Die Kids fielen ihr um den Hals, ihre Verwandten küssten sie ab und schmunzelten auch.
„Warum grinsen die denn alle so komisch?" fragte sie Simon.
„Sie freuen sich halt, dass du da bist!" antwortete der.
„Und über dich heulen sie, oder was?" zog sie ihn auf.
Er drückte sie an sich.
Sonja rief zum Mittagessen, sie und die anderen Frauen hatten eine leckere Minestrone gekocht.
Es war eine sehr fröhliche Runde.
Sie scherzten, Simon erzählte von der Geschäftstüchtigkeit seiner Schnecke, ohne allerdings Zahlen zu nennen.
Nach Cappuccino und Tiramisu ging Simon mit ihr ein Stück durch die Weinberge zu der zweiten Villa, wo Maria mit ihrer Familie wohnte.
Die Italienerin freute sich sehr, den jungen Deutschen zu sehen, der mit seiner Investition das Weingut ihrer Familie gerettet hatte.
Er ließ ihnen vollkommen freie Hand, ließ seinen Anteil am Ertrag auf seinem Konto stehen, für schlechte Zeiten, wie er gesagt hatte, holte nur einmal im Jahr eine Ladung Wein ab.
Und nun wohnten seit ein paar Tagen die Geschwister seiner Freundin in seiner Villa, alles ausgesprochen nette Leute.
Da schien sich wohl eine feste Beziehung anzubahnen, was sie sehr freute.
Der Dottore war noch nie mit einem weiblichen Wesen hier gewesen, manchmal hatte sie schon befürchtet, er stehe eher auf Männer. Was jetzt für die offene Frau kein Problem gewesen wäre, aber ein Verlust für die Damenwelt.
Das war ja oft so, dass die besonders Hübschen und Netten es nicht mit Frauen hatten.
Als sie aber nun das schöne Mädchen sah, das er ihr als seine zukünftige Frau vorstellte, wusste sie, dass er wohl nur lange hatte suchen müssen, bis er sie gefunden hatte.
Sie bat die beiden in die gemütliche Küche, servierte Wein und Antipasti.
Simon schob die Weingläser zurück. „Wir sind schwanger!" erklärte er lächelnd. Marias Freude kannte nun keine Grenzen mehr.
Die drei Kinder kamen angelaufen, sahen die schöne Deutsche bewundernd an, freuten sich, dass sie sie in perfektem Italienisch ansprach.
Es dauerte nicht lange, bis sie Mona mit sich zogen, um ihr ihre Zimmer und die Tiere zu zeigen.
Simon sah ihr lächelnd nach.
Kinder liebten sie, und sie ging immer sehr respektvoll mit ihnen um.
Sie würde eine perfekte Mutter werden.
Er bekam schon wieder feuchte Augen.
„Tränen?" fragte Maria.
„Ich liebe sie so sehr!" antwortete er.
Sie nahm ihn in den Arm. Luigi kam dazu, schlug Simon auf die Schulter. Er hatte Mona mit den Kindern durch den Hof laufen gesehen.
„Dein Mädchen?" fragte er grinsend. „Du nimmst auch nicht jede, oder? Da musste es schon die zweitschönste sein." Er küsste seine Frau, um ihr zu zeigen, wer die Allerschönste war.
„Mein zukünftige Frau!" erklärte Simon. Dann flüsterte er noch eine Weile mit dem italienischen Paar, horchte immer vorsichtig, ob Mona zurückkam.
Als sie sich verabschiedeten, schmunzelten Luigi und Maria sie an.
„Um mich herum sind nur noch Grinsekatzen!" bemerkte sie trocken und kopfschüttelnd.
Simon lachte Tränen. Das wird schon seinen Grund haben! dachte er und schmunzelte.
„Jetzt fängst du auch noch an!" beschwerte sie sich.
An ihrer Villa hatten die Geschwister ein großes italienisches Büffet vorbereitet. Es war wieder eine ausgesprochen fröhliche Runde.
Zum Glück bemerkte keiner, dass sie beide weder rauchten noch Wein tranken. Mona wollte ihr süßes Geheimnis noch eine Weile für sich behalten, auch wenn Simon es überall ausplauderte. Hoffentlich konnte er wenigsten bei ihrer Familie seine Zunge etwas hüten.
Nach dem ausgiebigen Schmausen wollte er mit ihr auf eine Bank etwas unterhalb der Villa, um den Sonnenuntergang zu genießen, vielleicht aber auch, um ein ganz kleines Bisschen mit ihr zu schmusen.
Als sie in seine Arme geschmiegt da saß, nachdem er seine Finger ein wenig unter ihrem Slip hatte spielen lassen und nachdem sie sich mit ein wenig Handarbeit bei ihm revanchiert hatte, hörte sie oben ein lautes Scheppern. Sie riss den Kopf nach hinten.
„Autsch, da ist was zu Bruch gegangen!"
„Scherben bringen Glück!" sagte er nur.
„Genau! Drum haut man ja bei einem Polterabend so viel kaputt!" scherzte sie.
Da krachte es oben wieder. „Na, sag mal! Sind die blau oder was?" Sie wollte aufstehen, um nachzusehen, was da los war, aber er hielt sie eisern fest.
Schon wieder hörte es sich an, als sei ein ganzer Stapel Teller auf den Terrassenfliesen gelandet.
„Simon, die hauen dein ganzes Geschirr über den Boden!"
„Ich hab doch gesagt, Scherben bringen Glück!" Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, küsste sie lieber ausgiebig.
Es klirrte und klirrte und klirrte!
Sie wollte sich freimachen.
„Die sind verrückt!" Sie wollte unbedingt nach oben, konnte sich aber immer noch nicht aus seinem Griff befreien.
„Vielleicht feiert ja jemand Polterabend!" gab er zu bedenken.
Sie lachte. „Ja, freilich! Bestimmt!"
Simon zog sie auf seinen Schoß, sah ihr tief in die Augen.
Heute stand sie wohl ein bisschen auf der Leitung, eher ungewöhnlich für sein kluges Mädchen.
Er hatte damit gerechnet, das sie eher eins und eins zusammenzählte.
„Vielleicht feiert ja wirklich jemand Polterabend!" wiederholte er, ließ ihren Blick nicht los.
Wieder schepperte es hinter ihr.
„Polterabend feiert man vor einer Hochzeit. Wer sollte denn heiraten?" widersprach sie, wunderte sich, dass er so ruhig blieb, während ihre Familie seinen Hausstand zerdepperte.
„Ja! Hm! Wer sollte denn heiraten?" Er küsste ihr Näschen. „Ich wüsste schon jemanden!"
Und langsam, ganz langsam sickerten seine Worte durch die Windungen ihres Gehirns.
„Du meinst: du - ich - wir?" stieß sie hervor.
„Du warst zwar schon mal sprachgewandter, aber ja, ich meine: ich - du - wir!"
„Nein!"
„Nein?"
„Doch, natürlich, ja! Wann?"
„Morgen!"
„Aha!"
Simon musste herzhaft lachen über den äußerst beschränkten Wortschatz, über den sie im Moment verfügte.
Aber plötzlich sprudelten die Worte nur so aus ihrem schönen Mund.
„Wir heiraten morgen, und ich haben nichts gewusst? Deshalb grinsen alle so die ganze Zeit, weil alle es wussten, nur ich nicht? Deshalb machen die einen solchen Radau da oben, weil sie unseren Polterabend feiern? Aber ich habe gar kein Kleid!"
„Doch, Süße! Hast du!" Er nahm sie bei der Hand und führte sie nach oben. Sie stiegen über Berge von Scherben.
„Na endlich!" rief Florian.
„Hat überraschend lange gedauert!" gab Simon zurück.
Sie gingen in ihr Schlafzimmer, auf dem Bett lag ein Traum in Weiß, aus edler Spitze, mit gebauschtem Rock und engem Miederoberteil.
„Du hast ein Brautkleid für mich gekauft?" Sie sah ihn fassungslos an. Er forschte in ihren Zügen, suchte nach einer Spur von Verärgerung, fand aber nur glückliches Staunen.
„Das war der Schwachpunkt an meinem Plan!" gestand er. „Dass du sauer sein könntest, wenn ich so übergriffig bin."
„Quatsch! Wie könnte ich denn sauer sein, bei so einem Traumkleid!" Sie küsste ihn dankbar.
Sie fand es wirklich toll, dass er sie so überrascht hatte, auch wenn sie nicht alles bis ins Detail schon verstehen konnte.
„Und es passt bestimmt auch, bei deinem geschulten Blick!"
„Oh! Nicht frech werden!" warnte er sie lachend.
„Also, jetzt mal langsam für total überforderte Monas zum Mitschreiben. Wir heiraten morgen in der Toskana, ich in diesem wunderbaren Kleid, und du hast bestimmt auch etwas Umwerfendes für dich besorgt, ebenso wie alle Papiere und Pfarrer und Standesbeamten. Und unsere Eltern und Essen und eine Kirche!"
„Yep!" gestand er und zog sie in seine Arme.
„Gut!" Mona sah ihn gottergeben an. „Du überraschst mich gerne, oder?"
„Yep!" Mehr brachte er im Moment nicht heraus.
Dann berichtete er von seinem Plan, den er ausgeheckt hatte, als der Brief mit der Eheauflösung gekommen war.
„Ich habe auch deinen Namen ändern lassen. Da musste ich allerdings ein bisschen flunkern, so mit kranker Frau und meinen nicht unbeträchtlichen Charme spielen lassen. Aber ich wollte Mona Carsten heiraten, nicht Mona Berg." Seinen Husky-Blick setzte er dieses Mal voll bewusst ein. Er wusste, er hatte einiges über ihren Kopf hin entschieden, sie hätte schon ein wenig sauer sein können.
Aber was tat sein Mona-Schatz? Fiel ihm um den Hals, küsste ihn ab.
„Vorsicht, Mäuschen! Simon plus Mona plus Bett ist gleich sehr gefährlich!"
„Eine schöne Formel, Herr Dr. Reiser!" hauchte sie mit verführerischem Augenaufschlag.
„Finde ich auch!" flüsterte er.
Na gut, wenn sie so lockte, dann müssten die Gäste eben ohne sie beide weiterfeiern.
Er hätte es geschafft, sich zu beherrschen.
Schuld war sie, wenn sie es zuließ, dass ihre Veilchenaugen so dunkel wurden, wenn sie es zuließ, dass ihr Körper sich so an ihn schmiegte.
Als sie später lachend nebeneinander lagen, fragte er sicherheitshalber: „Und du bist nicht böse, weil ich alles so ohne dich zu fragen entschieden habe?"
„Hattest du gerade den Eindruck?" zog sie ihn auf. „Also, jetzt weiter im Text! Seit wann heiße ich jetzt Carsten?"
„Seit Donnerstag!"
„Und wie viele tiefe Blicke hat dich das genau gekostet?"
„Fünf? Oder vielleicht auch sechs?" räumte er ein.
„Okay! Das ist nicht überbezahlt, finde ich!"
Er fasste in seine Schublade, zog einen vorläufigen Ausweis heraus. „Mona Carsten" las sie.
Er konnte nicht wissen, dass das das schönste Geschenk war, das er ihr machen konnte.
Sie hätte wirklich nicht gewollt, dass sie als Mona Berg, geborene Carsten, vor dem Altar stand.
„Danke!" flüsterte sie. „Du weißt nicht, was mir das bedeutet."
„Vielleicht doch. Und dass es dir viel bedeutet, bedeutet mir viel." Er küsste ihr Haar. „Ich liebe dich Mona, und ich kann es kaum erwarten, dass du meine Frau wirst!" Dann sprang er schnell aus dem Bett und zog sich an.
Sie bekam schon wieder diesen gewissen Blick, und langsam erschien es ihm doch unhöflich, die anderen so lange alleine zu lassen.
Arm in Arm gingen sie nach unten. Mona stellte sich vor die Gäste. „So meine Damen und Herren, mittlerweile habe ich auch mitgekriegt, dass ich morgen heirate. Aber es war ja noch früh genug."
Danach ging sie mit Sonja und ihren Schwägerinnen nach oben, um das Kleid anzuprobieren.
Es passte wie angegossen, war wunderbar geschnitten, sah an ihr fantastisch aus. „Schuhe!" rief sie erschrocken aus.
„Alles da! Simon hat einen Karton bei mir deponiert, da ist das ganze Zeug drinnen, was man als Braut so braucht, aber den kriegst du erst morgen."
„Wie kommt denn ein Karton zu dir?" Mona verstand nur noch Bahnhof.
„Mit einem Boten, wie dein Kleid und sein Anzug. Er ist wirklich sehr einfallsreich, dein Simon."
„Verrückt ist der, komplett verrückt!" stellte Mona lachend fest. „Wann ist übrigens die Trauung?"
„Um zwölf!" beruhigte sie ihre Schwester.
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