Kapitel 34
Der Wecker klingelte um sieben, aber einfach so aufstehen konnten sie natürlich nicht. Als sie wach wurden und sich so nah aneinander spürten, wurde alles andere furchtbar unwichtig.
Aber gegen zehn hatten sie es tatsächlich geschafft, geduscht und angezogen zu sein, hatten sogar gefrühstückt. Arm in Arm mit leuchtenden Augen betraten sie die Geschäftsräume.
Kai sah auf die Uhr, pfiff anerkennend durch die Zähne.
Na, heute hatten sie es ja fast pünktlich geschafft.
Simon grinste ihn an. Wie bekam der es bloß hin, jeden Tag um acht hier zu sein? dachte er. Seine Sandra war ja wirklich auch ein steiler Zahn.
Sie trafen sich im Besprechungszimmer. „Also Jungs!" begann Simon. „Der Mittwoch lief ja um einiges besser, als ich gedacht hatte. Vielen Dank für eure Arbeit. Ich werde euch eine guten Bonus zahlen, sobald das Geld aus Amerika da ist."
Lautes Trommeln belohnte ihn für sein Versprechen.
„Mr. Huen hat uns einen wirklich großen Auftrag avisiert, was wir meinem Mädchen zu verdanken haben, da die Kleine sich in den Kopf gesetzt hatte, Mandarin zu lernen." Er küsste sie zärtlich.
Das nächste Klopfkonzert galt ihr.
„Wir werden also zweigleisig fahren in der nächsten Zeit. Kai und Mona machen mit den Schulprogrammen weiter. Jan, Thorsten und ich arbeiten für Mr. Huen, wobei wir dann natürlich Mona für die Übersetzungen brauchen werden. Bis wir etwas aus Amerika hören, machen wir unser Matheprogramm fertig. Und noch etwas: Ihr habt ja vielleicht schon bemerkt, dass wir beide es am Morgen nicht immer sehr pünktlich schaffen. Da ich der Meinung bin: Gleiches Recht für alle, werden wir also eine Art Gleitzeit einführen. Ihr tragt eure Arbeitszeiten einfach in Listen ein, damit ihr selbst einen Überblick habt. Ich werde sie nicht kontrollieren."
Wieder klopften die drei auf die Tische. Mit diesem Job hier hatten sie wirklich das große Los gezogen.
„Und noch ein letztes. Wir könnten, denke ich, Verstärkung gebrauchen. Wenn ihr etwas hört, wenn ihr gute Leute kennt, so zwei bis drei bräuchten wir schon noch, glaube ich.. Platz genug haben wir ja."
Dann machten sich alle an die Arbeit.
Mona fiel es schwer sich zu konzentrieren.
Jedes Mal, wenn sie Simon als Chef erlebte, wenn er so selbstbewusst mit seinen Mitarbeitern sprach, schlugen ihre Hormone Purzelbäume.
Ihr gefiel seine Art unwahrscheinlich gut. Wie er durch Lob motivierte, wie er ihnen seine Anerkennung aussprach, fand sie grandios.
An der Schule war so etwas unvorstellbar gewesen.
Lob gab es nicht, nur Kritik, wenn etwas nicht so gelaufen war, wie ihr Schulleiter es sich vorgestellt hatte.
Sie wusste all die Jahre, dass sie einen guten Job machte, aber zu hören bekam sie das nie. Sie merkte, dass sie das erste Mal überhaupt an ihren Chef gedacht hatte.
Er würde im Dreieck springen, wenn er von ihrer Beurlaubung hörte.
Aber das war jetzt nicht mehr ihr Problem.
Ihr Problem war im Moment, ihre Gedanken von dem sexy Mann loszueisen, der stirnrunzelnd vor seinem Bildschirm saß.
Er versuchte gerade wieder einmal mit diesem vollkommen unlogischen Bankprogramm klar zu kommen, um den Kontostand zu überprüfen.
„Mona, kennst du dich mit Online-Banking aus?" fragte er genervt.
„Ja, mit dem von meiner Bank schon. Aber ich glaube, die ähneln sich alle."
„Dann machst du bitte in Zukunft die Banksachen. Mich regt es auf, mit schlechten Programmen zu arbeiten." bat er sie.
Er gab ihr seine Zugangsdaten, sah sie lieber nicht zu lange an, aber der kurze Blick reichte auch schon, dass das Pochen hinter seinem Reißverschluss zurückkam.
„Schreib mir bitte eine Notiz in meine Privatbox mit den Salden aller drei Konten. Und wenn das Geld von den Amis schon da ist, überweist du bitte jedem, auch dir - kein Widerspruch - 150.000, mir auch." Sie fand es lustig, dass er die ganze Zeit den Blick nicht vom Bildschirm nahm. Sie ging um seinen Schreibtisch herum.
„Was ist denn da so Interessantes?" fragte sie lachend.
Er sprang panisch auf.
Mona hielt sich den Bauch vor Lachen, er grinste sie an. „Bleib mir bloß von der Wäsche, Weib! Husch, ab an die Arbeit!"
Sie ging in ihren Arbeitsraum, bekam kaum noch Luft.
Simon sah ihr nach.
Schwang sie jetzt extra die Hüften, oder hatte sie immer so einen aufreizenden Gang? überlegte er. Er musste das einmal überprüfen.
Sie rief das Bankprogramm auf, wählte das Privatkonto, das Firmenkonto und das Festgeldkonto an. Die Summen, die sie las, verschlugen ihr erst einmal die Sprache. Dann erst wurde ihr bewusst, wie selbstverständlich Simon ihr Einblick in seine finanzielle Situation gab. Sie öffnete das Fenster seiner internen Eingangsbox, teilte ihm die Salden mit.
„P.S.: Ich wollte dir nicht an die Wäsche, ich wollte nur schauen, ob du eine nackte Frau als Bildschirmschoner installiert hast, weil du den Blick nicht abwenden konntest!" schrieb sie darunter.
Das Geld aus Amerika war noch nicht eingetroffen, sie machte sich eine Notiz in ihrem Terminplaner.
Ihr Posteingangskorb bingte.
„Du kannst mir viel erzählen, Biest. Aber das mit dem Nacktfoto ist eine gute Idee. Das mache ich gleich heute Abend. Oder jetzt?" hatte Simon geschrieben.
Sie kicherte vor sich hin, wusste genau, wenn sie jetzt zu ihm hinüberging, ließe er alles liegen und stehen.
Es war ein unglaublich gutes Gefühl!
Sie ging zu Kai. „Ist es eigentlich in Ordnung für dich, dass du mit mir an den Lernprogrammen arbeitest?" fragte sie sicherheitshalber.
„Na klar. Ich bin halt der Einzige in festen Händen." Er wusste genau, warum Simon ihn mit Mona zusammenarbeiten ließ. „Außerdem ist das interessant für mich, absolutes Neuland."
Dann widmete sich jeder der fünf den zugeteilten Aufgaben. Simon entwarf die Figur des Moneticus, einem lustigen Kobold, der aus lauter Geldscheinen und Münzen bestand, scannte ihn ein, schickte das Bild an Mona.
Sie fand den kleinen Kerl süß.
„Perfekt!" textete sie zurück. „Aber redest du jetzt gar nicht mehr mit mir?"
„Zu gefährlich!" kam umgehend als Antwort.
Um drei ertönte der leise Gong, Kaffeezeit.
„Darf ich auch kommen?" fragte Mona an.
„Wenn du deine Finger bei dir lässt!" antwortete er.
Lachend ging sie in den Aufenthaltstraum.
Simon zog sie schmunzelnd an sich. „Komm her, du Clown!" Bis die anderen eintrudelten, konnte er seine Zeit ja durchaus sinnvoll nutzen.
Und sie zu küssen, erschien ihm äußerst sinnvoll.
Laut pfeifend kam Thorsten den Gang entlang, um sie vorzuwarnen. So saßen sie brav am Tisch vor ihren Tassen, nur der verschleierte Blick ließ erahnen, dass sie so brav gerade nicht gewesen waren.
Sie trugen alle ihre Ergebnisse vor, stellten fest, dass sie im Grunde fertig waren, nur noch die Bausteine zusammenfügen mussten.
„Thorsten, dann modifizierst du das Belohnungsprogramm, Mona sagt dir, wie viele Levels wir brauchen. Jan und Kai bauen alles zusammen. Ich rufe mal bei den Verlagen an.
Mona, können wir das Programm für die erste Jahrgangsstufe auch so schnell hinkriegen? Dann könnte ich es gleich mit ankündigen. Und könntest du dir für die 2. Und 3. Klasse solche Bäume ausdenken? Jan und Kai helfen dir, wenn sie fertig sind. Heute noch, ich denke am Montag kommt E-Post von Mr. Huen."
„Ja und ja!" antwortete Mona. „Das für die erste müssten wir in ein paar Tagen schaffen, wir sind allerdings dann nur zu zweit!" gab sie zu bedenken. „Also, zu eineinhalbt, eigentlich!"
„Stimmt! Hatte ich übersehen. Sorry!" Er dachte nach. „Aber in zwei Wochen schafft ihr das sicher. Du musst Kai nur die Abläufe mit ein paar Beispielen zeigen, das Programmieren schafft er dann schon alleine. Dich brauche ich dann zum Übersetzen und für die Geschichten." Er sah sie an und lächelte: „Eigentlich bräuchte ich dich ja zweimal, Brainiac!"
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