Kapitel 35

Die Jungs klopften Beifall. Sie lächelte etwas verlegen. Das tat schon gut, diese Anerkennung zu spüren. Sie wusste, er wollte ihr keinen Honig um den Mund schmieren, er und die anderen meinten was sie sagten.

Als sie mit Kai in seinem Arbeitsraum war, sagte der: „Der Chef nimmt dich ganz schön ran."
„Das ist auch gut so!" erklärte sie. Sie wusste, warum Simon sie so forderte, und sie war ihm sehr dankbar dafür.

Simon sah ihr nach, als sie mit Kai das Zimmer verließ.
Fast tat sie ihm leid, weil er sie so mit Arbeit eindeckte.
Aber erstens brauchte er sie wirklich, in der Branche musste man schnell sein.

Und so lange er nicht mehr Mitarbeiter hatte, mussten eben alle ran. Aber der Hauptgrund war, dass sie spüren sollte, dass sie gebraucht wurde.

Damit sie nicht das Gefühl bekam, nur das Liebchen des Chefs zu sein und dafür bezahlt zu werden. Er hatte sie beauftragt, auch ihr 150.000 Euro zu überweisen, denn ihr hatte er ja den Deal mit Mr. Huen zu verdanken.

Aber sie musste auch sicher sein, etwas für die Kohle zu tun.
Alles andere würde ihren Intellekt beleidigen und ihren Stolz verletzen.
Er telefonierte mit dem Einkäufer des Verlages, den Mona an die erste Stelle gesetzt hatte. Der war sehr interessiert, stellte aber so viele Fachfragen, dass Simon passen musste.

„Ich verbinde Sie mit meiner Angestellten, die Fachfrau für unsere Lernprogramme ist!"
Er drückte den Knopf zu Monas Anschluss. „Süße, sprich du bitte mit dem Herrn vom Verlag. Seine Fragen überfordern mich."
Dann stellte er das Gespräch durch.

„Mona Berg!" meldete sich lächelnd.
Am anderen Ende der Leitung blieb es eine Weile still.
„Frau Berg? Frau Berg von der Kreuzstein-Schule? Hallo, Sievert hier!"

Er hatte die hübsche Förderlehrerin auf einer mehrtägigen Verlags-Fortbildung in den letzten Osterferien kennengelernt.
Sie war ziemlich schlau, hatte seinen Kollegen und ihm eigentlich mehr beigebracht als umgekehrt, hatte ihnen unzählige Verbesserungsvorschläge unterbreitet, die sie seitdem bei ihrem Material umgesetzt hatten.

Sein Kollege Fritz und er hatten sie kräftig angebaggert, aber auf Granit gebissen. Sie war zu allen freundlich, höflich, charmant, blieb aber distanziert.
„Arbeiten Sie jetzt in der Privatwirtschaft?"
„Hallo, Herr Sievert!" Sie verdrehte die Augen.
Ausgerechnet!

Der Typ hatte sie ganz schön angemacht bei dieser Fortbildung.
Sie hatte viel zu tun gehabt, seine Hände und die seines Kollegen abzuwehren! Aber fachlich hatten sie ganz gut zusammengepasst.
„Ja, ich bin jetzt bei Reimon angestellt."
„Na, da können Sie ja Ihrem Faible für Informatik frönen. Wenn ich das geahnt hätte, hätten Sie ja auch bei uns anfangen können."

Mona lachte. „Das hat auch persönliche Gründe, dass ich hier angefangen habe."
„Eine kleine Liaison mit jemandem, der mehr Glück hatte als ich bei Ihnen?" Es sollte launig klingen, was ihm nicht so ganz gelang.
„Na ja! Es ist mehr als eine Liaison. Aber das wird jetzt zu privat. Sie sind also interessiert an unseren Lernprogrammen, haben aber noch Fragen?" wechselte sie das Thema.

„Ja, ich bin auch interessiert an Ihren Lernprogrammen. Und ich würde mich freuen, wenn Sie mir bei einem persönlichen Treffen die Fragen beantworten würden." So ganz gab er noch nicht auf.
Mona holte tief Luft. „Herr Sievert, ich habe eigentlich gedacht, dass es reicht, wenn man zehnmal nein, danke, ich bin nicht interessiert, zu einem Mann sagt!"

Nun musste er lachen. Sie hatte ja Recht!
„Gut! Ich verspreche Ihnen, dass das der letzte Baggerausflug war. Also dann zum Geschäft."
Er stellte ihr all die Fragen, die ihr Chef ihm nicht hatte beantworten können.

Am Ende war er begeistert von dem, was er zu hören bekam. „Und wir bekommen Exklusivrechte?"
„Nun, wir vermarkten die Einzelplatzlizenzen selbst auf unserer Homepage. Die Mehrplatzlizenzen bekommen Sie exklusiv, aber das kostet natürlich."
„Nennen Sie eine Hausnummer."

Mona überschlug, überlegte, ob sie Simon fragen sollte. „Na, also Exklusive-Vertrieb für Deutschland, da müssten Sie schon mit 2 Millionen rechnen!"
Herr Sievers war einverstanden. Das hätte er jetzt auch geschätzt. Damit konnte sein Verlag leben, da musste er auch nicht handeln.

„Okay!" stimmte er zu. „Und den Vertrieb für Europa? Wir haben Tochterunternehmen in den wichtigsten Ländern." gab er zu bedenken.
„Gut! Da sprechen wir dann drüber, wenn wir es übersetzt haben. Dann könnten Sie eigentlich nächste Woche vorbeikommen, und wir machen die Verträge."
Sie vereinbarten einen Termin und verabschiedeten sich.

Simon wollte einen Geschäftspartner anrufen, drückte aber aus Versehen den falschen Knopf, kam in ihr Gespräch mit dem Einkaufschef.
Interessiert blieb er dran, wusste zwar, dass es nicht ganz korrekt war, aber er konnte in dieser Thematik durchaus von ihr lernen. Er würde es ihr nachher schon erzählen.

Zuerst schmunzelte er über das Geplänkel der beiden, sie schienen sich zu kennen. Aha, ein weiteres gebrochenes Herz auf ihrem Weg. Er grinste bei ihrer Abfuhr, spitzte die Ohren, als die Verhandlungen begannen.
Als sie den Preis von 2 Millionen erwähnte, hätte er beinahe laut aufgelacht.

Gut, vom Markt und von reellen Preisen konnte sie ja keine Ahnung haben.
Als der Verlagsmensch dann einverstanden war, wäre er fast von Stuhl gefallen.
Er hatte damit gerechnet, 100 Mehrplatzlizenzen an einen Verlag zu verkaufen, wenn es hochkam.

Das wären 500.000 Euro gewesen, wenn sie Glück hatten. Hauptsache, sie hatten einen Fuß in der Türe, waren auf dem Markt des digitalen Lernens präsent.
Sie haute 2 Millionen hin für Exklusivrechte, ein genialer Schachzug.
Als sie aufgelegt hatte, rief er sie zu sich.

Er erklärte, dass er aus Versehen in ihr Gespräch geraten war. Sie war nicht im Mindesten verunsichert, eher erleichtert. „Und? Habe ich alles richtig gemacht?"
„Zwei Millionen!" Er lächelte sie an, sie wusste, dass es in Ordnung war.
„Ganz schön viel, oder? Aber ich kenne mich schon ein wenig mit den Preisen für Lernsoftware aus. Und bei dem Verlag habe ich eine Fortbildung gemacht."

Simon bekam wieder einmal einen Lachanfall.
Worin hatte sie eigentlich keine Fortbildung gemacht?
Jan und Kai hörten ihren Chef nahe am Erstickungsanfall japsen, sahen nach, was los war.
Er nahm sein Mädchen in die Arme, versuchte sich zu beruhigen. „Sie hat.... sie hat...... sie hat das Lernprogramm gerade....... gerade für 2 Millionen an einen Verlag verkauft!" stieß Simon nach Luft schnappend hervor.

Die beiden Angestellten sahen sich an, begannen zu grinsen, stimmten in Simons Gelächter ein.
„Die hats echt drauf!" meinte Kai.
„Vielleicht sollten wir sie klonen!" fügte Jan hinzu.
Kopfschüttelnd gingen die beiden wieder an ihre Arbeitsplätze, berichteten schnell noch Thorsten von ihrem Neuzugang.

Simon musste sie jetzt küssen, und zwar richtig küssen, so wie ein schwer verliebter Mann eine Wahnsinnsfrau küsste.
„Du bist echt einmalig, Sternchen! Du bist phantastisch, du bist phänomenal!" Er fing wieder mit dem Küssen von vorne an. „Du bist unglaublich! Da plauderst du mit einem Verehrer über alte Zeiten, und er rückt, ohne mit der Wimper zu zucken, 2 Millionen raus, für eine Arbeit von einer Woche."
„Das muss er ja nicht wissen. Außerdem sind die Jungs alle vier Supercracks, die schaffen so was eben in einer Woche."

„Ach, und die Lady? Die Lady ist ein Totalausfall, oder?" zog er sie auf.
„Die Lady ist ein Laie."
„Bei was? Bei was ist meine schöne Lady ein Laie, außer beim Kochen?" Seine Stimme begann sich wieder einmal zu verabschieden, weil er daran denken musste, worin sie besonders begabt war.
„Stricken kann ich auch nicht!" flüsterte sie.

„O Gott!" stöhnte er. „Echt nicht? Das ist ja eine Katastrophe!" Sie lachten beide, lachten ein wenig ihrer Erregung weg.
„So, ab an die Arbeit, Brainiac!" Er gab ihr einen sanften Klaps auf den Po, der aber mehr ein Streicheln war.
Sie hat tatsächlich einen so aufreizenden Gang! dachte er, als er ihr nachsah.


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